Leitsatz (amtlich)
Nach mündlicher Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache kann die Klage auch nach Einlegung eines Rechtsmittels nur noch mit seiner Einwilligung wirksam zurückgenommen werden.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Aktenzeichen 9 U 229/97) |
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 12 O 90/97) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe – Zivilsenate in Freiburg – vom 15. Mai 1998 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 125.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, Transportversicherer der G. AG in S. /Schweiz, macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen des Verlustes von Transportgut Schadensersatz geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 11. Dezember 1997 fristgerecht Berufung eingelegt. Auf Antrag der Klägerin vom 29. Dezember 1997 ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 12. März 1998 verlängert worden. Die Klägerin hat ihre Berufung nicht begründet. Vielmehr hat sie mit Schriftsatz vom 18. März 1998 die Rücknahme der Klage erklärt. Die Beklagte hat ihre Einwilligung zur Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 16. April 1998 versagt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Beschluß vom 15. Mai 1998 als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der gesetzlichen Frist bis zum 12. März 1998 begründet worden sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie geltend macht, durch die Klagerücknahme sei das Verfahren beendet worden, so daß für eine Verwerfung der Berufung als unzulässig kein Raum mehr gewesen sei.
II. Die gemäß § 519 b Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der bis zum 12. März 1998 verlängerten Begründungsfrist begründet worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Rechtsstreit nicht durch die mit Schriftsatz vom 18. März 1998 erklärte Rücknahme der Klage beendet worden.
Der Hinweis der Klägerin, eine Klagerücknahme könne in jedem Verfahrensabschnitt bis zur Rechtskraft des Urteils erklärt werden, ist zwar grundsätzlich zutreffend (vgl. BGHZ 14, 210, 211). Gemäß § 269 Abs. 1 ZPO erfordert die Wirksamkeit der Klagerücknahme jedoch die Einwilligung des Beklagten, wenn er zur Hauptsache mündlich verhandelt hat. Im Streitfall wurde in erster Instanz über die Hauptsache mündlich verhandelt. Danach konnte die Klage ohne Einwilligung der Beklagten nicht mehr wirksam zurückgenommen werden. Denn § 269 Abs. 1 ZPO stellt auf die erste mündliche Verhandlung des Prozesses und nicht auf den jeweiligen einzelnen Termin ab (vgl. Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 269 Fn. 21). Die Beklagte hat ihre Einwilligung zur Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 16. April 1998 ausdrücklich versagt. Damit ist die Rücknahmeerklärung entgegen der Auffassung der Klägerin wirkungslos geworden; die mit ihr erstrebte prozessuale Wirkung tritt endgültig nicht ein (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., § 269 Rdn. 16; Lüke in: MünchKomm-ZPO, § 269 Rdn. 33 f.). Der Rechtsstreit ist dementsprechend unter Außerachtlassen der Erklärung der Klägerin, die Klage zurückzunehmen, fortzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, Mees, Ullmann, Bornkamm, Pokrant
Fundstellen
Haufe-Index 539785 |
BB 1998, 2495 |
NJW 1998, 3784 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 1998, 1134 |
MDR 1999, 626 |
SGb 1999, 133 |
VersR 1999, 1121 |