Leitsatz (amtlich)
Der (verlängerte) schuldrechtliche Versorgungsausgleich kann nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB auch dann verlangt werden, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte – nur – eine ausländische Versorgung erlangt hat, die nicht den Anforderungen an die Erlangung einer Altersversorgung nach deutschem Recht entspricht.
Wird der Versorgungsausgleich als selbständige Familiensache durchgeführt, so ist bei einem (Teil-)Erfolg eines Rechtsmittels über die Gerichtskosten in entsprechender Anwendung der §§ 91 f. ZPO zu entscheiden.
Normenkette
BGB § 1587g Abs. 1 S. 2; VAHRG § 3 a; KostO § 2 Nr. 1, § 131a; ZPO §§ 91-92
Verfahrensgang
AG Böblingen |
OLG Stuttgart |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 16. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 1. April 1999 aufgehoben.
Die Beschwerden der Antragsgegnerin und der weiteren Beteiligten gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Böblingen vom 30. November 1998 werden zurückgewiesen. Auf die Anschlußbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß in Nr. 1 und Nr. 2 des Beschlußausspruchs wie folgt neu gefaßt:
- Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 1.407,85 DM, jeweils fällig bis zum 5. eines jeden Monats im voraus, zu zahlen, und zwar vom Beginn des 2. Monats nach Ablauf des Monats an, in dem die Antragsgegnerin Kenntnis von der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung erlangt.
- Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin die vorbezeichnete Ausgleichsrente an die Antragstellerin auch für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum Ablauf des Monats zu zahlen hat, der dem Monat folgt, in dem die Antragsgegnerin Kenntnis von der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung erlangt, soweit die Antragsgegnerin in diesem Zeitraum nicht mit befreiender Wirkung an die weitere Beteiligte (R. H.) gezahlt hat.
- Die von der Antragsgegnerin an die weitere Beteiligte zu zahlende Hinterbliebenenversorgung ist in Höhe der unter Nr. 1 festgesetzten monatlichen Ausgleichsrente zu kürzen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde sowie die der Antragstellerin in diesen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten hat die Antragsgegnerin zu tragen. Im übrigen findet insoweit eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.
Bei der Kostenentscheidung des amtsgerichtlichen Beschlusses für die erste Instanz hat es sein Bewenden.
Wert: bis 17.000 DM.
Gründe
I.
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin im Rahmen des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf Zahlung einer Ausgleichsrente in Anspruch.
1. Die am 20. Januar 1937 geborene Antragstellerin heiratete am 27. August 1960 den am 28. Dezember 1936 geborenen W. H. (Ehemann). Auf den am 24. September 1980 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes wurde die Ehe durch Urteil vom 30. Mai 1983 geschieden. Beide Ehegatten hatten in der Ehezeit keine gesetzlichen Rentenanwartschaften oder sonstigen in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehenden Versorgungsanwartschaften erworben. Der Ehemann war bei der Antragsgegnerin beschäftigt und hatte bei ihr Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung erworben.
Die Antragstellerin verzog im Jahre 1987 nach Frankreich und arbeitete dort in der Landwirtschaft.
Der Ehemann, der nach der Scheidung eine zweite Ehe mit R. H. (weitere Beteiligte), eingegangen war, verstarb am 28. September 1997. Die weitere Beteiligte erhält seit dem 1. Oktober 1997 Witwenrente von der Antragsgegnerin in Höhe von monatlich 2.811 DM brutto, nachdem der Ehemann selbst seit dem 1. Januar 1993 vorgezogene Altersrente (IBM-Pension) von der Antragsgegnerin in Höhe von zunächst monatlich 4.588 DM brutto und ab 1. Juli 1996 bis zu seinem Tode in Höhe von monatlich 4.685 DM brutto bezogen hatte.
