Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhungsverlangen. Formelle Wirksamkeit. Bruttomiete. Teilinklusivmiete. Angaben zu in der Miete enthaltenen Betriebskosten. Nachholung im Prozess. Jahressperrfrist. Teilzustimmung
Leitsatz (amtlich)
Bei Erhöhung einer Brutto- oder Teilinklusivmiete kann der Vermieter die erforderlichen Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten im Prozess über die Mieterhöhung nachholen. Für eine solche Nachbesserung oder Nachholung des Mieterhöhungsverlangens gilt die Sperrfrist im Hinblick auf eine vorangegangene Mieterhöhung, die infolge einer Teilzustimmung des Mieters zum ursprünglichen Mieterhöhungsverlangen wirksam geworden ist, nicht.
Normenkette
BGB § 558 Abs. 1 S. 2, § 558b Abs. 3
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 29.04.2009; Aktenzeichen 5 S 254/08) |
AG Böblingen (Entscheidung vom 25.07.2008; Aktenzeichen 4 C 163/08) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 29.4.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 1/3 und die Beklagten zu 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Kläger in S. . Die monatliche Miete betrug zuletzt 500 EUR zzgl. 30 EUR für die Garage sowie Vorauszahlungen von 130 EUR für Heizung und 35 EUR für Wasser.
Rz. 2
Mit Schreiben vom 7.8.2007 forderten die Kläger die Beklagten unter Berufung auf den Mietspiegel von B./S. auf, einer Erhöhung der Nettomiete von 500 EUR auf 550 EUR monatlich mit Wirkung ab 1.11.2007 zuzustimmen. Die Beklagten erklärten sich lediglich mit einer Mieterhöhung auf 530 EUR einverstanden.
Rz. 3
Die Kläger haben mit der im Februar 2008 zugestellten Klage Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete von 530 EUR auf 550 EUR monatlich ab 1.11.2007 verlangt. Nachdem ein vom AG eingeholtes Sachverständigengutachten die ortsübliche Vergleichsmiete auf 526 EUR (netto) beziffert hatte, machten die Kläger mit Schriftsatz vom 23.7.2008 geltend, dass die Beklagten die Kosten für Versicherung und Grundsteuer nach dem Mietvertrag nicht gesondert zu zahlen hätten (Teilinklusivmiete). Zur ortsüblichen Nettomiete kämen diese Nebenkosten - 26,68 EUR monatlich - deshalb noch hinzu. Der Schriftsatz ist den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 24.7.2008 übergeben worden.
Rz. 4
Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das LG das Urteil des AG unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und die Beklagten verurteilt, einer Mieterhöhung auf 550 EUR monatlich ab 1.10.2008 zuzustimmen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstreben.
Entscheidungsgründe
Rz. 5
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Rz. 7
Das Mieterhöhungsverlangen vom 7.8.2007 sei unwirksam gewesen. Die Kläger hätten darin lediglich eine "Nettokaltmiete" von 500 EUR monatlich benannt und eine auf den Mietspiegel gestützte Mieterhöhung auf 550 EUR verlangt. Da die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem zutreffenden Sachverständigengutachten nur 526 EUR monatlich betrage, handele es sich nicht um eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 1 BGB.
Rz. 8
Ein weiteres Mieterhöhungsverlangen hätten die Kläger aber mit Schriftsatz vom 23.7.2008 gestellt. Dieses Mieterhöhungsverlangen, in dem der konkrete Betriebskostenanteil genannt sei, erfülle die formellen Anforderungen. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt die Jahresfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB noch nicht abgelaufen gewesen, da das vorangegangene Mieterhöhungsverlangen vom 7.8.2007 datiere. Dies stehe der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens indes nicht entgegen. Die durch eine Teilzustimmung des Mieters bewirkte Mieterhöhung setze keine neue Jahresfrist in Lauf, wenn sich der Vermieter - wie hier - mit einer Teilzustimmung nicht zufrieden gebe und wegen des Restbetrags Klage erhebe. Eine Nachbesserung des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens sei auch während des anhängigen Rechtsstreits möglich und aus prozessökonomischen Gründen in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen, selbst wenn in der ersten Instanz die Zustimmungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Rz. 9
Das Mieterhöhungsverlangen vom 23.7.2008 sei auch materiell wirksam, denn bei einer Teilinklusivmiete könne zur ortsüblichen Vergleichsmiete ein Zuschlag für nicht gesondert umgelegte Betriebskosten verlangt werden.
II.
Rz. 10
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
Rz. 11
Das Berufungsgericht hat das (nachgebesserte) Mieterhöhungsverlangen der Kläger zutreffend als formell wirksam und materiell begründet angesehen. Bei Erhöhung einer Bruttomiete oder Teilinklusivmiete kann der Vermieter die zur formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsbegehrens erforderlichen Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten gem. § 558b Abs. 3 BGB noch im Rechtsstreit über die Mieterhöhung nachholen.
