Leitsatz (amtlich)
a) Unterwirft sich ein Erwerber in einem Bauträgervertrag der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen, so ist diese Erklärung gemäß §§ 3, 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig, wenn der Notar ermächtigt ist, die Vollstreckungsklausel ohne besonderen Nachweis zu erteilen.
b) § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB ist auf eine gemäß §§ 3, 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtige Unterwerfungserklärung nicht anwendbar.
Normenkette
BGB §§ 134, 218 Abs. 1 S. 2; MaBV § 3 Abs. 2 S. 1, § 12
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 30.01.1997) |
LG Kleve |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Januar 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin verkaufte mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 1992 an die Beklagten ein Grundstück und verpflichtete sich gleichzeitig zur Errichtung einer Doppelhaushälfte. Die Fälligkeit des Kaufpreises war entsprechend der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) geregelt.
Wegen aller in der notariellen Urkunde eingegangenen Zahlungsverpflichtungen unterwarfen sich die Beklagten der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde in ihr gesamtes Vermögen. Der Klägerin sollte auf Verlangen ohne besonderen Nachweis eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilt werden.
Die von der Klägerin errichtete Doppelhaushälfte wurde von den Beklagten im November 1992 bezogen und spätestens zu Beginn des Jahres 1993 abgenommen. Die Parteien stritten in der Folgezeit über Mehrforderungen der Klägerin sowie über angebliche Bauwerksmängel. Nach längerem Schriftwechsel kam es am 28. September 1995 zu einem gemeinsamen Besichtigungstermin. Der Beklagte zu 1 kündigte dabei eine abschließende Stellungnahme an, welche am 18. Dezember 1995 bei der Klägerin einging. Er errechnete darin zugunsten der Klägerin eine Restforderung in Höhe von 6.268 DM und erklärte, diese als Sicherheit für die Beseitigung diverser Mängel einzubehalten.
Mit ihrer seit dem 5. Februar 1996 anhängigen Klage fordert die Klägerin unter anderem einen Kaufpreisrest in Höhe von 6.964,28 DM. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage insoweit wegen Verjährung abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Das Berufungsgericht hat die Revision zugunsten der Klägerin zu der Frage zugelassen, ob eine in einem notariellen Bauträgervertrag enthaltene, dem AGB-Gesetz unterliegende Vollstreckungsunterwerfungserklärung mit Nachweisverzicht unwirksam ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
1. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die in der notariellen Urkunde titulierte Kaufpreisforderung gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB in zwei Jahren verjährt. Es meint, die Verjährungsregelung des § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB greife nicht, weil die in der notariellen Urkunde erklärte Vollstreckungsunterwerfung wegen eines Verstoßes gegen die MaBV unwirksam sei. Zur Begründung zitiert es insoweit das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, BauR 1996, 141. Zudem hält das Berufungsgericht die Vollstreckungsunterwerfung gemäß §§ 9, 11 Nr. 15 AGB-Gesetz für unwirksam.
2. Der Senat tritt den Erwägungen des Berufungsgerichts im ersten Punkt bei.
a) Die Wirksamkeit einer Unterwerfungserklärung in einem notariellen Bauträgervertrag, die ohne Nachweis der Kaufpreisfälligkeit mit der Vollstreckungsklausel versehen werden darf, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Der Senat hat bislang nur zur formellen Wirksamkeit (Vollstreckungsfähigkeit) solcher Klauseln Stellung genommen, die Frage ihrer möglichen Unwirksamkeit aus materiell-rechtlichen Erwägungen aber offengelassen (Urteil vom 14. Mai 1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 231 f m.N. zum damaligen Meinungsstand).
Die Rechtsprechung ist seither mit Billigung von Teilen des Schrifttums vermehrt dazu übergegangen, solche Klauseln wegen Verstoßes gegen die MaBV (OLG Hamm, BauR 1996, 141; OLG-Report Hamm 1996, 27; OLG Hamm, Urteil vom 18. September 1996 – 25 U 2/96; OLG Nürnberg, IBR 1995, 461; LG Nürnberg-Fürth, IBR 1998, 11; Kniffka ZfBR 1992, 195; Marcks, MaBV, 6. Aufl., § 3 Rdn. 29; zum Meinungsstand vgl. auch DNotIRep 1995, 153) oder das AGB-Gesetz (OLG Düsseldorf, BauR 1996, 148; Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 3. Aufl., § 11 Nr. 15 Rdn. 24; Koeble, Rechtshandbuch Immobilien, Bd. I, § 17 Rdn. 115 g) als unwirksam anzusehen. Die Gegenauffassung in Rechtsprechung und Literatur hält solche Klauseln weiterhin für wirksam, schlägt aber teilweise Modifikationen bei der Formulierung des „Nachweisverzichts” vor (OLG Köln, SFH § 11 Nr. 15 AGB-Gesetz Nr. 2; OLG Celle, BauR 1998, 199; Basty, Der Bauträgervertrag, 2. Aufl. Rdn. 272 ff; ders., MittBayNot 1992, 311; Brych/Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 2. Aufl. Rdn. 329 ff; Cuypers, ZfBR 1998, 4 f; Reithmann/Meichssner/von Heymann, Kauf vom Bauträger, 7. Aufl. Rdn. 218 ff; F. Schmidt in Münchener Vertragshandbuch Bd. IV 1, 3. Aufl., Kapitel I.30 Rdn. 57; Wolfsteiner, MittBayNot 1995, 438; Vogel BauR 1998, 925). Teilweise wird schließlich auch die Auffassung vertreten, unwirksam sei allein der „Nachweisverzicht”, nicht aber die Unterwerfungsklausel selbst (OLG Stuttgart, OLGZ 1994, 101, 103; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., § 11 Nr. 15 Rdn. 13).
