Leitsatz (amtlich)
1. Der die Abtretung eines Grundschuldrückgewähranspruchs betreffende formularmäßige Zustimmungsvorbehalt der Bank ist auch dann wirksam, wenn die Grundschuldsicherheit von dem Grundstückseigentümer gegeben wurde (Fortführung von Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241).
2. Ein solcher Zustimmungsvorbehalt benachteiligt den Sicherungsgeber entgegen den Geboten von Treu und Glauben auch dann nicht unangemessen, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Anspruch auf Zustimmung vorsehen.
3. Der Sicherungsgeber hat jedenfalls dann einen Anspruch auf Zustimmung, wenn ein schützenswertes Interesse der Bank an deren Verweigerung nicht besteht oder seine berechtigten Belange an der Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegen.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, § 1191; AGBG § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. November 2020 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Der zwischenzeitlich verstorbene S. K. (nachfolgend Sicherungsgeber) bestellte der Rechtsvorgängerin der beklagten Bank (nachfolgend einheitlich: Beklagte) 1997 eine Buchgrundschuld i.H.v. 300.000 DM an seinem Grundstück als Sicherheit für ein ihm gewährtes Darlehen. Die Grundschuld wurde in das Grundbuch unter der laufenden Nr. 4 eingetragen. In der notariellen Bestellungsurkunde heißt es, dass die Abtretung der Rückgewähransprüche einschließlich der Ansprüche auf Zahlung eines Übererlöses der Zustimmung der Beklagten bedürfe. Im Jahr 2001 bestellte der Sicherungsgeber zu Gunsten des Klägers zur Sicherung eines Darlehens eine Grundschuld über 600.000 DM, welche in das Grundbuch unter der laufenden Nr. 6 eingetragen wurde. In der Bestellungsurkunde trat der Sicherungsgeber dem Kläger seine Ansprüche auf die Rückübertragung vorrangiger Grundschulden ab. Das durch die Grundschuld gesicherte Darlehen der Beklagten wurde 2005 abgelöst. Eine Löschung oder Rückgewähr der Grundschuld erfolgte nicht. 2014 trat der Sicherungsgeber seinen Rückgewähranspruch nochmals an den Kläger ab. 2017 pfändete die Ehefrau des zu diesem Zeitpunkt verstorbenen Sicherungsgebers den auf dessen unbekannte Erben übergegangenen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld. Die Beklagte erkannte diesen Anspruch in einer Drittschuldnererklärung an. 2018 betrieb eine gegenüber beiden Grundschulden vorrangige Gläubigerin die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Die Verteilung des Erlöses führte zur vollständigen Befriedigung der betreibenden Gläubigerin. Zu Gunsten der Beklagten wurde ein Betrag von 224.073,66 € beim Amtsgericht hinterlegt.
Rz. 2
Der Kläger nimmt die Beklagte in der Hauptsache auf Freigabe des hinterlegten Betrages zu seinen Gunsten in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Freigabeantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Rz. 3
Das Berufungsgericht meint, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 812 BGB auf Freigabe des hinterlegten Betrages zu. Der Sicherungsgeber habe seinen Rückgewähranspruch gegen die Beklagte nicht wirksam an den Kläger abgetreten. Zwar enthielten die notariellen Urkunden aus den Jahren 2001 und 2014 jeweils eine Einigung über die Abtretung. Die Abtretungen hätten aber aufgrund des Zustimmungsvorbehalts in der Bestellungsurkunde aus dem Jahr 1997 der Zustimmung der Beklagten bedurft, welche diese nicht erteilt habe. Ein solcher Vorbehalt könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls dann vereinbart werden, wenn der Sicherungsgeber nicht Eigentümer des belasteten Grundstücks sei. Es liege ebenso, wenn Sicherungsgeber - wie hier - der Grundstückseigentümer sei. Habe der Grundstückseigentümer ein berechtigtes Interesse an der Zustimmung zur Abtretung, dürfe die Bank diese nicht unbillig verweigern; einen Anspruch auf Zustimmung müsse die Klausel über das Zustimmungserfordernis aber nicht ausdrücklich vorsehen. Dass die Geschäftsbeziehung zwischen dem Sicherungsgeber und der Beklagten zwischenzeitlich beendet sei, ändere nichts am Inhalt der vertraglichen Abreden und der Wirksamkeit der Klausel. Zwar hätte der Sicherungsgeber bei der zweiten Abtretung die Zustimmung der Beklagten verlangen können, weil die Geschäftsbeziehung zu diesem Zeitpunkt beendet gewesen sei. Zur Zustimmung sei die Beklagte aber nie aufgefordert worden. Dass die Beklagte nach wie vor zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet wäre, sei unerheblich. Denn diese entfaltete Wirkung nur ex nunc, könnte also, wenn sie nunmehr erteilt würde, die Wirksamkeit der zwischenzeitlich erfolgten Pfändung des Rückgewähranspruchs nicht mehr hindern.
