Leitsatz (amtlich)
a) Der Ersteher von Wohnungseigentum in der Zwangsversteigerung haftet für die vor dem Zuschlag angefallenen Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums auch dann nicht, wenn die Abrechnung eines vor dem Zuschlag abgelaufenen Wirtschaftsjahres erst nach dem Zuschlag erstellt und bekannt gemacht wird.
b) Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist jedenfalls in den sogenannten echten Streitsachen (hier: Verfahren nach § 43 WEG) auch die unselbständigeweitere Anschlußbeschwerde unbefristet zulässig (Ergänzung von BGHZ 71, 314).
Normenkette
FGG § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 4; WEG § 16 Abs. 2, § 45
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.07.1983; Aktenzeichen 191 T 20/83) |
AG Berlin-Wedding (Urteil vom 03.03.1983; Aktenzeichen 70 II 91/82) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Anschlußbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß der Zivilkammer 191 des Landgerichts Berlin vom 22. Juli 1983 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts Wedding vom 3. März 1983 unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen teilweise geändert:
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Wohnungseigentümergemeinschaft W.-… Damm, B., für das Wirtschaftsjahr 1982 zu Händen der Verwalterin Dagmar K. -D., N. , B.
2.611,70 DM
Vorschuß nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 4. Dezember 1982 zu zahlen.
Der weitergehende Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges haben der Antragsteller 4/5 und der Antragsgegner 1/5, von den Gerichtskosten des zweiten Rechtszuges haben der Antragsteller 3/4 und der Antragsgegner 1/4 zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die weitergehende sofortige weitere Anschlußbeschwerde des Antragsgegners und die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 4/5 und der Antragsgegner 1/5 zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.513,– DM festgesetzt, derjenige für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 12.002,30 DM.
Gründe
Mit Beschluß vom 18. Februar 1982 wurde dem Antragsgegner in einem Zwangsversteigerungsverfahren das Eigentum an der Wohnung Nr. 1 einer (aus drei Wohnungen bestehenden) Wohnanlage in B. zugeschlagen. Eigentümer der zwei anderen Wohnungen war damals der Antragsteller; mit Vertrag vom 8. Dezember 1982 veräußerte er beide Wohnungen an die Beteiligte zu 3.
In der Wohnungseigentümer Versammlung vom 14. Juni 1982 wurden in Anwesenheit des Antragsgegners der vom früheren Verwalter vorgelegte Wirtschaftsplan für 1982 sowie die – ebenfalls vom früheren Verwalter erstellte – Verwaltungsabrechnung für 1981 gebilligt. In dem Wirtschaftsplan ist der für die Wohnung Nr. 1 ab 1. Januar 1982 monatlich zu entrichtende Wohngeldvorschuß unter Berücksichtigung einer Instandhaltungsrücklage von 3.850,– DM auf 609,– DM festgesetzt. Die Abrechnung für 1981, die u. a. einen Posten „Rechtsanwalt/Gericht” von 8.742,48 DM enthält, weist für diese Wohnung einen Hausgeldrückstand von 7.901,30 DM sowie einen nicht ausgeglichenen Saldo aus dem Vorjahr von 1.489,30 DM aus. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 8. Dezember 1982 wurde der Beschluß über die Bildung einer Instandhaltungsrücklage wieder aufgehoben.
Der Antragsgegner hat Wohngeld für das Jahr 1982 lediglich in Höhe von 237,30 DM geleistet; weitere Zahlungen hat er nicht entrichtet. Der Antragsteller hat daraufhin am 23. November 1982 im Verfahren nach § 43 WEG beantragt, dem Antragsgegner aufzugeben, an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu Händen des Verwalters die Rückstände aus den Abrechnungen 1980/1981 in Höhe von 9.390,60 DM sowie das rückständige laufende Wohngeld für 1982 nebst Zinsen abzüglich des geleisteten Betrags (11 × 609,– DM – 237,30 DM), also 6.461,70 DM zu zahlen. In Höhe der im Wirtschaftsplan für 1982 eingesetzten Instandhaltungsrücklage (3.850,– DM) hat er diesen Antrag wieder zurückgenommen.