b) Durch die Aufnahme der Vollstreckungsunterwerfung in den Erwerbervertrag hat die Klägerin gegen ihre Verpflichtungen aus §§ 3, 12 MaBV verstoßen (aa). Das führt zur materiell-rechtlichen Unwirksamkeit der Klausel (bb). § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB ist deshalb nicht anwendbar (cc).
aa) § 3 Abs. 2 Satz 1 MaBV verpflichtet den Bauträger unter anderem, Vermögenswerte der Auftraggeber nur entsprechend dem Bauablauf entgegenzunehmen oder sich zu deren Verwendung ermächtigen zu lassen. Diese Bestimmung soll in Kombination mit § 3 Abs. 1 MaBV erreichen, daß Leistungen der Erwerber ein entsprechender Gegenwert am Bauvorhaben gegenübersteht (BR-Drucks. 179/75, S. 4 der Begründung). Diese Verbraucherschutzbestimmung bezweckt einen weitgehenden Schutz des Auftraggebers vor Vermögensschädigungen, beispielsweise im Konkurs des Bauträgers.
Dieser Schutzzweck gebietet es, die beiden Tatbestandsalternativen des § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 MaBV weit auszulegen. Die Begriffe „entgegenzunehmen oder sich zu deren Verwendung ermächtigen lassen” erfassen sämtliche dem Gewerbetreibenden zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, in den Besitz von Vermögenswerten der Auftraggeber zu gelangen oder zumindest eine Verfügungsbefugnis hierüber zu erhalten (vgl. Marcks aaO, § 3 Rdn. 7).
Durch die Vollstreckungsunterwerfung in der hier zu beurteilenden Form wird für den Bauträger eine solche Möglichkeit geschaffen. Aufgrund der Klausel kann er im Wege der Zwangsvollstreckung auf die Vermögenswerte des Auftraggebers zugreifen, ohne daß die in § 3 MaBV geregelten Fälligkeitsvoraussetzungen vorliegen müssen. Die durch die Unterwerfungserklärung herbeigeführte Gestaltung des Bauträgervertrages kommt somit einer Ermächtigung des Bauträgers, über Vermögenswerte des Erwerbers zu verfügen, wirtschaftlich nahe. Denn es steht durch den Nachweisverzicht ganz im Belieben des Bauträgers, jederzeit und in beliebiger Höhe die Zwangsvollstreckung einzuleiten. Der Erwerber läuft damit Gefahr, Vermögenswerte endgültig zu verlieren, ohne durch einen entsprechenden Gegenwert am Bauvorhaben gesichert zu sein. Hierdurch werden seine Risiken entgegen der zwingenden Regelung der §§ 3, 12 MaBV erheblich verschärft. § 12 MaBV verbietet dem Gewerbetreibenden bereits eine Beschränkung der nach § 3 MaBV bestehenden Verpflichtungen. Eine solche Beschränkung liegt in der im Zusammenhang mit dem notariellen Erwerbsvertrag geschaffenen Möglichkeit des Zugriffs in der Zwangsvollstreckung, die ohne die Unterwerfungserklärung nicht bestünde. Auf die Frage, inwieweit die Erwerber durch rechtzeitige Rechtsbehelfe gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme im Wege der Zwangsvollstreckung einen endgültigen Zugriff verhindern können, kommt es nicht an.
bb) Die mit dem Nachweisverzicht versehene Unterwerfungserklärung ist wegen des Verstoßes gegen § 12 MaBV gemäß § 134 BGB unwirksam. Die Frage, ob verbotswidrige Rechtsgeschäfte nach § 134 BGB nichtig sind, ist aus Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg. Die Nichtigkeit kann im Ausnahmefall auch aus der Verletzung einseitiger Verbote folgen, falls der Zweck des Gesetzes nicht anders zu erreichen ist und die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung nicht hingenommen werden kann (BGH, Urteile vom 22. September 1983 – VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240, 243 m.w.N.; vom 16. Januar 1996 – XI ZR 116/95, BGHZ 131, 385, 389; st. Rspr.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die unmittelbaren materiellen Auswirkungen der Vertragsgestaltung gebieten ungeachtet des prozessualen Charakters der Unterwerfungserklärung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12. Juli 1996 – V ZR 202/95, NJW 1996, 2792 m.w.N.) die Anwendung des § 134 BGB. Die Verbotsvorschrift des § 12 MaBV richtet sich gegen den Bauträger (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 22. September 1983 – VII ZR 43/83 und vom 16. Januar 1996 – IX ZR 116/95, aaO). Die MaBV bezweckt mit dem Verbot den Schutz des Erwerbers im konkreten Vertragsverhältnis. Dieser Schutz ist nur durch die Nichtigkeit zu erreichen.
