Leitsatz (amtlich)
Nicht der Wegfall der Arbeitskraft als solcher ist ein Schaden im haftungsrechtlichen Sinne, sondern der dadurch entstandene Ausfall der Arbeitsleistung. Daher kann ein Unternehmer, bei dein sich der wirtschaftliche Wert seiner Arbeitsleistung nach dem Erfolg seiner Tätigkeit bestimmt, seinen Schaden nicht in Höhe des Gehalts einer gleichwertigen Ersatzkraft bestimmen.
Normenkette
BGB §§ 249, 842
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.05.1968) |
LG Wiesbaden |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. Mai 1968 wird zurückgewiesen.
Sie Kosten der Revision fallen dem Kläger zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 23. Juni 1959 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall verletzt, als die Zweitbeklagte, die Ehefrau des Erstbeklagten, mit dem Kraftwagen, dessen Halter der Erstbeklagte ist, auf die linke Straßenseite geriet, auf der ihr der Kläger entgegenkam. Bei dem Unfall erlitt dieser mehrere Prellungen, u.a. der Lendenwirbelsäule, sowie eine Verletzung des rechten Kniegelenks, die zu einer Lockerung des Innenbandes führte.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von den Beklagten Schadensersatz, Die Haftung der Zweitbeklagten aus den §§ 823 ff BGB steht inzwischen fest, ebenso die Haftung des Erstbeklagten aus § 7 StVG, gemäß § 12 StVG begrenzt auf 50.000 DM für den Personenschaden des Klägers. Im Revisionsrechtszug geht es nur noch darum, ob der Kläger für die Zeit, in der er infolge des Unfalls völlig erwerbsunfähig oder nur beschränkt erwerbsfähig war, Verdienstausfall verlangen kann. Der Kläger ist Dipl.-Chemiker und Eigentümer der T.-Werke, die er seit 1949 in Winterberg (Sauerland) nach seiner Flucht aus Leipzig wieder aufgebaut hat. Er führt diesen Betrieb, eine chemisch-pharmazeutische Fabrik kleinerer Ordnung selbst, Auch führt er in seinem Labor die Forschungen, aufgrund deren er die in Betrieb fabrizierten T.-Präparate entwickelt und herstellt, selbst aus.
Der Kläger, der nach dem Unfall nur in ambulanter Behandlung war, hat den Betrieb wie bisher weitergeführt, Umsatz und Gewinn sind etwa gleich geblieben; jedoch hat er seit 1959 kein neues Präparat mehr herausgebracht, sondern sich auf Herstellung und Verkauf der bisher schon entwickelten und eingeführten Präparate beschränkt. Wohl hat er im Jahr nach dem Unfall noch das Präparat T. auf den Markt gebracht, indes hatte er dieses schon vor dem Unfall entwickelt. Die im Jahre 1965 neu herausgebrachten Präparate sind nur andere Erscheinungsformen seiner früheren Präparate.
Der Kläger behauptet, dieser Rückgang in der Entwicklung neuer Präparate sei auf den Unfall zurückzuführen. Während er vorher etwa zehn Stunden habe im Labor mit Forschungs- und Entwicklungsarbeiten tätig sein können, habe er dies nach dem Unfall infolge Kopfschmerzen und seiner längeres Stehen verhindernden Beinschmerzen nicht mehr können, vor allein in den ersten drei Jahren nach dem Unfall nicht, in denen er höchstens eine Stunde im Labor habe Versuche machen können. Durch die Unterlassung weiterer Forschungsarbeiten habe er an sich zu erwartende Steigerungen seines Gewinnes nicht erzielen können. Zur Höhe dieser Verluste hat er nur wenige Angaben gemacht. Er steht nämlich auf dem Standpunkt, sein Schaden bestehe schon darin, daß er von seiner Erwerbsfähigkeit nicht mehr in dem Umfange habe Gebrauch machen können wie vor dem Unfall. Der Wert dieser Einbuße entspreche dem Gehalt, das er einem hochqualifizierten Chemiker hätte zahlen müssen, wenn er diesen als Ersatzkraft mit der Ausführung der Forschungsarbeiten betraut hätte, die er ohne den Unfall selbst hatte weiter ausführen können. Hierzu hat er das Gutachten eines Sachverständigen für das Arzneimittelwesen vorgelegt, wonach er einer solchen Ersatzkraft mindestens 200 DM netto je Tag hätte zahlen müssen. Unter Zugrundelegung dieses Satzes von 200 DM täglich hat der Kläger einen „Verdienstausfall”, gestaffelt nach den jeweiligen Zeiten seiner verschiedenen Erwerbsbeschränkung errechnet. Dabei kommt er auf insgesamt 81.160 DM für die Zeit vom Unfall bis zum 4. September 1964.
