Verfahrensgang
LG Mosbach (Entscheidung vom 23.05.2022; Aktenzeichen 5 T 16/22) |
AG Mosbach (Entscheidung vom 20.04.2022; Aktenzeichen 1 IN 157/19) |
Tenor
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte (im Folgenden: Antragsteller) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht. In dem am 13. September 2019 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin wurde er zum Verwalter bestellt. Der Antragsteller erbrachte im Jahr 2020 Leistungen als Rechtsanwalt für die Masse.
Rz. 2
Der Antragsteller beantragte, seine Vergütung und Auslagen auf insgesamt 4.493,27 € festzusetzen. Dabei entfielen ein Betrag von 2.876,02 € auf die Vergütung nach § 2 InsVV und die Auslagen gemäß § 8 InsVV sowie ein Betrag in Höhe von 1.617,25 € auf eine Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde, jeweils einschließlich Umsatzsteuer. Das Insolvenzgericht hat dem Antrag nur in Höhe von 2.876,02 € stattgegeben und die Festsetzung einer Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde nach § 5 Abs. 1 InsVV abgelehnt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Rz. 3
Mit der beabsichtigten Rechtsbeschwerde, für deren Durchführung er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt, will der Antragsteller die gerichtliche Festsetzung einer Vergütung auch für den Einsatz besonderer Sachkunde in Höhe von 1.617,25 € erreichen, hilfsweise die Feststellung, dass die Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde zu den Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 Nr. 2 InsO gehört.
II.
Rz. 4
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil weder die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe erfüllt sind noch die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Rz. 5
1. Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies richtet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragstellers (§ 115 ZPO), weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung im eigenen Interesse erfolgt. Auf § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO kann sich der Antragsteller nicht berufen. Er begehrt zu seinen Gunsten eine höhere Vergütung als vom Beschwerdegericht festgesetzt. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist jedoch nur einschlägig, wenn die Partei kraft Amtes den Prozess für das von ihr verwaltete Vermögen führt. Für Eigenprozesse, die die Partei kraft Amtes für sich selbst oder einen Dritten führt, bleibt es bei den allgemeinen Regeln (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl., § 116 Rn. 3; Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 116 Rn. 4; BeckOK-ZPO/Reichling, 2022, § 116 Rn. 4; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 19. Aufl., § 116 Rn. 3; MünchKomm- ZPO/Wache, 6. Aufl., § 116 Rn. 9).
Rz. 6
2. Im Übrigen ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung ohne Aussicht auf Erfolg. Die Festsetzung der Vergütung weist keine Rechtsfehler zum Nachteil des Antragstellers auf.
Rz. 7
a) Das Beschwerdegericht hat zutreffend davon abgesehen, die vom Antragsteller begehrte Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde von 1.617,50 € zusätzlich festzusetzen. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Insolvenzverwalter, auch wenn er selbst als Rechtsanwalt zugelassen ist, Aufgaben, die ein Insolvenzverwalter ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht lösen kann, auf einen externen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstandenen Gebühren und Auslagen aus der Masse entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 23. März 2006 - IX ZB 130/05, WM 2006, 1298 Rn. 6 mwN). Führt der als Rechtsanwalt zugelassene Verwalter diese Aufgaben selbst aus, kann er die Gebühren und Auslagen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gemäß § 5 InsVV aus der Insolvenzmasse entnehmen (BGH, Beschluss vom 12. September 2019 - IX ZB 1/17, WM 2019, 1977 Rn. 11). In beiden Fällen kann der Insolvenzverwalter die angefallenen Auslagen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ohne vorherige gerichtliche Festsetzung nach § 64 Abs. 1 InsO aus der Masse entnehmen. Im Fall der Beauftragung eines externen Rechtsanwalts mit besonderen Aufgaben ergibt sich dies aus § 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV; im Fall der eigenen Ausführung der besonderen Aufgaben durch den Verwalter folgt dies unmittelbar aus § 5 Abs. 1 InsVV.
Rz. 8
b) Ebenso wenig kommt eine Feststellung in Betracht, dass die Vergütung für den Einsatz besonderer Sachkunde zu den Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 54 Nr. 2 InsO gehöre. Bei der Vergütung des Verwalters nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für den Einsatz besonderer Sachkunde gemäß § 5 InsVV handelt es sich um Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und nicht um Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 54 Nr. 2 InsO (so auch die nahezu einhellige Auffassung in der Literatur, vgl. MünchKomm- InsO/Riedel, 4. Aufl., § 5 InsVV Rn. 1; Stoffler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2018, § 5 InsVV Rn. 16; Zimmer, InsVV, 2. Aufl., § 5 Rn. 11; Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Aufl., § 5 Rn. 43; Nerlich/Römermann/Stephan, InsO, 2017, § 5 InsVV Rn. 11; Jaeger/Schilken, InsO, 2007, § 63 Rn. 30; HK-InsO/Keller, 10. Aufl., § 5 InsVV Rn. 3). Auch bei der an einen mit der Wahrnehmung besonderer Aufgaben beauftragten externen Anwalt zu zahlenden Vergütung handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 InsO. Es besteht kein Grund, die dem Verwalter für den Einsatz besonderer Sachkunde zustehende Vergütung anders zu behandeln als die Vergütung, die einem externen Rechtsanwalt aus der Masse zu zahlen wäre.
Rz. 9
c) Die gegenteilige Auffassung von Blersch (BK-InsO/Blersch, 2004, § 5 InsVV Rn. 4), auf die sich der Antragsteller beruft, wird nicht näher begründet und ist, soweit ersichtlich, vereinzelt geblieben. Dies rechtfertigt nicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines offensichtlich unbegründeten Rechtsbeschwerdeverfahrens durch den Senat.
Schoppmeyer |
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Möhring |
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Röhl |
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Selbmann |
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Harms |
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Fundstellen
Haufe-Index 15418533 |
DStRE 2023, 959 |