2. Mit der Begründung, sie erhalte ab 1. Januar 1998, nach der Vollendung des 60. Lebensjahres, an ihrem Wohnsitz in Frankreich eine landwirtschaftliche Altersrente von der Mutualité Sociale Agricole Tarn et Garonne, hat die Antragstellerin im Januar 1998 beantragt, mit Wirkung vom 1. Januar 1998 den – verlängerten – schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu ihren Gunsten durchzuführen. Die Antragsgegnerin ist dem Begehren entgegengetreten und hat geltend gemacht: Die Antragstellerin erfülle die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB (noch) nicht, da sie keine Versorgung eines deutschen Versorgungsträgers erlangt und bisher keinen Anspruch auf eine Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung habe. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich sei aber nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes erst durchzuführen, wenn der Ausgleichsberechtigte auch die Vorteile aus dem öffentlich-rechtlichen Wertausgleich erhalte. Denn es sei grundsätzlich eine Kongruenz zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich anzustreben. Bestünde der in § 1587 g Abs. 1 BGB vorgesehene Teilhabeanspruch des Ausgleichsberechtigten hingegen bereits beim Bezug jeglicher, also auch einer ausländischen Altersversorgung, ohne daß gegenüber einem deutschen Versorgungsträger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung einer Alters- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente vorlägen, dann stünde der im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Berechtigte besser als der durch den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich Begünstigte. Das widerspreche der gesetzlichen Regelung.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat nach Einholung einer Auskunft bei dem Versorgungswerk der Antragsgegnerin und Durchführung von Ermittlungen über die Versorgung, die die Antragstellerin in Frankreich bezieht, durch Beschluß vom 30. November 1998
die Antragsgegnerin verpflichtet, ab 1. Januar 1998 an die Antragstellerin eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 1.406,56 DM zu bezahlen, jeweils fällig bis zum 5. eines jeden Monats im voraus;
und angeordnet
- die von der Antragsgegnerin an die Beteiligte R. H. zu zahlende Hinterbliebenenversorgung in Höhe der unter Ziffer 1 festgesetzten monatlichen Ausgleichsrente zu kürzen.
Gegen den Beschluß haben die Antragsgegnerin und die weitere Beteiligte Beschwerde eingelegt, letztere mit dem Antrag, die Ausgleichsrente – wegen einer vom Familiengericht bei der Berechnung der Rente unzutreffend angenommenen Dauer der Betriebszugehörigkeit des Ehemannes – in Höhe von monatlich 1.371,55 DM (statt 1.406,56 DM) festzusetzen. Die Antragstellerin hat sich den Beschwerden angeschlossen mit dem Begehren, die für die Berechnung der Ausgleichsrente zugrunde zu legende Ehezeit im Sinne von § 1587 Abs. 2 BGB für die Dauer vom 1. August 1960 bis zum 31. August 1980 (statt, wie vom Familiengericht angenommen, vom 1. August 1960 bis zum 29. Februar 1980) anzusetzen.
Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde der Antragsgegnerin den angefochtenen Beschluß abgeändert, den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs abgewiesen und deren Anschlußbeschwerde zurückgewiesen. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten hat das Gericht in den Gründen der Entscheidung für gegenstandslos erklärt, da das Rechtsmittel ein weniger weitgehendes Beschwerdeziel verfolge als die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen weiteren Beschwerde, mit der sie ihr Zahlungsbegehren weiterverfolgt.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung des angefochtenen Beschlusses ausgeführt: Nach § 3 a VAHRG könne der aus einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Berechtigte von dem Träger der auszugleichenden Versorgung eine Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB verlangen. Dabei müßten jedoch die in § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Voraussetzungen für einen Rentenanspruch des Ausgleichsberechtigten erfüllt sein, nämlich Bezug einer Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente, Vollendung des 65. Lebensjahres oder krankheitsbedingte Unzumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit auf nicht absehbare Zeit. Daran fehle es hier. Die Antragstellerin beziehe zwar bei der Mutualité Sociale Agricole eine Altersversorgung, die eine Versorgung im Sinne der §§ 1587 Abs. 1, 1587 a Abs. 2 Nr. 4 BGB sei. Dennoch scheide der Bezug dieser Rente als Fälligkeitsvoraussetzung nach § 1587 g BGB aus. Die Auslegung des Begriffs „Versorgung” des Ausgleichsberechtigten nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB müsse sich an der Gesamtsystematik der Versorgungsausgleichsregelungen orientieren, wobei dem Umstand maßgebliche Bedeutung zukomme, daß der schuldrechtliche Versorgungsausgleich gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Ausgleich subsidiär sei. Demgemäß dürften durch den schuldrechtlichen Ausgleich nicht Rechtspositionen geschaffen werden, bei denen der Bezug von Versorgungsleistungen unter leichteren Voraussetzungen möglich werde als dies im öffentlich-rechtlichen Versorgungssystem der Fall wäre. Das würde zu Ungleichbehandlungen führen. Auch das Gesetz gehe davon aus, daß die Qualität der in § 1587 g BGB genannten Versorgung des Berechtigten einer öffentlich-rechtlichen Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente entspreche, wie die beiden anderen in § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Alternativen zeigten. Bei der Antragstellerin lägen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. Sie sei weder schwerbehindert noch berufs- oder erwerbsunfähig. Die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente für Frauen erfülle sie ebenfalls nicht, da sie auch bei Zusammenrechnung der deutschen und der französischen Versicherungszeiten lediglich 42 Kalendermonate Pflichtbeitragszeiten anstelle der erforderlichen 10 Jahre Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung des 40. Lebensjahres zurückgelegt habe.
2. Diese Ausführungen halten, wie die weitere Beschwerde zu Recht geltend macht, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Allerdings ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen für die Durchführung eines verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs im Sinne von § 3 a VAHRG grundsätzlich gegeben sind. Nach dieser Vorschrift kann der Berechtigte nach dem Tod des Verpflichteten in den Fällen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von dem Träger der auszugleichenden Versorgung, von dem er bei Fortbestand der Ehe eine Hinterbliebenenversorgung erhalten hätte, bis zur Höhe dieser Hinterbliebenenversorgung „die Ausgleichsrente nach § 1587 g BGB verlangen” (§ 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG). Die Ausgleichsrente kann gemäß § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB erst dann beansprucht werden, wenn unter anderem „beide Ehegatten eine Versorgung erlangt haben”, wobei im Fall des § 3 a VAHRG auf Seiten des Verpflichteten das Erfordernis entfällt, daß er vor seinem Tod bereits eine Versorgung erlangt haben müßte (§ 3 a Abs. 1 Satz 2 VAHRG). Der Ausgleichsberechtigte muß jedoch, wenn er nicht auf nicht absehbare Zeit aus gesundheitlichen Gründen an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist oder das 65. Lebensjahr vollendet hat (§ 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB), „eine Versorgung” erlangt haben.