II.
Rz. 4
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Dem Kläger steht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Freigabe des beim Amtsgericht hinterlegten Betrages gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht zu, weil der Sicherungsgeber den Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld aufgrund des in der Grundschuldbestellungsurkunde enthaltenen Zustimmungsvorbehalts ohne Zustimmung der Beklagten nicht wirksam an den Kläger abtreten konnte (§ 399 Alt. 2 BGB).
Rz. 5
1. Das Berufungsgericht stellt fest, dass es sich bei dem Zustimmungsvorbehalt um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten handelt und nimmt an, dass diese in die zwischen ihr und dem Sicherungsgeber getroffene Sicherungsabrede einbezogen wurden. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet. Außer Streit steht ferner, dass die Beklagte der Abtretung des Rückgewähranspruchs an den Kläger nicht zugestimmt hat.
Rz. 6
2. Der formularmäßige Zustimmungsvorbehalt ist wirksam. Ohne Erfolg rügt die Revision, die Klausel halte einer Inhaltskontrolle nicht stand.
Rz. 7
a) Auf das vor dem 1. Januar 2002 zwischen dem Sicherungsgeber und der Beklagten begründete Schuldverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB), so dass eine Inhaltskontrolle nach Maßgabe von § 9 Abs. 1 AGBG aF erfolgt. Die Voraussetzungen der zu einer Anwendbarkeit von § 307 Abs. 1 BGB führenden Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB liegen nicht vor, weil es sich weder bei der Grundschuld als dinglichem Recht noch bei dem schuldrechtlichen Bestellungsvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 2016 - V ZR 208/15, NJW-RR 2017, 140 Rn. 7; Urteil vom 27. Juni 2014 - V ZR 51/13, NJW-RR 2014, 1423 Rn. 13 für den insoweit vergleichbaren Fall einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit).
Rz. 8
b) Eine Vereinbarung, welche die Abtretbarkeit einer Forderung von der Zustimmung des Schuldners abhängig macht, ist ebenso wie ein Ausschluss der Abtretbarkeit nach § 399 Alt. 2 BGB zu beurteilen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 242; BGH, Urteil vom 14. Oktober 1963 - VII ZR 33/62, BGHZ 40, 156, 161). Eine solche Vereinbarung fügt der Forderung nicht ein ihrem Wesen fremdes Veräußerungsverbot hinzu, sondern lässt die Forderung von vornherein als ein unveräußerliches Recht entstehen mit der Folge, dass die Forderung nur mit Zustimmung des Gläubigers abgetreten werden kann. Eine ohne Zustimmung erfolgte Abtretung ist nicht nur dem Schuldner, sondern jedem Dritten gegenüber unwirksam (Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 243 mwN).
Rz. 9
c) aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Vereinbarung, wonach die Abtretung einer Forderung von der Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht wird, grundsätzlich auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 243; BGH, Urteil vom 3. Dezember 1987 - VII ZR 374/86, BGHZ 102, 293, 300; Urteil vom 18. Juni 1980 - VIII ZR 119/79, BGHZ 77, 274, 275). Eine Abtretungsbeschränkung führt nicht notwendig zu einer unangemessenen Benachteiligung des Gläubigers, andererseits schützt sie die berechtigten Interessen des Schuldners an der Klarheit und Übersichtlichkeit der Vertragsabwicklung. Grundsätzlich darf der Schuldner deshalb mit einem Verbot oder zumindest einer Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit die Vertragsabwicklung übersichtlicher gestalten und verhindern, dass ihm hierbei eine im Voraus nicht übersehbare Vielzahl von Gläubigern entgegentritt (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11, NJW 2012, 2107 Rn. 9). Wiederholt ist daher sogar ein Ausschluss der Abtretung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen anerkannt worden (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11, aaO mwN).
