Leitsatz (amtlich)
›Verwirft das OLG die Berufung gegen ein Urteil des LG als unzulässig, durch das - nach übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich eines Teils der Hauptsache - über den Rest der Hauptsache und über die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des erledigten Teils (§ 91 a ZPO) einheitlich entschieden worden ist (sog. gemischte Kostenentscheidung), ist eine Revision, die sich ausschließlich gegen den die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO betreffenden Teil des Urteils des Berufungsgerichts richtet, unzulässig.
§ 547 ZPO findet auf eine solche Revision keine Anwendung.‹
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt Computerspiele für Heimcomputer. Sie hat gegen den Beklagten wegen des Vertriebs von Raubkopien urheber- und wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Auskunftsansprüche geltend gemacht und die Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten begehrt.
Im Verlaufe des Rechtsstreits haben die Parteien nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Beklagten das Klagebegehren hinsichtlich der Unterlassungs- und Auskunftsansprüche übereinstimmend für erledigt erklärt. Eine entsprechende Erklärung hat die Klägerin auch hinsichtlich der Schadensersatz-Feststellungsklage abgegeben. Dieser Erklärung hat sich der Beklagte nicht angeschlossen.
Das Landgericht hat durch Schlußurteil entsprechend dem Antrag des Beklagten die Klage abgewiesen und die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt, und zwar bezüglich der übereinstimmend für erledigt erklärten Teile der Klage nach § 91 a ZPO, im übrigen nach § 91 ZPO.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin greife mit ihrem Berufungsantrag das landgerichtliche Urteil sowohl in der Hauptsache als auch hinsichtlich der Kosten an. Für den Angriff in der Hauptsache fehle es an einer innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Berufungsbegründung, so daß die Berufung insoweit unzulässig sei. Soweit die Kostenentscheidung im landgerichtlichen Urteil teilweise auf § 91 a ZPO beruhe (gemischte Kostenentscheidung), sei sie allein mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die dafür maßgebende Frist habe die Klägerin jedoch nicht eingehalten, so daß auch bei Umdeutung der eingelegten Berufung in eine sofortige Beschwerde (§ 91 a Abs. 2 ZPO) das Rechtsmittel auch insoweit unzulässig sei.
II. Die Revision, die sich allein dagegen wendet, daß das Berufungsgericht die Berufung auch hinsichtlich der Kostenentscheidung des Landgerichts nach § 91 a ZPO als unzulässig verworfen hat, war als unzulässig zu verwerfen (§ 554 a Abs. 1 ZPO).
1. Der Bundesgerichtshof erachtet in ständiger Rechtsprechung die Revision für unzulässig, soweit mit ihr im Fall der Anfechtung einer mit einer sogenannten gemischten Kostenentscheidung verbundenen Sachentscheidung die erneute Überprüfung der auf § 91 a ZPO beruhenden Kostenentscheidung begehrt wird (BGHZ 58, 341, 342; 107, 315, 317 f.; BGH, Urt. v. 24.2.1967 - V ZR 110/65, NJW 1967, 1131; Urt. v. 30.11.1989 - I ZR 55/87, WRP 1990, 488, 499 - Metro III). Dies beruht auf der Erwägung, daß dem in § 567 Abs. 3 ZPO zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzes, derartige Entscheidungen der Oberlandesgerichte keiner weiteren Sachprüfung zu unterziehen, auch dann Geltung zu verschaffen sei, wenn die Kostenentscheidung nicht in der üblichen Form durch Beschluß (§ 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO), sondern wegen der gleichzeitigen Entscheidung über weitere Anträge der Klage durch Urteil ergehe.