Das Amtsgericht hat den Anträgen auf Zahlung des Hausgeldvorschusses für 1982 und der Rückstände aus dem Jahr 1981 stattgegeben, den Antrag auf Zahlung rückständigen Hausgeldes für 1980 hat es zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das Landgericht unter Zurückweisung des Antrags im übrigen den Antragsgegner verurteilt, monatliche Hausgeldvorschüsse für die Zeit vom Februar bis November 1982 abzüglich des bereits geleisteten Betrags, also 5.852,70 DM nebst Zinsen zu zahlen. Mit der gegen diesen Beschluß eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Demgegenüber erstrebt der Antragsgegner mit der – unselbständigen – sofortigen weiteren Anschlußbeschwerde die Abweisung des gegnerischen Antrags.
Das Kammergericht hat mit Teilbeschluß vom 13. Juni 1984 die sofortige weitere Beschwerde in Höhe des Teilbetrags als unzulässig verworfen, mit dem der Antragsteller bereits beim Amtsgericht unterlegen ist (1.489,30 DM). Im übrigen möchte es die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurückweisen, sieht sich jedoch an einer entsprechenden Entscheidung durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Juni 1980 (MDR 1980, 937 = Die Justiz 1980, 414) gehindert. Die unselbständige sofortige weitere Anschlußbeschwerde des Antragsgegners hält das Kammergericht für unzulässig. Es meint aber, einer solchen Entscheidung stehe der Senatsbeschluß vom 18. Mai 1978 (BGHZ 71, 314, 321) entgegen. Es hat daher die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt (vgl. Otto Rpfleger 1985, 9, 11).
I.
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers:
1. Die Vorlage ist statthaft (§ 43 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
Das Kammergericht ist – ausgehend von § 16 Abs. 2 WEG – der Auffassung, ein neu hinzutretender Wohnungseigentümer habe nicht für die in der Zeit vor seinem Erwerb angefallenen Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums einzutreten. Das gelte auch dann, wenn die den Wohngeldrückstand ausweisende Jahresabrechnung erst zu einem Zeitpunkt erstellt, bekannt gemacht und von der Mehrheit der Wohnungseigentümer gebilligt worden sei, in welchem der neue Wohnungseigentümer bereits Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden sei. Demgegenüber meint das Oberlandesgericht Stuttgart, der rechtsgeschäftliche Erwerber einer Eigentumswohnung hafte stets dann zumindest fürRestforderungen, wenn die Abrechnung erst zu einem Zeitpunkt erstellt und bekannt gemacht werde, in dem er bereits Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft sei. Nach der im Streitfall maßgeblichen „Verwaltungsabrechnung” für 1981 entfielen auf den Anteil des Antragsgegnersauch solche Ausgaben, die in dieser Höhe ursprünglich nicht veranschlagt worden und als offensichtliche außerplanmäßige Ausgaben durch die zu leistenden Vorschüsse nicht vollständig abgedeckt waren. Da das Kammergericht die Haftung des Antragsgegners für alle Rückstände verneinen will, setzt es sich in Widerspruch zu dem angeführten Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart.
2. Zutreffend geht das vorlegende Gericht davon aus, daß ein durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung zur Wohnungseigentümergemeinschaft neu hinzutretender Wohnungseigentümer auch dann nicht für die in der Zeit vor seinem Eintritt angefallenen Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums aufzukommen hat, wenn die den Rückstand ausweisende Jahresabrechnung erst nach dem Zuschlagsbeschluß erstellt und von der Wohnungseigentümerversammlung gebilligt worden ist (ebenso Zeller, ZVG, 11. Aufl., § 56 Rdn. 4 Anm. (8); vgl. auch Palandt/Bassenge, BGB, 44. Aufl., § 16 WEG Anm. 5 c; Augustin in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 16 WEG Rdn. 31; a.A. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 5. Aufl., § 16 Rdn. 104; Deckert, ZfBR 1983, 163, 164; wohl auch Soergel/Stürner, BGB, 11. Aufl., Nachträge, § 16 WEG Rz 8).
