Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zahlung eines Untermietzuschlags bzw Herausgabe des Mehrerlöses bei unbefugter Untervermietung
Leitsatz (amtlich)
Bei unberechtigter Untervermietung hat der Vermieter keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung eines Untermietzuschlages oder Herausgabe des von dem Mieter durch die Untervermietung erzielten Mehrerlöses (im Anschluß an BGH, Urteile vom 20. Mai 1964 – VIII ZR 235/63 – NJW 1964, 1853 und vom 8. Januar 1969 – VIII ZR 184/66 – WM 1969, 298, 300).
Normenkette
BGB §§ 549, 687 Abs. 2, § 812 Abs. 1, § 816 Abs. 1 S. 1, § 987 ff.
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 02.07.1993) |
LG München I (Urteil vom 09.11.1992) |
Tenor
Die Revision der Klägerinnen gegen das Teilgrund- und Teilendurteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. Juli 1993 wird zurückgewiesen.
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und das Urteil des Landgerichts München I vom 9. November 1992 abgeändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerinnen sind Eigentümer eines Geschäftsgrundstücks in N., das die Beklagte 1984 zum Betrieb eines Einkaufszentrums gemietet hatte. Sie verlangen von ihr für die Zeit ab 1. Januar 1987 Zahlung eines Mietzinszuschlages wegen Untervermietung.
§ 7 des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages lautet:
(1) Die Rechte des Mieters aus dieser Vereinbarung können auf einen Rechtsnachfolger oder einen Dritten nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters übertragen werden. Diese ist zu erteilen, wenn der Mieter nachweist, daß dieser bonitätsmäßig dem Mieter gleichzusetzen ist.
(2) Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung an Dritte mit Teilflächen des Mietobjekts von mehr als 500 qm ist nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters möglich, ausgenommen verbundene Unternehmen. Die Einwilligung darf nur aus wichtigem Grunde versagt werden.
(3) Der Vermieter ist berechtigt, seine Einwilligung zur Untervermietung, soweit sie nach Absatz 2 notwendig ist, von der Vereinbarung eines Untermietzuschlages abhängig zu machen. Ein solcher Zuschlag kann nur bei Erzielung eines Mehrerlöses und in diesem Fall nur bis 35 % davon verlangt werden.
Zum 1. Januar 1985 vermietete die Beklagte das Einkaufszentrum an die J. H. GmbH & Co. Vertriebs- und Verwaltungs-KG (künftig V+V KG), deren alleinige Kommanditistin sie mit einer Einlage von 50 Millionen DM war.
Mit Vertrag vom 4. Dezember 1986 vermietete die Beklagte der V+V KG mit Wirkung vom 1. Januar 1987 eine Vielzahl von Liegenschaften, die teils im Eigentum der Beklagten standen, teils gemietet waren und somit untervermietet wurden. Zu letzteren gehörte auch das streitgegenständliche Einkaufszentrum mit einer Gebäudenutzfläche von etwa 50.255 qm. Als monatlicher Mietzins wurde ein – nach der Darstellung der Beklagten nicht nach einzelnen Liegenschaften aufgeschlüsselter – Gesamtbetrag von 5.208.633,33 DM vereinbart.
Mit Wirkung zum 31. Dezember 1986 übertrug die Beklagte ihre Kommanditbeteiligung an der V+V KG auf ein drittes, nicht mit ihr verbundenes Unternehmen.
