Leitsatz (amtlich)
a) Der Umstand, daß ein Wettbewerbsverband einen Teil seiner laufenden Kosten mit Vertragsstrafen und Abmahnpauschalen deckt, spricht nicht notwendig gegen eine hinreichende finanzielle Ausstattung.
b) Bei der Beurteilung der Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbandes sind auch Gewerbetreibende zu berücksichtigen, die nicht unmittelbare, sondern lediglich mittelbare Mitglieder sind, die also einer Einrichtung angehören, die ihrerseits Mitglied des fraglichen Verbandes ist. Diese Einrichtung braucht selbst nicht klagebefugt i.S. von § 13 Abs. 2 UWG zu sein. Maßgeblich ist allein, ob der Verband berechtigt ist, auch die gewerblichen Interessen der mittelbaren Mitglieder wahrzunehmen (im Anschluß an BGH, Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 138/92, GRUR 1995, 122 = WRP 1995, 104 - Laienwerbung für Augenoptiker).
Wird für Sonderangebote im Zusammenhang mit einem Firmenjubiläum geworben, liegt darin in der Regel die Ankündigung einer Sonderveranstaltung, wenn der Eindruck vermittelt wird, es handele sich um besondere Angebote aus Anlaß des Jubiläums.
Normenkette
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 7 Abs. 1, 3 Nr. 2
Verfahrensgang
OLG München (Aktenzeichen 6 U 1832/96) |
LG München I (Aktenzeichen 1 HKO 8408/95) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Februar 1997 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klägerin nach dem Hauptantrag statt nach dem ersten Hilfsantrag verurteilt hat.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 13. Dezember 1995 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
I. Die Klägerin wird verurteilt,
es zu unterlassen,
- auf Werbeträgern wie Zeitungsanzeigen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Hinweisen wie „15 JAHRE MEDIA MARKT MÜNCHEN, WIR DÜRFEN NICHT FEIERN. Das fällt nach deutschem Wettbewerbsrecht leider unter die Kategorie ‚Unerlaubte Sonderveranstaltung’. ABER SIE UND SIE AUCH!” aus Anlaß eines Jubiläums eine Vielzahl von Sonderangeboten an Geräten wie Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik, Foto- und Filmapparate, Telefone und Computer anzukündigen, sofern es sich nicht um die Ankündigung einer Verkaufsveranstaltung zur Feier des Bestehens des eigenen Unternehmens im selben Geschäftszweig nach Ablauf von jeweils 25 Jahren handelt, und/oder
- eine nach Buchstabe a) angekündigte Verkaufsveranstaltung durchzuführen;
- an den Beklagten 253 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. August 1995 zu zahlen.
II. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot nach Ziffer I 1 wird der Klägerin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
III. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5 und der Beklagte 1/5 zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt in München Geräte der Unterhaltungselektronik und Telekommunikation, ferner Elektroartikel, Computer und CDs. Der Beklagte ist der Verband Wirtschaft im Wettbewerb mit Sitz in Düsseldorf, der nach seiner Satzung den Zweck verfolgt, den unlauteren Wettbewerb zu bekämpfen.
In der in München erscheinenden Tageszeitung „tz” war am 6. April 1995 eine vierseitige Anzeige der Klägerin abgedruckt. Die – nachfolgend verkleinert wiedergegebene – erste Seite zeigt zwei auf Stühlen sitzende, gefesselte und geknebelte Personen; sie sind als die Geschäftsführer Nord und Süd der Klägerin beschrieben. Zwischen beiden auf einem Tischchen ist eine Geburtstagstorte mit fünfzehn Kerzen zu sehen. Die Überschrift lautet:
15 JAHRE MEDIA MARKT MÜNCHEN.
WIR DÜRFEN NICHT FEIERN.
Unten auf der Seite findet sich der kleingedruckte Hinweis:
Das fällt nach deutschem Wettbewerbsrecht leider unter die Kategorie „Unerlaubte Sonderveranstaltung”..
Die folgenden Seiten enthalten besonders hervorgehobene Angebote, und zwar auf der dritten Seite drei deutlich herausgehobene Angebote unter der auf den Text der ersten Seite („Wir dürfen nicht feiern”) bezugnehmenden Überschrift
ABER SIE!
sowie auf der vierten Seite neun Angebote unter der Überschrift
UND SIE AUCH!
