Leitsatz (amtlich)
›Gemäß § 29 Abs. 1 ARB besteht Versicherungsschutz für das Verfolgen und Abwehren solcher Ansprüche, die aus dem dinglichen Recht entstehen können; darunter fallen auch schuldrechtliche Schadensersatzansprüche gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums.‹
Tatbestand
b. ›Das BerGer. meint, eine Interessenwahrnehmung aus dinglichem Recht gemäß § 29 Abs. 1 ARB sei auch zu bejahen, wenn der Versicherungsnehmer einen schuldrechtlichen Anspruch geltend mache, der in einem dinglichen Recht und nicht in einer Vertragsbeziehung wurzele. Habe ein dinglicher Anspruch auch eine schuldrechtliche Grundlage, so könne dies nicht zur Folge haben, daß er deswegen nicht mehr unter das ›dingliche Recht‹ i.S. des § 29 Abs. 1 ARB falle. Das Verhältnis des § 29 ARB zu §§ 24 ff. ARB zwinge zu keiner anderen Beurteilung. Weder dem Wortlaut noch der Systematik der Vorschriften sei zu entnehmen, daß schuldrechtliche Ansprüche nicht den dinglichen Rechten i.S. des § 29 Abs. 1 ARB unterfallen könnten (so auch Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 4. Aufl., § 29 Rdn. 20-21 a und § 25 Rdn. 58, gegen Vassel, ZVersWiss 1984, 608, 615). Ein Ausschluß schuldrechtlicher Ansprüche bei der Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dinglichen Rechten verstoße überdies gegen die Unklarheitenregel des § 5 AGBG.
Die Revision meint hingegen, rechtssystematisch seien nur dingliche, nicht aber schuldrechtliche Ansprüche dingliche Rechte. Für den nur in der Fachsprache gebräuchlichen Begriff ›dingliches Recht‹ sei die juristische Auslegung maßgeblich (so auch Winter, VersR 1991, 1171 und r+s 1991, 397 ff.). Aus der Systematik des Bedingungswerkes ergebe sich, daß § 29 Abs. 1 ARB die Geltendmachung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung nicht erfasse. Wenn solche Ansprüche einbezogen sein sollten, so sei die Rede von ›Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzl. Haftpflichtbestimmungen‹. In § 25 ARB werde ausdrücklich zwischen ›Schadensersatz aufgrund gesetzl. Haftpflichtbestimmungen‹ (Abs. 2 a) und ›Wahrung rechtlicher Interessen aus dinglichen Rechten‹ (Abs. 3) unterschieden.
Diese Kritik überzeugt nicht.
Der Revision ist einzuräumen, daß ›dingliches Recht‹ ein juristischer Fachausdruck ist. Für die Auslegung von § 29 Abs. 1 ARB ist deshalb grundsätzlich die juristische Bedeutung maßgeblich (Senatsurteil vom 26.3.1986 - IV a ZR 86/84 -, in VersR 1986, 537). Die Revision setzt diesen Begriff gleich mit dinglichem Anspruch. Diese Gleichsetzung trifft nicht zu (MünchKomm/von Feldmann, BGB, 2. Aufl., § 194 Rdn. 21). Ein Anspruch ist nach der Legaldefinition in § 194 Abs. 1 BGB das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Das dingliche Recht ist kein Anspruch; aus ihm können aber alle gesetzl. Ansprüche - ob dinglich oder schuldrechtlich - entstehen, die an die Innehabung des dinglichen Rechts anknüpfen. Ein Beispiel für einen gesetzl. schuldrechtlichen Anspruch, der an die dingliche Rechtsinhaberschaft anknüpft, ist der Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB.
Die Wahrung rechtlicher Interessen, für die § 29 Abs. 1 ARB Versicherungsschutz zusagt, kann nur in der Weise geschehen, daß Ansprüche verfolgt oder abgewehrt werden. Die Regelung in § 29 Abs. 1 ARB kann deshalb, soweit sie sich auf dingliche Rechte bezieht, nur so verstanden werden, daß Versicherungsschutz für das Verfolgen und Abwehren solcher Ansprüche besteht, die aus dem dinglichen Recht entstehen können.
Das Ergebnis, daß sich § 29 Abs. 1 ARB auf sämtliche gesetzl. Ansprüche bezieht, die an das dingliche Recht anknüpfen, wird durch die Systematik der ARB nicht in Frage gestellt. Zutreffend ist, daß zu den Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzl. Haftpflichtbestimmungen die Ansprüche aus unerlaubter Handlung gehören. Daraus läßt sich aber nicht schließen, daß unter die Ansprüche aus dinglichem Recht nicht auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung fallen können. Ansprüche aufgrund gesetzl. Haftpflichtbestimmungen und die Ansprüche aus dinglichen Rechten bilden zwei sich überschneidende Kreise. Ein Haftpflichtanspruch kann zugleich - muß aber nicht - ein Anspruch aus dinglichem Recht sein; ein Anspruch aus dinglichem Recht muß kein Haftpflichtanspruch sein. Dieses Verhältnis der Ansprüche zueinander gilt auch im Rahmen der ARB.
Auch der von der Revision herangezogene § 25 ARB führt nicht zu einem Ausschlußverhältnis zwischen Ansprüchen aus gesetzl. Haftpflichtbestimmungen und Ansprüchen aus dinglichen Rechten. § 25 Abs. 3 ARB (zur Entstehungsgeschichte vgl. Harbauer, aaO., § 25 Rdn. 38) ermöglicht eine Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dinglichen Rechten. Ansprüche aus solchen Rechten, die nicht zugleich Ansprüche aus Haftpflichtnormen sind und die folglich nicht schon gemäß § 25 Abs. 2 a ARB Versicherungsschutz genießen, können vorbehaltlich des Ausschlusses gemäß Abs. 4 c in den Versicherungsschutz einbezogen werden.‹
Fundstellen
Haufe-Index 2993678 |
NJW 1992, 1511 |
BGHR AVB Rechtsschutzversicherung (ARB) § 29 Eigentumsverletzung 1 |
BGHR BGB § 823 Abs. 1 Vertragsverletzung 1 |
DRsp II(228)178b |
MDR 1992, 753 |
VersR 1992, 487 |