Mit Schreiben vom 3. Februar 1987 teilten die Klägerinnen der Beklagten mit, sie machten die nunmehr erforderlich gewordene Einwilligung in die weitere Überlassung des Einkaufszentrums an die V+V KG von der Vereinbarung eines Untermietzuschlages abhängig; um dessen Höhe zu ermitteln, möge die Beklagte den Untermietvertrag vorlegen. Im Zuge der sich daran anschließenden Korrespondenz bestritt die Beklagte, einen Mehrerlös zu erzielen; zur Vereinbarung eines Untermietzuschlages kam es nicht. Mit Schreiben vom 26. November 1987 erklärten die Klägerinnen schließlich, sie verweigerten die Einwilligung in die Gebrauchsüberlassung an die Untermieterin endgültig. Gleichzeitig forderten sie die Beklagte gemäß § 550 BGB auf, die Gebrauchsüberlassung zu beenden, und wiesen darauf hin, daß sie widrigenfalls nach § 2 Abs. 2 d des Mietvertrages zur fristlosen Kündigung berechtigt seien. Eine Kündigung wurde jedoch nicht ausgesprochen.
Zum 1. Juli 1989 vereinbarte die Beklagte mit der V+V KG die Übernahme des Mietverhältnisses durch diese gemäß § 7 Abs. 1 des Hauptmietvertrages. Die Klägerinnen verweigerten die erbetene Zustimmung zum Vertragseintritt der V+V KG mit der Begründung, deren Bonität entspreche nicht der der Beklagten.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Überlassung der Mietsache stelle seit dem 1. Januar 1987 eine Untervermietung an ein mit der Beklagten nicht (mehr) verbundenes Unternehmen dar. Da sie dieser Untervermietung nicht zugestimmt hätten, könnten sie bis zu 35 % des Mehrerlöses verlangen. Sie behaupten, die Beklagte erziele aus der Untervermietung einen Mietzins von 20 DM/qm und damit gegenüber dem im Hauptmietvertrag vereinbarten Mietzins einen Mehrerlös von 8 DM/qm – jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer –, mithin bei 50.255 qm (50.255 × 8 × 1,14 =) insgesamt 458.325,60 DM. Davon stünden ihnen 35 % = 160.413,96 DM monatlich zu.
Das Landgericht verurteilte die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage, an die Klägerinnen 1.883.808,75 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer und Zinsen (für die Zeit vom Januar 1987 bis März 1988) und ab April 1988 über den bisherigen Mietzins hinaus monatlich 125.587,25 DM zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer zu zahlen.
Auf die Berufung der Beklagten und die unselbständige Anschlußberufung der Klägerinnen änderte das Oberlandesgericht die angefochtene Entscheidung ab, erklärte den Anspruch der Klägerinnen für die Zeit vom 1. Januar 1987 bis 30. Juni 1989 dem Grunde nach für gerechtfertigt und wies die Klage ab, soweit Zahlungen für die Zeit nach dem 1. Juli 1989 verlangt wurden.
Hiergegen richten sich die Revisionen beider Parteien. Während die Klägerinnen den Erlaß eines Zwischenurteils über den Grund hinnehmen, aber ihr Zahlungsbegehren für die Zeit nach dem 1. Juli 1989 in Höhe von monatlich 125.939,03 DM zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen weiterverfolgen, begehrt die Beklagte nach wie vor Abweisung der Klage insgesamt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerinnen hat keinen Erfolg. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Grundurteils und zur Abweisung der Klage.
I.
Es kann dahinstehen, ob die Untervermietung des Einkaufszentrums an die V+V KG, die ursprünglich nach § 7 Abs. 2 des Mietvertrages nicht zustimmungsbedürftig war, weil es sich bei der V+V KG um ein mit der Beklagten verbundenes Unternehmen handelte, nach der Übertragung des Kommanditanteils der Beklagten zum 31. Dezember 1986 der Einwilligung der Klägerinnen bedurfte.
Das Berufungsgericht führt aus, es komme nicht darauf an, ob die Klägerinnen nach § 7 Abs. 2 des Mietvertrages verpflichtet gewesen seien, eine solche Einwilligung zu erteilen. Jedenfalls hätten sie dies nach § 7 Abs. 3 des Vertrages von der Vereinbarung eines Untermietzuschlages abhängig machen können. Im übrigen sei in der Erhebung der Klage die nachträgliche Zustimmung zur Untervermietung zu sehen. Deshalb hätten die Klägerinnen einen Anspruch auf Abführung von bis zu 35 % des von der Beklagten erzielten Mehrerlöses, dessen Höhe aber ohne sachverständige Beratung derzeit nicht festzustellen sei.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
II.
Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Untermietzuschlages läßt sich weder aus dem Mietvertrag der Parteien noch aus dem Gesetz herleiten.
1. Der Auffassung des Berufungsgerichts, § 7 Abs. 3 des Mietvertrages gewähre einen Anspruch auf bis zu 35 % des durch Untervermietung erzielten Mehrerlöses, vermag der Senat nicht zu folgen.
a) § 7 Abs. 2 und 3 des Vertrages stellen individuelle Vereinbarungen dar, mit denen die gesetzliche Regelung des § 549 Abs. 1 BGB teilweise abbedungen wird. So erweist sich § 7 Abs. 2 gegenüber § 549 Abs. 1 Satz 1 BGB als mieterfreundlicher, weil die Untervermietung an verbundene Unternehmen ebensowenig von der Einwilligung des Vermieters abhängig gemacht wird wie die Untervermietung von Teilflächen bis 500 qm, und weil der Vermieter die Einwilligung im übrigen nur aus wichtigem Grunde versagen darf. Demgegenüber enthält Absatz 3 eine Regelung zugunsten des Vermieters, die dem für Wohnraum geltenden § 549 Abs. 2 Satz 2 BGB nachgebildet ist: Soweit nach § 7 Abs. 2 die Einwilligung des Vermieters erforderlich ist und durch die Untervermietung ein Mehrerlös erzielt wird, darf der Vermieter seine Einwilligung von der Vereinbarung eines Untermietzuschlages von bis zu 35 % des Mehrerlöses abhängig machen (ohne daß der Mieter das Sonderkündigungsrecht nach § 549 Abs. 1 Satz 2 BGB ausüben könnte, wenn die Einwilligung mangels Einigung über einen Untermietzuschlag verweigert wird; vgl. dazu auch Pergande, Wohnraummietrecht § 549 Rdn. 4).
Nicht anders als die Mieterhöhung nach § 549 Abs. 2 Satz 2 BGB setzt aber auch der Untermietzuschlag nach § 7 Abs. 3 des Mietvertrages stets das Einverständnis des Mieters voraus. Dies gilt um so mehr, als nach der vertraglichen Regelung der Parteien auch noch eine Einigung darüber erforderlich ist, welcher Prozentsatz des Mehrerlöses bis zur Höchstgrenze von 35 % abzuführen ist. Stimmt der Mieter der Mieterhöhung oder der Zahlung des Zuschlages nicht zu, so gilt die Erlaubnis des Vermieters als verweigert. Umgekehrt hat der Vermieter keinen Anspruch auf die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung (vgl. zu § 549 BGB: Kraemer in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl. Kap. III Rdn. 1025).
b) Die Klägerinnen haben keinen vertraglichen Anspruch auf einen Untermietzuschlag. Sie haben die Untervermietung nicht nachträglich gestattet und insbesondere keine Vereinbarung über einen Untermietzuschlag mit der Beklagten getroffen.
Der Auffassung des Berufungsgerichts, in dem Klageverlangen sei eine nachträgliche Zustimmung zur Untervermietung zu sehen, kann nicht gefolgt werden.
aa) Entgegen der von den Klägerinnen in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung unterliegt diese Auslegung der Prüfung durch das Revisionsgericht, ohne daß es insoweit einer Verfahrensrüge bedarf.
