Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsfrist nach VOB/B
Leitsatz (amtlich)
Läuft die durch eine schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B in Lauf gesetzte Verjährungsfrist vor der vertraglich vereinbarten fünfjährigen Verjährungsfrist ab, so wird die Verjährungsfrist durch eine nochmalige schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht weiter verlängert, unabhängig davon, ob die Verjährung nach der ersten Mängelrüge unterbrochen worden ist (im Anschluß an Senatsurteil, NJW 1978, 537).
Normenkette
VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 1 S. 2
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. April 1989 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom 12. November 1987 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Im Februar 1978 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1 einen Vertrag über die Lieferung und den Einbau einer Teleskoptribüne in die gemeindeeigene Sporthalle. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sehen die Geltung der VOB/B vor. Abweichend von der VOB/B vereinbarten die Parteien in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Abnahme und Verjährung wie folgt:
„…
18. Abnahme
1. Es findet eine förmliche Abnahme sämtlicher Leistungen statt. Der Auftragnehmer hat die Abnahme … rechtzeitig schriftlich zu beantragen.
Nach Abnahme ist vom Unternehmer eine Garantieerklärung zu unterzeichnen. Der Auftragnehmer haftet für die vertragsmäßige Erfüllung seiner Leistung gem. BGB 5 Jahre. Die Verjährung beginnt mit dem Tag der Übernahme des Gesamtobjekts durch die Bauherrschaft. Frühestens jedoch nach Überprüfung der Schlußrechnungen und Abnahme der ausgeführten Arbeiten.”
Im Laufe der zweiten Jahreshälfte 1979 montierte die Beklagte zu 1 die Teleskoptribüne. Am 12. Oktober 1979 fertigte der Architekt der Klägerin ein „Protokoll der Schlußabnahme” und übersandte es am 17. Oktober 1979 mit der Bitte um Unterzeichnung und Rückgabe an die Beklagte zu 1. Das unterzeichnete Protokoll ging am 19. Oktober 1979 bei der Klägerin ein. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1979 bestätigte die Klägerin den Eingang der Schlußrechnung der Beklagten zu 1 vom 22. Oktober 1979.
Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 20. Januar 1981 gerügt hatte, daß die Teleskoptribüne nicht mehr ausgefahren werden könne, teilte die Beklagte zu 1 mit Schreiben vom 27. Januar 1981 u.a. mit, daß die Mängel in Kürze behoben würden. Nach Abschluß der Mängelbeseitigungsarbeiten nahm die Klägerin diese Arbeiten am 26. März 1981 ab.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 1982 teilte die Beklagte zu 2. u.a. mit, daß sie in die Verpflichtung der Beklagten zu 1 zur Mängelbeseitigung eintrete. Mit Schreiben vom 19. Juni 1985 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2, daß die ausgefahrene Teleskoptribüne nicht mehr mit Motorkraft eingefahren werden könne. Am 26. Mai 1986 leitete die Klägerin ein Beweissicherungsverfahren gegen die Beklagten ein.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin einen Kostenvorschuß für die Mängelbeseitigung in Höhe von 56.551,02 DM. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der geltend gemachte Anspruch sei verjährt. Das Oberlandesgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der – angenommenen – Revision, die die Klägerin zurückzuweisen bittet, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
1. Das Berufungsgericht ist mit folgenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, der Vorschußanspruch sei nicht verjährt:
a) Maßgeblich für den Beginn der Verjährung und die Verjährungsfrist sei Ziffer 18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. Die Klausel verstoße nicht gegen das AGB-Gesetz. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe mit der Schlußabnahme des Werkes zu laufen begonnen. Die Abnahme sei mit der Gegenzeichnung des Abnahmeprotokolls am 17. Oktober 1979 über die Schlußabnahme vom 12. Oktober 1979 erfolgt. Danach wäre die fünfjährige Verjährungsfrist am 17. Oktober 1984 abgelaufen.
b) Die Mängelanzeige der Klägerin vom 20. Januar 1981 habe gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B zum Lauf einer neuen Regelfrist von zwei Jahren geführt. Da diese Regelfrist am 20. Januar 1983, also vor der vereinbarten fünfjährigen Verjährungsfrist abgelaufen wäre, sei das Ende der vertraglich vereinbarten Verjährung, der 17. Oktober 1984, für die Verjährung maßgeblich und nicht das Ende der neuen Regelfrist.
