Verfahrensgang
LG Kleve (Entscheidung vom 13.12.2021; Aktenzeichen 4 T 81/21) |
AG Geldern (Entscheidung vom 31.03.2021; Aktenzeichen 29 XIV(B) 5/21) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Vertrauensperson des Betroffenen gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 13. Dezember 2021 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe verworfen, dass Dolmetscherkosten nicht erhoben werden.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe
Rz. 1
I. Der Betroffene, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste 2016 in das Bundesgebiet ein. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Bescheid vom 2. März 2017 ab und drohte ihm die Abschiebung an.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 31. März 2021 hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen Ausreisegewahrsam bis zum 8. April 2021 angeordnet. Dagegen hat der anwaltlich vertretene Betroffene mit Schreiben vom 1. April 2021 Beschwerde eingelegt. Mit Schreiben vom 2. April 2021 hat der Rechtsbeschwerdeführer unter Vorlage einer entsprechenden schriftlichen Erklärung und Vollmacht des Betroffenen angezeigt, dass er dessen Person des Vertrauens (Vertrauensperson) sei. Zugleich hat er für den Betroffenen beantragt, nach § 426 Abs. 2 FamFG die Haft aufzuheben und festzustellen, dass diese ab Eingang dieses Schreibens rechtswidrig war, sowie im Falle einer Haftentlassung das Verfahren als Feststellungsverfahren nach § 62 FamFG fortzusetzen. Nachdem der Betroffene am 8. April 2021 abgeschoben worden ist, hat er beantragt, die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen. Mit Beschlüssen vom 26. Mai 2021 hat das Amtsgericht den Antrag des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen und der Beschwerde des Betroffenen nicht abgeholfen. Der Rechtsbeschwerdeführer hat daraufhin gegen den seinen Feststellungsantrag zurückweisenden Beschluss mit Schriftsatz vom 7. Juni 2021 Beschwerde eingelegt. Das Beschwerdegericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. Dezember 2021 "das Rechtsmittel" zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Vertrauensperson mit der Rechtsbeschwerde.
Rz. 3
II. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Dem Rechtsbeschwerdeführer steht die erforderliche Rechtsbeschwerdebefugnis nicht zu.
Rz. 4
1. Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde ein Beteiligter befugt, wobei gemäß § 7 Abs. 3 FamFG auch derjenige Beteiligter ist, den das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag hinzugezogen hat, soweit dies im FamFG oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist (sog. "Kann-Beteiligter"). In Freiheitsentziehungsverfahren ist ein solcher Kann-Beteiligter gemäß § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG eine vom Betroffenen benannte Vertrauensperson. Darüber hinaus kann die Rechtsbeschwerdebefugnis grundsätzlich nur dann bejaht werden, wenn der Rechtsbeschwerdeführer in seinen Rechten beeinträchtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG) oder ausnahmsweise - wie etwa in § 303 Abs. 2 FamFG oder § 429 Abs. 2 FamFG - eine Beschwerdeführung im fremden Interesse zugelassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2023 - XIII ZB 9/20 und XIII ZB 27/20, jeweils juris Rn. 4, mwN).
Rz. 5
2. Die Rechtsbeschwerde wendet sich, wie sowohl der Rechtsbeschwerdeschrift als auch dem Antrag aus der Rechtsbeschwerdebegründung zu entnehmen ist, allein gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 13. Dezember 2021. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens war die Beschwerde des Betroffenen gegen die Haftanordnung vom 31. März 2021, nicht hingegen diejenige des Rechtsbeschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem es seinen noch auf Feststellung gerichteten Haftaufhebungsantrag zurückgewiesen hat. Der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Beschluss vom 13. Dezember 2021 trägt das Aktenzeichen 4 T 81/21. Im Tatbestand dieses Beschlusses wird darauf hingewiesen, dass das Beschwerdeverfahren der Vertrauensperson betreffend den Haftaufhebungsantrag unter einem anderen Aktenzeichen (4 T 83/21) geführt wird, wie dies der Selbständigkeit von Haftanordnungs- und Haftaufhebungsverfahren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2022 - XIII ZB 131/19, NVwZ-RR 2023, 298 Rn. 8) entspricht.
Rz. 6
3. Für die Rechtsbeschwerde gegen die im Haftanordnungsverfahren ergangene Entscheidung des Beschwerdegerichts fehlt es der Vertrauensperson an der erforderlichen Rechtsbeschwerdebefugnis.
Rz. 7
a) Der Rechtsbeschwerdeführer selbst war hinsichtlich der Haftanordnung weder materiell noch formell beschwert. Seine Beschwerdebefugnis folgt insoweit auch nicht (unmittelbar) aus § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG, denn er war an dem Verfahren vor dem Amtsgericht nicht als Vertrauensperson beteiligt. Der Betroffene hat ihn erst nach Erlass des Beschlusses des Amtsgerichts vom 31. März 2021 als Vertrauensperson benannt. Zu diesem Zeitpunkt war eine Beteiligung im ersten Rechtszug nicht mehr möglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2023 - XIII ZB 9/20 und XIII ZB 27/20, jeweils juris Rn. 9, mwN).
Rz. 8
b) Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Vertrauensperson im Hinblick auf die Zurückweisung der Beschwerde des Betroffenen ergibt sich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommt eine Analogie dahin, dass die erstmalige Beteiligung im zweiten Rechtszug in gleicher Weise die Rechtsbeschwerdebefugnis begründet wie die Beteiligung im ersten Rechtszug die Beschwerdebefugnis, nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2023 - XIII ZB 9/20 und XIII ZB 27/20, jeweils juris Rn. 10; vom 12. September 2023 - XIII ZB 43/21, juris Rn. 8).
Rz. 9
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
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Fundstellen
Dokument-Index HI16310937 |