Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 14. Juni 1975 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Am 17. Mai 1957 verstarb in Braunschweig der Kaufmann Gustav F. (im folgenden: Erblasser), Inhaber eines Teppich- und Gardinengeschäfts. Seine gesetzlichen Erben waren seine zweite Ehefrau, Hildegard F., mit der er kinderlos verheiratet war, sowie der Kläger, sein Sohn, und die beiden Beklagten, seine Enkel. Der Nachlaß bestand neben dem Einzelhandelsgeschäft im wesentlichen aus Grundstücken, Das Geschäft wurde in dem dem Erblasser gehörenden Grundstück in B. Kohlmarkt 19 betrieben. Daneben liegt ein weiteres Grundstück des Erblassers, Schuhstraße 21.
Im Erbauseinandersetzungsvertrag vom 17. Juni 1959 vereinbarten die Erben, das Geschäft unter der bisherigen Firma fortzuführen und zu diesem Zweck eine Gesellschaft zu gründen, an welcher die Witwe des Erblassers, der Klüger und der Erstbeklagte beteiligt sein sollten (VI des Vertrages). Das Grundstück Kohlmarkt 19 erhielten auf Grund dieses Vertrages die Witwe und der Erstbeklagte zu (etwa) je 1/5, der damals noch minderjährige Zweitbeklagte zu 5/5 Miteigentum. Dem Kläger wurde das Grundstück Schuhstraße 21 zugeteilt (VIII des Vertrages).
Am 29. September 1959 schlössen die Witwe, der Kläger und der Erstbeklagte einen Vertrag zur Gründung einer Kommanditgesellschaft. Die Witwe wurde persönlich haftende Gesellschafterin, der Kläger und der Erstbeklagte wurden Kommanditisten. Die Miteigentümergemeinschaft des Grundstücks Kohlmarkt 19 überließ, wie in XII des Erbauseinandersetzungsvertrages vorgesehen, die bisherigen Geschäftsräume des Unternehmens der KG. Der Kläger vermietete durch Vertrag vom 29. September 1959 den sog. Eckladen des Grundstücks Schuhstraße 21 an die KG und gestattete ihr, dort eine Passage nebst Schaufenster zu errichten. Durch Vertrag vom 22. Februar 1969 vermietete die KG, aus der der Kläger 1965 ausgeschieden war, ihre sämtlichen Geschäftsräume für die Zeit von 1. Mai 1969 bis. 30. April 1974 weiter an die Firma P. zu einem Mietzins von monatlich 6 800 DM. Der das Grundstück Schuhstraße 21 betreffenden Untervermietung stimmte der Kläger zu. Bereits am 21. Februar 1969 war der Mietvertrag zwischen der KG und dem Kläger über den Eckladen Schuhstraße 21 unter Änderung des Mietzinses an die Laufzeit des Vertrages der KG mit der Firma R. angepaßt worden.
Mit Schreiben vom 1. August 1969 meldeten die noch verbliebenen Gesellschafter der KG, die Witwe des Erblassers und der Erstbeklagte, zum Handelsregister an, die Kommanditgesellschaft sei erloschen, sie habe ihre Tätigkeit eingestellt; die Gesellschaft bestehe als „bürgerlich-rechtliche Gesellschaft” fort, deren Geschäfte die Witwe Hildegard F. führe.