a) Der Senat hat in BGHZ 88, 302, 305 (m.N.) ausgesprochen, daß der Ersteher von Wohnungseigentum in der Zwangsversteigerung nicht kraft Gesetzes für Hausgeldrückstände der früheren Eigentümer haftet. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die den Hausgeldrückstand ausweisende Jahresabrechnung erst zu einem Zeitpunkt erstellt wird, in dem der Ersteher bereits Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, gleichviel ob dann nur noch eineRestforderung „konkretisiert” wird (wie in dem vom Oberlandesgericht Stuttgart aaO entschiedenen Fall) ober ob die Forderung den gesamten anteiligen Verwaltungsaufwand umfaßt (wie hier).
Soweit es um die Haftung für die mit dem gemeinschaftlichen Eigentum verbundenen Lasten geht, folgt dies bereits aus § 56 Abs. 1 Satz 2 ZVG i.V.m. § 103 BGB. Danach trägt der Ersteher die Lasten von dem Zuschlag an; er haftet nicht für Verpflichtungen, die vor dem Zuschlag entstanden sind. Das muß auch für die sonstigen nach § 16 Abs. 2 WEG von den einzelnen Wohnungseigentümern anteilig mitzutragenden Kosten gelten.
Die vor dem Zuschlag für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums angefallenen Kosten kamen ohne Mitwirkung des Erstehers zustande. Er konnte sie weder dem Grunde noch der Höhe nach beeinflussen. Dementsprechend haftet auch nicht er, sondern sein Rechtsvorgänger Dritten gegenüber weiterhin als Gesamtschuldner für die in der Vergangenheit im Namen der Wohnungseigentümer begründeten Verwaltungsschulden (vgl. Senat BGHZ 78, 166, 175). Kommt es aber für die Haftung im Außen Verhältnis darauf an, ob die Schuld vor oder nach seinem Eintritt in die Wohnungseigentümergemeinschaft begründet worden ist, so ist nicht einzusehen, warum im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander etwas anders gelten soll. Auch insoweit sind nur diejenigen Wohnungseigentümer verpflichtet, die Lasten und Kosten anteilig mitzutragen, die im Zeitpunkt von deren Entstehung Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft waren (vgl. zur Fortdauer ihrer Kostentragungspflicht bei Veräußerung des Wohnungseigentums bis zur Umschreibung BGHZ 87, 138).
b) Dieses Ergebnis ist auch sach- und interessengerecht. Wäre für die Haftung der Wohnungseigentümer untereinander die „Konkretisierung” der Beitragspflicht durch entsprechende Jahresabrechnungen maßgebend, hätten es die Wohnungseigentümer in der Hand, sich durch Verzögerung der Abrechnung einen neuen – möglicherweise finanzkräftigeren – Schuldner zu verschaffen. Auch würde dadurch eine gesetzlich nicht vorgesehene Haftung des Erstehers für persönliche Schulden seines Rechtsvorgängers begründet werden. Ein solches Ergebnis wäre unbillig und mit der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren.
3. Der Antragsgegner ist deshalb nicht verpflichtet, vor dem Zuschlag angefallene Hausgeldbeträge, insbesondere Rückstände aus den früheren Jahren, zu bezahlen. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers hat daher keinen Erfolg.
II.
Die sofortige weitereAnschlußbeschwerde des Antragsgegners:
1. Die Vorlage ist ebenfalls statthaft (§ 43 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
a) Das Kammergericht meint, die sofortige weitere Anschlußbeschwerde sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Hauptrechtsmittelschrift eingelegt worden sei. Damit setzt es sich in Widerspruch zu der in BGHZ 71, 314 abgedruckten Entscheidung des Senats. Dort hat der Senat ausgeführt, daß im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – wenn nichts anderes bestimmt ist – die Beteiligten so lange Verfahrens- und Sachanträge stellen dürfen, bis die Rechtsmittelentscheidung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang das Gericht verlassen hat (aaO, S. 321).