2. Diese Rechtsprechung greift auch im Streitfall ein. Auch vorliegend geht es der Revision - allein - um die Überprüfung der auf § 91 a ZPO beruhenden Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich des für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits. Maßgebender Gegenstand der Revision ist demnach eine keinem weiteren Rechtsmittel unterliegende Entscheidung (§ 567 Abs. 3 ZPO). Gegen eine solche Entscheidung - auch wenn sie wie hier im Rahmen eines Urteils ergangen ist - ist die Revision nicht gegeben, und zwar auch dann nicht, wenn das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
Allerdings bestimmt § 547 ZPO, daß die Revision stets, also unabhängig von einer etwaigen Zulassung oder dem Erreichen der Revisionssumme, stattfindet, soweit das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat. Dieser Bestimmung unterfällt jedoch eine Fallgestaltung wie die vorliegende nicht. § 547 ZPO setzt für seine Anwendbarkeit voraus, daß die Revision überhaupt statthaft ist. Daran fehlt es hier. Nach § 567 Abs. 3 ZPO endet der Rechtsmittelzug für Kostenentscheidungen nach § 91 a ZPO beim Oberlandesgericht. Die Regelung des § 547 ZPO macht davon keine Ausnahme. Sie greift auch sonst nicht ein, wenn die Revision schon als solche nach dem Gesetz nicht stattfinden soll. Es entspricht einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, daß § 545 Abs. 2 ZPO, der für die dort genannten Fälle die Revision für unzulässig erklärt, dem § 547 ZPO vorgeht und daß demgemäß in diesen Fällen die Revision auch dann nicht stattfindet, wenn die Berufung als unzulässig verworfen wird (BGH, Beschl. v. 28.11.1967 - VI ZB 21/67, NJW 1968, 699, 700; Beschl. v. 20.6.1984 - IVb ZB 122/83, NJW 1984, 2368; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 143 II 1 a; Stein/Jonas/Grunsky, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 547 Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 48. Aufl., § 547 Anm. 2 a.E.; Zöller/Schneider, Zivilprozeßordnung, 16. Aufl., § 547 Rdn. 1). Daß es in diesen Fällen entgegen dem Normzweck des § 547 ZPO (vgl. BGHZ 40, 265, 268) zu einer vom Oberlandesgericht etwa zu Unrecht verweigerten Sachentscheidung nicht mehr kommt, ist, wie die Bestimmungen des § 545 Abs. 2 ZPO und des § 567 Abs. 3 Satz 1 ZPO zeigen, vom Gesetz gewollt und hinzunehmen.
Dem steht nicht entgegen, daß nach § 547 ZPO die Revision unter den dort genannten Voraussetzungen "stets" stattfindet. Aus der Einfügung dieses Wortes durch das Gesetz zur Änderung der Revision in Zivilsachen vom 8. Juli 1975 (BGBl. I, S. 1863) kann angesichts des auf Einschränkung des Anwendungsbereichs gerichteten Zwecks der Neufassung keine Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeiten entnommen werden (BGH, Beschl. v. 20.6.1984 - IVb ZB 122/83, NJW 1984, 2368).
3. Die Zulässigkeit der Revision folgt auch nicht daraus, daß die angefochtene Entscheidung im Rahmen eines Urteils ergangen ist. Das Berufungsgericht hat durch Urteil deshalb erkannt, weil auf die Berufung der Klägerin in der Hauptsache mitentschieden werden mußte und demgemäß eine einheitliche (gemischte) Kostenentscheidung zu treffen war (BGH, Beschl. v. 4.1.1963 - V ZB 19/62, NJW 1963, 583, 584). Daraus kann nicht hergeleitet werden, daß die in einer solchen Entscheidung - einem Urteil - enthaltene Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO mit der Revision angreifbar ist. Die Bezeichnung als Urteil allein gewährt entgegen der Ansicht der Revision nicht stets das Rechtsmittel, das der Fassung und der Form der gerichtlichen Entscheidung entspricht. Soll die im Rahmen eines Urteils ergangene gemischte Kostenentscheidung allein hinsichtlich der Entscheidung nach § 91 a ZPO angefochten werden, steht dafür nicht die Berufung, sondern nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung (§ 91 a Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. BGHZ 40, 269, 270; BGH, Urt. v. 24.2.1967 - V ZR 110/65, NJW 1967, 1131).
Auf die Entscheidung in BGHZ 40, 267, in der der Bundesgerichtshof die Revision gegen ein Urteil für zulässig erachtet hat, mit dem das Oberlandesgericht die Berufung gegen das eine gemischte Kostenentscheidung enthaltene Urteil des Landgerichts als unzulässig verworfen hat, kann sich die Revision für ihren gegenteiligen Standpunkt nicht mit Erfolg berufen. Soweit der Bundesgerichtshof in jener Sache die Revision für statthaft erachtet hat, beruhte das maßgeblich auf der Erwägung, daß die dort angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts - anders als im vorliegenden Fall - fälschlich durch Urteil ergangen war und der Vertrauensgrundsatz, daß der Partei aus einer irrtümlich falschen Entscheidungsform kein Nachteil erwachsen soll, die Annahme der Statthaftigkeit des Rechtsmittels gebot (BGHZ aaO, S. 267). Diese Fallgestaltung ist mit dem vorliegenden Sachverhalt, bei dem das Berufungsgericht, wie ausgeführt, zutreffend durch Urteil über Hauptsache und Kosten einschließlich der den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Hauptsache betreffenden Teil der Kosten entschieden hat, nicht vergleichbar (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.2.1967 V ZR 110/65, aaO).
III. Demgemäß war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Fundstellen
Haufe-Index 2993074 |
BGHZ 113, 362 |
BGHZ, 362 |
BB 1991, 1821 |
NJW 1991, 2010 |
NJW 1991, 2020 |
BGHR ZPO § 547 Hauptsacheerledigung 1 |
DRsp IV(416)314a-b |
MDR 1991, 793 |
Rpfleger 1991, 339 |
VersR 1991, 1034 |