Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 24. September 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der klagende Rechtsanwalt beriet die Beklagte bei der Privatisierung ihrer etwa 1.300 Werkswohnungen. Die Beklagte firmierte zunächst als O. AG, seit Mitte 1993 – nach Abspaltung eines Betriebsteils – als W. AG. Sie befindet sich seit Januar 1994 in Liquidation. Im Rahmen des von dem Kläger entwickelten sogenannten O.-Modells wurden etwa 500 Wohnungen im Wege der Einzelprivatisierung unter Mitwirkung des Klägers an bisherige Werksangehörige/Mieter veräußert. Im Frühjahr 1993 beschloß der Vorstand der Beklagten, die Einzelprivatisierung einzustellen und den restlichen Wohnungsbestand insgesamt an einen Erwerber zu veräußern. Die T.-L.-G. mbH (fortan: TLG) war grundsätzlich bereit, die Werkswohnungen zu übernehmen, unterbreitete aber kein konkretes Angebot. Der Kläger bemühte sich um einen anderen Investor. Er fand ihn in der B. GmbH (im folgenden: B.-Bau). Am 4. August 1993 kam es zu einem Treffen des Klägers mit dem Zeugen R., dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten, und dem Zeugen K., dem Leiter ihrer Abteilung Wohnungswirtschaft. In der Folgezeit führte der Kläger unter Einbeziehung des Zeugen K. und des Betriebsrats der Beklagten Verhandlungen mit der B.-Bau über einen Gesamtverkauf der Wohnungen. Darüber informierte der Kläger Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten. Mit Schreiben vom 31. Mai 1994 teilte der unterdessen zum Liquidator der Beklagten bestellte Zeuge R. dem Kläger mit:
„…
Da ich inzwischen mit der B.-Bau selbst Kontakt aufgenommen und ihr einen Vertragsentwurf übersandt habe, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Bemühungen in dieser Richtung einstellen würden, da es zweckmäßiger ist, wenn nur ein Verhandlungspartner existiert.
…”
Der Kläger hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Anwaltshonorar und Ersatz von Reisekosten in Höhe von insgesamt 113.906,53 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 90.410,89 DM nebst Zinsen aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers, die den nicht zuerkannten Teil seiner Klageforderung sowie höhere Zinsen zum Gegenstand hatte, insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Berufungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht hat nicht als bewiesen angesehen, daß dem Kläger von der Beklagten der Auftrag erteilt worden sei, sich um den Gesamtverkauf der restlichen Wohnungen zu bemühen. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag hat es mit der Begründung verneint, wer – wie der Kläger – davon ausgehe, zu einem bestimmten Geschäft beauftragt zu sein, führe aus seiner Sicht im Verhältnis zum Auftraggeber nicht ein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft. § 687 Abs. 1 BGB nehme solche Fälle der vermeintlichen Eigengeschäftsführung ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag aus.
II.
Die Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Die Verfahrensrügen der Revision, mit denen sie die Annahme des Berufungsgerichts angreift, der Kläger habe von der Beklagten keinen Auftrag erhalten, zeigen einen Rechtsfehler nicht auf (§ 565 a ZPO).
2. Mit nicht haltbarer Begründung hat das Berufungsgericht jedoch Ansprüche des Klägers aus Geschäftsführung ohne Auftrag abgelehnt.
Die Auffassung, wer davon ausgehe, zu einem bestimmten Geschäft beauftragt zu sein, führe aus seiner Sicht im Verhältnis zu seinem vermeintlichen Auftraggeber kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft, widerspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach kann nicht nur bei der Nichtigkeit eines Vertrages auf die Grundsätze der §§ 677 ff BGB zurückgegriffen werden (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 30. September 1993 – VII ZR 178/91, WM 1994, 74, 75; v. 10. Oktober 1996 – III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 48; v. 23. September 1999 – III ZR 322/98, WM 1999, 2411, 2412; aber auch zu § 50 BörsG BGH, Urt. v. 6. Dezember 1994 – XI ZR 19/94, NJW 1995, 727). Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Aber auch in anderen Fällen, in denen der Geschäftsführer sich gegenüber dem Geschäftsherrn zur Geschäftsführung für verpflichtet hält, es aber in Wahrheit nicht ist, können die §§ 677 ff BGB Anwendung finden (BGH, Urt. v. 21. Oktober 1999 – III ZR 319/98, NJW 2000, 422, 424). Ein Rechtsanwalt als Geschäftsführer kann nach § 683 Satz 1, § 670 BGB grundsätzlich die übliche Vergütung verlangen (vgl. BGHZ 65, 384, 389 f; 140, 355, 361; BGH, Urt. v. 30. September 1993 aaO).
Voraussetzung für einen Anspruch des Klägers ist freilich, daß er mit dem Willen gehandelt hat, ein Geschäft der Beklagten und nicht der B.-Bau zu führen, und daß die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Urt. v. 28. Oktober 1992 – VIII ZR 210/91, WM 1993, 217, 218; Palandt/Sprau, BGB 59. Aufl. § 683 Rdn. 7) der Beklagten entsprach. Dies erscheint nach dem Vorbringen des Klägers, den eingereichten Unterlagen und den Aussagen der Zeugen R. und K. bei ihrer Vernehmung durch das Landgericht möglich, wenn nicht naheliegend.
III.
Die Zurückweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, neben den allgemeinen Voraussetzungen der §§ 670, 677, 683 BGB die Aktivlegitimation des Klägers (vgl. dazu BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 – IX ZR 248/95, WM 1996, 1632 f) sowie im einzelnen den Umfang der geltend gemachten Forderungen zu prüfen.
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Unterschriften
Paulusch, Kreft, Stodolkowitz, Zugehör, Ganter
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.02.2000 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 557128 |
WM 2000, 973 |