Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragungsfähige Erklärung nach § 800 Abs. 1 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Ist in der notariellen Schuldurkunde ein bedingter mit einem unbedingten Zinsanspruch in einem sich daraus ergebenden Höchstzinssatz zusammengefaßt, so ist die Erklärung, daß sich der Schuldner „bis zu” diesem Höchstzinssatz der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, wirksam und unter der Voraussetzung des § 800 Abs. 1 ZPO eintragungsfähig.
Normenkette
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5, § 800 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 24.03.1981) |
OLG Stuttgart |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24. März 1981 und die Zwischenverfügung des Grundbuchamts St.-B. vom 13. Oktober 1980 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, von seinen Bedenken Abstand zu nehmen.
Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
In den Urkunden UR-Nrn. … und … des Notars M… vom 30. Juni 1980 wurden von der Firma V…-GmbH & Co. KG sowie von den Eheleuten Peter und Brigitte A… als Gesamtschuldnern Darlehensschulden gegenüber der Beschwerdeführerin in Höhe von 60.000 DM und 25.000 DM nebst 7, 75% Jahreszinsen anerkannt. Darüber hinaus erklärten sie in den insoweit gleichlautenden Urkunden:
„… Bleiben die Schuldner mit einer Geldleistung ganz oder teilweise länger als 14 Tage im Rückstand, so erhöht sich der Zinssatz für die jeweilige Darlehenssumme um 1% jährlich über den ordentlichen Zinssatz für den betroffenen Zahlungszeitraum (Vierteljahr).”
In Höhe der Schuld „samt Zinsen, Tilgungs- und Nebenleistungen und Kosten” unterwarfen sich die Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung, der Grundstückseigentümer auch gemäß § 800 ZPO in die mit einer Hypothek zu belastenden Grundstücke. Diese formularmäßige Erklärung enthält den Zusatz:
„Die Zwangsvollstreckungsunterwerfung erfolgt wegen der Zinsen von heute an bis zu 8,75% pa. (jährlich).”
Zugleich wurde in den beiden Urkunden „zur Sicherstellung dieses Darlehens nebst Zinsen” die Eintragung einer Hypothek bewilligt und beantragt, „die Hypothek nebst Zinsen bis zu 8,75% jährlich an nächst offener Stelle und die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung mit Wirkung gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer in das Grundbach einzutragen”.
Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 13. Oktober 1980 beanstandet, daß die Unterwerfungserklärung hinsichtlich der Zinsen nicht genügend bestimmt sei.
Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hält die weitere Beschwerde für unbegründet. Es sieht sich an einer dahingehenden Entscheidung aber im Hinblick auf das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. November 1970, III ZR 58/67, WM 1971, 165 = DNotZ 1971, 233 gehindert und hat deshalb die Sache mit Beschluß vom 5. August 1982 (teilw. abgedruckt in DNotZ 1983, 52) dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
II.
1. Die Vorlage ist gemäß § 79 Abs. 2 GBO zulässig.
Zwar bezieht sich die in dem Vorlagebeschluß angeführte Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 23. November 1970 (a.a.O.) nicht auf den hier vorliegenden Fall der Grundbucheintragung einer dinglichen Unterwerfungsklausel (§ 800 ZPO), sondern auf die Frage der Wirksamkeit einerpersönlichen Unterwerfungserklärung (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO); für die persönliche wie für die dingliche Unterwerfung ist jedoch gleichermaßen erforderlich, daß sich der Schuldner wegen einesbestimmten Zahlungsanspruches der Zwangsvollstreckung unterwirft. Eine dingliche Unterwerfungserklärung, die diesem Erfordernis widerspricht, darf nicht in das Grundbuch eingetragen werden, weil sonst eine inhaltlich unzulässige Eintragung vorläge (§ 53 Abs. 1 GBO). Wenn daher das Oberlandesgericht den Standpunkt vertritt, eine dingliche Unterwerfungsklausel für Zinsen „bis zu” 8,75% sei mangels ausreichender Bestimmtheit nicht eintragungsfähig, so handelt es sich um die Auslegung des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO und damit einer das Grundbuchrecht betreffenden bundesrechtlichen Vorschrift im Sinne des § 79 Abs. 2 GBO. Da das Oberlandesgericht hinsichtlich der Zinsen allein schon aus den Worten „bis zu 8,75%” die Unbestimmtheit der Unterwerfungserklärung herleiten möchte, würde es von der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes in dem genannten Urteil vom 23. November 1970 abweichen; denn dort ist entschieden, daß auch bei einer solchen Formulierung die Erklärung dann ausreichend bestimmt ist, wenn sich der Schuldner ohne jede Einschränkung verpflichtet hat, auf Verlangen des Gläubigers Zinsen in der angegebenen Höhe zu zahlen. Damit sind die Vorlegungsvoraussetzungen gegeben.
Die Entscheidung über die weitere Beschwerde ist, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt, nicht dadurch überholt, daß nach Erlaß des die Zwischenverfügung bestätigenden Beschlusses des Landgerichts das Grundbuchamt aus den Gründen dieser Verfügung die Eintragungsanträge zurückgewiesen hat (RGZ 122, 327, 330; BayObLGZ 1969, 278, 280; Kuntze-KEHE, Grundbuchrecht 2. Aufl. § 78 Rdn. 5 m.w.N.). Das Grundbuchamt kann in dieser Weise nicht dem Rechtsmittel die Grundlage entziehen; vielmehr verliert umgekehrt seine Entscheidung bei erfolgreicher weiterer Beschwerde die Rechtsgrundlage, so daß dann das Grundbuchamt von Amts wegen die von ihm getroffene Entscheidung aufzuheben hat.