In einem Rechtsstreit, den die beiden Beklagten gegen die Witwe des Erblassers führten, schlössen die damaligen Prozeßbeteiligten am 16. März 1971 einen Vergleich, in welchem die Witwe ihren Miteigentumsanteil am Grundstück Kohlmarkt 19 auf den Erstbeklagten übertrug und die beiden Beklagten untereinander einen Miteigentumsanteil an diesem Grundstück von je 1/2 vereinbarten. Die Beklagten verpflichteten sich, der Witwe auf Lebenszeit ein Drittel der Nettoeinnahmen des Grundstücks Kohlmarkt 19, monatlich mindestens 1 000 DM, auszuzahlen. Zur Sicherung dieser Ansprüche wurde zugunsten der Witwe des Erblassers eine Reallast über monatlich, 2 500 DM im Grundbuch eingetragen. Hinsichtlich zweier bereits bestehender Grundpfandrechte (Sicherungshypotheken über je 4 000 DM) zugunsten des Klägers am Grundstück Kohlmarkt 19 wurde vereinbart, daß insoweit allein die künftig dem Erstbeklagten zustehende Grundstückshälfte zu haften habe. Im Vorspruch zu diesem Vergleich heißt es, der Kläger trete dem Vergleich bei.
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger die Feststellung, daß den Beklagten keine Rechte aus dem Mietvertrag vom 21. Februar 1969 zwischen ihm und der KG sowie aus dem Mietvertrag vom 22. Februar 1969 zwischen der KG und der Firma R. hinsichtlich des Grundstücks Schuhstraße 21 zustehen, ferner Herausgabe des Eckladens Schuhstraße 21 sowie Zählung von 14 910 DM. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben, im übrigen aber die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Auf die Anschlußberufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht auch die Feststellungsklage ab. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine bisherigen Anträge weiter. Die Beklagten haben beantragt, die Revision zurückzuweisen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien übereinstimmend hinsichtlich des Herausgabeanspruchs die Hauptsache für erledigt und sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision kann keinen Erfolg haben. Auch hinsichtlich des jetzt erledigten Teils ist der Kläger im Berufungsverfahren mit Recht unterlegen.
I. Das Berufungsgericht nimmt, wie der Zusammenhang der Entscheidungsgründe ergibt, an, die KG sei durch die Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit erloschen. An ihre Stelle sei eine mit ihr identische Gesellschaft bürgerlichen Rechts getreten. Mit dieser habe der Kläger, dem die Geschäftseinstellung bekannt gewesen sei, den Mietverlängerungsvertrag vom 21. Februar 1969 geschlossen. Damit habe er etwaige spätere personelle Veränderungen in der Zusammensetzung der Gesellschaft hingenommen. Seit dem Vergleich vom 16. März 1971 seien, beide Beklagte Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Daß der Mietvertrag über den Eckladen durch diesen Vergleich nicht beendet worden sei, ergebe sich schon daraus, daß die Vergleichschließenden die Hechte und Pflichten der Firma R. gegenüber ihrer Vermieterin, der Gesellschaft, nicht hätten ändern wollen. Danach könne nicht festgestellt werden, daß den Beklagten keine Rechte aus dem Vertrag vom 21. Februar 1969, um den es allein gehe, zustünden. Auch könne der Kläger von ihnen nicht Räumung und Herausgabe der durch Weitervermietung gezogenen Nutzungen verlangen.
II. Dem Oberlandesgericht ist im Ergebnis bei zutreten.
1. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß eine Kommanditgesellschaft mit der Vermietung ihrer Gewerberäume ihr Handelsgewerbe aufgibt. Aus § 161 HGB folgt daraus, daß die Gesellschaftdann nicht mehr Personalhandelsgesellschaft sein kann (BGH Urteil vom 13. November 1961 – II ZR 202/60 = WM 1962, 10, 12).
Die mietweise Überlassung der Gewerberäume der Firma Gustav F. KG an die Firma P. ist erst zum 1. Mai 1969 erfolgt. Bis dahin übte die Firma F. ihre Geschäftstätigkeit aus. Das ist unstreitig und das haben die Beteiligten des Rechtsstreits zwischen den Beklagten und der Witwe F. in Nr. I des Vergleichs vom 16. März 1971 auch ausdrücklich festgestellt.
