Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftsdienst-Inland. Werbung in Zeitschriften und Fernsehspots. Keine Nennung des Preises

 

Leitsatz (redaktionell)

Werbung in Printmedien und Fernsehen für das Angebot „Auskunftsdienst-Inland” unter Angabe der entsprechenden Telefonnummer ohne Nennung des entsprechenden Preises für die Leistung ist als wettbewerbswidriges Verhalten zu werten.

 

Normenkette

PAngV § 1; UWG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 14.12.2000)

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG München v. 14.12.2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Beklagte betreibt unter der Telefonnummer 11880 einen Inlandsauskunftsdienst. Sie stellt den Kunden hierfür 0,992 Euro (= 1,94 DM) und, sofern das Gespräch länger als eine Minute dauert, je angefangenen weiteren 7,5 Sekunden zusätzlich 0,062 Euro (= 0,121 DM) in Rechnung. Sie bewirbt ihre Leistungen u. a. in Zeitschriften sowie in Fernsehspots, wobei sie jeweils auch die Telefonnummer 11880 angibt. In vier solchen im Oktober 1999 gesendeten Spots hat sie ohne Hinweis auf die von ihr verlangten Preise geworben. Auch ihre Werbung in den Zeitschriften enthielt teilweise keine Hinweise auf die von ihr für die Auskünfte berechneten Entgelte.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er hat die Werbung der Beklagten ohne die Angabe der von dieser in Rechnung gestellten Entgelte als Verstoß gegen § 1 der Preisangabenverordnung (v. 14.3.1985, BGBl. I, S. 580, neu gefasst gemäß Bekanntmachung v. 28.7.2000, BGBl. I, S. 1244/PAngV) und damit zugleich gegen § 1 UWG sowie als irreführend i. S. v. § 3 UWG beanstandet.

Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in Zeitschriften oder in Fernsehspots zu Zwecken des Wettbewerbs die Leistung "Auskunftsdienst-Inland" unter der Nummer 11880 Letztverbrauchern anzubieten, bzw. für diese Leistung gegenüber Letztverbrauchern in Zeitschriften oder in Fernsehspots zu werben, ohne den Preis für die Leistung anzugeben.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, Werbung in Printmedien und im Rundfunk stelle kein Angebot i. S. d. § 1 PAngV, sondern lediglich eine Aufforderung dar, der Beklagten gegenüber ein Angebot abzugeben. Allenfalls beinhaltete die Fernsehwerbung ein mündliches Angebot i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 4 PAngV (a. F.; nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 4 PAngV), so dass die Preisangabenverordnung jedenfalls insoweit nicht einschlägig wäre. Da sich der Verkehr inzwischen daran gewöhnt habe, dass die Tarife für telefonische Auskünfte weitaus höher lägen als die Gebühren für Ortsgespräche, sei die Beklagte auch nicht im Hinblick auf das Irreführungsverbot in § 3 UWG verpflichtet, die Verbraucher über ihre Preise aufzuklären.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat zur Verurteilung der Beklagten gemäß dem Klageantrag geführt (OLG Münchenv. 14.12.2000 - 6 U 4137/00, ZUM-RD 2001, 454 = OLGReport München 2001, 219).

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der diese ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat das vom Kläger beanstandete Verhalten der Beklagten als Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und damit zugleich i. S. v. § 1 UWG wettbewerbswidrige Verhaltensweise gewertet. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Begriff des Anbietens i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 Fall 1 PAngV schließe solche Erklärungen ein, durch die der Kunde, wenn auch rechtlich noch unverbindlich, tatsächlich schon gezielt und so konkret auf den Erwerb eines Produkts angesprochen werde, dass aus seiner Sicht nach der Auffassung des Verkehrs ein Geschäftsabschluss ohne weiteres möglich sei. Das sei hier der Fall, da die Leistung der Beklagten auf Grund der in Rede stehenden Werbemaßnahmen sofort und ohne weiteres in Anspruch genommen werden könne.

Ein (ausschließlich) mündlich vorgetragenes Angebot liege auch bei einem Werbespot im Fernsehen nicht vor. Zwar sei das Bild dort nur kurze Zeit zu sehen; es stehe aber einem mündlichen Angebot nicht gleich, weil dessen ungeachtet Preise technisch ohne weiteres schriftbildlich angegeben werden könnten.

Die mit der Klage angegriffene Verhaltensweise der Beklagten berühre wesentliche Belange der Verbraucher, da diese keine zumutbare Gelegenheit hätten, die Preise für die Auskunftsleistung zu vergleichen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger erfüllt die für seine Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG (i. d. F., in der diese Bestimmung seit dem 1.7.2000 gilt) erforderliche Voraussetzung der Eintragung in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG.