b) Allerdings betraf diese Entscheidung eine Anschlußbeschwerde, nicht – wie im Streitfall – eine sofortigeweitere Anschlußbeschwerde. Dadurch wird die Vorlage jedoch nicht unstatthaft. Denn zur Vorlage ist das Oberlandesgericht nach § 28 Abs. 2 FGG bereits dann verpflichtet, wenn die Abweichung dieselbe Rechtsfrage betrifft (vgl. Jansen, FGG, 2. Aufl., § 28 Rdn. 9 m.N.). Es ist nicht erforderlich, daß die frühere Entscheidung zum gleichen Tatbestand ergangen ist; maßgebend ist vielmehr die Gleichheit der Rechtsfrage. Das ist hier der Fall.
Nach einer Entscheidung des früheren IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 19, 196) war im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Anschlußbeschwerde nicht zulässig. Bereits diese Entscheidung wurde allgemein so verstanden, daß es im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit überhaupt keine Anschlußrechtsmittel, mithin auch keine weitere Anschlußbeschwerde gibt. Mit der Senatsentscheidung BGHZ 71, 314 ist diese Rechtsprechung aufgegeben worden. Der Senat setzt sich dabei in seinem Beschluß auch mit dem Bedenken des früheren IV. Zivilsenats auseinander, daß es mangels gesetzlicher Regelung unklar bliebe, bis zu welchem Zeitpunkt Anschlußrechtsmittel eingelegt werden könnten. Nach Ansicht des Senats trifft dies jedoch nicht zu, weil die zeitliche Abgrenzung allgemeinen Verfahrensgrundsätzen entnommen werden kann (aaO, S. 321).
Eine entsprechende Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung (§§ 522 a, 556 ZPO) hat der Senat hingegen ausdrücklich abgelehnt; denn Beschwerden in Wohnungseigentumssachen müssen – wie allgemein im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – nicht begründet werden; auch ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben. Von dieser Rechtsauffassung will das vorlegende Gericht abweichen und unter entsprechender Anwendung der §§ 556 Abs. 1 ZPO und 28 Abs. 1 LwVG die sofortige weitere Anschlußbeschwerde nur befristet zulassen.
2. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Er hält vielmehr an seiner Auffassung fest, wonach auch die sofortige weitere Anschlußbeschwerde in Wohnungseigentumssachen bis zu dem Zeitpunkt eingelegt werden kann, in dem die Rechtsmittelentscheidung im ordnungsgemäßen Geschäftsgang das Gericht verlassen hat (so auch Jansen, aaO, § 22 Rdn. 14; Keidel/Kuntze Winkler, FGG, 11. Aufl., § 22 Rdn. 7; Bärmann, FGG, S. 210, Habscheid, FGG, 7. Aufl., S. 250; Kirchner GRUR 1968, 682, 685; Lüke JuS 1979, 863, 868; a.A. OLG Hamm Rpfleger 1974, 276 betreffend eine weitere Anschlußbeschwerde nach § 156 KostO).
a) Das Kammergericht meint, da das Verfahren der weiteren Beschwerde ein nach revisionsrechtlichen Gesichtspunkten ausgestaltetes Rechtsbeschwerde verfahren sei, könne die Zulässigkeit einer sofortigen weiteren Anschlußbeschwerde nur aus einer entsprechenden Anwendung der Bestimmungen des § 556 Abs. 1 ZPO über die Anschlußrevision oder des § 28 Abs. 1 LwVG über die Anschlußrechtsbeschwerde in Landwirtschaftssachen hergeleitet werden. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften ist jedoch nicht möglich; denn die Tatbestände liegen nicht gleich (so bereits Senat aaO, S. 321; ebenso BGHZ 86, 51, 55; siehe auch Fenn, Die Anschlußbeschwerde im Zivilprozeß und im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, S. 226 m.N.).