c) Durch die Abnahme der von den Beklagten durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten am 26. März 1981 sei für die Mängelbeseitigungsarbeiten eine neue selbständige Regelfrist von zwei Jahren gemäß § 13 Nr. 5 Satz 3 VOB/B in Lauf gesetzt worden, die am 26. März 1983 abgelaufen sei. Neben dieser Frist sei die aufgrund der Abnahme vom 17. Oktober 1979 laufende vertragliche Verjährungsfrist bis zum 17. Oktober 1984 gelaufen.
d) Diese vertragliche Verjährungsfrist sei durch ein Anerkenntnis der Beklagten vom 27. Januar 1981 gemäß § 208 BGB unterbrochen worden. Mit ihrem Schreiben vom 27. Januar 1981 habe die Beklagte zu 1 den Mangelanspruch der Klägerin dadurch anerkannt, daß sie auf die Mängelrüge der Klägerin vom 20. Januar 1981 ihre Bereitschaft zur Mängelbeseitigung erklärt habe. Die gemäß § 217 BGB neu in Lauf gesetzte Frist von fünf Jahren laufe neben der Regelfrist nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B. Die vertragliche Verjährungsfrist sei folglich am 26. März 1986 abgelaufen.
e) Das Schreiben der Beklagten zu 2 vom 19. Juni 1985 habe jedoch gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B dazu geführt, daß vor Ablauf der vertraglichen Verjährungsfrist eine neue Regelfrist von zwei Jahren zu laufen begonnen habe. Vor Ablauf dieser Frist am 19. Juni 1987 habe die Klägerin am 26. Mai 1986 ein Beweissicherungsverfahren eingeleitet und anschließend Klage erhoben. Dadurch sei die Verjährung rechtzeitig unterbrochen worden.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
Die Klageforderung war bereits verjährt, als die Klägerin das Beweissicherungsverfahren am 26. Mai 1986 einleitete.
a) Die Frage, ob § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B möglicherweise deshalb nicht anwendbar ist, weil die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden ist, kann dahinstehen, weil der Klageanspruch auch dann verjährt ist, wenn die genannte Vorschrift hier anwendbar sein sollte. Unter dieser Voraussetzung ist die Vereinbarung der fünfjährigen Verjährung wirksam; nach der Rechtsprechung des Senats kann auch in einem VOB-Vertrag eine von der Regelfrist abweichende längere Verjährungsfrist von fünf Jahren durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden (zuletzt BGHZ 107, 75f 82ff. m.w.N.).
b) Die vertragliche Verjährung begann mit der Abnahme im Oktober 1979 zu laufen. Ob die Abnahme mit der Gegenzeichnung des Abnahmeprotokolls am 17. Oktober 1979 durch die Beklagte zu 1 – wie das Berufungsgericht meint – oder erst mit der Prüfung der Schlußrechnung durch die Klägerin und deren Architekt am 31. Oktober 1979 erfolgt ist, kann dahinstehen, weil die Klagforderung in beiden Fällen verjährt ist.
c) Die Mängelanzeige der Klägerin vom 20. Januar 1981 hat auf die Verjährung keinen Einfluß, weil die aufgrund der Mängelrüge nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B laufende zweijährige Regelfrist vor der vertraglich vereinbarten Verjährung abläuft.
d) Die mit der Abnahme der Mängelarbeiten am 26. März 1981 nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 3 VOB/B laufende Regelfrist von zwei Jahren ist für die Verjährung der Klageforderung ebenfalls ohne Bedeutung, weil diese Frist vor der vertraglichen Verjährungsfrist abgelaufen ist.
e) Ob das Schreiben der Beklagten zu 1 vom 27. Januar 1981 als Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB anzusehen ist, bedarf keiner Entscheidung, weil die durch die mögliche Unterbrechung der Verjährung nach § 217 BGB in Lauf gesetzte fünfjährige Verjährungsfrist unter Berücksichtigung der Hemmung gemäß § 639 Abs. 2 BGB am 26. März 1986, also vor der am 26. Mai 1986 erfolgten Einleitung des Beweissicherungsverfahrens endete.
f) Die zweite Mängelrüge der Klägerin im Schreiben vom 19. Juni 1985 hat die zweijährige Regelfrist nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht erneut in Lauf gesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat der Auftraggeber nur einmal die Möglichkeit, durch eine schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung die Verjährung zu verlängern, unabhängig davon, ob die Verjährung nach der ersten Mängelrüge durch ein Anerkenntnis unterbrochen worden ist (zuletzt NJW 1978, 537, 538 m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 609620 |
BB 1990, 1934 |