2. Entgegen der Auffassung der Revision ändert der Umstand, dass die Beklagte als Anbieterin von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit gem. § 27 Abs. 1 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (v. 11.12.1997, BGBl. I, S. 2910, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung v. 20.8.2002, BGBl. I, S. 3365 - TKV) namentlich die von den Endkunden verlangten Entgelte zu veröffentlichen hat, nichts an ihrer nach den sonstigen Vorschriften bestehenden Verpflichtung zur Angabe von Preisen. Das folgt aus § 41 des Telekommunikationsgesetzes (v. 25.7.1996, BGBl. I, S. 1120, zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes v. 21.10.2002, BGBl. I, S. 4186 - TKG), auf dessen Grundlage die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung erlassen worden ist. Diese Bestimmung enthält lediglich die Ermächtigung zum Erlass von Rahmenvorschriften für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen "zum besonderen Schutz der Nutzer, insbesondere der Verbraucher". Dementsprechend lässt die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung nach anderen Bestimmungen bestehende Informationspflichten unberührt. Das gilt auch für die Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung, die ihrerseits für den Bereich der Telekommunikation keine Ausnahme vorsieht.

3. Das Berufungsgericht hat die in Rede stehenden Werbemaßnahmen nicht lediglich als Werbung i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 Fall 2 PAngV, sondern als Leistungsangebot i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 Fall 1 PAngV angesehen. Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des BGH, wonach hierfür Ankündigungen genügen, die so konkret gefasst sind, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht des Kunden ohne weiteres zulassen (BGH, Urt. v. 4.3.1982 - I ZR 30/80, MDR 1982, 823 = GRUR 1982, 493 [494] = WRP 1982, 411 - Sonnenring; Urt. v. 23.6.1983 - I ZR 75/81, MDR 1984, 25 = GRUR 1983, 658 [659 f.] - Hersteller-Preisempfehlung in Kfz-Händlerwerbung; Urt. v. 23.6.1983 - I ZR 109/81, MDR 1984, 117 = GRUR 1983, 661 [662] = WRP 1983, 559 - Sie sparen 4.000 DM; vgl. auch Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl., § 1 PAngV Rz. 25 f. m. w. N.). Denn die im Zusammenhang mit einer konkreten Dienstleistung beworbene Telefonnummer ermöglicht es dem Verbraucher, mit deren Wahl auf die angebotene Dienstleistung unmittelbar zuzugreifen.

Die Möglichkeit einer allgemeinen Unternehmenswerbung ohne die Verpflichtung zur Preisangabe bleibt der Beklagten unbenommen. Der im Verbotstenor des Berufungsurteils entsprechend dem Klageantrag enthaltene Zusatz "bzw. für diese Leistung ... zu werben" erfasst nicht diese Imagewerbung, sondern sollte erkennbar lediglich verdeutlichen, dass das Angebot der Dienstleistung in Werbeträgern erfolgt ist.

4. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch die Werbesendungen der Beklagten im Fernsehen nicht als nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 PAngV (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 PAngV a. F.) ohne Angabe von Preisen zulässige mündliche Angebote angesehen. Dass die Preisangabenverordnung die über Bildschirm erfolgenden Angebote nicht als mündliche Angebote behandelt, erschließt sich aus ihren § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1 S. 3, wo als Ort des Leistungsangebots neben den Printmedien auch die "Bildschirmanzeige" ausdrücklich erwähnt wird (vgl. Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl., § 4 PAngV Rz. 32 und § 5 PAngV Rz. 19).

5. Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 28.11.1996 - I ZR 197/94, MDR 1997, 964 = GRUR 1997, 767 [769] = WRP 1997, 735 - Brillenpreise II; Urt. v. 25.2.1999 - I ZR 4/97, MDR 1999, 1216 = GRUR 1999, 762 [763] = WRP 1999, 845 - Herabgesetzte Schlussverkaufspreise). Ihre Bestimmungen weisen damit Wettbewerbsbezug auf, weshalb Verstöße gegen sie zugleich den Tatbestand des § 1 UWG erfüllen.

Die vom Kläger beanstandete Verhaltensweise der Beklagten berührt auch wesentliche Belange der Verbraucher i. S. d. § 13 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 UWG, da sie deren Interessen nicht lediglich am Rande betrifft.

Für die vorliegende Entscheidung ist es entgegen dem Vorbringen der Revision in der mündlichen Verhandlung unerheblich, dass der Bundesgesetzgeber derzeit den Erlass einer sondergesetzlichen Regelung beabsichtigt, mit der für bestimmte Telefon-Mehrwertdienste, zu denen der von der Beklagten betriebene Auskunftsdienst nicht gehören soll, eine Verpflichtung zur Mitteilung des vom Verbraucher zu zahlenden Preises vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit eingeführt werde (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit v. 4.6.2003, BT-Drucks. 15/1126, 5).

6. Nach allem ist nicht näher zu erörtern, ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sich auch aus §§ 2, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG ergeben könnte, weil die vom Kläger beanstandeten Werbemaßnahmen der Beklagten verbraucherschutzgesetzwidrige Praktiken i. S. d. am 1.7.2000 in Kraft getretenen, d. h. im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits geltenden und ab 1.1.2002 durch den - inhaltsgleichen - § 2 UKlaG ersetzten § 22 AGBG darstellen.

III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BGHR 2003, 1344

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