Anders als nach §§ 556 Abs. 1 ZPO und 28 Abs. 1 LwVG verlangen die allgemeinen Verfahrensvorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für die weitere Beschwerde weder einen bestimmten Antrag noch eine Begründung. Es gibt daher auch keine Begründungsfrist, an die – wie in §§ 556 Abs. 1 ZPO und 28 Abs. 1 LwVG – die Anschließungsfrist anknüpfen könnte. Das vorlegende Gericht sieht sich denn auch gezwungen, insoweit auf die Regelung des § 22 Abs. 1 FGG zurückzugreifen. In – gleichfalls entsprechender – Anwendung dieser Vorschrift kommt es dann dazu, daß die Anschließung nur innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschwerdeschriftsatzes möglich ist.
Das Kammergericht leitet danach seine Ansicht von einem allgemeinen Rechtsgrundsatz ab, wonach die unselbständige Anschließung immer dann befristet sein müsse, wenn das Hauptrechtsmittel befristet ist.
Einen solchen Rechtsgrundsatz gibt es jedoch nicht. Schon ein Blick auf die Regelung des zivilprozessualen Berufungsverfahrens (§§ 521 ff ZPO) zeigt, daß die unbefristete Anschließung bei fristgebundenem Hauptrechtsmittel nichts Außergewöhnliches ist. Auch für Revisionsverfahren besteht ein solcher allgemeiner Rechtsgrundsatz nicht. So ist z. B. im Verwaltungsprozeß die Anschlußrevision nicht an eine bestimmte Frist gebunden, obwohl dort – anders als im Rechtsbeschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – das Hauptrechtsmittel begründet werden muß (vgl. §§ 141, 127, 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO; BVerwGE 36, 218, 224). Auch nach dem Entwurf einer Verfahrensordnung für die freiwillige Gerichtsbarkeit (§ 60) ist die Anschlußrechtsbeschwerde – im Gegensatz zum Hauptrechtsmittel – nicht an eine Frist gebunden (vgl. Bericht der Kommission für das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1977).
b) Die vom Kammergericht gefundene Lösung erscheint auch nicht sachgerecht. Im Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit muß – wie bereits erwähnt – weder ein bestimmter Antrag gestellt noch die Beschwerde begründet werden. Wenn dies in der Praxis in vielen Fällen dennoch geschieht, so regelmäßig nicht innerhalb der – verhältnismäßig kurzen – Beschwerdefrist von 2 Wochen. Auch im vorliegenden Fall wurde die sofortige weitere Beschwerde am 22. August 1983 eingelegt, aber erst am 30. November 1983 begründet. Folgte man der Ansicht des Kammergerichts, hätte sich der Antragsgegner demnach bereits zu einem Zeitpunkt anschließen müssen, als er das Ziel und die Begründung des Hauptrechtsmittels überhaupt noch nicht kannte. Wenn sich bei einer derartigen Sachlage der Rechtsmittelgegner nicht darauf beschränken will, dem Rechtsmittel entgegenzutreten, ist er gezwungen, sich vorsorglich der Beschwerde anzuschließen. Bei Kenntnis der Beschwerbegründung kann sich die Anschließung dann als nicht notwendig erweisen, etwa wenn die Vorentscheidung nur in einem Punkt angegriffen wird, den der Rechtsmittelgegner bereit ist hinzunehmen. Anders als in den Verfahren in denen das Hauptrechtsmittel einen bestimmten Antrag enthalten und in einer bestimmten Frist begründet werden muß, würde die Befristung der Anschließung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit demnach nicht unbedingt eine prozeßwirtschaftliche Erledigung fördern. Sie kann vielmehr zu überflüssigen Anschließungen führen und liefe daher dem Zweck dieses Instituts zuwider, das gerade auch dazu beitragen soll, daß Rechtsmittel nicht vorsorglich eingelegt werden (vgl. Senat BGHZ 71, 314, 317 f; a. BGHZ 88, 360, 362).