Eine Verfahrensrüge ist nur erforderlich, wenn zur Überprüfung des Revisionsgerichts ein Verstoß gegen die Normen über das innezuhaltende Verfahren gestellt werden soll (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 559 Rdn. 9), beispielsweise die fehlerhafte Feststellung der für die Auslegung erheblichen Tatsachen und Begleitumstände (vgl. BGH LM § 133 (C) BGB Nr. 66; MünchKomm/Mayer-Maly, ZPO § 133 Rdn. 62; MünchKomm/Walchshöfer, ZPO § 559 Rdn. 17 a.E.).
Die richtige Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowie anderer Auslegungsregeln ist hingegen revisible Rechtsfrage (vgl. Staudinger/Dilcher, BGB 12. Aufl. §§ 133, 157 Rdn. 47 m.N.) und vom Revisionsgericht aufgrund der allgemeinen Sachrüge zu prüfen. Auch die unzutreffende Beurteilung prozessualer Vorgänge stellt einen inhaltlichen Mangel der Entscheidung und nicht etwa einen Verfahrensmangel dar (vgl. Stein/Jonas/Grunsky a.a.O. § 554 Rdn. 10).
bb) Insoweit bedarf es hier keiner Entscheidung, ob die Auslegung von Prozeßerklärungen, Parteivorbringen und Parteihandlungen der freien Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt (so die wohl h.M., vgl. BGH, Urteile vom 23. September 1959 – V ZR 37/58 – NJW 1959, 2119, vom 14. November 1989 – XI ZR 97/88 – NJW-RR 1990, 366, 367 und vom 26. Juni 1991 – VIII ZR 231/90 – NJW 1991, 2360, 2361 a.E.; RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, BGB, 12. Aufl. § 133 Rdn. 70 m.N.; Rosenberg/Gottwald, Zivilprozeßrecht 15. Aufl. § 65 III; Wieczorek/Rössler, ZPO 2. Aufl. § 549 Anm. B III c 3 m.w.N.), oder ob die Auslegung von Prozeßerklärungen zumindest insoweit, als es um deren sachlichrechtlichen Inhalt geht, wie bei sonstigen privatrechtlichen Erklärungen nur daraufhin nachzuprüfen ist, ob der Tatrichter gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln verstoßen hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1968 – VII ZR 152/65 – MDR 1968, 576 m.N.; Stein/Jonas/Grunsky a.a.O. §§ 549, 550 Rdn. 45). Denn auch eine eingeschränkte Nachprüfung führt bereits zu dem Ergebnis, daß in dem Klageverlangen keine Genehmigung der Untervermietung zu sehen ist:
cc) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung verstößt gegen anerkannte Auslegungsregeln, weil sie sich ohne hinreichenden Anlaß über den Wortlaut der anwaltlichen Schriftsätze der Klägerinnen, insbesondere der Klageschrift, hinwegsetzt. In dieser tragen die Klägerinnen ausdrücklich vor, die Genehmigung der Untervermietung mit Schreiben vom 26. November 1987 endgültig verweigert zu haben (s. 13), betonen noch einmal, daß es sich um eine Untervermietung handele, die unstreitig nicht genehmigt worden sei (S. 15) und führen aus, ihnen stehe gleichwohl ein Anspruch auf Untermietzuschlag zu (S. 17). Insoweit berufen sie sich auf die Rechtsansicht von Neumann-Duesberg zur Frage der „Ansprüche des Eigentümers gegen den Mieter wegen unberechtigter Untervermietung” in BB 1965, 729 ff. Ob neben den in diesem Aufsatz bejahten Ansprüchen aus Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) und Ansprüchen auf Schadensersatz auch solche aus § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben sein könnten, lassen sie ausdrücklich dahinstehen.
Insbesondere der letzte Satz dar Klageschrift, demzufolge die Erhebung einer Klage auf Unterlassung (i.e. der weiteren Besitzüberlassung an die V+V KG) vorbehalten bleibe, läßt eine Auslegung der Klageschrift als Genehmigung der Untervermietung nicht zu.