Mit der Klage hat der Kläger von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen, mit der Maßgabe verlangt, daß der 50.000 DM übersteigende Betrag nur von der Zweitbeklagten begehrt wird.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Verlangen weiter.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Kläger einige Zeit nach dem Unfall in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sei, und zwar für die ersten drei Wochen völlig erwerbsunfähig, für die folgenden zwei Wochen zur Hälfte, bis zum 5. September 1959 immerhin noch zu 30 %, für etwa zwei Jahre nach dem Unfall noch 20 %, für die folgenden vier Jahre noch rund 10 % und dann ab 8. Oktober 1965 nur noch zu weniger als 10 %. In rechtlicher Hinsicht wendet das Berufungsgericht bei der Ermittlung des vom Kläger behaupteten Erwerbs Schadens (§§ 842, 843 BGB bzw. § 11 StVG) sowohl § 252 BGB wie § 287 ZPO an. Dieser Ausgangspunkt ist zutreffend. Den Schaden – sei es Rückgang der Einnahmen, sei es Entgang zu erwartender Einnahmesteigerung – eines freiberuflich Tätigen, vor allem eines selbständigen Betriebsinhabers zu ermitteln, muß Schwierigkeiten begegnen. Dem hatte schon die prozessuale Vorschrift des § 287 ZPO Rechnung getragen, indem sie dem Richter Schätzungen erlaubte. In weiterer Ausgestaltung dieser Bestimmung hat Satz 2 des § 252 BGB dem Geschädigten den ihm nach sachlichem Recht an sich obliegenden Beweis hinsichtlich entgangenen Gewinns erleichtert: er braucht nicht die Gewißheit, künftig mehr verdient zu haben zu beweisen, sondern nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit (vgl. BGHZ 29, 393, 398/399).
I.
Im vorliegenden Fall geht es nicht darum, daß der Kläger in seinem Betrieb nachweisbar und unfallbedingt weniger eingenommen habe als in der Zeit vor dem Unfall, in der er zu 100 % im Betrieb arbeiten konnte „Verdienstausfall”). Der Kläger hat bei seiner Vernehmung eingeräumt, daß Umsatz und Gewinn seines Unternehmens seit dem Unfall etwa gleichgeblieben seien. Er sieht seinen Erwerbsschaden vielmehr darin, daß er Umsatz und Gewinn seines Unternehmens nicht mehr habe durch Entwicklung und Fabrikation neuer Präparate steigern können. Insofern glaubt er, er könne diesen Schaden schon dadurch dartun und belegen, daß er sich auf das Gehalt beruft, das er für einen Diplom-Chemiker hätte ausgeben müssen, wenn er diesen als Ersatz für seine beeinträchtigte Arbeitskraft eingestellt hätte.
Das Berufungsgericht hält eine solche Schadensberechnung für unzulässig. Hiergegen wendet sieh die Revision, vor allem unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, in denen er einem Geschädigten ohne Rücksicht auf effektiv ausgegebene Aufwendungen einen „normativen Schaden” zugesprochen habe.
Damit kann die Revision jedoch keinen Erfolg haben.
1. Richtig ist zwar, daß ein Verletzter, den der Arzt zur Wiederherstellung seiner Gesundheit Stärkungsmittel verordnet hat, für diese auch dann wegen Vermehrung seiner Bedürfnisse (§ 843 BGB) Ersatz verlangen kann, wenn er sie sich nicht beschafft hatte (RGZ 151, 298, 303; Senatsurteil vom 29. Oktober 1957 – VI ZR 233/56 – VersR 1957, 176). Die Rechtsprechung hat angenommen, daß dieser Schadensersatzanspruch unmittelbar mit dem schädigenden Ereignis entsteht, daher in Bestand und Höhe nicht davon beeinflußt wird, ob zu seiner Befriedigung Geld ausgegeben worden ist.
Auf diese Rechtsprechung kann sich der Kläger hier nicht berufen. Einmal ist sie nicht zuletzt von der Erwägung bestimmt, ein Schädiger könne billigerweise nicht dadurch befreit werden, daß der Geschädigte aus Mangel an Mitteln auf die Beschaffung der notwendigen Stärkungsmittel verzichtet und sich anderweitig beholfen hat (vgl. auch BGHZ 40, 345, 351; 45, 212, 217). Vor allem kann sich der Kläger deshalb nicht auf die von ihm angeführte Rechtsprechung stütze, weil der von ihm behauptete Schaden nicht auf einer Vermehrung seiner Bedürfnisse, die zur Beseitigung oder Linderung seiner trotz der für Heilung aufgewandten Kosten verbliebenen gesundheitlichen und körperlichen Beeinträchtigungen (§ 843 BGB) nötig waren, beruhen würde, sondern auf einer Aufhebung oder Minderung seiner Erwerbsfähigkeit (§ 842 BGB). Der Anspruch wogen vermehrter Bedürfnisse ist von anderer Art als der Anspruch auf Ersatz der Erwerbsschäden (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 1958 – VI ZR 130/57 – DM § 1542 RVO Nr. 20).
2. Die Revision stützt sich denn auch in erster Linie darauf, daß die Rechtsprechung den Gedanken, den sie beim Ersatz für vermehrte Bedürfnisse angewandt hatte, dazu benutzt hat, auch in anderen Fällen einem Geschädigten Ersatz für seinen Schaden zuzubilligen, wenn dieser an sich bei rein rechnerischer Betrachtung im Sinne der sog. Differenzhypothese nicht bejaht werden könnte, weil der Geschädigte für eine Ersatzbeschaffung nichts aufgewandt hatte.