b) Eine Einschränkung hinsichtlich der Art der Versorgung, die der Berechtigte als Voraussetzung für die Geltendmachung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs erlangt haben muß, enthält das Gesetz nicht. Sie ist auch weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 1587 g BGB zu entnehmen. Es kann vielmehr jede Art einer Versorgung im Sinne von § 1587 Abs. 1 BGB sein, das heißt jede Versorgung der in § 1587 a Abs. 2 BGB genannten Art, also jede gesetzliche Rentenart, die wegen Alters oder Invalidität zu gewähren ist (vgl. BGB-RGRK/Wick 12. Aufl. § 1587 g Rdn. 9; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 3. Aufl. § 1587 g Rdn. 8; Soergel/Vorwerk BGB 12. Aufl. § 1587 g Rdn. 6). Darunter fallen auch Renten aus ausländischen gesetzlichen Rentenversicherungen (vgl. Glockner/Uebelhack, Die betriebliche Altersversorgung im Versorgungsausgleich, Rdn. 179; auch Borth, Versorgungsausgleich in anwaltlicher und familiengerichtlicher Praxis, 3. Aufl. Rdn. 120, 209, 374 und 626). Es besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß, ausländische gesetzliche Altersrenten dem Anwendungsbereich des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB zu entziehen, nachdem das Gesetz selbst – etwa – in § 3 a Abs. 5 VAHRG eine Regelung für den Fall trifft, daß eine ausländische Einrichtung Träger der auszugleichenden Versorgung ist, und in § 1587 a Abs. 5 BGB eine generelle Bewertungsvorschrift enthält, die als Auffangtatbestand notwendig erschien, „weil es angesichts der Vielfalt unterschiedlicher Versorgungsanrechte, insbesondere auch im internationalen Bereich … unmöglich (erscheine), alle Berechnungsmodalitäten im Gesetz aufzuführen und für sie geeignete Bewertungsmaßstäbe zu entwickeln …” (vgl. BT-Drucks. 7/4361 S. 40). So hat auch der Senat bereits grundsätzlich entschieden, daß der Versorgungsausgleich nicht auf Fälle mit ausschließlich inländischen Versorgungsanrechten beschränkt ist (vgl. Senatsbeschluß vom 24. Februar 1982 – IVb ZB 508/80 = FamRZ 1982, 473, 474).
Auch die ausländische Versorgung muß, um die Fälligkeit des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB auslösen zu können, eine – (mit Hilfe des Vermögens oder) durch Arbeit begründete oder aufrechterhaltene – Versorgung wegen Alters (oder Invalidität) sein, also eine Rente, die der Versorgung für das Alter im Anschluß an die Beendigung des aktiven Arbeitslebens dienen soll (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. Juni 1988 – IVb ZB 132/85 = FamRZ 1989, 936, 938; vom 31. August 2000 – XII ZB 89/99, zur Veröffentlichung bestimmt). Das ist, wie das Oberlandesgericht inhaltlich festgestellt hat, bei der landwirtschaftlichen Altersrente, die die Antragstellerin von der Mutualité Sociale Agricole bezieht, der Fall. Es handelt sich um eine „retraite vieillesse”, die im französischen Sozialversicherungsrecht neben anderen Versicherungen, etwa auch der „assurance invalidité”, generell bei einem Rentenalter von 60 Jahren für Männer und Frauen gewährt, durch Beiträge finanziert und der Höhe nach unter anderem je nach der Dauer der zurückgelegten Versicherungszeit geleistet wird. Ein Anspruch auf eine Altersrente besteht bereits nach einem „trimestre d'assurance”; falls der Arbeitnehmer die Versicherungspflicht für 37,5 Jahre – Voraussetzung für das Erreichen der vollen Rente – nicht erfüllt, erhält er nur eine prozentual entsprechend verminderte Rente (vgl. Lutz und App in SGb – Sozialgerichtsbarkeit – 1992, 251, 252; Kessler in Die Sozialversicherung 1994, 197 ff.; Igl in RIW/AWD 1977, 348 ff.). Die landwirtschaftliche Altersrente der Antragstellerin beruht nach der von dem Oberlandesgericht in Bezug genommenen Auskunft der Mutualité Sociale Agricole auf der in Frankreich geleisteten Berufstätigkeit der Antragstellerin. Die Rente ist „définitive” und beträgt ab 1. Januar 1998 vierteljährlich 811,04 französische Francs, berechnet auf der Basis von „28 trimestres”.