Rz. 10
bb) Indessen ist eine solche Klausel gleichwohl nach § 9 Abs. 1 AGBG aF unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an einem Zustimmungsvorbehalt nicht besteht oder die berechtigten Belange des Kunden an der Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 243; BGH, Urteil vom 9. November 1981 - II ZR 197/80, BGHZ 82, 162, 171; jeweils zum Abtretungsausschluss: BGH, Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11, NJW 2012, 2107 Rn. 9; Urteil vom 15. Juni 1989 - VII ZR 205/88, BGHZ 108, 52, 55; vgl. nunmehr auch § 308 Nr. 9 b) BGB für ab dem 1. Oktober 2021 geschlossene Neuverträge und dazu BT-Drucks. 19/26915 S. 30).
Rz. 11
d) Gemessen an diesen Grundsätzen benachteiligt der für die Abtretung des Grundschuldrückgewähranspruchs von der Bank formularmäßig ausbedungene Zustimmungsvorbehalt den mit dem Grundstückseigentümer personenidentischen Sicherungsgeber nicht unangemessen.
Rz. 12
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass der für die Abtretung des Rückgewähranspruchs von der Bank ausbedungene Zustimmungsvorbehalt den Sicherungsgeber jedenfalls dann nicht unangemessen benachteiligt, wenn die Grundschuld nicht von dem Grundstückseigentümer, sondern von einem Dritten als Sicherheit gegeben wird. Sein Interesse beschränkt sich im Wesentlichen auf die Ausschöpfung des Grundpfandrechts als Kreditunterlage. Denn ihm ist es, anders als dem Grundstückseigentümer, in der Regel nicht möglich, den Rückgewähranspruch als zusätzliche Sicherheit nachrangiger Grundpfandgläubiger zur Verstärkung der bestehenden Sicherheit oder zur Erhöhung des Sicherungsumfangs im Interesse der Ausweitung des von diesen eingeräumten Kreditrahmens zu nutzen (Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 244). Diese Rechtsprechung ist auf Zustimmung gestoßen (vgl. Erman/Wenzel, BGB, 16. Aufl., § 1191 Rn. 89; MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl., § 1191 Rn. 150; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 600; Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 759; Reithmann, WM 1990, 1985, 1987; Samhat, WM 2019, 805, 810; Serick, EWiR 1990, 341). Offengelassen hat der Senat, ob die Klausel auch dann wirksam ist, wenn der Sicherungsgeber zugleich Grundstückseigentümer ist.
Rz. 13
bb) Der Senat entscheidet die Frage nunmehr dahin, dass ein Zustimmungsvorbehalt für die Abtretung des Rückgewähranspruchs auch dann wirksam ist, wenn Sicherungsgeber und Grundstückseigentümer personenidentisch sind. Die im Rahmen der Inhaltskontrolle vorzunehmende Abwägung ergibt auch in dieser Konstellation, dass die berechtigten Belange des Sicherungsgebers an der Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs die entgegenstehenden Interessen der Bank nicht überwiegen.
Rz. 14
(1) Der Zustimmungsvorbehalt schützt das Interesse der Bank, die Verwaltung der Sicherheiten zu vereinfachen und der bei freier Abtretbarkeit aus etwaigen Mehrfach- und Teilabtretungen folgenden Unübersichtlichkeit der Verhältnisse zu begegnen. Dieses Interesse an klarer und übersichtlicher Vertragsabwicklung hat der Bundesgerichtshof bislang bei Kaufhäusern als Verwendern anerkannt, die vielfältige Geschäftsbeziehungen und zahlreiche Filialen unterhalten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 1980 - VIII ZR 119/79, BGHZ 77, 274, 275), sowie bei Werkunternehmern gegenüber ihren Nachunternehmern (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1999 - VII ZR 22/99, NJW-RR 2000, 1220, 1221) und bei einer im Filialsystem organisierte Hypothekenbank mit Großgruppengeschäften und komplexen Kreditabwicklungen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 245). Insbesondere ein Kreditinstitut als Sicherungsnehmer hat ein legitimes Interesse daran, durch eine Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit die Verwaltung der Grundpfandrechte übersichtlich zu halten und damit zu verhindern, dass ihm eine im Voraus nicht übersehbare Vielzahl von Gläubigern entgegentritt (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 245; BGH, Urteil vom 11. März 1997 - X ZR 146/94, NJW 1997, 3434, 3435). Eine freie Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs birgt zudem die Gefahr einer mehrfachen Inanspruchnahme, wenn der Schutz der §§ 407, 408 BGB wegen interner Kenntniszurechnung nicht greift (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 245; BGH, Urteil vom 10. März 2010 - IV ZR 207/08, NJW-RR 2010, 904 Rn. 13; siehe auch OLG Köln, BeckRS 1996, 11124 Rn. 29). Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch Grundpfandrechte gesicherte Darlehen oft auf eine lange Laufzeit angelegt sind und sich die Frage nach dem Rückgewährberechtigten regelmäßig erst am Ende der Laufzeit stellt (vgl. Erman/Wenzel, BGB, 16. Aufl., § 1191 Rn. 89).