Mit Schriftsatz vom 16. Januar 1990 wiederholen die Klägerinnen – knapp zwei Jahre nach Klageerhebung – ihren Standpunkt, der Untermietzuschlag stehe ihnen auch dann zu, „wenn – wie hier – die Untervermietung eigenmächtig erfolgte ohne Zustimmung”.
Deswegen ist auch der Tatsache, daß die Klägerinnen die Besitzüberlassung am die V+V KG über Jahre hinaus hinnahmen, keine Einwilligung im die Untervermietung für spätere Zeiträume zu entnehmen. Soweit das Berufungsgericht eine Genehmigung in dem „Klageverlangen” im Sinne des gesamten Prozeßverhaltens der Klägerinnen (und nicht schon in der Klageschrift selbst) gesehen haben mag, ergeben sich aus dem späteren Parteivortrag und dem Prozeßgeschehen keine Anhaltspunkte, denen sich ein Sinneswandel der Klägerinnen gegenüber der ursprünglichen Verweigerung der Zustimmung entnehmen ließe.
dd) Auch in der Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils ist entgegen der in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung der Klägerinnen keine Zustimmung zur Untervermietung zu sehen. Richtig ist zwar, daß das Landgericht einen Anspruch auf 35 % des durch Untervermietung erzielten Mehrerlöses „aufgrund Vertrages, wenigstens aber unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes” bejaht hat (Urteil S. 15). Die vertragliche Grundlage eines solchen Anspruchs hatte das Landgericht aber unmittelbar aus dem Mietvertrag und nicht etwa aus einer nach § 7 Abs. 3 des Mietvertrages getroffenen Vereinbarung eines Untermietzuschlages hergeleitet. Dies ergibt sich auch aus der zuvor (Urteil S. 14) getroffenen Feststellung, die ab 1. Januar 1987 erforderliche Zustimmung der Vermieterin liege nicht vor und die Beklagte habe auch keinen Anspruch auf ihre Erteilung (Urteil S. 15).
2. Auch im Gesetz findet der mit der Klage geltend gemachte Anspruch keine Stütze.
Überläßt der Mieter – wie hier – die Mietsache trotz verweigerter Zustimmung weiterhin einem Untermieter, kann der Vermieter – nach Abmahnung – auf Unterlassung klagen (§ 550 BGB) oder das Mietverhältnis fristlos kündigen (§ 553 BGB; hier auch § 2 Abs. 2 d des Mietvertrages).
Die Klägerinnen haben von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Wenn sie statt dessen einen Anteil an dem durch unberechtigte Untervermietung erzielten Mehrerlös beanspruchen, fehlt es dafür an einem Rechtsgrund.
a) Die Frage, ob der Vermieter den Mieter wegen unerlaubter Untervermietung auf Herausgabe der Untermietzinsen oder eines Teils davon in Anspruch nehmen kann, ist umstritten.
b) Die Rechtsprechung hat einen solchen Anspruch stets abgelehnt (BGH, Urteile vom 20. Mai 1964 – VIII ZR 235/63 – NJW 1964, 1853 und vom 8. Januar 1969 – VIII ZR 184/66 – WM 1969, 298, 300; LG Hildesheim WuM 1990, 341 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 596 f; OLG Celle ZMR 1995, 159, 160; vgl. auch BGHZ 59, 51, 57 f und OLG Oldenburg ZMR 1994, 507 für den Fall unberechtigter Überlassung der Wohnrechtsausübung an Dritte).