Rz. 12
1. Das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen der Kläger vom 7.8.2007 ist mit dem Mietspiegel B./S. begründet, der Nettomieten ausweist; es enthält keine Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten, obwohl es sich bei der vereinbarten Miete um eine Teilinklusivmiete handelt.
Rz. 13
a) Nach der Rechtsprechung des Senats bedarf es bei einer Bruttomiete, die unter Heranziehung eines Mietspiegels, der Nettomieten ausweist, erhöht werden soll, einer Umrechnung, um die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Mietstrukturen - Bruttomiete einerseits, Nettomiete andererseits - zu gewährleisten (BGH, Urt. v. 26.10.2005 - VIII ZR 41/05, NJW-RR 2006, 227, Tz. 13). Dies gilt entsprechend im Falle einer Teilinklusivmiete, bei der - wie hier - nur ein Teil der Betriebskosten in der Grundmiete enthalten ist.
Rz. 14
Die Vergleichbarkeit ist dabei in der Weise herzustellen, dass entweder in Höhe der auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten, die in der Grundmiete enthalten sind, ein Zuschlag zu der im Mietspiegel ausgewiesenen ortsüblichen Nettomiete vorgenommen oder der Betriebskostenanteil aus der vereinbarten Bruttomiete herausgerechnet wird (Senatsurteil vom 26.10.2005, a.a.O., Rz. 13, 15). Angaben zur Höhe der in der Brutto- oder Teilinklusivmiete enthaltenen Betriebskosten gehören dabei zu der nach § 558a BGB erforderlichen (formellen) Begründung des Mieterhöhungsverlangens, die dem Mieter die Möglichkeit geben soll, die sachliche Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens zu überprüfen und auf diese Weise überflüssige Prozesse zu vermeiden (BGH, Urt. v. 12.7.2006 - VIII ZR 215/05, NZM 2006, 864, Tz. 13, sowie v. 10.10.2007 - VIII ZR 331/06, NJW 2008, 848, Tz. 9 f.).
Rz. 15
b) Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen vom 7.8.2007, das keine Angaben zu den in der Miete enthaltenen Betriebskosten enthält, nicht gerecht. Die Kläger konnten es jedoch insoweit nach § 558b Abs. 3 BGB während des Prozesses - wie mit Schreiben vom 23.7.2008 geschehen - durch die Angabe der auf die Wohnung zuletzt entfallenden und in der Miete bereits enthaltenen Betriebskosten nachbessern.
Rz. 16
Entgegen der Auffassung der Revision haben die Kläger mit der Nachholung der Angaben zu den Betriebskosten kein vom ursprünglichen Begehren unabhängiges "weiteres" Mieterhöhungsverlangen gestellt. Zwar sind die Kläger in ihrem ursprünglichen Mieterhöhungsverlangen von einer Nettomiete (und nicht von einer Teilinklusivmiete) ausgegangen und haben eine Erhöhung der "Nettokaltmiete" begehrt. Dies steht einer Nachbesserung gem. § 558b Abs. 3 BGB aber nicht entgegen, denn die Kläger begehren nach wie vor (neben der Garagenmiete und den unveränderten Vorauszahlungen für die abzurechnenden Betriebskosten) eine Erhöhung der Miete von ursprünglich 500 EUR auf 550 EUR. Es geht mithin lediglich um die Nachbesserung der im Hinblick auf die tatsächlich vereinbarte Teilinklusivmiete unzureichenden Begründung des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens.
Rz. 17
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Mieterhöhungsverlangen vom 23.7.2008 auch nicht wegen Nichteinhaltung der Jahressperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.
Rz. 18
Allerdings kann ein wirksames Mieterhöhungsverlangen nach dieser Vorschrift frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung gestellt werden. Der Revision ist auch zuzugeben, dass aufgrund der Teilzustimmung der Beklagten zum Mieterhöhungsverlangen der Kläger vom 7.8.2007 eine Mieterhöhung auf 530 EUR monatlich ab 1.11.2007 wirksam geworden ist und im Zeitpunkt des Zugangs des (nachgebesserten) Mieterhöhungsverlangens vom 23.7.2008 mithin seit der am 1.11.2007 wirksam gewordenen Mieterhöhung noch kein Jahr verstrichen war.