Rz. 15
(2) Die Klausel führt im Vergleich zur gesetzlichen Regelung allerdings zu einer Benachteiligung des Sicherungsgebers. Ist er zugleich der Grundstückseigentümer, beschränkt sich sein Interesse nicht, wie im Fall der Gewährung einer Sicherheit durch einen Dritten, auf die Ausschöpfung des Grundpfandrechts als Kreditunterlage (vgl. zur Interessenlage eines Dritten als Sicherungsgeber oben Rn. 12). Er kann den Rückgewähranspruch weitergehend als zusätzliche Sicherheit an nachrangige Grundpfandgläubiger abtreten, sei es zur Verstärkung der bestehenden Sicherheit, sei es zur Erhöhung des Sicherungsumfangs im Interesse der Ausweitung des von diesen eingeräumten Kreditrahmens (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1988 - IX ZR 79/87, BGHZ 104, 26, 29; Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 759; Lettl, WM 2002, 788, 797). Der abgetretene Rückgewähranspruch vereinfacht und beschleunigt zudem die Übertragung der Grundschuld (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 200/88, BGHZ 110, 241, 246).
Rz. 16
(3) Das aus diesen Vorteilen folgende berechtigte Interesse des mit dem Grundstückseigentümer personenidentischen Sicherungsgebers an einer uneingeschränkten Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegt das Interesse der Bank an einem Zustimmungsvorbehalt nicht. Angesichts der Werte, die Grundpfandrechte regelmäßig verkörpern, ist vor allem ihr Interesse, weitergehend als durch den Schuldnerschutz der §§ 406 bis 410 BGB vor mehrfacher Inanspruchnahme geschützt zu sein, von hohem Gewicht und rechtfertigt es, auch dem Sicherungsgeber, der Grundstückseigentümer ist, Beschränkungen bei der wirtschaftlichen Nutzung seines Rückgewähranspruchs aufzuerlegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die aus dem Sicherungsvertrag zur Rücksichtnahme verpflichtete Bank ihre Zustimmung zur Abtretung des Rückgewähranspruchs nicht unbillig verweigern darf (hierzu nachfolgend Rn. 19) und dass der mit der Einholung der Zustimmung verbundene Aufwand gering ist. Der die Abtretung eines Grundschuldrückgewähranspruchs betreffende formularmäßige Zustimmungsvorbehalt der Bank ist deshalb auch dann wirksam, wenn die Grundschuldsicherheit von dem Grundstückseigentümer gegeben wurde (so auch Erman/Wenzel, BGB, 16. Aufl., § 1191 Rn. 89; MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl., § 1191 Rn. 150; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2019], Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rn. 180; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 600; Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 759; Reithmann, WM 1990, 1985, 1987; Samhat, WM 2019, 805, 810; Serick, EWiR 1990, 341).
Rz. 17
e) Entgegen der Ansicht der Revision bedarf es keiner ausdrücklichen Einräumung eines Anspruchs des Sicherungsgebers auf Zustimmung des Sicherungsnehmers für den Fall eines berechtigten Interesses des Sicherungsgebers in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, damit der formularmäßige Zustimmungsvorbehalt der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 9 Abs. 1 AGBG aF standhält.
Rz. 18
aa) Teilweise wird allerdings angenommen, dass die formularmäßige Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts nur wirksam ist, wenn dem Sicherungsgeber für den Fall eines berechtigten Interesses ausdrücklich ein Anspruch auf Zustimmung des Sicherungsnehmers eingeräumt wird, insbesondere für den Fall der Veräußerung des Grundstücks, weil ein Erwerber, der keinen Rückgewähranspruch hat, dem Risiko ausgesetzt ist, die Löschung einer übernommenen Grundschuld nicht erreichen zu können, obwohl er die gesicherten Ansprüche befriedigt hat. Die Verweisung auf einen ohnehin bestehenden Anspruch nach Treu und Glauben genüge nicht, da Kreditinstitute derartige Ansprüche in Einschränkung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ohne weiteres anerkennen (vgl. Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2019], Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rn. 180; Lettl, WM 2002, 788, 797).
