Verfahrensgang
LG Gera (Entscheidung vom 06.07.2022; Aktenzeichen 7 T 344/21) |
AG Jena (Entscheidung vom 06.11.2020; Aktenzeichen 26 C 451/20) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 6. Juli 2022 - 7 T 344/21 - zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
I.
Rz. 1
Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung stationärer Behandlungskosten in Höhe von 2.469,86 € verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht, soweit sie sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs hinsichtlich des Richters am Amtsgericht gerichtet hat, als unzulässig verworfen. Im Übrigen hat es das Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Den Antrag des Beklagten, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil zu bewilligen, soweit seine Berufung als unbegründet zurückgewiesen worden ist, hat der Senat mit Beschluss vom 13. Januar 2022 - III ZA 19/21 - abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 15. November 2021 hat der Beklagte gegenüber dem Landgericht klargestellt, dass sein Vortrag in der Berufungsbegründung bezüglich des Beschlusses, durch den das Amtsgericht sein Ablehnungsgesuch als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat, als sofortige Beschwerde gewertet werden soll. Das Landgericht hat sodann mit Beschluss vom 6. Juli 2022, der dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der Berufungsinstanz am 14. Juli 2022 zugestellt worden ist, die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit am 15. August 2022 (Montag) beim Bundesgerichtshof eingegangenem Schreiben vom selben Tag hat der Beklagte Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten Beschluss eingelegt. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren beantragt und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vorgelegt. Mit Schreiben der Rechtspflegerin vom 9. September 2022 ist der Beklagte unter Fristsetzung bis zum 7. Oktober 2022 um Mitteilung gebeten worden, wovon er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreite, da er in seinem Antrag - abgesehen von einer Kurzzeitbeschäftigung im Mai 2022 - keinerlei Einkünfte angegeben habe, und gegebenenfalls entsprechende Belege vorzulegen. Außerdem ist er aufgefordert worden, im Falle des Bezugs von Sozialleistungen einen aktuellen Bescheid zu übersenden. Der Beklagte hat darauf nicht geantwortet.
II.
Rz. 2
Der Senat versteht das Schreiben des Beklagten vom 15. August 2022 als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 575 ZPO gegen den Beschluss des Landgerichts vom 6. Juli 2022. Der Antrag ist abzulehnen, weil die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und der Beklagte zudem die ihm für ergänzende Angaben und zur Auflösung von Widersprüchen gesetzte Frist fruchtlos verstreichen ließ (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Rz. 3
1. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist verfristet (§ 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sie nicht binnen eines Monats nach der am 14. Juli 2022 erfolgten Zustellung des landgerichtlichen Beschlusses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) eingelegt wurde.
Rz. 4
2. Ein Gesuch des Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 233 ZPO) verspricht keinen Erfolg.
Rz. 5
a) Zwar ist anerkannt, dass die Versäumung einer Frist unverschuldet und einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung (hier: die formgerechte Einlegung der Rechtsbeschwerde durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt) wegen des wirtschaftlichen Unvermögens der Partei unterbleibt. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Partei bis zum Ablauf der Frist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann, und sie deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste. Insbesondere ist erforderlich, dass die Partei dem rechtzeitig eingereichten Prozesskostenhilfegesuch gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO eine vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beifügt (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 24. Juli 2014 - III ZB 4/14, BeckRS 2014, 16213 Rn. 3 und vom 25. April 2019 - III ZB 104/18, BeckRS 2019, 11419 Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 2008 - XII ZB 151/07, NJW-RR 2008, 942 Rn. 10; vom 16. November 2017 - IX ZA 21/17, NJW-RR 2018, 190 Rn. 5, 7 und vom 27. Juli 2021 - XI ZA 1/21, FamRZ 2021, 1722 Rn. 4). Wird Prozesskostenhilfe von Personen beantragt, die - wie der Beklagte - nach ihren Angaben nur über geringfügige Geldmittel und keine regelmäßigen Einnahmen verfügen, muss dargelegt und glaubhaft gemacht werden, auf welche Weise der Lebensunterhalt finanziert wird. Freiwillige Zuwendungen Dritter stellen grundsätzlich Einkommen im Sinne des § 115 ZPO dar, wenn sie regelmäßig und in nennenswertem Umfang gewährt werden. Bei derartigen Leistungen müssen eidesstattliche Versicherungen der Dritten über Umfang und Grund der Hilfeleistung vorgelegt werden. Von einem arbeitsfähigen Antragsteller ist zudem zu erwarten, dass er darlegt und glaubhaft macht, warum sein Lebensbedarf nicht durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gedeckt werden kann (Senat, Beschluss vom 25. April 2019 aaO; BGH, Beschlüsse vom 16. November 2017 aaO Rn. 7, 9 f und vom 27. Juli 2021 aaO Rn. 7).
Rz. 6
b) Diesen Anforderungen an die Darlegung seiner Bedürftigkeit hat der Beklagte nicht genügt. Zwar wurde der Prozesskostenhilfeantrag am 15. August 2022 und mithin am letzten Tag der Einlegungsfrist eingereicht (§ 222 Abs. 1, 2 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1, § 193 BGB). Mangels nachvollziehbaren Vortrags zu der Frage, wie er seinen Lebensunterhalt konkret bestreitet, musste der Beklagte jedoch mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe rechnen. In dem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er im Abschnitt E lediglich eine Lohnzahlung aus einer einmaligen Kurzzeitbeschäftigung im Mai 2022 in Höhe von 1.232,52 € angegeben und weitere (einmalige oder regelmäßige) Einnahmen verneint. Im Abschnitt G wurden ein Bargeldbestand von 88,60 € und als sonstiger Vermögenswert eine Entgeltnachzahlungsforderung von 1.477,80 € aufgeführt. Darüber hinausgehende Angaben hat der Beklagte in dem Formular nicht gemacht. Aus dem Prozesskostenhilfegesuch vom 15. August 2022 selbst ergibt sich lediglich, dass er ohne festen Wohnsitz sei und teilweise von Spenden lebe. Nähere Angaben hierzu fehlen. Der Beklagte konnte daher vernünftigerweise bereits nicht darauf vertrauen, dass er auf Grund dieser rudimentären Angaben in dem Prozesskostenhilfegesuch und in der „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse“ Prozesskostenhilfe (ohne Ratenzahlung) erhalten würde.
Rz. 7
3. Da der Beklagte die Anfrage der Rechtspflegerin vom 9. September 2022, auf welche Weise er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreite und ob er Sozialleistungen beziehe, nicht beantwortet hat, war die beantragte Prozesskostenhilfe auch aus diesem Grund zu versagen (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Herrmann Reiter
Fundstellen
Dokument-Index HI15686136 |