a) Vor allein beruft sich die Revision darauf, daß der Bundesgerichtshof diese Erwägung in seinen Urteilen BGHZ 40, 345, 351 und 45, 212 herangezogen hat, in denen er dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs auch dann für die ihm entzogene Nutzungsmöglichkeit Ersatz zugebilligt hat, wenn dieser sich keinen Ersatzwagen gemietet hatte, Ferner weist die Revision darauf hin, daß schon das Reichsgericht erklärt hatte (RGZ 152, 208, 212), bei den aus § 845 BGB hergeleiteten Ansprüchen wegen entgangener Dienste liege der Schaden im Wegfall der von dem Verletzten geleisteten Arbeit; es komme, weil es sich um einen Anspruch auf Ersatz des Wertes der Dienste und nicht um einen Schadens-Ersatzanspruch handele, nicht darauf an, ob eine Ersatzkraft eingestellt und entlohnt worden war, Richtig ist, daß auch der Bundesgerichtshof, der allerdings auch diesen Anspruch als Schadenersatzanspruch ansieht, es für unerheblich hält, ob der Geschädigte eine Ersatzkraft bezahlt hatte (BGHZ 4, 123, 130; 38, 55, 59). Das hat der Große Senat für Zivilsachen in seiner Entscheidung BGHZ 50, 304 bestätigt und in der Begründung seiner Lösung unterstützend bemerkt, diese sei auch als Ausstrahlung des in der neueren Rechtsprechung in Abkehr von der reinen Differenzhypothese entwickelten „normativen Schadensbegriffs” gerechtfertigt. Der Gedanke des „normativen Schadens” (vgl. auch BGHZ 51, 109, 111) hat, wie der Revision zuzugeben ist, auch bei der Rechtsprechung, daß ein Arbeitnehmer (oder Gesellschafter-Geschäftsführer) bei Verletzung seiner Arbeitsfähigkeit auch dann einen Schaden hat, wenn ihm sein Arbeitgeber (oder seine Gesellschaft) Lohn und Gehalt weiterzahlt (BGHZ 7, 30; 21, 112; BGH Urteil vom 5. Februar 1963 – VI ZR 33/62 – VersR 1963, 369), eine Rolle gespielt (vgl. BGHZ 43, 378, 381, 383). Richtig ist ferner, daß der Senat in einigen Entscheidungen – in Abkehr von der früheren Rechtsprechung, die durchweg den Schaden nur als die bei einer das Gesamt-Vermögen erfassenden Differenzrechnung ermittelte ziffernmäßige Minderung dieses Vermögens, abgestellt auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, ansah – anerkannt hat, daß ein Schadenersatzanspruch nicht stets solche rechnerische Differenz voraussetzt, nämlich dann nicht, wenn es sich um die konkrete Verletzung eines einzelnen Vermögensgut es handelt (BGHZ 43, 378, 381; 45, 212, 218). Der Geschädigte könne, so hat der Senat erklärt, wenn sich das Maß der Beeinträchtigung nach objektiven im Verkehr anerkannten Maßstäben geldlich bewerten läßt, diesen objektiven Wert als seinen realen und unmittelbaren Schaden in jedem Fall und ohne die aus § 249 BGB hergeleitete Differenzrechnung als Mindestschaden verlangen (vgl. Steindorff JZ 1967, 361/362). Das hat der Senat nicht nur für den merkantilen Minderwert eines beschädigten Kraftfahrzeugs ausgesprochen (BGHZ 35, 396 und vor allem Urteil vom 2. Dezember 1966 – VI ZK 72/65 – VersR 1967, 183), sondern auch für den Nutzungswert eines Kraftwagens (BGHZ 45, 212).
b) Der hier zu entscheidende Fall nötigt nicht zu einer abschließenden Stellungnahme zur Lehre vom „normativen Schadensbegriff” (vgl. Mertens, Der Begriff des Vermögensschadens, 1967). Der Kläger kann jedenfalls nicht mit Erfolg geltend machen, er habe schon durch die Beeinträchtigung seiner Fähigkeit zu selbständiger, unternehmerischer Forschungstätigkeit als solcher, wenn nicht rechnerisch, so jedenfalls „normativ” einen Schaden an seinem Vermögen erlitten.
aa) Arbeitskraft und Erwerbsfähigkeit sind Eigenschaften der Person, die, haftungsrechtlich gesehen, in erster Linie mit den Rechtsgütern der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit verbunden sind. Nach den § 823 BGB, § 11 StVG (und den entsprechenden anderen Vorschriften) löst die Verletzung dieser Rechtsgüter für sich allein noch keine vermögensrechtliche Ersatzpflicht aus (anders das „Schmerzensgeld” des § 847 BGB). Das ist erst der Fall, wenn aus der Verletzung dieser Rechtsgüter ein Vermögensnachteil (vgl. § 11 StVG) entstanden ist. Die Fähigkeit zum Erwerb ist daher nicht schon Tür sich selbst ein Vermögenswert (vgl. Larenz VersR 1963, 312). Substanz- und Nutzungswert eines Kraftwagens, oft auch der Wohnwert eines Hauses (BGHZ 40, 350; BGH LM § 906 BGB Nr. 17 = NJW 1963, 2020) lassen sich nach objektiven Maßstäben bewerten. Dort läßt sich meist ein Marktpreis, oft sogar ein objektiver, gemeiner Wert des vorletzten Vermögensgutes ermitteln. Das kann auch bei Ermittlung des Wertes einer Arbeitskraft in Betracht kommen, soweit sich hier durch Tarife und dergl. im Verkehr anerkannte objektive Maßstäbe gebildet haben. Demgegenüber unterliegt die von der Revision vertretene Gleichstellung von Gebrauchswert eines Kraftwagens und Gebrauchswert der menschlichen Arbeitskraft schon von vornherein Bedenken (vgl. BArbG NJW 1968, 221 und die Besprechung von Trinker zu dem von der