Die Rente entspricht damit nach dem System des französischen Sozialversicherungsrechts dem Typ einer „Versorgung wegen Alters” nach deutschem Recht im Sinne von § 1587 Abs. 1 BGB.
c) Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht sie gleichwohl nicht als Fälligkeitsvoraussetzung für die Inanspruchnahme des – verlängerten – schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 1587 g BGB anerkannt. Die Ausführungen, auf die das Oberlandesgericht diese Auffassung gestützt hat, vermögen seine Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dem Gesichtspunkt der Subsidiarität des schuldrechtlichen gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich kommt, wie schon das Familiengericht zutreffend dargelegt hat, im Rahmen der Entscheidung über die Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie den Umfang des schuldrechtlichen Ausgleichs – nach rechtskräftiger Regelung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs – keine maßgebliche Bedeutung mehr zu. Der Hinweis des Oberlandesgerichts auf die Gesamtsystematik der Versorgungsausgleichsregelungen rechtfertigt die Außerachtlassung einer ausländischen Versorgung im deutschen Versorgungsausgleich, wie dargelegt, ebenfalls nicht. Soweit das Oberlandesgericht darauf abgestellt hat, daß durch den schuldrechtlichen Ausgleich nicht Rechtspositionen geschaffen werden sollten, bei denen der Bezug von Versorgungsleistungen unter leichteren Voraussetzungen möglich werde als dies im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich der Fall wäre, trifft diese Erwägung in dieser Allgemeinheit nicht zu. Im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich kann beispielsweise eine Ausgleichsrente bereits dann verlangt werden, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte die Voraussetzungen für den Bezug einer gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht erfüllt, aber bereits – ebenso wie der Ausgleichspflichtige – eine betriebliche Altersversorgung bezieht, die schuldrechtlich (mit) auszugleichen ist (vgl. Senatsbeschluß vom 31. August 2000 – XII ZB 89/99). Abgesehen hiervon scheitert der Gleichklang zwischen öffentlich-rechtlichem und schuldrechtlichem Versorgungsausgleich in einem Fall wie dem vorliegenden auch daran, daß die ursprüngliche gesetzliche Regelung des § 1587 b Abs. 3 Satz 1 BGB für verfassungswidrig erklärt und durch Neuregelungen im Härteregelungsgesetz ersetzt wurde. Wären die Anrechte des Ehemannes auf seine betriebliche Altersversorgung bei der Antragsgegnerin nach § 1587 b Abs. 3 Satz 1 BGB im Scheidungsurteil öffentlich-rechtlich zugunsten der Antragstellerin ausgeglichen worden, so hätte sie unter Umständen mit Hilfe der auf diese Weise erworbenen Werteinheiten die Voraussetzungen des § 39 SGB VI (a.F.) für eine Altersrente für Frauen nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfüllt und wäre seit Februar 1997 in den Genuß einer Altersrente der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gekommen. Daß eine solche Entwicklung nicht eingetreten ist und die Antragstellerin die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllt, hindert indessen entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht die Durchführung des – verlängerten – schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. Das Oberlandesgericht hat die von ihm selbst als Versorgung im Sinne von § 1587 Abs. 1 BGB beurteilte französische landwirtschaftliche Altersrente der Antragstellerin rechtsfehlerhaft an den Kriterien des deutschen § 39 SGB VI (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, siehe Art. 1 Nr. 16 und Art. 33 Abs. 13 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl. I 2998) gemessen (unter anderem: 10 Jahre Pflichtbeitragszeiten nach Vollendung des 40. Lebensjahres) und mangels Erfüllung der danach erforderlichen Voraussetzungen nicht ausreichen lassen, um die Fälligkeit des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auszulösen. Damit hat das Gericht im Widerspruch zu dem von ihm selbst zutreffend gewählten Ansatz die ausländische Versorgung im Ergebnis nicht als solche anerkannt, sondern die Voraussetzungen des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB einseitig nach dem Maßstab einer deutschen Altersversorgung beurteilt. Das steht nicht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
d) Die Antragstellerin hat die französische Altersversorgung offensichtlich erst nach dem Ende der Ehezeit erworben. Auch das hindert ihre Berücksichtigung nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB jedoch nicht. Das Gesetz trifft auch insoweit keine Unterscheidung. Sowohl eine vorehelich oder in der Ehe als auch eine nachehelich erworbene Altersversorgung kann die Fälligkeit des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs begründen, wenn sie „erlangt” ist, also tatsächlich gezahlt wird oder zumindest bindend festgesetzt ist (vgl. BGB-RGRK/Wick aaO § 1587 g Rdn. 10; Soergel/Vorwerk aaO § 1587 g Rdn. 6). Ein Grund, das Merkmal der Erlangung der Versorgung auf ehezeitlich erworbene Renten zu beschränken (so offenbar Voskuhl/Pappai/Niemeyer, Versorgungsausgleich in der Praxis 1976 § 1587 g Bemerkung II 3 a), ist nicht ersichtlich. Bereits im Gesetzgebungsverfahren ist die Regelung des § 1587 g BGB damit begründet worden, daß dem Berechtigten nicht eine Beteiligung an der Versorgung des anderen Ehegatten schlechthin gewährt werden soll; für ihn wird vielmehr mit dem Ausgleich nur das Bestehen einer eigenen Versorgungsberechtigung fingiert, die ebenfalls erst mit Eintritt des Versorgungsfalls zu Leistungen geführt hätte (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 164).