Bei Abschluß des Vertrages des Klägers mit der Firma F. am 21. Februar 1969 war diese gemäß § 161 HGB demnach noch eine Kommanditgesellschaft. Es bedarf also keiner weiteren Prüfung, ob, wie offenbar das Berufungsgericht meint, gegen die Wirksamkeit des Abschlusses dieses Vertrages überhaupt daraus Bedenken hergeleitet werden könnten, daß die KG als solche am 21. Februar 1969 angeblich nicht mehr bestand.
2. Der Vertrag vom 21. Februar 1969 wurde nicht davon berührt, daß die KG ihr Handelsgewerbe aufgab. Letzteres hatte nur zur Folge, daß die KG ihren Charakter als Handelsgesellschaft verlor und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurde. Als solche blieb sie aber bestehen. Die Identität der Gesellschaft als Vertragspartnerin des Klägers blieb gewahrt (BGH Urteil vom 13. November 1961 aaO).
3. Da die Gesellschafter in ihrem Anmeldungsschreiben vom 1. August 1969 zum Handelsregister ausdrücklich das Fortbestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mitgeteilt haben und Tatsachen, aus denen sich eine Auflösung der Gesellschaft ergeben könnte, nicht vorgetragen sind, ist davon auszugehen, daß die Gesellschaft jedenfalls zunächst weiter bestehen blieb. Insbesondere liegt keine Auflösung der Gesellschaft wegen Erreichung oder Unmöglichkeit des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB) vor. Der Zweck der Gesellschaft war die Weitervermietung ihrer Gewerberäume auf den Grundstücken Kohlmarkt 19 und Schuhstraße 21. Dieser Zweck war zumindest bis zum Ablauf des mit der Firma P. vereinbarten Mietverhältnisses (50. April 1974) erreichbar.
4. Das Berufungsgericht stellt fest, daß hieran auch durch den Vergleich vom 16. März 1971 nichts geändert wurde. Unbestritten „blieb die Firma P. weiterhin Mieterin der Gewerberäume der ehemaligen KG. Wenn das Berufungsgericht den Abmachungen im Vergleich vom 16. März 1971 entnimmt, Vermieterin gegenüber der Firma P. sei nach wie vor die Gesellschaft, allerdings unter Änderung ihrer personellen Zusammensetzung, geblieben, so ist gegen diese auf tatsächlichem Gebiete liegende Würdigung aus Rechtsgründen nichts einzuwenden. Da es der Zweck des Vergleichs vom 16. März 1971 u. a. war, weiterhin die Vermietung der Gewerberäume der Firma F. an die Firma P. in vollem Umfang, also unter Einschluß des Eckladens Schuhstraße 21, fortzusetzen, diese Bäume in ihrer Gesamtheit aber der Gesellschaft als solcher und nicht etwa den einzelnen Erben zustanden, war – so ist ersichtlich der rechtlich einwandfreie Gedankengang des Berufungsgerichts – die Aufrechterhaltung der Gesellschaft erforderlich und auch gewollt.
5. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Gesellschafterwechsel sind zwar unklar, lassen indessen nur zwei Möglichkeiten offen:
Entweder trat der Zweitbeklagteanstelle der Witwe des Erblassers in die Gesellschaft ein. So faßt die Revision das Berufungsurteil auf.
Oder der Zweitbeklagte wurde alsweiterer Gesellschafter in die Gesellschaft aufgenommen. Es fällt auf, daß in den Entscheidungsgründen nirgends von einem Ausscheiden der Witwe des Erblassers aus der Gesellschaft die Rede ist. Dafür, daß das Berufungsurteil so zu verstehen ist, könnte sprechen, daß trotz der Aufgabe ihres Miteigentumsanteils am Grundstück Kohlmarkt 19 die Witwe des Erblassers weiterhin an den Mieteinnahmen, und zwar in Höhe eines Drittels, beteiligt wurde.