Rz. 19
bb) Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Ein die Abtretung des Grundschuldrückgewähranspruchs betreffender formularmäßiger Zustimmungsvorbehalt benachteiligt den Sicherungsgeber entgegen den Geboten von Treu und Glauben auch dann nicht unangemessen, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Anspruch auf Zustimmung vorsehen. Der Sicherungsgeber ist dadurch hinreichend geschützt, dass die Bank ihre Zustimmung nicht unbillig verweigern darf; diese auf Treu und Glauben beruhende Einschränkung, die der Bundesgerichtshof für andere Geschäftsbereiche anerkannt hat (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1999 - VII ZR 22/99, NJW-RR 2000, 1220, 1221; Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93, NJW 1995, 665, 666), gilt für einen auf Grundschuldrückgewähransprüche bezogenen Zustimmungsvorbehalt gleichermaßen (so auch Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 759). Daher hat der Sicherungsgeber jedenfalls dann einen Anspruch auf Zustimmung, wenn ein schützenswertes Interesse der Bank an der Verweigerung der Zustimmung nicht besteht oder seine berechtigten Belange an der Abtretbarkeit des Rückgewähranspruchs überwiegen. Zudem ist der Sicherungsnehmer aus dem Sicherungsvertrag verpflichtet, auf die Interessen des Sicherungsgebers Rücksicht zu nehmen. In ergänzender Auslegung des Sicherungsvertrages ergibt sich daher ebenfalls ein Zustimmungsanspruch, sofern nicht eigene berechtigte Interessen des Sicherungsnehmers entgegenstehen (vgl. MüKoBGB/Lieder, 8. Aufl., § 1191 Rn. 150; Gladenbeck/Samhat, Kreditsicherung durch Grundschulden, 10. Aufl., Rn. 759). Ob darüber hinaus eine generelle Zustimmungspflicht des Sicherungsnehmers besteht (so etwa BeckOGK/R. Rebhan, BGB [1.2.2022], § 1191 Rn. 127; Clemente, Recht der Sicherungsgrundschuld, 4. Aufl., Rn. 602), erscheint zweifelhaft, bedarf aber für die Beurteilung der Wirksamkeit des formularmäßigen Zustimmungsvorbehalts keiner Entscheidung.
Rz. 20
f) Der Einwand der Beklagten, ihre Zustimmung zur Abtretung fehle, ist schließlich nicht rechtsmissbräuchlich. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu keinem Zeitpunkt zur Erteilung der Zustimmung aufgefordert worden, so dass ihr keine unbillige Verweigerung vorgeworfen werden kann. Soweit sich die Beklagte in diesem Rechtsstreit auf die fehlende Zustimmung beruft, handelt sie ebenfalls nicht rechtsmissbräuchlich, da der Rückgewähranspruch zwischenzeitlich gepfändet worden ist. Einer nunmehr erfolgenden Zustimmung käme keine Rückwirkung zu (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - VII ZR 211/88, BGHZ 108, 172, 176 f.). Daher entfaltete eine Zustimmungserklärung angesichts der zeitlich vorrangigen Pfändung keine Rechtswirkung zugunsten des Klägers, so dass dessen Interesse an der Erteilung einer Zustimmung mangels eigenen Rechtsnachteils nicht überwiegt.
III.
Rz. 21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann |
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Brückner |
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Göbel |
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Malik |
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Laube |
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Berichtigungsbeschluss vom 27. April 2022
Tenor:
Das Urteil des Senats vom 14. Januar 2022 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass es in Randnummer 8 statt
„nur mit Zustimmung des Gläubigers abgetreten werden kann“
richtig heißen muss:
„nur mit Zustimmung des Schuldners abgetreten werden kann“.
Stresemann |
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Brückner |
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Göbel |
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Hamdorf |
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Malik |
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Fundstellen
BGHZ 2022, 265 |
EWiR 2022, 385 |
WM 2022, 976 |
WuB 2022, 291 |
ZIP 2022, 1044 |
ZIP 2022, 5 |
ZfIR 2022, 457 |
JZ 2022, 362 |
JZ 2022, 364 |
MDR 2022, 777 |
ZInsO 2022, 1298 |
ZNotP 2022, 238 |
BBB 2022, 53 |