Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage, wann das Mahnverfahren als besondere Prozeßart beendet ist und wann lediglich Stillstand eintritt.

 

Normenkette

BGB §§ 213, 212a S. 2, § 211 Abs. 2

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main – 22. Zivilsenat in Darmstadt – vom 2. August 1991 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Werklohn für einen Ende 1986 durchgeführten Einbau von Fenstern und Türen. Hierfür stellte er dem Beklagten, der insoweit einen Auftrag bestreitet, am 22. Dezember 1986 10.169,34 DM in Rechnung.

Wegen dieser Forderung und außergerichtlicher Mahnkosten reichte der Kläger am 18. Dezember 1987 bei dem Amtsgericht Groß-Gerau einen Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheids ein. Zugleich beantragte der Kläger für den Fall des Widerspruchs die Durchführung des streitigen Verfahrens vor dem Landgericht Ellwangen. Der Mahnbescheid wurde am 29. Dezember 1987 erlassen und dem Beklagten am 7. Januar 1988 zugestellt. Am 11. Januar 1988 erhob der Beklagte Widerspruch. Die Widerspruchsnachricht des Amtsgerichts vom 12. Januar 1988 mit Kostenanforderung erhielt der Kläger Ende Januar 1988. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1989, beim Amtsgericht eingegangen am 22. Dezember 1989, begründete der Kläger seinen Anspruch und zahlte zugleich mit Scheck die weitere halbe Prozeßgebühr. Zugleich beantragte er, die Sache an das Landgericht Ellwangen abzugeben. Am 9. Januar 1990 verfügte der Rechtspfleger die Abgabe an das genannte Landgericht, bei dem die Akten am 29. Januar 1990 eingingen. Der Schriftsatz vom 18. Dezember 1989 wurde dem Beklagten am 9. Februar 1990 zugestellt.

Der Beklagte macht u.a. die Einrede der Verjährung geltend.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von insgesamt 10.184,34 DM verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage wegen Verjährung der Forderung abgewiesen. Dagegen richtet sich die – zugelassene – Revision des Klägers, der sein bisheriges Klagebegehren weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht stellt nicht fest, wann die Arbeiten des Klägers abgenommen wurden. Selbst wenn die Abnahme noch im Jahr 1986 erfolgte, ist die Werklohnforderung des Klägers nicht verjährt. Das Berufungsgericht geht für den von ihm offenbar als selbstverständlich angesehenen Fall der Abnahme noch 1986 an sich zutreffend davon aus, daß die zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB) mit Ende des Jahres 1988 ablief (SS 198, 201 BGB). Durch den am 18. Dezember 1987 eingebrachten Antrag auf Erlaß eines „demnächst” zugestellten Mahnbescheids ist die Verjährung demnach rechtzeitig unterbrochen worden (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. mit § 693 Abs. 2 ZPO). Die Unterbrechung endete mit der Widerspruchsnachricht des Amtsgerichts (§§ 213, 212a, 211 Abs. 2 Satz 1 BGB). Damit ist das Verfahren in Stillstand geraten, weil es der Kläger zunächst nicht weiterbetrieben hat.

2. Indessen ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die nach der Beendigung der Unterbrechung in Lauf gesetzte neue zweijährige Verjährungsfrist vor ihrem Ablauf durch den Schriftsatz vom 18. Dezember 1989 am 22. Dezember 1989 (Eingang bei Gericht) unterbrochen worden (§§ 213 Satz 1, 212a Satz 2, 211 Abs. 2 Satz 2 BGB).

a) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht anscheinend auf der Ansicht, daß der Widerspruch des Beklagten nicht nur zum Stillstand des Mahnverfahrens geführt, sondern es beendet habe mit der Folge, daß für eine sinngemäße Anwendung des § 211 Abs. 2 BGB kein Raum sei. Das ist unrichtig. Das Mahnverfahren als besondere Prozeßart ist erst beendet, wenn der Antragsgegner Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhebt und die Sache sodann, falls eine Partei den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt hat, an das Gericht, das in dem Mahnantrag als zuständig bezeichnet worden ist, entsprechend § 696 Abs. 1 ZPO abgegeben wird (einhellige Meinung, vgl. BGHZ 103, 20, 27). Wenn der Rechtsstreit nicht alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird, etwa weil die angeforderte Gebühr (§ 65 Abs. 1 Satz 2 GKG) nicht eingeht, tritt lediglich ein Stillstand des Mahnverfahrens ein (vgl. Soergel/Walter, BGB, 12. Aufl., § 213 Rdnr. 2 a.E.). Ist das Mahnverfahren aber noch anhängig, so ist gemäß den §§ 213, 212a Satz 2 BGB die Bestimmung des § 211 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden. Gerät also das Verfahren nun in Stillstand, so endet zwar mit der letzten Prozeßhandlung die Unterbrechung. Die Verjährung wird aber durch jede Handlung einer Partei erneut unterbrochen, durch die das Verfahren weiterbetrieben wird (vgl. schon das Senatsurteil BGHZ 52, 47).

b) Mit der Einreichung des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1989 am 22. Dezember 1989 hat der Kläger der Sache nach die Fortsetzung des Verfahrens beantragt, das nach dem Widerspruch des Beklagten in Stillstand geraten war. Wie der Inhalt des Schriftsatzes erkennen läßt, war es dem Kläger darum zu tun, den bislang ausschließlich im Mahnverfahren verfolgten Klageanspruch nunmehr im ordentlichen Streitverfahren geltend zu machen, d.h. die Sache in das Streitverfahren überzuleiten. Für die Herbeiführung der Unterbrechungswirkung des § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB bedurfte es einer Zustellung des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1989 an den Beklagten nicht. Insoweit genügt jede Prozeßhandlung, die, wie die Einreichung des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1989, zur Fortführung des Prozesses bestimmt und geeignet ist (RGZ 77, 324, 329; 97, 66, 67; BGHZ 73, 8, 10, 11 m. w. Nachw.). Das war bei der in dem genannten Schriftsatz enthaltenen Anspruchsbegründung der Fall, zumal dem Schriftsatz ein Scheck beigefügt war.

3. Demgemäß war die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 609628

NJW-RR 1992, 1021

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