Revision angeführten Urteil des LArbG Frankfurt NJW 1967, 1103 in BB 1967, 162). Jedenfalls ist die Arbeitsfähigkeit eines Unternehmers der hier in Rede stehenden Art, dessen Tätigkeit zwar von seinen individuellen Fähigkeiten, seinem persönlichen Einsatz abhängt, wirtschaftlich wegen des erheblichen Unternehmerrisikos erfolgsabhängig und subjektbezogen. Ihr geldlicher Wert läßt sich nach der Verkehrsauffassung nicht objektiv nach dem Maß der Arbeitskraft festsetzen. Auf die Lehre vom „normativen Schaden” kann der Kläger sich schon deshalb nicht stützen. Sie versucht vor allem, die bei einer Schadensberechnung nach der Differenzmethode bei der Beteiligung eines Dritten (Vorteilsanrechnung, Drittschadensliquidation) auftauchenden Schwierigkeiten zu lösen. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um die Frage, ob Leistungen eines Dritten (des Arbeitgebers: BGHZ 7, 30; 21, 112 – des Ehemannes: BGHZ 38, 55; 50, 306) einem Schädiger zugute kommen können, weil sie dem Geschädigten als Vorteil anzurechnen seien, so daß sein Schaden im Sinne der Differenztheorie gleich Null sein könnte. Nur der Satz, daß dies nicht richtig ist, weil es nicht so sehr auf den rechnerischen Schaden ankommt, vielmehr dessen „normativer” Charakter stärker zu betonen ist, ist der Kern der Entscheidungen BGHZ 50, 304, 306 und 51, 309, 311. Wenn im Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen von „Wegfall der Arbeitskraft selbst” die Rede ist, so ist damit, wie es an anderen Stellen dieser Entscheidung heißt (BGHZ 50, 306), der Ausfall der Arbeitsleistung gemeint, nämlich der Haushaltführung durch die Ehefrau Gerade das Urteil des erkennenden Senats BGHZ 38, 55, auf das der Große Senat Bezug nimmt, hat es auf die „tatsächliche Arbeitsleistung” der verletzten Ehefrau abgestellt und betont, daß ihr nicht etwa der Ausgleich einer abstrakten, ohne Bezug auf eine wirklich ausgeübte Tätigkeit bestehende Minderung ihrer Arbeitskraft gewährt werden könne (a.a.O. S. 60 und S. 58/59). Der Kläger kann sich für seinen Standpunkt, schon der Ausfall seiner Arbeitskraft als solcher sei ein Vermögensschaden, auch nicht auf die zum Nutzungsausfall bei Kraftfahrzeugen ergangene Rechtsprechung berufen. Auch hier liegt in dem Ausfall der bloßen Möglichkeit, das Kraftfahrzeug zu benutzen, noch nicht der zu-ersetzende Vermögensschaden. Voraussetzung ist vielmehr, daß der Verletzte seinen Wagen auch während dessen Reparatur hätte nutzen wollen und können. Für die Vereitelung einer bloß abstrakten Nutzungsmöglichkeit hat der Senat ausdrücklich die Zubilligung einer Entschädigung abgelehnt (BGHZ 45, 212, 219; Urteil vom 7. Juni 1968 – VI ZR 40/67 – VersR 1960, 803).
bb) Nach alledem ist – entgegen der Ansicht von Grunsky, Aktuelle Probleme zum Begriff des Vermögensschadens, 1968 S. 78 – daran festzuhalten, daß der Verlust der abstrakten Fähigkeit zum Erwerb dem Verletzten nicht schon einen Anspruch auf Rente gemäß §§ 842, 843 BGB bezw. § 11 StVG gewährt. Anders als im Recht der Sozialversicherung (RGZ 148, 19, 23) ist im bürgerlichen Haftpflichtrecht die Arbeitsfähigkeit kein objektiver, daher zu ersetzender Vermögenswert (Senatsurteil vom 2. Februar 1965 – VI ZR 237/63 – VersR 1965, 489, 491; Geigel, Haftpflichtprozeß, 14. Aufl., 4. Kapitel Rdnr. 17). Daher hat der, der bisher keinem Erwerb nachgegangen ist, sondern von den Einkünften seines Vermögens oder einem Ruhegeld gelebt hat und ohne die Verletzung auch weiterhin davon gelebt hätte, keinen Schaden, daher auch keinen Ersatzanspruch (so schon RG SeuffArch 63, 454; Larenz, Schuldrecht, BT 8. Aufl. § 69 I). So wird ein dauernd Arbeitsloser, ein bisher stets Arbeitsunwilliger, ein noch auf lange Zeit in der Ausbildung Stehender nicht abstrakt den „Wert” seiner ihm zu Gebote stehenden Fähigkeiten zu arbeiten als seinen Schaden geltend machen können, (vgl. auch Hagen JuS 1969, 51, 69). Ebenso liegt es bei einem Selbständigen, der – etwa dank der Treue seiner Stammkundschaft (vgl. Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 10. Aufl. TZ 1042) – trotz vorübergehenden Ausfalle seiner Erwerbsfähigkeit keinen Einnahmeausfall erleidet, was namentlich für die Fälle nur kurzfristigen Ausfalls zu beachten sein wird. Auch wird ein Behörden-Angestellter, der bei einen Unfall ein Bein verliert, trotzdem aber bei seiner bisherigen oder einer anderen Dienststelle in derselben Vergütungsgruppe weiterbeschäftigt wird, oft keinen Verdienstausfall haben (Gelhaar/Thuleweit, Haftpflichtrecht des Straßenverkehrs 1969 S. 246). Denn es entsteht dem in seiner Arbeitsfähigkeit Geschädigten ein gegebenenfalls zu ersetzender Vermögensschaden erst dann, wenn sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit konkret und sichtbar ausgewirkt hat (BGHZ 7, 30, 48; Senatsurteil vom 24. Januar 1956 – VI ZR 271/54 – VersR 1956, 218; Soergel/Reimer Schmidt BGB 10. Aufl. Bem. 58 a.E. vor §§ 249–253).
