Leitsatz (amtlich)
a) Die Vorschriften der §§ 241 ff AktG oder des § 51 GenG sind, soweit sie eine Anfechtungsklage vorsehen, auf Vereinsbeschlüsse nicht entsprechend anwendbar.
b) Ein Vereinsbeschluß kann trotz Nichteinladung stimmberechtigter Mitglieder wirksam sein, wenn der Verein einwandfrei nachweist, daß der Beschluß nicht auf dem Mangel beruhen kann.
Normenkette
BGB § 32
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Urteil vom 18.05.1971) |
LG Stuttgart |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Mai 1971 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der beklagte Verein, der seinen Sitz in L. hat und dort im Vereinsregister eingetragen ist, verfolgt nach seiner Satzung keine politischen Ziele, sondern ausschließlich gemeinnützige Zwecke der im Kreis L. ansässigen Griechen. In ihm befehden sich Anhänger und Gegner der derzeitigen griechischen Regierung. Zu den Vereinsorganen gehört ein 13-köpfiger, von der Generalversammlung zu wählender „Gemeinderat” (auch als „Verwaltungsausschuß” bezeichnet), der seinerseits den engeren Vorstand als Vertretungsorgan im Sinne des § 26 BGB aus seiner Mitte zu wählen hat.
Am 22. Februar 1970 führte ein vom Amtsgericht bestellter, nur aus Gegnern der griechischen Regierung zusammengesetzter Notvorstand des Beklagten eine Gemeinderatswahl durch; damals gehörten dem Verein 537 Mitglieder an. Jeder Wähler durfte eine bis 13 Stimmen abgeben. Laut Protokoll waren 237 Stimmzettel gültig ausgefüllt. Gewählt wurden 13 Kandidaten der Regierungsgegner mit Stimmzahlen zwischen 123 und 129, während die Kandidaten der Regierungsanhänger nur je 94 bis 103 Stimmen erhielten. Der so zusammengesetzte Gemeinderat wählte alsdann einen ebenfalls nur aus Regierungsgegnern bestehenden Vorstand.
Die Kläger, die zu den Regierungsanhängern gehören, halten beide Wahlen vor allem deshalb für ungültig, weil nicht alle Mitglieder eingeladen worden seien, andererseits Nichtmitglieder oder nicht wahlberechtigte Mitglieder an der Wahl teilgenommen hätten, einigen Wählern bereits angekreuzte Stimmzettel ausgehändigt worden seien und der Vorstand eine Kontrolle des Wahlvorgangs nicht zugelassen habe. Sie haben beantragt, die Unwirksamkeit der Vorstandswahl vom 22. Februar 1970 festzustellen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I. Zu den Wahlen vom 22. Februar 1970 waren fünf Mitglieder des beklagten Vereins (von insgesamt 537) unstreitig nicht eingeladen worden; sie hatten in ihren Aufnahmeanträgen nur Straße und Hausnummer, nicht den Wohnort angegeben, jedoch hätten sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die vollständigen Anschriften ohne übermäßigen Aufwand an Mühe und Kosten ermitteln lassen. Zwei von ihnen haben gleichwohl an der Wahl teilgenommen. Darüber hinaus hält es das Berufungsgericht nicht für bewiesen, daß der Beklagte wenigstens alle übrigen 532 Mitglieder eingeladen hat; bewiesen sei nur die Absendung von etwa 520 Einladungen. Deshalb lasse sich nicht ausschließen, daß etwa ein Dutzend Mitglieder nicht eingeladen worden seien. Dafür spreche auch, daß nach den Feststellungen des Landgerichts elf Mitglieder tatsächlich keine Einladung erhalten hätten, was mit Fehlleitung des Einladungsschreibens erklärt werden könne, aber nicht müsse.
II. Aus diesem Sachverhalt folgert das Berufungsgericht die Nichtigkeit der Gemeinderats- und der darauf beruhenden Vorstandswahl. Grundsätzlich mache schon die Nichteinladung eines einzigen Vereinsmitglieds Wahlen ungültig. Ob dies auch für einen größeren Verein mit über 500 Mitgliedern wie den Beklagten gelte, könne auf sich beruhen. Nichtig sei die Wahl jedenfalls dann, wenn mehr als 2 % des Mitgliederbestandes ohne Einladung geblieben seien, wie es hier nach dem Beweisergebnis möglich sei. Es könne daher offenbleiben, ob die Gültigkeit der Wahl nicht auch am Ausschluß jeder Kontrolle des Wahl- und Auszählungsvorgangs scheitere.