c) Auch im Schrifttum wurde diese Ansicht schon früh vertreten (vgl. Mittelstein, Miete 4. Aufl. [1932] S. 380, 628 unter Berufung auf OLG Hamburg vom 18. Juni 1908 – Bf. III 72/08 –). Erst die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20. Mai 1964 (aaO) löste eine kontroverse Diskussion aus. Die gleiche Auffassung wie der Bundesgerichtshof vertreten Roquette, Mietrecht § 549 Rdn. 41; Larenz, Schuldrecht II, 13. Aufl. § 48 III [S. 231]; Söllner JuS 1967, 449 ff; Mutter MDR 1993, 303 ff; RGRK-BGB/Gelhaar 12. Aufl. § 549 Rdn. 17; Emmerich in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl. § 549 Rdn. 21; Palandt/Putzo, BGB, 54. Aufl. § 549 Rdn. 11; AK/Derleder, BGB, § 549 Rdn. 3; Sternel, Mietrecht 3. Aufl. Rdn. II, 265; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung § 8 I 3 a a.E. [S. 311]; einschränkend – Mietzinserhöhung unter den Voraussetzungen des § 549 Abs. 2 Satz 2 BGB – Pergande a.a.O. § 549 Rdn. 7; ähnlich Soergel/Kummer, BGB, 11. Aufl. § 549 Rdn. 22 (Schadensersatz, wenn Vermieter die Gestattung von einer Mieterhöhung abhängig gemacht hätte und Mieter darauf eingegangen wäre).
d) Ein anderer Teil des Schrifttums empfindet diese Lösung als unbefriedigend und ist sich in deren Ablehnung einig, nicht aber darin, welche Anspruchsgrundlage alternativ in Betracht kommen soll.
aa) Für eine bereicherungsrechtliche Lösung in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB plädieren Diederichsen (NJW 1964, 2296 f – Anmerkung zu BGH NJW 1964, 1853 –); Staudinger/Emmerich (BGB, 12. Aufl. § 549 Rdn. 61); MünchKomm/Voelskow (BGB, 2. Aufl. § 549 Rdn. 17); Wolf/Eckert (Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 7. Aufl. Rdn. 1314 f); zweifelnd Berg (JuS 1971, 310, 313).
bb) Einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich aus Eingriffs- oder „Nichtleistungskondiktion” befürworten MünchKomm/Lieb BGB, 2. Aufl. § 812 Rdn. 221; Erman/H.P. Westermann, BGB, 9. Aufl. § 812 Rdn. 71; Neumann-Duesberg a.a.O. 729 ff; Kollhosser BB 1973, 820 ff.
cc) Reeb (JuS 1973, 92, 94 Fn. 34) hält ebenfalls Bereicherungsansprüche in entsprechender Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB oder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB für denkbar.
dd) Einen Ausgleich über § 687 Abs. 2 BGB befürworten Herschel (JuS 1968, 562) und Kraemer (in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl. Kap. III Rdn. 1035).
e) Der Senat vermag sich keiner der Ansichten, die einen gesetzlichen Anspruch bejahen, anzuschließen.
aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitert bereits daran, daß die Untervermietung einer Sache keine Verfügung (im Sinne einer Übertragung, Belastung, Änderung oder Aufhebung) über das Eigentum des Vermieters darstellt (so schon RGZ 105, 408, 409; 106, 109, 111 f; vgl. auch Mutter a.a.O. S. 303 f; Söllner a.a.O. S. 451; Reuter/Martinek a.a.O. S. 309). Zu einer erweiterten, den Abschluß von Nutzungsverträgen einschließenden Auslegung des Verfügungsbegriffs (wie etwa bei der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VermögenszuordnungsG, vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 1995 – XII ZR 235/93 – ZIP 1995, 1220, 1222 mit zust. Anm. Preu EWiR § 8 VZOG 1/95, 931) besteht kein Anlaß.