Das muß sich allerdings nicht im Verlust bisher bezogener Einnahmen zeigen, sondern kann auch dadurch sichtbar werden, daß ohne die Schädigung zu erwartende, gegebenenfalls auch gesteigerte Gewinne nicht gemacht werden konnten (§ 252 BGB), wie dies gerade bei selbständigen Unternehmern der Fall sein kann (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 1964 – VI ZR 156/63 – VersR 1964, 1243 und vom 8. November 1966 – VI ZR 44/65 – VersR 1967, 83). Daß der Unternehmer sich der Beweiserleichterungen des § 252 BGB und des § 287 ZPO bedienen kann, wurde bereits erwähnt. Das ändert aber nichts daran, daß eine völlig abstrakte Berechnung des Erwerbsschadens, nämlich ohne jede Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung des Unternehmens, wie sie der Kläger hier in Anspruch nimmt, nicht zulässig ist. Das hat der Senat schon in seinem Urteil vom 7. Oktober 1966 (VI ZR 26/65 – VersR 1966, 1158; zustimmend Wussow, a.a.O. TZ 1041) ausgesprochen und dabei die Ausführungen Bauers in DAR 1959, 113 abgelehnt. Die gegen diese Entscheidung von Gelhaar/Thuleweit a.a.O. S. 250 erhobenen Bedenken betreffen nur die Frage, ob der Senat in jenem Fall nicht zu strenge Anforderungen an die Darlegungslast des Landwirts gestellt hatte. Wenn der Senat am Schluß dieses Urteils erklärt hat, das Berufungsgericht sei nicht gehindert, nach Durchführung der ihm aufgegebenen weiteren Aufklärung schließlich doch den Schaden in Höhe des Gehalts eines Landwirtschaftsmeisters zu bemessen, so bezieht sich dieser Hinweis ersichtlich auf § 287 ZPO, also nur auf die verfahrensrechtliche Trage, in welcher Höhe der Tatrichter dann, wenn er sich von einem Erwerbsverlust des Landwirts überzeugt habe, diesen zu schätzen habe. Demgemäß hat der Senat auch schon in anderen Fällen die Kosten für eine Ersatzkraft als Anhaltspunkt für die schätzweise Bewertung ausgefallener Arbeitskraft bezeichnet (Urteil vom 21. Oktober 1969 – VI ZR 86/68 – VersR 1970, 41). Im vorliegenden Fall geht es aber um die vorgeordnete Frage, ob der Kläger das Bestehen eines Schadens überhaupt – nicht nur der Höhe nach – durch bloße Bezugnahme auf das Gehalt einer Ersatzkraft dartun kann. Gerade das hat der Senat aber entgegen der Meinung der Revision in jenem Urteil vom 7. Oktober 1966 abgelehnt. Nichts anderes gilt für das von der Revision angeführte Urbeil des Oberlandesgerichts Stuttgart VersR 1955, 335 (vgl. Geigel a.a.O. Rdnr. 122, ebenso OLG Nürnberg VersR 1960, 1007).
Fehl geht auch der Hinweis der Revision auf das Urteil des III. Zivilsenats vom 14. November 1963 (III ZR 141/62 – NJW 1964, 294), nach dem der Eigentümer eines Grundstücks, der durch eine Bausperre enteignet worden ist, als abstrakte Nutzungsentschädigung die „Verzinsung” der Enteignungsentschädigung fordern kann. Dieser Fall läßt sich mit dem hier zu entscheidenden nicht vergleichen. Ebensowenig kann die Revision aus dem Urteil des erkennenden Senats vom 13. Juni 1967 (VI ZR 12/66 – VersR 1967, 903), das einem freiberuflichen Erfinder erlaubt, seinen Einnahmeausfall „abstrakt.” zu berechnen, etwas für ihren Standpunkt herleiten. Gewiß kann der freiberuflich Tätige und der selbständige Gewerbetreibende nicht darauf beschränkt werden, seinen Schaden konkret (Ausgaben für eine Ersatzkraft usw.) zu belegen (BGHZ 2, 310, 313). Er kann – und wird dies meist tun – seinen Schaden gemäß § 252 BGB nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, also „abstrakt” rechnen, indem er dar tut, was er ohne den Unfall wahrscheinlich verdient haben würde. Dies war jenem Erfinder möglich, weil für ihn bis zum Unfall etwa 400 Schutzrechte erteilt oder angemeldet waren, so daß auf dieser Grundlage eine Gewinnerwartung verläßlich vorausgesagt und geschätzt werden konnte. Der Senat hätte es aber nicht schon für zulässig erklärt, wenn dieser Erfinder die „abstrakten” Kosten einer Ersatzkraft, die zwar erforderlich, aber nicht eingestellt war, liquidiert hätte.