Gegen diese rechtliche Würdigung wendet sich die Revision mit Erfolg.
1. Das Vereinsrecht enthält, abgesehen von den noch zu erörternden Vorschriften des § 32 BGB, keine besonderen Bestimmungen über die Behandlung fehlerhafter Vereinsbeschlüsse. Von einer den heutigen §§ 241 ff AktG entsprechenden Regelung und namentlich von der Einführung einer besonderen Anfechtungsklage, wie sie auch das Genossenschaftsrecht kennt (§ 51 GenG), hat der Gesetzgeber im Vereinsrecht bewußt abgesehen, weil er meinte, für eine so komplizierte Regelung bestehe angesichts der geringen vermögensrechtlichen Bedeutung der Vereine kein dringendes praktisches Bedürfnis (Prot. I, 537 f). Insofern haben sich zwar die Verhältnisse seither zweifellos wesentlich verändert. Nach wie vor sind sie aber wegen des weiten Spielraums für Zusammenschlüsse mit höchst unterschiedlicher Zweckbestimmung, Größe und Bedeutung mit der Rechts- und Interessenlage bei den Kapitalgesellschaften, aber auch den Genossenschaften so wenig vergleichbar, daß eine entsprechende Anwendung der genannten Vorschriften über die Anfechtungsklage hier nicht in Betracht kommt (BGH NJW 1971, 879 zu II, insoweit in BGHZ 55, 381 nicht abgedr.). Die allenfalls zu erwägende Anwendung auf Vereine von besonderer wirtschaftlicher oder sonstiger Bedeutung erscheint dem Senat wegen der Rechtsunsicherheit, die mit jeder derartigen Differenzierung verbunden wäre, nicht vertretbar.
Dementsprechend wird auch in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend der Standpunkt verfochten, Verstöße gegen das Gesetz, die guten Sitten oder zwingende Satzungsvorschriften führten nach den allgemeinen Regeln (§§ 134, 138 BGB) oder mit Rücksicht darauf, daß ein Mitglied nur im Rahmen der Satzung an Mehrheitsentscheidungen gebunden ist, grundsätzlich zur Nichtigkeit eines Vereinsbeschlusses (Soergel/Schultze-v. Lasaulx, BGB 10. Aufl. § 32 Rn. 11 ff, 31 ff; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein 8. Aufl. S. 114 ff m.w.N.; a. M. Richert, NJW 1957, 1543, 1544 f; Reichert/Dannecker/Kühr, Hdb. d. Vereins- und Verbandsrechts, 1970 S. 134 f, 137, 139 ff).
2. Das kann jedoch nicht ohne jede Einschränkung gelten. Denn es würde die Willensbildung und -betätigung innerhalb des Vereins, aber auch dessen Rechtsbeziehungen nach außen mit unerträglichen Unsicherheiten belasten, wenn jedes Vereinsmitglied, ja sogar jeder Fremde wegen irgendeines Gesetzes- oder Satzungsverstoßes ohne Rücksicht auf dessen Schwere und die Bedeutung der betreffenden Angelegenheit die Nichtigkeit eines Beschlusses zeitlich unbegrenzt geltend machen könnte.