Eine Beschränkung in dem Sinn, daß der eigene Versorgungsfall auf einer ehezeitlich erworbenen Versorgung beruhen müßte, ist dem nicht zu entnehmen und nach dem Zweck des Gesetzes auch nicht zu erkennen. Das zeigt sich im übrigen auch daran, daß die beiden anderen Alternativen des § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB – krankheitsbedingte Unzumutbarkeit weiterer Erwerbstätigkeit und Vollendung des 65. Lebensjahres – ebenfalls keinen Bezug zu der Ehezeit voraussetzen.
3. Zur Berechnung der Höhe der Ausgleichsrente ist dem Familiengericht – bis auf Korrekturen der Dauer der Ehezeit und der Betriebszugehörigkeit des Ehemannes – im Grundsatz zu folgen. Auch die Parteien und die weitere Beteiligte haben im Beschwerdeverfahren gegen die Berechnungsweise des Familiengerichts als solche keine Einwendungen erhoben. Allerdings ist die Berechnung entgegen der Auffassung des Familiengerichts nicht nach Tagen, sondern nach Monaten (für die Betriebszugehörigkeit nach Maßgabe des § 1587 Abs. 2 BGB) vorzunehmen (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 a BGB Rdn. 196).
a) Die der Antragstellerin gebührende Ausgleichsrente ist nach § 1587 g Abs. 2 i.V.m. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b) in der Weise zu ermitteln, daß als Ausgleichsbetrag der Teil der erworbenen Versorgung zugrunde zu legen ist, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit des Ehemannes zu seiner gesamten Betriebszugehörigkeit entspricht.
Die Betriebszugehörigkeit des Ehemannes bei der Antragsgegnerin dauerte nach der vom Oberlandesgericht inhaltlich in Bezug genommenen Auskunft des Versorgungswerks der Antragsgegnerin vom 19. Februar 1998 (GA 14) vom 8. Juli 1959 bis zum 15. Dezember 1992; vom 1. Januar 1993 an bezog der Ehemann die vorgezogene Altersrente (IBM-Pension). Das Familiengericht ist in seiner Entscheidung irrtümlich von einem Ende der Betriebszugehörigkeit am 15. Februar 1992 ausgegangen. Die Ehezeit im Sinne von § 1587 Abs. 2 BGB dauerte vom 1. August 1960 bis zum 31. August 1980 und fiel damit voll in die Zeit der Betriebszugehörigkeit des Ehemannes.