Auch eine entsprechende Anwendung des § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB scheidet aus, weil der Untermietzins keinen Gegenwert darstellt, den der Mieter anstelle des Eigentümers erzielt. Dieser hätte die bereits an den Mieter vermietete Sache nicht mehr selbst an einen Dritten untervermieten können (vgl. Neumann-Duesberg a.a.O. S. 730; Reuter/Martinek a.a.O. S. 310). Hinzu kommt, daß der Untermieter dem Vermieter gegenüber kein Recht zum Besitz erlangt, die Untervermietung also nicht wirksam in dessen Rechtsposition eingreift (vgl. Mutter a.a.O. S. 305, im Ergebnis ebenso Söllner a.a.O. S. 452).
bb) Auch dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, läßt sich ein Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe des Untermietzinses ebenfalls nicht herleiten, weil der Mieter den Untermietzins nicht auf Kosten des Vermieters erlangt (vgl. Reuter/Martinek a.a.O. S. 311). Die Untervermietung ist auch dann, wenn sie unberechtigt erfolgt, ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft. Dem Vermieter entgehen dadurch keine Verwertungs- oder Gebrauchsmöglichkeiten, deren er sich nicht schon durch den Abschluß des Hauptmietvertrages entäußert hätte; er selbst könnte die Mietsache einem Dritten gar nicht mehr überlassen (vgl. Mutter a.a.O. S. 304; Söllner a.a.O. S. 453).
cc) Ein Anspruch aus angemaßter Geschäftsführung, §§ 687 Abs. 2 Satz 1, 681 Abs. 2, 667 BGB, scheitert daran, daß der Mieter mit der Untervermietung kein objektiv fremdes Geschäft vornimmt (vgl. Staudinger/Lorenz, BGB (1994) § 816 Rdn. 7; Reuter/Martinek a.a.O. S. 309). Der Mieter, der vertragswidrig untervermietet, übt nur den ihm überlassenen Gebrauch in einer ihm nicht zustehenden Weise aus (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1964 aaO; Söllner a.a.O. S. 451 m.w.N.). Da ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB somit schon dem Grunde nach ausscheidet, ist auch die Auffassung abzulehnen, zumindest der durch die Untervermietung erlangte Mehrerlös sei herauszugeben (vgl. Kraemer in: Bub/Treier a.a.O. III, 1035 a.E.).
dd) Schließlich kann der Vermieter vom Mieter auch nicht nach §§ 987, 990, 99 Abs. 3 BGB die von diesem durch Untervermietung gezogenen Nutzungen verlangen, weil es bereits an der für §§ 987 ff BGB erforderlichen Vindikationslage zwischen Vermieter und Mieter fehlt (vgl. BGHZ 59, 51, 58 m.N.).
f) Der Senat sieht auch sonst keinen Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes abzuweichen, zumal sie den Vermieter nicht unbillig benachteiligt. Gegen den unbefugten Gebrauch der Mietsache durch einen Dritten kann der Vermieter sich – wie dargelegt – durch fristlose Kündigung oder Unterlassungsklage wehren, §§ 550, 553 BGB. Soweit ihm aus der unbefugten Untervermietung ein Schaden – beispielsweise durch erhöhte Abnutzung – entstehen sollte, ist ihm der Mieter ohnehin ersatzpflichtig. Durch die Untervermietung als solche entsteht dem Vermieter jedoch kein Schaden, so daß auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung ausscheiden. Unter diesen Umständen sprechen auch Gründe der Billigkeit nicht dafür, ihm darüber hinaus die Wahlmöglichkeit zu eröffnen, die unbefugte Untervermietung hinzunehmen und anstelle der im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Sanktionen Zugriff auf den vom Mieter erzielten Untermietzins zu nehmen (vgl. auch Reuter/Martinek a.a.O. S. 311).
III.
Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob die Klägerinnen für die Zeit nach dem 1. Juli 1989 auch deshalb keinen Untermietzuschlag fordern können, weil sie die Zustimmung der Vertragsübernahme durch die V+V KG nicht wegen geringerer Bonität hätten verweigern dürfen.
Unterschriften
Blumenröhr, Zysk, Hahne, Sprick, Weber-Monecke
Fundstellen
Haufe-Index 538097 |
BGHZ |
BGHZ, 297 |
BB 1996, 452 |
NJW 1996, 838 |
JR 1997, 21 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1996, 232 |