Die deshalb im Schrifttum erörterte Möglichkeit, bei Verletzung bloßer Schutzvorschriften zugunsten von Mitgliedern den Beschlußmangel als geheilt zu betrachten, wenn das betroffene Mitglied dem Beschluß nicht alsbald nach Kenntnis widersprochen hat (Soergel/Schultze-v. Lasaulx a.a.O. § 32 Anm. 11, 13 ff; Sauter/Schweyer a.a.O. S. 115 f m.w.N.; vgl. aber auch BGHZ 49, 209, 212), scheidet freilich aus, soweit es um einen Einberufungsmangel geht, wie er hier in erster Linie geltend gemacht ist. Denn die Nichteinladung stimmberechtigter Mitglieder zu einer beschließenden Versammlung bedeutet bei einem Personenverband einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen tragende Grundsätze des Verbandsrechts, der bei gleichwohl durchgeführter Abstimmung in der Regel zur Nichtigkeit des Beschlusses oder der Wahl führt, es sei denn, daß tatsächlich alle Mitglieder erschienen sind und der Durchführung der Versammlung nicht widersprochen haben (vgl. § 241 Nr. 1 AktG, § 51 Abs. 3 GmbHG und für die Genossenschaft BGH LM GenG § 6 Nr. 1 zu III 1 b; BayObLGZ 1963, 15, 18; Sauter/Schweyer a.a.O. S. 94; Soergel/Schultze-v. Lasaulx a.a.O. § 32 Anm. 12, 14 m.w.N.). Die durch Gesetz und Satzung zwingend angeordnete, bei Abstimmungen schon von der Sache her gebotene Einladung aller Mitglieder dient nämlich nicht nur dem Schutz einzelner, sondern dem Interesse sämtlicher Mitglieder an einer recht- und ordnungsmäßigen Willensbildung (RG SeuffArch. 77 Nr. 53). So versteht auch § 32 BGB, wenn er grundsätzlich die „Beschlußfassung in einer Versammlung der Mitglieder” vorschreibt und die Gültigkeit eines Beschlusses sogar von der Angabe des Beschlußgegenstands bei der Einberufung abhängig macht, unter einer „Versammlung der Mitglieder” nur eine ordnungsmäßig einberufene Versammlung, wobei die Einladung sämtlicher Mitglieder als selbstverständlich vorausgesetzt ist (RG JW 1912, 741; SeuffArch. 77 Nr. 53).
Es ist daher davon auszugehen, daß grundsätzlich ein Vereinsbeschluß oder eine Wahl ungültig ist, wenn nicht alle Mitglieder in der durch die Satzung bestimmten Weise (§ 58 Nr. 4 BGB), d.h. gewöhnlich entweder durch Bekanntgabe in einem Blatt oder durch Einzelbenachrichtigungen, eingeladen worden sind.
3. Dieser Grundsatz darf jedoch nicht überspannt werden. So würde es über das Ziel hinausschießen, wollte man z.B. bei einem Verein, der, wie hier, mehr als 500 Mitglieder hat, eine Abstimmung als wirkungslos betrachten, wenn auch nur ein Mitglied versehentlich nicht geladen war und dieser Fehler das Abstimmungsergebnis unter keinen Umständen beeinflußt haben kann. Denn bei solcher Lage ist eine ordnungsmäßige Gesamtwillensbildung, wie sie Gesetz und Satzung durch bestimmte Mindestanforderungen gewährleisten wollen, überhaupt nicht in Frage gestellt.
Allerdings hat das Reichsgericht selbst für Fälle dieser Art die Ansicht vertreten, die mit dem Einladungsmangel behafteten Beschlüsse könnten „ihrer Ungültigkeit auch nicht durch nachträgliche Erörterungen und Mutmaßungen über die Stimmen der nicht geladenen Mitglieder und deren Einfluß auf das Gesamtergebnis entkleidet werden” (RG JW 1912, 741; SeuffArch. 77 Nr. 53). Dem entspricht es, daß bei den handelsrechtlichen Körperschaften gegenüber einem Nichtigkeitsgrund, anders als bei bloßer Anfechtbarkeit, der Nachweis der fehlenden Ursächlichkeit nicht zugelassen wird (BGHZ 11, 231, 239).