Wie das Berufungsurteil in dieser Hinsicht auch zu verstehen sein mag, auf jeden Fall berührte die Veränderung der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft den Mietvertrag vom 21. Februar 1969 deshalb nicht, weil, wie das Berufungsgericht feststellt, der Abschluß des Klägers mit der KG auch die Erklärung seines Einverständnisses bedeutete, den Vertrag ohne Rücksicht auf etwaige personelle Veränderungen innerhalb der Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Ob dem uneingeschränkt zugestimmt werden könnte, mag dahinstehen. Nicht zu beanstanden ist eine derartige Würdigung jedenfalls dann, wenn das Einverständnis des Klägers auf einen Gesellschafterwechsel beschränkt wird, der innerhalb des Kreises der Erben und damit der Familie stattfand.
So aber liegt der Fall hier. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob nicht – offenbar im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts – in der Tatsache, daß der Kläger dem Vergleich vom 16. März 1971 beigetreten ist, mehr zu sehen ist, als nur die Zustimmung zur Veränderung der Haftungsgrundlage seiner Sicherungshypotheken, ob nicht vielmehr angenommen werden muß, daß er auch der durch den Vergleich vollzogenen personellen Veränderung in der Zusammensetzung der Gesellschaft, seiner Vertragspartnerin, zustimmte.
6. Ohne Erfolg ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht den Vortrag des Klägers beachtet, daß der Abschluß des Mietvertrages vom 21. Februar 1969 in seiner Sicht der Erhaltung des Anteils der Witwe an der KG gedient habe und daß diese Geschäftsgrundlage durch den Vergleich vom 16. März 1971 beseitigt worden sei. Nachdem der Geschäftsbetrieb der KG – unstreitig – wirtschaftlich nicht mehr aufrechtzuerhalten war, konnte der Anteil der Witwe bei der nunmehr notwendig gewordenen Vermietung der Geschäftsräume nur noch durch eine Beteiligung am Mieterlös im Rahmen der an die Stelle der KG getretenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts erhalten werden. Daran hat sich durch den Vergleich vom 16. März 1971 im Grundsatz nichts geändert, gleichgültig ob man die Witwe nach wie vor als Gesellschafterin ansieht, oder ob man annimmt, allein die Beklagten seien Gesellschafter und hatten sich verpflichtet, ihr auf Lebenszeit ein Drittel des Nettomieterlöses, dinglich gesichert durch eine Reallast, auszuzahlen. Ungeachtet der zweifelhaften Frage, ob die vom Kläger mit dem Vertrag vom 21. Februar 1969 verbundenen Absichten überhaupt Geschäftsgrundlage waren, kann von einem Wegfall dieser Grundlage schon deshalb nicht gesprochen werden. Damit entfällt aber auch das sich aus diesem Wegfall angeblich ergebende Kündigungsrecht.
7. Ob die nur gegenüber der Witwe des Erblassers und gegenüber dem Erstbeklagten ausgesprochene Kündigung des Klägers vom 15. Februar 1972 überhaupt wirksam war, kann offenbleiben. Diese Kündigung ist zum 30. April 1974 ausgesprochen worden, an dem der Vertrag ohnehin auslief. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht war der Mietvertrag vom 29. September 1959/21. Februar 1969 auf jeden Fall noch in Kraft.
III. Die beantragte Feststellung kann hiernach nicht getroffen werden, weil die Beklagten, sei es allein, sei es zusammen mit der Witwe des Erblassers hechte aus dem Mietvertrag vom 21. Februar 1969 geltend machen können. Daraus folgt weiter, daß auch die Räumungsklage und die Klage auf Herausgabe der durch Untervermietung gezogenen Nutzungen mit Recht abgewiesen worden sind. Das Berufungsurteil ist somit im Ergebnis zutreffend, so daß die Revision, soweit die Hauptsache noch anhängig ist, mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen war, während hinsichtlich des erledigten Teiles dem Kläger die Kosten gemäß § 91 a ZPO aufzuerlegen waren.
Unterschriften
Dr. Haidinger, Claßen, Braxmaier, Wolf, Merz
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 09.12.1974 durch Scheibl Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 682255 |
JR 1975, 298 |
JZ 1975, 174 |