Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Entscheidung vom 23.07.2021; Aktenzeichen 6 U 633/20) |
LG Stuttgart (Entscheidung vom 28.08.2020; Aktenzeichen 8 O 210/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart - 6. Zivilsenat - vom 23. Juli 2021 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 18.084,33 € festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger schloss am 16. März 2017 als Verbraucher einen Leasingvertrag über ein Kraftfahrzeug. Der Vertrag sieht die Zahlung von 48 monatlichen Raten in Höhe von jeweils 669,79 € brutto vor. Am 26. Juni 2019 erklärte der Kläger den Widerruf des Leasingvertrags. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits 21 Leasingraten in Höhe von insgesamt 14.065,59 € gezahlt, offen waren noch 18.084,33 €.
Rz. 2
Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass seine primäre Leistungspflicht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Leasingvertrag vom 16. März 2017 zur Zahlung der Leasingraten in Höhe von monatlich brutto 669,79 € aufgrund des erklärten Widerrufs vom 26. Juni 2019 erloschen ist. Im Lauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat er mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2019 ausgeführt, er verfolge nicht das primäre Interesse, seine geleisteten Leasingraten zurückzuerhalten. Sein primäres Rechtsschutzziel sei die Feststellung, dass er die laufenden Ratenzahlungen einstellen könne.
Rz. 3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und den Streitwert auf die Gebührenstufe bis 19.000 € festgesetzt. Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung er mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt, möchte der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgen. Er meint, seine Beschwer betrage 32.149,92 €. Werde seinem negativen Feststellungsantrag dahingehend, dass ab Widerruf keine zukünftigen Leasingraten mehr geschuldet seien, stattgegeben, enthalte dies implizit auch, dass aufgrund des Widerrufs sämtliche bis dahin erbrachten Leasingraten zurückgefordert werden könnten. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise gehe es daher um den gesamten Bestand des Leasingvertragsverhältnisses und damit um den vertraglich vorgesehenen Leasinggesamtbetrag.
II.
Rz. 4
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Denn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt - wie die Beschwerdeerwiderung zu Recht rügt - 20.000 € nicht (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Rz. 5
1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln (Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, NJW 2022, 194 Rn. 15; vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, juris Rn. 8; jeweils mwN). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, aaO; vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, aaO; jeweils mwN). Entscheidend für die Bewertung der Beschwer einer Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrundeliegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, aaO; vom 1. März 2016 - VIII ZR 129/15, juris Rn. 2; jeweils mwN). In den Fällen der Berufungszurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO tritt an die Stelle des Zeitpunkts der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem das Berufungsgericht Vortrag der Parteien bei seinem Beschluss berücksichtigen musste (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10, NJW-RR 2011, 1528 Rn. 13).
Rz. 6
2. Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer des Klägers mit insgesamt nur 18.084,33 €.
Rz. 7
a) Der Kläger hat sein Feststellungsbegehren dahingehend formuliert, dass das Erlöschen seiner Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten in Höhe von monatlich 669,79 € brutto aufgrund (und daher ab) dem Zeitpunkt des erklärten Widerrufs festgestellt wird. Dieses vom Zeitpunkt des Widerrufs aus gesehen in die Zukunft orientierte Klageziel hat er durch die Angaben im Schriftsatz vom 30. Dezember 2019 bestätigt. An diesen Angaben ist der Kläger festzuhalten. Die erst in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung erfolgte Berufung auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, nach welcher der negative Feststellungsantrag das Ziel der Rückforderung der bis zum Widerruf bereits erbrachten Leasingraten umfasse, ist dem Kläger vorliegend verwehrt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2016 - VIII ZR 129/15, aaO mwN).
Rz. 8
b) Die negative Feststellungsklage des Klägers stellt in der Sache das Spiegelbild einer Leistungsklage des Leasinggebers auf Zahlung der weiteren Leasingraten dar. Die Beschwer ist deshalb gemäß § 9 Satz 2 ZPO mit dem Gesamtbetrag der ab dem Widerruf zu zahlenden Leasingraten zu bemessen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2005 - XII ZR 248/04, NJW-RR 2005, 938 unter II 1 a und b [zu einer die Verpflichtung zur Zahlung laufender Miete leugnenden Feststellungsklage]; vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. September 2020 - XI ZR 648/18, juris Rn. 3 iVm Beschluss vom 11. Februar 2020 - XI ZR 648/18, juris Rn. 8). Dieser Gesamtbetrag beläuft sich auf 18.084,33 € (27 Raten zu je 669,79 €) und ist geringer als der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Bezugs gemäß § 9 Satz 1 ZPO.
III.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Bünger |
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Dr. Schmidt |
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Wiegand |
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Dr. Matussek |
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Dr. Böhm |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15642095 |