Im Vereinsrecht, das nur gültige oder ungültige, aber keine lediglich anfechtbaren Beschlüsse im Sinne der §§ 243 ff AktG oder des § 51 GenG kennt, hat der Senat jedoch einen Vereinsbeschluß trotz Mitwirkung nicht stimmberechtigter Personen als gültig angesehen, sofern der Verein beweist, daß der Verstoß nicht auf der unberechtigten Stimmabgabe beruht (BGHZ 49, 209). Freilich handelte es sich dort um Mängel bei der Durchführung, hier dagegen um solche bei der Einberufung einer Versammlung, ein Unterschied, der rechtlich eine Rolle spielen mag, wo das Gesetz, wie in den §§ 241 ff AktG, die Nichtigkeit von Beschlüssen wegen eines Verfahrensmangels im Gegensatz zur Anfechtbarkeit auf bestimmte, abschließend bezeichnete Mängel beschränkt, von dem hier nicht interessierenden Fall der fehlenden Beurkundung abgesehen. Beim Verein kann dieser Unterschied aber von der Sache her nicht den Ausschlag geben. Denn die Gefahr einer Verfälschung des Abstimmungsergebnisses und damit einer unzutreffenden Feststellung des Verbandswillens ist, wenn Unberechtigte mit abstimmen, nicht geringer, als wenn Abstimmungsberechtigte nicht eingeladen werden. Scheidet aber im Einzelfall die Möglichkeit aus, daß das Abstimmungsergebnis verfälscht sein könnte, so verliert der sonst unbedingt durchschlagende Gedanke, daß die Einladung aller Mitglieder zu den Mindestvoraussetzungen eines gültigen Beschlusses gehört, an Gewicht. Er muß dann hinter dem nicht minder beachtlichen Interesse der Mitgliedergesamtheit zurücktreten, das für ein geordnetes Vereinsleben unerlässliche grundsätzliche Vertrauen auf den Bestand von Versammlungsbeschlüssen nicht durch eine zu weitgehende Berücksichtigung von Einwendungen, denen im Einzelfall kein echtes Schutzbedürfnis zugrunde liegt, unnötig gestört zu sehen. Dabei ist auch der schon erwähnten Tatsache Rechnung zu tragen, daß es Vereine mit höchst unterschiedlicher Art und Zusammensetzung gibt, bei denen es nicht immer möglich ist, mit solcher Strenge Förmlichkeiten einzuhalten, wie es bei anderen Körperschaften von der Sache her angebracht und deshalb nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch üblich ist.
4. Der Senat hält daher auch für den Fall, daß einzelne Vereinsmitglieder infolge einer vom Verein zu vertretenden Nachlässigkeit keine Einladung erhalten haben, einen ohne ihre Teilnahme zustande gekommenen Vereinsbeschluß – jedenfalls soweit keine weiteren Umstände (wie z.B. eine unlautere Wahlbeeinflussung) hinzukommen – für wirksam, sofern einwandfrei feststeht, daß der Beschluß bei ordnungsmäßiger Ladung ebenso ausgefallen wäre. Hierfür genügt allerdings nicht die bloße Wahrscheinlichkeit des gleichen Ergebnisses. Vielmehr muß der Verein den sicheren Nachweis führen, daß der beanstandete Beschluß nicht auf dem Mangel beruhen kann (vgl. für die Beschlußanfechtung bei Kapitalgesellschaften BGH NJW 1972, 1320 f m.w.N.; für § 51 GenG RGZ 119, 243, 246). Dieser Beweis ist z.B. schon dann gescheitert, wenn eine der Abstimmung vorausgehende Aussprache vorgesehen war und sich im Einzelfall nicht ausschließen läßt, daß die nicht eingeladenen Mitglieder, wären sie erschienen, die Stimmabgabe auch der anderen Mitglieder in einer dem tatsächlichen Ergebnis entgegengesetzten Richtung wesentlich beeinflußt hätten (vgl. RGZ 110, 194, 196 ff; 103, 6).
III. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:
Nach der Satzung des Beklagten (Art. V) ist zu einer Generalversammlung schriftlich einzuladen. Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß insgesamt 12 bis 15 Mitglieder keine solche Einladung erhalten haben, diejenigen Mitglieder nicht eingerechnet, die tatsächlich erschienen sind und mit abgestimmt haben. Dabei hat das Berufungsgericht zutreffend dem Beklagten die Beweislast für die Ordnungsmäßigkeit der Wahl auferlegt (BGHZ 49, 209, 211). Zwar dürfen an eine solche Beweisführung keine übertriebenen und praktisch unerfüllbaren Maßstäbe angelegt werden. Genügt, wie hier, die Einladung mit einfachem Brief, so wird es im allgemeinen ausreichen, wenn der Verein beweist, alle nach den Umständen möglichen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen zu haben, die geeignet sind, unter regelmäßigen Verhältnissen die Ladung aller erreichbaren Mitglieder sicherzustellen. Hier hat das Berufungsgericht aber festgestellt, daß der Vorstand des Beklagten mindestens bei einem Teil der einzuladenden Mitglieder nicht alle in Betracht kommenden und zumutbaren Möglichkeiten einer Verständigung ausgeschöpft hat.