3. Die Revision macht schließlich noch geltend, die Rechtsprechung behandele unter Verletzung des Gleichheitssatzes den selbständigen Unternehmer schlechter als den unselbständigen Arbeiter oder Angestellten. Das ist nicht richtig. Daß die Ermittlung des Erwerbsschadens bei Beschäftigten mit festem Einkommen leichter ist als bei freiberuflichen, liegt in der Natur der Sache.
II.
Das Berufungsgericht mußte sich somit die Frage vorlegen, ob der Kläger einen konkreten Gewinnausfall in seinem Unternehmen dargetan hatte. Das hat es trotz Heranziehung der §§ 252 BGB, 287 ZPO verneint, und zwar ohne die vom Kläger angebotenen Beweise, vor allem Beauftragung von Sachverständigen, zu erheben. Es ist nämlich nach Vernehmung des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, er habe den von ihm behaupteten Schaden nicht in solch substantiierter Form vorgetragen, daß Anlaß bestehe, seine Behauptungen durch Sachverständige hinsichtlich Grund und Höhe seines Anspruchs erhärten zu lassen.
Auch insoweit hält das angefochtene Urteil den Angriffen der Revision stand.
1. Das Berufungsgericht ist sich dessen bewußt, daß § 287 ZPO dazu geschaffen ist, dem Geschädigten die im allgemeinen erforderliche Einzelbegründung seines Schadens abzunehmen. Steht eine Forderung dem Grunde nach fest, und ist nur ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln, so darf der Richter die Klage nicht mangels Beweises abweisen, sondern muß zur Schätzung nach § 287 ZPO greifen (Senatsurteil vom 9. Juli 1968 – VI ZR 14/67 – VersR 1968, 1065). Hier ist indes das Berufungsgericht nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis gelangt, daß der Ersatzanspruch des Klägers schon dem Grunde nach zweifelhaft ist, weil nach seinem eigenen Vorbringen die von ihm behauptete Gewinnerwartung völlig ungewiß, also alles andere als wahrscheinlich (§ 252 BGB) ist. Hat das Berufungsgericht aber diese Überzeugung ohne Verfahrensfehler gewonnen, so mußte es die Klage trotz der Erleichterung der §§ 252 BGB, 287 ZPO abweisen, weil dann mangels greifbarer Anhaltspunkte keinerlei Grundlagen für das Urteil zu gewinnen wären, das richterliche Ermessen daher in der Luft hinge (RGZ 148, 68, 70; BGHZ 29, 393, 400; Senatsurteil vom 13. Juni 1967 – VI ZR 12/66 – VersR 1967, 903). Das gilt erst recht für die durch § 252 Satz 2 BGB zugelassene Wahrscheinlichkeitsprüfung. Auch bei ihr benötigt der Richter als „Ausgangssituation” greifbare Tatsachen, da sich nur an Hand eines bestimmten Sachverhalts sagen läßt, wie die Dinge sich weiter entwickelt haben würden (BGH Urteil vom 17. Dezember 1963 – V ZR 186/61 – VersR 1964, 294). Diese tatsächlichen Grundlagen beizubringen, liegt auch bei Anwendung des § 252 BGB dem Kläger ob; er muß die Tatsachen, die seine Gewinnerwartung wahrscheinlich machen sollen, im einzelnen darlegen und notfalls beweisen (BGHZ 2, 310; 30, 7, 16). Erst wenn diese Prüfung zu seinen Gunsten ausgegangen ist, kann er sich auf die Vermutung des § 252 Satz 2 BGB berufen (BGHZ 29, 393, 398). Freilich darf der Richter das Ergebnis dieser Vor-Prüfung nicht durch bloße Würdigung des Parteivortrages vorwegnehmen. Wenn das Vorbringen des Klägers ausreicht, um einem Sachverständigen eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und anschließend für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu geben, so werden die vom Kläger angebotenen Gutachten einzuholen sein (BGH Urteil vom 16. Dezember 1963 – III ZR 47/63 – NJW 1964, 589). Eine feste Regel läßt sich indes nicht aufstellen; vieles hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab und ist Aufgabe des Tatrichters (vgl. das erwähnte Urteil vom 17. Dezember 1963 – V ZK 186/61 –). Allerdings wird er in den Fällen, in denen ein freiberuflich Tätiger, ein selbständiger Unternehmer behauptet, ihm seien zu erwartende Gewinne entgangen, keine allzu strengen Anforderungen an das stellen dürfen, was ein solcher Kläger vorbringen muß, um das Gericht zur Einholung von Sachverständigengutachten zu veranlassen. In derartigen Fällen muß der Richter, wenn er sich über die Anordnung einer Beweisaufnahme schlüssig wird, die Schwierigkeiten vor Augen haben, denen der Klüger gegenüberstehen kann; er wird ihm daher auch schon bei dieser Trage entsprechend den §§ 252 BGB, 287 ZPO zu Hilfe kommen müssen (vgl. Senatsurteil vom 30. März 1965 – VI ZR 274/63 – VersR 1965, 592; Bauer DAR 1970, 63, 64).
2. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils an Hand dieser Grundsätze ergibt, daß dem Berufungsgericht kein Rechtsfehler zur Last fällt.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht von den §§ 252 BGB, 287 ZPO aus. Es ist sich bewußt, daß diese Vorschriften die Darlegungslast des Klägers erleichterten (vgl RGZ 148, 70) und daß dann, wenn es auch annähernde Durchschnittssätze nicht schätzen zu können glaubte, zu prüfen war, ob dem Kläger nicht wenigstens ein Mindestsatz, der allerdings erheblich unter den verlangten 200 DM pro Tag gelegen haben würde, zugesprochen worden konnte.
Mit Grund vermißt das Berufungsgericht die dem Kläger obliegende Behauptung und Darlegung der „Ausgangssituation”, an Hand deren sich eine einigermaßen verläßliche Prognose aufstellen läßt. Wie der Kläger bei seiner Vernehmung geschildert hat, war seine auf pharmazeutischem Gebiet liegende Forschungstätigkeit sehr risikoreich, weil der medizinische Erfolg – vom kaufmännischen Erfolg ganz abgesehen – selbst bei jahrelangen Forschungen und Versuchsreihen völlig ungewiß ist. Eine Prognose an Hand des gewöhnlichen Laufs der Dinge, wie sie § 252 BGB in erster Linie im Auge hat, konnte daher nicht gestellt werden. Dazu wären auch die vom Kläger angebotenen Gutachten von Sachverständigen nicht tauglich gewesen. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht von ihm verlangt, daß er die von ihm getroffenen besonderen Vorkehrungen und Anstalten bezeichne, an Hand deren es dann – unter Zuhilfenahme medizinischer und kaufmännisch erfahrener Sachverständigen – die Gewinnerwartungen des Klägers als immerhin wahrscheinlich feststellen konnte. Diese Last nimmt auch § 252 Satz 2 BGB einem Kläger nicht ab (vgl. BGH Urteil vom 12. Juli 1962 – III ZR 209/61 – DRiZ 1963, 25). Nachdem hier der Kläger sich geweigert hatte, Angaben über die Entwicklung von Umsatz und Gewinn in seinem Unternehmen für die Zeit vor und nach den Unfall zu machen, konnte das Berufungsgericht ohne Verfahrensverstoß von ihm die Angabe bestimmter Tatsachen verlangen, die die behaupteten Gewinnverluste wahrscheinlich machten. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, wenn es ihn befragte, weiche Projekte damals im Gang befindlich waren, aber durch den Unfall unterbrochen worden seien, oder was er für die kommenden Jahre geplant hatte. Bei seiner Vernehmung hat der Kläger aber nicht angegeben, was sich damals in der Entwicklung befand, woran er gearbeitet hat oder hatte arbeiten wollen. Er hat die Frage des Berufungsgerichts, ob er Laborbücher über von ihm vor und nach dem Unfall durchgeführte, oder begonnene Forschungsarbeiten oder doch entsprechende Zettelnotizen vorlegen könne, verneint. Das Berufungsgericht findet es auffallend, daß der Kläger sogar auch hinsichtlich jenes Einnahmeausfalls, der ihm nach seinen Behauptungen bei dem Präparat T. entstanden sein müsse, weil er es infolge des Unfalls erst 1960 habe herausbringen können, keinerlei konkrete Angaben gemacht hat. Das habe er auch nicht für die Präparate getan, die er bereits vor dem Unfall entwickelt, aber erst ab 1965 in anderen Formen herausgebracht hat.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht durchgreifende Zweifel daran, ob eine etwa eingetretene Hemmung in der betrieblichen Entwicklung des Unternehmens wirklich auf den Unfall und nicht auf andere Ursachen, vor allen das fortschreitende Alter des Klägers, der zur Zeit des Unfalls schon fast 65 Jahre alt war, zurückzuführen sei. In diesem Zusammenhang weist das Berufungsgericht darauf hin, daß der Kläger ab 1961 wieder nahezu voll erwerbsfähig gewesen war, aber dennoch kein neues Präparat entwickelt habe. Das aber könne mit seiner Behauptung, er habe in diesen Jahren immer noch nicht infolge des Unfalls länger im Labor stehen können, allein nicht erklärt worden.
b) Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revision ohne Erfolg.