Rz. 19
Dem Berufungsgericht ist jedoch darin beizupflichten, dass die durch eine teilweise Zustimmung des Mieters zu dem Mieterhöhungsbegehren des Vermieters wirksam gewordene Mieterhöhung einer fristgemäß erhobenen Klage des Vermieters wegen des Restbetrages - auch im Hinblick auf die Sperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB - nicht entgegensteht (so schon BayObLG NJW-RR 1989, 1172, zu § 2 MHG). Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass § 558b Abs. 3 BGB dem Vermieter gestattet, ein Mieterhöhungsverlangen, das den Anforderungen des § 558a BGB nicht entspricht, noch im Rechtsstreit - auch in der Berufungsinstanz - nachzuholen oder die Mängel des Mieterhöhungsverlangens zu beheben. Für eine solche Nachholung oder Nachbesserung gilt die Sperrfrist im Hinblick auf die Mieterhöhung, die bereits infolge der Teilzustimmung des Mieters wirksam geworden ist, nicht. Denn das ursprüngliche Mieterhöhungsverlangen ist erst mit dem Abschluss des Rechtsstreits über den vom Mieter nicht akzeptierten Teil des Mieterhöhungsbegehrens insgesamt erledigt (vgl. BayObLG, a.a.O., 1173; a.A. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 558b Rz. 38). Nach der von der Revision vertretenen Auffassung hätte es der Mieter dagegen weitgehend in der Hand, durch eine - ggf. auf einen geringfügigen Betrag beschränkte - Zustimmung die in § 558b Abs. 3 BGB vorgesehene Heilung der Mängel des Mieterhöhungsverlangens oder dessen wirksame Neuvornahme im anhängigen Rechtsstreit zu verhindern und den Vermieter auf einen neuen Prozess zu verweisen. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, widerspräche dies auch der Prozessökonomie. Die Möglichkeiten der Nachholung eines Mieterhöhungsverlangens sind durch das Mietrechtsreformgesetz inhaltlich ausgeweitet worden, weil im Interesse der Prozessökonomie vermieden werden sollte, dass Mieterhöhungsprozesse lediglich wegen formeller Mängel mehrfach neu aufgerollt werden müssen (BT-Drucks. 14/4553, 56). Schutzwürdige Interessen des Mieters sind nicht betroffen, denn dieser ist ausreichend dadurch geschützt, dass ihm auch bei einer Nachbesserung oder Nachholung des Mieterhöhungsverlangens die zweimonatige Überlegungsfrist zusteht und der Vermieter auf diesem Wege keinen höheren Betrag verlangen kann, als er bereits mit dem ursprünglichen Mieterhöhungsbegehren geltend gemacht hat.
Rz. 20
3. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass die Mieterhöhung auf 550 EUR monatlich zum 1.10.2008 und nicht erst zum 1.2.2009 wirksam geworden ist. Nachdem die Kläger die Mängel des ursprünglichen Mieterhöhungsverlangens mit Schriftsatz vom 23.7.2008, den Beklagten übergeben am 24.7.2008, beseitigt hatten, stand den Beklagten gem. § 558 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB eine Zustimmungsfrist bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats ab diesem Zeitpunkt zu, so dass die Mieterhöhung mit Beginn des dritten Kalendermonats nach Zugang des Schreibens vom 23.7.2008, mithin am 1.10.2008, wirksam geworden ist (§ 558b Abs. 1 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision mussten die Kläger bei der Nachbesserung des Mieterhöhungsverlangens keine (erneute) 15-monatige Wartefrist (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB) einhalten. Für die Wartefrist gilt bei der Nachholung oder Nachbesserung eines Mieterhöhungsverlangens gem. § 558b Abs. 3 BGB nichts anderes als für die Sperrfrist (s. oben unter 2).
Rz. 21
4. Zu Recht wendet sich die Revisionserwiderung gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts, die in der Revisionstanz von Amts wegen geändert werden kann, ohne dass das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers gilt (BGHZ 92, 137 [139]). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 97 Abs. 2 ZPO nicht vor, weil die Kläger nicht aufgrund eines neuen Vorbringens obsiegt haben, das sie bereits in einem frühren Rechtszug hätten geltend machen können. Denn die Kläger haben den Schriftsatz vom 23.7.2008, in dem sie ihr Mieterhöhungsverlangen nachgebessert haben, bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem AG überreicht. Die Kläger haben in der Sache überwiegend obsiegt und sind (nur) insoweit unterlegen, als ihnen die begehrte Mieterhöhung erst zum 1.10.2008 und nicht schon zum 1.11.2007 zugesprochen worden ist; hieraus ergibt sich für die Tatsacheninstanzen eine Kostenquote von 1/3 zu Lasten der Kläger und 2/3 zu Lasten der Beklagten (§ 92 Abs. 2 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 2299450 |
NJW 2010, 6 |
DWW 2010, 278 |
EBE/BGH 2010 |
NJW-RR 2010, 735 |
JurBüro 2010, 332 |
NZM 2010, 436 |
ZAP 2010, 425 |
ZMR 2010, 435 |
JZ 2010, 224 |
MDR 2010, 498 |
NJ 2010, 335 |
Info M 2010, 60 |
MietRB 2010, 98 |
IWR 2010, 84 |
MK 2010, 82 |