Der Beklagte hat in dieser Werbung die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung gesehen und widerklagend – die von der Klägerin erhobene negative Feststellungsklage haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt – beantragt,
die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
es zu unterlassen,
in öffentlichen Ankündigungen, insbesondere auch Zeitungsanzeigen, im Zusammenhang mit dem Hinweis auf ein ein- oder mehrjähriges Bestehen des eigenen Unternehmens oder einer Verkaufsstelle Sonderpreise, auch in Form von Sonderangeboten, für konkret bezeichnete Artikel zu versprechen, solange es sich nicht um die Ankündigung einer Verkaufsveranstaltung anläßlich eines jeweils 25-jährigen Bestehens des eigenen Unternehmens handelt,
und/oder
- eine gemäß a) angekündigte Verkaufsveranstaltung durchzuführen;
hilfsweise:
es zu unterlassen,
auf Werbeträgern wie Zeitungsanzeigen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Hinweisen wie „15 JAHRE MEDIA MARKT MÜNCHEN, WIR DÜRFEN NICHT FEIERN. Das fällt nach deutschem Wettbewerbsrecht leider unter die Kategorie ‚Unerlaubte Sonderveranstaltung’. ABER SIE UND SIE AUCH!” aus Anlaß eines Jubiläums eine Vielzahl von Sonderangeboten an Geräten wie Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik, Foto- und Filmapparate, Telefone und Computer anzukündigen, sofern es sich nicht um die Ankündigung einer Verkaufsveranstaltung zur Feier des Bestehens des eigenen Unternehmens im selben Geschäftszweig nach Ablauf von jeweils 25 Jahren handelt;
hilfsweise:
es zu unterlassen,
auf Werbeträgern wie Zeitungsanzeigen über 20 Sonderangebote wie in der Zeitungsanzeige vom 6. April 1995 in der „tz” anzukündigen;
- die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 253 DM nebst 4 % Zinsen seit Erhebung der Widerklage zu zahlen.
Das Landgericht hat die Widerklage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dem Beklagten fehle die Prozeßführungsbefugnis. Das Berufungsgericht hat die Klägerin nach dem Hauptantrag verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Prozeßführungsbefugnis des Beklagten bejaht. Es sei nicht ersichtlich, daß die personelle, sachliche oder finanzielle Ausstattung des Beklagten unzureichend sei. Er verfüge auch über eine erhebliche Anzahl von Mitgliedern aus dem Kreis des Audio-Video-Handels. Insofern genüge die mittelbare Mitgliedschaft von Unternehmen, die über andere Organisationen vermittelt werde – wie den L. P. Partner Club, den Europaverband der S. /I. eG und den p. pr. electronic Vertrieb –, die beim Beklagten Mitglied seien und ihrerseits Gewerbetreibende aus dem fraglichen sachlichen und räumlichen Bereich zu ihren Mitgliedern zählten.
Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, daß die Klägerin durch die beanstandete Anzeige eine unerlaubte Sonderveranstaltung nach § 7 Abs. 1 UWG angekündigt habe. Diese angekündigte Veranstaltung finde, wie der Hinweis auf das 15-jährige Bestehen der Klägerin und die Aufforderung zum Feiern ergebe, außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs statt. Die angegriffene Werbung sei auch geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen. Bei vielen Lesern werde durch die Anzeige ein besonderes Interesse erweckt; die Werbung verleite zu einem Besuch bei der Klägerin, um sich Kaufgelegenheiten, die für einmalig gehalten würden, nicht entgehen zu lassen.
II. Die Revision hat nur teilweise Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Widerklage mit dem Hauptantrag und zur Verurteilung der Klägerin nach dem ersten Hilfsantrag.
1. Gegen die Zulässigkeit der Rechtsverfolgung durch den Beklagten als einen Wettbewerbsverband nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG sind keine Bedenken zu erheben.
a) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, der Beklagte verfüge über eine hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung. Der beklagte Verband tritt seit vielen Jahren als Kläger in wettbewerbsrechtlichen Verfahren auf; er hat dabei unter Beweis gestellt, daß er in der Lage ist, gerichtliche Verfahren – unter Umständen bis zum Bundesgerichtshof – durchzuführen. Die von der Revision angeführten Umstände lassen nicht erkennen, daß insofern Anlaß zu Zweifeln bestünde.