2. In der Sache vermag sich der Senat dem Rechtsstandpunkt des Oberlandesgerichts nicht anzuschließen.
Zur Zwangsvollstreckung geeignet ist eine notarielle Urkunde, falls sie auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme (oder auf Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere) gerichtet istund der Schuldner sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 ZPO).
Gleichgestellt ist der Anspruch aus einem Grundpfandrecht (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 ZPO). Ein Zahlungsanspruch ist in diesem Sinnebestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich aus der Urkunde ohne weiteres errechnen läßt (BGHZ 22, 54, 56; BGH Urteil vom 23. Oktober 1980, III ZR 62/79, WM 1981, 189, 191 unter b). Er muß so bestimmt sein, daß er auch im Urkundenprozeß (§ 592 ZPO) geltend gemacht werden könnte (BGHZ 22, 54, 57; 73, 156, 159 m.w.N.).
Unter dieser Voraussetzung ist, wie sich schon aus §§ 795, 726 ZPO ergibt, auch eine künftige oder bedingte Forderung unterwerfungsfähig (RGZ 132, 6; BGH Urteile vom 23. November 1979, V ZR 123/76, NJW 1980, 1050, 1051 und vom 25. Juni 1981, III ZR 179/79, NJW 1981, 2756; OLG Celle DNotZ 1969, 102, 104; Petermann, Die vollstreckbare Ausfertigung der gerichtlichen und notariellen Urkunde, 1938, S: 31 ff.; Bühling, DNotZ 1953, 458, 461; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 1978, S. 72 Rdn. 29.1 ff.). Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert dann allerdings, daß die Höhe des künftigen oder bedingten Anspruches in der Urkunde festgestellt ist. Daran fehlt es, sofern die Urkunde nur auf eine mögliche, nicht schon im Betrag feststehende, Forderung lautet, wie im Falle der Höchstbetragshypothek (§ 1190 BGB); denn diese Art der Hypothek sichert gerade eine noch unbestimmte Forderung, so daß aus diesem Grunde eine Unterwerfungsklausel ausgeschlossen ist, wenn sie sich nicht auf einen urkundlich festbestimmten Teil der Forderung bezieht (RGZ 132, 6, 8; BGH Urteil vom 23. November 1970 a.a.O.; Erman/Räfle, BGB 7. Aufl. § 1190 Rdn. 13 m.w.N.). Maßgeblicher Gesichtspunkt ist in diesem Falle also nicht die Bestimmtheit der Unterwerfungserklärung, sondern die des davon erfaßten Zahlungsanspruches (so mit Recht Wolfsteiner a.a.O. S. 178 Rdn. 69.7; vgl. auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, 1965, II S. 414).
Deshalb liegt entgegen der Meinung des Oberlandesgerichts auch kein Widerspruch darin, daß in dem angeführten Urteil des III. Zivilsenats unterschieden worden ist zwischen einer Unterwerfungserklärung, die sich auf den nur möglichen Höchstbetrag einer nochunbestimmten Forderung erstreckt, und einer Erklärung, die sich auf den vereinbarten Höchstzinssatz einerbestimmten Zinsforderung bezieht. Ist in der Schuldurkunde die Höhe der unter einer dort festgelegten Bedingung zu zahlenden Zinsen bestimmt, dann ist die nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO für eine Unterwerfungserklärung erforderliche Voraussetzung gegeben, daß die Urkunde über einen Anspruch errichtet sein muß, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zum Gegenstand hat. Das aber traf in dem vom III. Zivilsenat entschiedenen Fall ebenso zu wie in der vorliegenden Sache. Denn nach der notariellen Urkunde sind hier Darlehenszinsen von 7,75% jährlich und außerdem, bedingt für den Fall eines Zahlungsrückstands, Strafzinsen von 1% jährlich geschuldet. Der verschiedenartige Rechtsgrund dieser Zinsen und der Bedingungsumstand hinderten nicht ihre Zusammenfassung in einem Höchstzinssatz von 8,75% zum Zwecke der Unterwerfungserklärung (vgl. BGH Urteil vom 9. Mai 1979, III ZR 54/78, LM BGB § 607 Nr. 38 – MDR 1979, 915, 916 unter b).
Die weitere Frage ist dann, ob sich die Schuldner im Umfange dieses bestimmten Zinsanspruches der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen haben. Das ist zu bejahen. Als eine (verfahrensrechtliche) Willenserklärung ist die Unterwerfungserklärung auslegungsfähig. Auch insoweit folgt der Senat dem vom III. Zivilsenat vertretenen Standpunkt, daß die Schuldner in der Urkunde durch die Worte „bis zu 8,75 p.a.” zweifelsfrei den Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich in dieser Höhe der Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Aus der Einschränkung „bis zu” ergibt sich nur ein Hinweis darauf, daß die Höhe des Zinsanspruches bedingt ist, nicht aber der Rückschluß auf eine – unzulässige – nur bedingte Unterwerfung. Die beantragte Grundbucheintragung der Unterwerfungserklärung (§ 800 Abs. 1 ZPO) unterliegt mithin keinen Bedenken.
Demgemäß ist die weitere Beschwerde begründet. Die Sache ist daher an das Grundbuchamt zur anderweitigen Entscheidung über die Eintragungsanträge zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 609393 |
BGHZ, 62 |
NJW 1983, 2262 |
ZIP 1983, 1128 |
DNotZ 1983, 679 |