Dabei entfallen 241 Monate Ehezeit (vom 1. August 1960 bis 31. August 1980) auf insgesamt 401 Monate Betriebszugehörigkeit (vom 1. Juli 1959 bis zum 30. November 1992); das entspricht einem Ehezeitanteil von 60.09975 = 60,1 %. Bezogen auf die Höhe der Betriebsrente von monatlich 4.685 DM brutto, die der Ehemann als IBM-Pension bis zu seinem Tod bezog, errechnet sich daraus ein Ehezeitanteil von monatlich 2.815,69 DM. Hiervon steht der Antragstellerin die Hälfte, also ein Betrag von monatlich 1.407,85 DM, nach §§ 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG, 1587 g BGB zu.
b) Die an die weitere Beteiligte zu zahlende Hinterbliebenenversorgung ist gemäß § 3 a Abs. 4 VAHRG in Höhe der der Antragstellerin gebührenden Ausgleichsrente zu kürzen.
c) Die Antragstellerin hat gemäß § 3 a Abs. 6 VAHRG i.V.m. § 1585 b Abs. 2 BGB rückwirkend seit dem 1. Januar 1998 Anspruch auf die Ausgleichsrente. Die Antragsgegnerin kann jedoch gemäß § 3 a Abs. 7 VAHRG auch während des Verfahrens nach § 3 a VAHRG die volle Hinterbliebenenversorgung – mit befreiender Wirkung gegenüber der Antragstellerin – noch an die weitere Beteiligte zahlen, und zwar bis zum Ende des Folgemonats, in dem die Antragsgegnerin vom Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung Kenntnis erlangt. Dem trägt der Feststellungsausspruch (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Juni 1983 – III ZR 74/82 – NJW 1984, 1118, 1119 unter 3 b m.w.N.) unter Nr. 2 des Entscheidungstenors Rechnung. Ansprüche der Antragstellerin gegenüber der weiteren Beteiligten aus § 812 BGB bleiben hiervon unberührt (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 3 a VAHRG Rdn. 30; Hahne in Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl. VI Rdn. 262; BGB-RGRK/Wick aaO § 3 a VAHRG Rdn. 29, 33; Borth, aaO Rdn. 709).
4. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Gerichtskosten auf § 131 a KostO i.V.m. §§ 91, 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten auf § 13 a FGG.
Abweichend von der allgemeinen Regelung in § 131 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 KostO, nach der das Beschwerdeverfahren in den dort genannten Fällen, also bei einem Erfolg des Rechtsmittels, gerichtsgebührenfrei ist, entstehen nach § 131 a KostO im Beschwerdeverfahren in Versorgungsausgleichssachen nach § 621 e ZPO auch bei einem Erfolg des Rechtsmittels Gebühren, und zwar in derselben Höhe wie im zugehörigen ersten Rechtszug. Würde in einem solchen Fall, wie allgemein im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Korintenberg/Lappe, KostO 14. Aufl. § 99 Rdn. 11 und § 131 a Rdn. 5; Keidel/Zimmermann FGG 13. Aufl. vor § 13 a Rdn. 20 und § 13 a Rdn. 50; auch BayObLG Z 63, 191), von einer gerichtlichen Entscheidung über die Gerichtskosten abgesehen, so wären die Gerichtskosten gemäß § 2 Nr. 1 KostO von dem erfolgreichen Beschwerdeführer als dem Antragsteller der Instanz zu tragen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl. § 131 a Rdn. 5; Korintenberg/Lappe aaO § 131 a Rdn. 5; Keidel/Zimmermann aaO; BayObLG aaO). Das entspricht im Verfahren über den Versorgungsausgleich nicht der Interessenlage der Beteiligten, und es ist keine sachliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, den erfolgreichen Beschwerdeführer kostenrechtlich unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob der Versorgungsausgleich im Verbund als Folgesache oder als selbständige Familiensache durchgeführt wird. Auch für diesen (letztgenannten) Fall sind daher die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO zur entsprechenden Anwendung heranzuziehen (vgl. auch Lappe, Kosten in Familiensachen, 5. Aufl. Rdn. 182, 402 bis 404).
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 556492 |
NJW 2001, 1490 |
FamRZ 2001, 284 |
FuR 2001, 229 |
FuR 2001, 66 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 2001, 217 |