Rechnet man zu den 103 Stimmen, die höchstens für die unterlegenen Kandidaten der Regierungsanhänger abgegeben worden sind, weitere 15 Stimmen hinzu, so bleibt die Gesamtzahl noch immer unter der für die Gegenkandidaten abgegebenen Zahl von mindestens 123 Stimmen. Insofern läßt sich nicht ohne weiteres von der Hand weisen, daß die Zusammensetzung des neuen Gemeinderats ausschließlich aus Regierungsgegnern auch dann keine andere gewesen wäre, wenn alle nach bisheriger Feststellung möglicherweise nicht eingeladenen Mitglieder erschienen wären und für die Regierungsfreunde gestimmt hätten; das gilt allerdings nur, wenn sich ausschließen läßt, daß diese Mitglieder in der Versammlung noch eine genügende Anzahl von Wählern der Gegenpartei auf ihre Seite gezogen hätten.
Ein anderes Gesamtbild könnte sich ergeben, wenn mit den Klägern davon auszugehen wäre, daß noch mehr Mitglieder, als das Berufungsgericht bisher angenommen oder unterstellt hat, aus vom Beklagten zu vertretenden Gründen nicht eingeladen waren, daß andererseits nicht wahlberechtigte Personen mit abgestimmt haben und daß schließlich der Vorstand das Wahlergebnis weiterhin vor allem durch die Ausgabe bereits angekreuzter Stimmzettel unzulässig beeinflußt hat. Hierzu hat das Berufungsgericht aber bislang nichts festgestellt.
IV. Das Berufungsurteil läßt sich nach dem bisherigen Sach- und Streitstand auch nicht mit anderer Begründung halten. Soweit das Berufungsgericht ohne abschließende Stellungnahme bezweifelt, ob es unter den hier vorliegenden Umständen zulässig gewesen sei, Wahlen und Wahlauszählung unter Ausschluß jeder Kontrolle nur durch den mit Regierungsgegnern besetzten Notvorstand hinter verschlossenen Türen vorzunehmen, fehlt es ebenfalls an ausreichenden tatsächlichen Pest Stellungen.
Weder das Gesetz noch die Satzung des Beklagten sehen für die Wahl von Vereins Organen bestimmte Kontrollmaßnahmen vor. Solche Maßnahmen sind bei Vereinen im allgemeinen auch nicht erforderlich. Es kann aber auch unabhängig von einer ausdrücklichen Vorschrift in Ausnahmefällen eine gewisse Wahlkontrolle notwendig werden. Hier spricht nach dem bisher vorgetragenen Sachverhalt manches dafür, daß es einer solchen Kontrolle bedurfte, um eine einwandfreie Willensbildung und -feststellung zu gewährleisten. In diesem Fall hätte nach dem Sinn und Zweck des § 32 BGB auf Verlangen eine angemessene Überprüfung der Wahl, z.B. durch Zulassung eines Beobachters der nicht im Vorstand vertretenen Gruppe, nicht verweigert werden dürfen. Hierzu bedarf es jedoch näherer Feststellungen darüber, welches Mindestmaß an Kontrolle den Umständen nach geboten war, welche Maßnahmen hierfür in Betracht, kamen, ob sie tatsächlich verlangt und inwieweit sie abgelehnt wurden; hierüber liegen gegensätzliche Behauptungen und Beweisanträge der Parteien vor. Die Sache ist daher auch insoweit noch nicht entscheidungsreif.
V. Auf der anderen Seite kann der Revision nicht gefolgt werden, wenn sie meint, der Klage stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen, weil sie im Widerspruch zur Satzung des Beklagten politischen Zielen diene. Wenn es zutreffen sollte, daß allein infolge von Rechtsverletzungen ausschließlich Angehörige einer bestimmten politischen Gruppe in den Gemeinderat und den Vorstand des Beklagten gewählt worden sind, kann es den Klägern nicht verwehrt sein, ihrerseits im wohlverstandenen Interesse aller Mitglieder die Abhaltung ordnungsmäßiger Wahlen zu fordern.
VI. Da hiernach weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Stimpel, Dr. Schulze, Fleck, Dr. Bauer, Dr. Kellermann
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 369 |
NJW 1973, 235 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1973, 296 |