Mit Recht hat das Berufungsgericht dem Umstand keine Bedeutung beigemessen, daß der Beklagte nach der Darstellung der Revision im Falle des gerichtlichen Vorgehens im allgemeinen ausgesprochen niedrige Streitwerte angibt, die 15.000 DM nicht überschreiten. Ein solches Verhalten erlaubt keinen Schluß auf die finanzielle Ausstattung des Verbandes.
Auch die von der Revision vorgelegte Gewinnermittlung für das Jahr 1995 gibt keinen Anhaltspunkt für eine unzureichende Ausstattung des beklagten Verbandes. Insbesondere begründet es keine durchgreifenden Bedenken, daß mit Hilfe der Mitgliederbeiträge lediglich ein Viertel bis ein Drittel der insgesamt beim Beklagten anfallenden Kosten gedeckt werden. Zwar hat es der Senat in der Vergangenheit als bedenklich erachtet, wenn die laufenden Kosten eines Verbandes nicht aus eigenen Mitteln, sondern nur aufgrund der Einnahmen aus Abmahngebühren aufgebracht werden können (BGH, Urt. v. 19.5.1988 - I ZR 52/86, GRUR 1988, 918 = WRP 1988, 662 - Wettbewerbsverein III; Urt. v. 5.10.1989 - I ZR 56/89, GRUR 1990, 282, 285 = WRP 1990, 255 - Wettbewerbsverein IV; vgl. auch Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 67). Er hat in diesem Zusammenhang aber bereits klargestellt, daß die Heranziehung der Einnahmen aus Vertragsstrafen zur Finanzierung der Fixkosten jedenfalls dann unbedenklich ist, wenn sie dem Verband in einer Höhe und Regelmäßigkeit zufließen, die eine hinreichend sichere Teilbilanzierung auf der Habenseite auch in den Voranschlägen erlauben (BGH GRUR 1990, 282, 285 - Wettbewerbsverein IV). Ähnlich verhält es sich mit den Abmahngebühren: Die Pauschale, die ein Wettbewerbsverein nach erfolgreicher Abmahnung in Rechnung zu stellen berechtigt ist, dient nicht allein der Deckung der variablen Kosten, die bei der Abmahntätigkeit im allgemeinen ohnehin nur in geringem Umfang anfallen. Gerade weil ein solcher Verband hinsichtlich seiner personellen und sachlichen Ausstattung in der Lage sein muß, das Wettbewerbsgeschehen zu beobachten und zu bewerten, damit typische Verstöße, deren rechtliche Beurteilung keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen, auch ohne anwaltlichen Rat erkannt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 12.4.1984 - I ZR 45/82, GRUR 1984, 691, 692 = WRP 1984, 405 - Anwaltsabmahnung; Urt. v. 6.3.1986 - I ZR 14/84, GRUR 1986, 676, 677 = WRP 1986, 467 - Bekleidungswerk), entfällt notgedrungen auch ein Teil der fixen Kosten auf die Abmahntätigkeit (vgl. Großkomm.UWG/Kreft, vor § 13 Rdn. C 178; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 41 Rdn. 94). Ist sichergestellt, daß lediglich dieser Teil der Verbandstätigkeit durch die eingenommenen Abmahnpauschalen gedeckt wird, und ist weiter gewährleistet, daß die anderen Aufgaben des Verbandes nicht völlig hinter der Abmahntätigkeit zurücktreten, ist gegen eine Heranziehung dieser Einnahmen, die zwingend in der Gewinnermittlung aufgeführt sein müssen, nichts einzuwenden (vgl. Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 67; ferner BGH, Urt. v. 5.6.1997 - I ZR 69/95, GRUR 1998, 489, 490 = WRP 1998, 42 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III).