cc) Nach § 218 Abs. 1 Satz 2 BGB verjährt ein Anspruch aus einer vollstreckbaren Urkunde in dreißig Jahren. Ist die Unterwerfungserklärung wegen eines Verstoßes gegen § 134 BGB i.V.m. § 12 MaBV nichtig, kann diese Wirkung nicht eintreten. Unbeschadet des Umstandes, daß auch aus einer formell wirksamen Unterwerfungserklärung die Zwangsvollstreckung möglich ist (Senatsurteil vom 14. Mai 1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229) gibt § 218 Abs. 1 BGB nichts dafür her, aus einer Unterwerfungserklärung materiell-rechtliche Verjährungsfolgen herzuleiten, obwohl diese Erklärung gesetzlich verboten und deshalb materiell-rechtlich auch unwirksam ist. Das würde dem mit dem gesetzlichen Verbot bezweckten Schutz des Erwerbers zuwider laufen.
3. Auf die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts zum Verstoß gegen das AGB-Gesetz kommt es demnach nicht an.
II.
Das Berufungsgericht erachtet die Verjährungseinrede als begründet. Es geht dabei zugunsten der Klägerin von einem Ende der regulären Verjährungsfrist am 31. Dezember 1995 aus (§§ 196 Abs. 1 Nr. 1, 201 BGB). Es verneint eine Hemmung der Verjährung aufgrund der Verhandlungen der Parteien und läßt offen, ob die Beklagten mit der Erhebung der Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstoßen haben könnten. Der darauf beruhende Einwand sei der Klägerin abgeschnitten, weil sie nach Zugang des letzten Schreibens der Beklagten nicht rechtzeitig verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergriffen habe.
Auch dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. Sie ist der Ansicht, die Beklagten hätten im Schreiben vom 16. Dezember 1995 die Forderung in Höhe von 6.268 DM anerkannt (§ 208 BGB). Sie hätten mit der Formulierung, diesen noch offenen Betrag als Sicherheit für die Mängelbeseitigung einzubehalten, ihr Bewußtsein von der grundsätzlichen Berechtigung dieser Forderung unzweideutig zum Ausdruck gebracht.
Dem kann der Senat sich nicht anschließen. Die Beklagten haben mit der besagten Formulierung den Bestand der als „Sicherheit” einbehaltenen Werklohnforderung dem Grunde nach in Frage gestellt. Ihre Erklärung ist demnach nicht als Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB anzusehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Februar 1969 – VII ZR 18/67, NJW 1969, 1108; vgl. auch Staudinger/Peters, 13. Bearb., § 208 Rdn. 10; Soergel/Walter, 12. Aufl., § 208 Rdn. 14; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 8. Aufl. Rdn. 2043 und 2431).
2. Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, daß die Parteien ein die Verjährung hemmendes Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) abgeschlossen haben. Es deutet nichts darauf hin, daß die Parteien sich am 28. September 1995 auf ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht geeinigt haben.
3. Die Revision meint schließlich zu Unrecht, das Berufungsgericht habe die der Klägerin vorsorglich eingeräumte Überlegungsfrist zu knapp bemessen.
Die Frist, innerhalb der der Gläubiger, beispielsweise nach dem Scheitern von Vergleichsverhandlungen, verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen muß, um einer vom Schuldner erhobenen Verjährungseinrede den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenhalten zu können, ist nach den jeweiligen Umständen des Falles zu bestimmen (Senatsurteil vom 6. Dezember 1990 – VII ZR 126/90, ZfBR 1991, 69, 70 = BauR 1991, 215 = NJW 1991, 974, 975 m.w.N.). Die Auffassung des Berufungsgerichts, der anwaltlich vertretenen Klägerin, die schon im November 1994 mit Klage gedroht habe, sei es zuzumuten gewesen, innerhalb der „üblichen” Frist von einem Monat Klage zu erheben oder wenigstens einen Mahnbescheidsantrag einzureichen, ist nicht zu beanstanden.
Unterschriften
Thode, Quack, Wiebel, Kuffer, Kniffka
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 387 |
DB 1999, 376 |
DStR 1999, 250 |
NJW 1999, 51 |
BauR 1999, 53 |
JurBüro 1999, 162 |
MittRhNotK 1998, 373 |
NZM 1999, 37 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 29 |
ZAP 1998, 1203 |
ZIP 1998, 2063 |
DNotZ 1999, 53 |
InVo 1999, 48 |
MDR 1999, 32 |
ZfBR 1999, 3 |
ZfBR 1999, 93 |
IPuR 1999, 42 |
NotBZ 1998, 234 |
ZNotP 1999, 34 |