3. Die nach alledem zulässige sofortige weitere Anschlußbeschwerde des Antragsgegners ist auch teilweise begründet.
a) Das Landgericht hat den Antragsgegner entsprechend dem ursprünglichen Ansatz im Wirtschaftsplan 1982 verpflichtet, für die Zeit vom 1. Februar bis 30. November 1982 monatlich 609,– DM Vorschuß auf das Hausgeld zu zahlen. Damit hat es dem Antragsteller mehr zuerkannt, als er beantragt hat. Die Wohnungseigentümer haben am 8. Dezember 1982 durch einstimmigen Beschluß für das Jahr 1982 auf die Bildung einer Instandhaltungsrücklage verzichtet. Diesem Beschluß hat der Antragsteller Rechnung getragen und seinen Antrag um 3.850,– DM zurückgenommen, also in Höhe des auf den Antragsgegner entfallenden Anteils an der Instandhaltungsrücklage.
Entsprechend dieser Änderung des Wirtschaftsplans ermäßigt sich auch der von dem Antragsgegner geschuldete monatliche Vorschuß auf 288,– DM. Der Antragsgegner schuldete demnach für die Zeit von Februar bis November 1982 insgesamt nur 2.880,– DM Vorschuß. Hierauf hat er 237,30 DM gezahlt, so daß sich eine Restforderung von 2.642,70 DM ergibt und nicht – wie vom Landgericht zugesprochen – 5.852,70 DM.
b) Von dieser Restforderung macht der Antragsteller noch 2.611,70 DM geltend. Insoweit ist die sofortige weitere Anschlußbeschwerde des Antragsgegners unbegründet.
Der Ersteher in der Zwangsversteigerung erwirbt mit dem Zuschlag Eigentum (§ 90 ZVG). Bereits ab diesem Zeitpunkt gehört errechtlich zur Wohnungseigentümergemeinschaft. Sein Rechtsvorgänger scheidet aus der Gemeinschaft aus, ohne daß es einer Umschreibung im Grundbuch bedarf. Da kein rechtsgeschäftlicher Erwerb vorliegt, ist § 873 BGB unanwendbar; die Eintragung im Grundbuch hat lediglich deklaratorische Bedeutung (vgl. Steiner/Eickmann, ZVG, 9. Aufl., § 90 Rdn. 6). Anders als beim rechtsgeschäftlichen Erwerb stellt sich mithin nicht die Frage, ob der neu hinzugekommene Wohnungseigentümer schon ab seinem faktischen Eintritt in die Wohnungseigentümergemeinschaft Hausgeld schuldet oder erst ab seiner Eintragung im Grundbuch (offen gelassen in BGHZ 87, 138, 141). Der Antragsgegner ist daher ab Februar 1982 zur Entrichtung von Hausgeld und damit auch zu entsprechenden Vorschußzahlungen verpflichtet.
Soweit der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren Einwendungen gegen die Höhe der monatlichen Vorschüsse erhoben hat, kann er damit nicht durchdringen. Gemäß § 28 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die dem beschlossenen Wirtschaftsplan entsprechenden Vorschüsse zu leisten. Im vorliegenden Fall ist der vom Verwalter vorgeschlagene Wirtschaftsplan für das Jahr 1982 in der Wohnungseigentümerversammlung vom 14, Juni 1982 von allen Wohnungseigentümern genehmigt worden. Ob der Antragsgegner mit Erfolg Einwendungen zur Höhe des Vorschusses geltend machen könnte, wenn sich die Grundlagen des Wirtschaftsplanes gegenüber dem Zeitpunkt der Beschlußfassung in erheblichem Umfang geändert hätten, kann offenbleiben. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich.
Soweit der Antragsgegner mit der weiteren Anschlußbeschwerde vorträgt, aus der mittlerweile von dem früheren Verwalter erstellten Jahresabrechnung ergebe sich für ihn ein deutlich niedrigerer Lasten- und Kostenanteil, kann er damit im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde nicht gehört werden (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 47 WEG.
Unterschriften
G, B, O, W, Q
Fundstellen
Haufe-Index 513512 |
BGHZ |
BGHZ, 118 |
NJW 1985, 2717 |
Nachschlagewerk BGH |
JZ 1986, 191 |