b) Soweit die Revision darauf abstellen möchte, daß der Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin nur in einem Teil der Fälle, in denen er eine Abmahnung ausgesprochen habe und keine Unterwerfungserklärung abgegeben worden sei, gerichtlich vorgehe, zielt dieser Einwand weniger auf das Fehlen einer entsprechenden finanziellen Ausstattung als auf ein mögliches mißbräuchliches Verhalten des Beklagten ab. Denn grundsätzlich muß von einem Wettbewerbsverband erwartet werden, daß er nur in den Fällen Abmahnungen ausspricht, die er gegebenenfalls einer gerichtlichen Klärung zuführen möchte. Vor allem wenn in Fällen, in denen die wettbewerbsrechtliche Beurteilung zweifelhaft ist, in großer Zahl Abmahnungen ausgesprochen werden, ohne daß bei Ausbleiben einer Unterwerfung eine gerichtliche Klärung erfolgt, kann sich der Verdacht aufdrängen, der Verband setze die Abmahntätigkeit in erster Linie dazu ein, Ansprüche auf Aufwendungsersatz und gegebenenfalls Vertragsstrafeansprüche entstehen zu lassen. Daß im Streitfall eine solche, den Mißbrauchsverdacht nahelegende Abmahnpraxis gegeben ist, läßt sich indessen dem Vorbringen der Klägerin, auf das die Revision in diesem Zusammenhang hinweist, nicht entnehmen.
c) Ebenfalls mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß dem beklagten Verband eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Klägerin vertreiben.
Dabei kann offenbleiben, ob die Revision mit ihrem Vorbringen zur Prozeßführungsbefugnis des Beklagten gehört werden kann, das sich auf Umstände bezieht, die erst nach der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eingetreten sind (verneinend BGHZ 31, 279, 283; BGH, Urt. v. 2.6.1986 - II ZR 300/85, BGHR ZPO § 561 Abs. 1 - Prozeßführungsbefugnis 1; Urt. v. 19.3.1987 - III ZR 2/86, NJW 1987, 2018; Urt. v. 12.10.1987 - II ZR 21/87, NJW 1988, 1585, 1587; BGHZ 100, 217, 219; BGH, Urt. v. 7.12.1993 - VI ZR 152/92, NJW 1994, 652, 653; BGHZ 125, 196, 201; anders lediglich BGH, Beschl. v. 10.3.1971 - I ZR 73/69, GRUR 1971, 516 = WRP 1971, 264 - Brockhaus-Enzyklopädie; vgl. auch BGH, Urt. v. 13.3.1986 - I ZR 27/84, GRUR 1986, 678 = WRP 1986, 469 - Wettbewerbsverein II). Denn im Streitfall ist auch nach diesem Vorbringen der Revision von der Prozeßführungsbefugnis des Beklagten auszugehen.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Prozeßführungsbefugnis des Beklagten ergebe sich daraus, daß er die wettbewerblichen Interessen einer erheblichen Anzahl von Gewerbetreibenden wahrnehme, die mit ihm über eine mittelbare Mitgliedschaft – d.h. über die Mitgliedschaft bei einem anderen Verband, der wiederum Mitglied des Beklagten ist – verbunden seien. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, daß auch eine solche, über einen anderen Verband oder ein Unternehmen vermittelte Mitgliedschaft genügt, um die Prozeßführungsbefugnis nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG darzutun (BGH, Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 138/92, GRUR 1995, 122 = WRP 1995, 104 - Laienwerbung für Augenoptiker; Urt. v. 11.5.1995 - I ZR 107/93, GRUR 1995, 604, 605 = WRP 1995, 695 - Vergoldete Visitenkarten; Urt. v. 22.6.1995 - I ZR 198/94, WRP 1996, 194 - Goldkrone; Urt. v. 27.2.1997 - I ZR 5/95, GRUR 1997, 933, 934 - EP; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., § 13 UWG Rdn. 23c). Dabei zeichneten sich die konkreten Gegebenheiten in den entschiedenen Fällen dadurch aus, daß die die Mitgliedschaft vermittelnden Verbände ihrerseits nach § 13 Abs. 2 UWG klagebefugt waren. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um ein zwingendes Erfordernis. Vielmehr reicht es aus, wenn die Gewerbetreibenden die die Mitgliedschaft vermittelnde Organisation mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen beauftragt haben, sei es, daß diese die Interessen ihrer Mitglieder selbst wahrzunehmen berechtigt und imstande ist, oder sei es, daß sie einen anderen Verband – wie vorliegend den Beklagten – mit der Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder beauftragt.
Im Streitfall genügt zur Bejahung der Prozeßführungsbefugnis des Beklagten die Mitgliedschaft des Europaverbandes der S., Bundesverband Deutschland e.V. und des L. P. Partner Clubs. Der Beklagte nimmt auch die gewerblichen Interessen der Mitglieder dieser Vereinigungen war. Ihnen gehören u.a. 23 Einzelhändler an, die in München und unmittelbarer Umgebung Geräte der Unterhaltungselektronik anbieten. Dies rechtfertigt die Annahme, daß dem Beklagten eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die auf demselben räumlichen und sachlichen Markt wie die Klägerin tätig sind.