aa) Wenn das Berufungsgericht davon abgesehen hat, die vom Kläger benannten Zeugen zu vernehmen und die erbetenen Sachverständigen-Gutachten einzuholen, enthielt dies keinen Verfahrensfehler. Soweit die Revision Verletzung des § 286 ZPO rügt, verkennt sie, daß es hier nicht um den Nachweis eines konkreten Haftungsgrundes geht, sondern darum, ob dem Kläger ein Schaden entstanden ist und wie hoch dieser sein würde (BGHZ 4, 192, 196). Dafür gilt aber die Vorschrift des § 287 ZPO, so daß das Berufungsgericht die Frage, ob es die vom Kläger beantragte Beweisaufnahme anordnen wollte, nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden durfte. Hin Ermessens fehl er ist aber nicht ersichtlich. Auf die Beweisanträge wäre es erst dann angekommen, wenn der Kläger dem Berufungsgericht die Tatsachen verschafft hätte, die eine Ausgangssituation für die Wahrscheinlichkeitsvoraussage des § 252 Satz 2 BGB hätten bilden können. Dafür brauchte ihm aber die in das Wissen der Zeugen gestellte Tatsache, daß der Kläger vor dem Unfall bis zu zehn Stunden, nachher aber nur, zudem mit Bein- und Kopfschmerzen, eine Stunde im Labor gearbeitet habe, nicht zu genügen. Das gilt erst recht für das, was die Sachverständigen hätten ermitteln und bekunden sollen. Sie hätten aus dem, was die Zeugen bestätigen sollten, und aus den gänzlich allgemein gehaltenen Angaben des Klägers über sein Unternehmen, seine Forschungstätigkeit usw. allenfalls auf die Möglichkeit schließen können, daß der Kläger, hätte er weiterhin mit voller Kraft im Labor geforscht, neue Präparate gefunden, sie für den Arzneimittelhandel brauchbar gemacht und mit Gewinn abgesetzt hätte. Um aber den auch von § 252 Satz 2 BGB verlangten Beweis der Wahrscheinlichkeit zu erbringen, hätte der Kläger dem Gericht und vor allem auch schon den Sachverständigen in die Einzelheiten gehende und konkrete Angaben über seine Vorhaben und Möglichkeiten wachen müssen. Dazu reichte sein Angebot, seine Bücher durch Sachverständige überprüfen zu lassen, damit diese „vergleichende Schlüsselzahlen” ermittelten und darauf ihr Gutachten aufbauten, nicht. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem des Erfinders (vgl. das oben erwähnte Senatsurteil vom 13. Juni 1967 – VI ZR 12/66 –), der konkrete Angaben über die von ihm bisher gemachten zahllosen Erfindungen und seine künftigen Pläne gebracht hatte. Gleiches gilt für das Urteil vom 21. Januar 1969 (VI ZR 172/67 – VersR 1969, 376): auch hier hatte der Kläger, ein Porträtmaler, ausreichende Unterlagen für eine Voraussage und Schätzung der ihm entgangenen Honorare vorgetragen.
bb) Auch hinsichtlich der Trage, ob und inwieweit die nach dem Unfall verbliebene Behinderung des Klägers die Ursache seiner nicht mehr fortgesetzten Forschungstätigkeit und damit des behaupteten Gewinnausfalls gewesen ist, sind der Nachprüfung durch das Revisionsgericht enge Grenzen gezogen (BGHZ 39, 198, 219; Senatsurteil vom 18. Juni 1968 – VI ZR 122/67 – VersR 1968, 970). Auch insoweit kann nicht festgestellt werden, daß das Berufungsgericht wesentliche Tatsachen außer acht gelassen hätte oder daß seine Beurteilung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruhte. Wenn es seine Zweifel, daß nicht der Unfall, sondern das Alter des Klägers zur Einschränkung seiner Forschungen geführt hat, nicht überwinden konnte, so kann das nicht aus Rechtsgründen beanstandet werden.
c) Auch die übrigen Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch. Der Senat sieht gem. Art. 1 Nr. 4 EntlG davon ab, dies näher zu begründen.
3. Das Berufungsgericht ist sich dessen bewußt, daß es von der Zubilligung jeglichen Verdienstausfalls nicht schon deshalb absehen durfte, weil es hier, wie nicht zu bezweifeln ist, für die Schätzung des vollen Schadens an ausreichenden Anhaltspunkten fehlt, daß es dann vielmehr zu prüfen hatte, ob und inwieweit wenigstens für die Schätzung eines gewissen Mindestschadens ausreichende Grundlagen vorhanden oder doch nach Erhebung der angebotenen Beweise zu ermitteln waren (vgl. das erwähnte BGH-Urteil vom 16. Dezember 1963 – III ZR 47/63 –). Das Berufungsgericht kommt jedoch nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, es fehle an jeder tatsächlichen Grundlage, die für die Anwendung des richterlichen Ermessens bei der Schadensschätzung trotz § 287 ZPO unerläßlich sei. Diese Erwägung war rechtlich zulässig (vgl. BGHZ 29, 400). Daß das Berufungsgericht bei ihrer Anwendung auf den vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft verfahren wäre, läßt sich nicht feststellen.
4. Die Revision meint, das Berufungsgericht hätte schon aus der Erklärung des Klägers, daß Umsatz und Gewinn seines Unternehmens nach dem Unfall im wesentlichen gleichgeblieben seien, darauf schließen müssen, daß ihm unfallbedingter Ausfall entstanden sei. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß in Jahren ständig steigender Konjunktur auch der Betrieb des Klägers ab 1960 höhere Gewinne hätte abwerfen Müssen. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich erörtert, daß ein Schaden auch dann gegeben sein kann, wenn der Gewinn nicht wie zu erwarten gestiegen ist. Wenn es aber den Eintritt eines solchen Schadens hier nicht für wahrscheinlich hielt, so enthielt auch dies keinen Rechtsfehler. Der Kläger hatte, wie erwähnt, nichts darüber angegeben, wie sich der Absatz seiner Präparate bis zum Unfall entwickelt hatte, ob er also schon damals eine steigende Tendenz aufwies; er hat auch nichts darüber vorgetragen, wie sich der Umsatz nach dem Unfall im einzelnen entwickelt hat. Ohne solche Angaben kann aber daraus allein, daß bei vielen Unternehmen damals die Gewinne stiegen, nicht geschlossen werden, dies hätte auch bei dein Betrieb des Klägers der Fall sein müssen.
Unterschriften
Pehle, Dr. Weber, Nüßgens, Sonnabend, Scheffen
Fundstellen
Haufe-Index 1502211 |
BGHZ |
BGHZ, 45 |
Nachschlagewerk BGH |