Nach den getroffenen Feststellungen ist beim Europaverband der S., der die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt, eine Händlervereinigung – die I. eG – Mitglied, die wiederum die wirtschaftlichen Interessen der ihr angehörenden Mitglieder vertritt. Zu diesen zählen auch zwölf namentlich benannte Einzelhändler, die auf dem maßgeblichen Markt tätig sind. Nach dem Vorbringen der Revision hat allerdings die I. eG den Europaverband mit Schreiben vom 5. April 1997 – zeitlich nach Erlaß des Berufungsurteils – darum gebeten, der Beklagte möge sich bis auf weiteres nicht mehr auf die mittelbare Mitgliedschaft der I. eG berufen. Die Wirkungen dieser Erklärung beschränken sich jedoch auf das Innenverhältnis des Beklagten zu seinen (mittelbaren) Mitgliedern. Der Bitte, sich zukünftig nicht mehr auf die Mitgliedschaft der I. (und ihrer Mitglieder) zu berufen, kann der Beklagte dadurch nachkommen, daß er die (mittelbare) Mitgliedschaft der I. eG nicht offenlegt und damit auch die Anonymität ihrer Mitglieder wahrt. Die geäußerte Bitte vermag aber nichts daran zu ändern, daß der Beklagte bei seiner Tätigkeit gegebenenfalls auch die Interessen der anonym bleibenden Mitglieder wahrnimmt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vertritt der L. P. Partner Club, in dem die Vertragshändler der L. -O. GmbH organisiert sind, die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, und zwar in der Weise, daß er zur Wahrnehmung ihrer Interessen dem Beklagten beigetreten ist. Dabei bedarf die von der Revision aufgeworfene Frage keiner Klärung, ob es sich bei der Händlerorganisation um eine eigene Rechtspersönlichkeit oder um eine Einrichtung der L. -O. GmbH handelt. Zu den Club-Mitgliedern zählen mindestens elf Einzelhändler im Raum München, die in 13 verschiedenen Verkaufsstellen Geräte der Unterhaltungselektronik anbieten.
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch des Beklagten nach § 7 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG bejaht. Dieser Anspruch rechtfertigt indessen lediglich eine Verurteilung nach dem ersten Hilfsantrag.
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, bei der beanstandeten Anzeige handele es sich um die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung nach § 7 Abs. 1 UWG. Daß die angekündigte Verkaufsveranstaltung der Beschleunigung des Warenabsatzes dient und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile hervorruft, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Darüber hinaus stellt sie auch eine Unterbrechung des regelmäßigen Geschäftsverkehrs dar.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß es einem Unternehmen durch § 7 Abs. 1 UWG nicht verwehrt ist, auch außerhalb des 25-Jahres-Rhythmus des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu Werbezwecken auf ein Firmenjubiläum hinzuweisen und dies gegebenenfalls auch mit einer Werbung für die angebotenen Waren zu verbinden. Zwar kann die Werbung mit günstigen Preisen im Zusammenhang mit dem Hinweis auf ein Firmenjubiläum beim Publikum den Eindruck hervorrufen, es handele sich um eine außergewöhnliche, auf die Zeit des Begehens des Jubiläums beschränkte Veranstaltung mit einem aus dem Rahmen des Üblichen fallenden, aus dem gegebenen Anlaß im Preis reduzierten Angebot (BGH, Urt. v. 6.7.1977 - I ZR 174/75, GRUR 1977, 794, 795 = WRP 1977, 706 - Geburtstagswerbung I; Urt. v. 4.7.1980 - I ZR 120/78, GRUR 1980, 1000, 1001 = WRP 1980, 621 - 10-Jahres-Jubiläum II; Urt. v. 14.11.1996 - I ZR 164/94, GRUR 1997, 476, 477 = WRP 1997, 439 - Geburtstagswerbung II). Ebenso ist es jedoch möglich, daß ein Unternehmen den Firmengeburtstag zum Anlaß nimmt, auf seine ständige, sich nicht zuletzt in niedrigen Preisen ausdrückende Leistungsfähigkeit hinzuweisen (BGH GRUR 1997, 476, 477 - Geburtstagswerbung II; Urt. v. 10.7.1997 - I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 = WRP 1998, 296 - Der M.-Markt packt aus; Urt. v. 25.6.1998 - I ZR 75/96, GRUR 1998, 1046, 1047 = WRP 1998, 982 - Geburtstagswerbung III).
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die angegriffene Werbung über einen zulässigen Hinweis auf die Wiederkehr des Jahrestages des Bestehens des Unternehmens hinausgeht. Die Feier des runden Geburtstags steht im Mittelpunkt der Werbeaussage, so daß der Blick auf die Sonderangebote zunächst verstellt ist und sich nicht der Eindruck einer üblichen Werbung mit Sonderangeboten einstellt. Vielmehr werden die auf den Seiten 2 bis 4 der Anzeige aufgeführten Angebote durch die Überschriften „ABER SIE!” sowie „UND SIE AUCH!” in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Firmenjubiläum gestellt und dem Publikum der Eindruck vermittelt, als würden anläßlich des Geburtstages abweichend von den üblichen Sonderangeboten vorübergehend besondere Kaufvorteile gewährt. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner darauf hingewiesen, daß sich dieser Eindruck auch deswegen einstellt, weil der Verkehr in der beanstandeten Werbung die Ankündigung eines Jubiläumsverkaufs sieht, wie er jeweils nach 25 Jahren des Bestehens eines Unternehmens durchgeführt werden darf. Da das Publikum damit vertraut ist, daß ihm im Rahmen derartiger Firmenjubiläen vorübergehend ganz besonders günstige, aus dem Rahmen des Üblichen fallende Angebote unterbreitet werden, wird es auch die in der beanstandeten Anzeige aufgeführten Angebote entsprechend einschätzen.
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die beanstandete Anzeige und die aufgrund der Ankündigung zu erwartende Verkaufsveranstaltung geeignet sind, den Wettbewerb auf dem hier maßgebenden Markt wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 20.5.1999 - I ZR 31/97, Umdr. S. 10 f. - RUMMS!).
c) Allerdings rechtfertigt dieser Verstoß nicht das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot. Danach ist es der Klägerin schlechthin untersagt worden, in öffentlichen Ankündigungen auf das ein- oder mehrjährige Bestehen des eigenen Unternehmens (es sei denn nach jeweils 25 Jahren) hinzuweisen und gleichzeitig Sonderpreise, auch in Form von Sonderangeboten, zu versprechen. Wie bereits dargelegt, ist für die Frage, ob ein angekündigter Verkauf innerhalb oder außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfinden soll, auf das Gesamtbild der Anzeige abzustellen. Denn trotz eines Hinweises auf ein Firmenjubiläum kann die Werbeanzeige insgesamt so gestaltet sein, daß der Eindruck einer Sonderveranstaltung nicht aufkommt (BGH GRUR 1980, 1000, 1001 - 10-Jahres-Jubiläum II; GRUR 1997, 476, 477 - Geburtstagswerbung II). Dies bedeutet, daß für die Verurteilung in einem solchen Fall streng auf die Merkmale des Einzelfalls abzustellen ist, die auch grundsätzlich in die Fassung des Verbots einfließen müssen. Dem wird der mit der Widerklage gestellte Hauptantrag nicht gerecht.
Dagegen bestehen keine entsprechenden Bedenken gegen die Fassung des ersten Hilfsantrags. Dieser Antrag stellt erkennbar auf die konkrete Verletzungsform ab und macht insbesondere deutlich, daß die angekündigten, als besonders günstig herausgestellten Preise aus Anlaß des Firmenjubiläums gewährt werden.
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin teilweise aufzuheben. Das landgerichtliche Urteil ist insofern abzuändern, als der Widerklage mit dem ersten Hilfsantrag stattzugeben ist. Soweit es bei der Abweisung der Widerklage bleibt, handelt es sich – anders als bei der landgerichtlichen Entscheidung – nicht um ein Prozeß-, sondern um ein Sachurteil.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Erdmann, Mees, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, RiBGH Pokrant ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. Erdmann
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 20.05.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538593 |
BB 1999, 2216 |
NJW 2000, 73 |
BGHR |
EWiR 1999, 915 |
GRUR 1999, 1116 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 2363 |
MDR 2000, 346 |
WRP 1999, 1163 |