Leitsatz (amtlich)
Der Einräumung eines Erwerbsrechts in einem Leasingvertrag mit der Folge der Anwendbarkeit des Abzahlungsgeschäfts auf das Rechtsgeschäft setzt der Fall gleich, in dem feststeht, daß die Sache nach Ablauf der Grundmietzeit für beide Parteien wertlos ist. Die Tatsachen, die diese Wertung ermöglichen, müssen bei Vertragsschluß feststehen und für die Vertragsparteien erkennbar sein.
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 22.12.1983) |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 9. Zivilsenat in Freiburg - vom 22. Dezember 1983 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte betreibt eine Getränkehandlung. Er ist nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen.
Im Frühjahr 1981 bot ihm die Firma T. Getränkeautomaten und Münzwechsler zum Kauf an, die in Schulen aufgestellt werden sollten. Da ein Kauf nicht zustandekam, schlug die Fa. T. vor, die Geräte zu leasen. Auf ihre Vermittlung schlossen die Parteien daraufhin am 5./18. März 1981 einen "kündbaren Mietvertrag". Danach mietete der Beklagte die Geräte auf unbestimmte Zeit zu einem auf der Basis einer unterstellten Mietzeit von 66 Monaten kalkulierten monatlichen Mietzins von 2.185,- DM zuzüglich 13 % Mehrwertsteuer (= zusammen 2.469,05 DM). Gemäß Nr. 2 des formularmäßig gestalteten Vertrages war dieser erstmals zum Ende des 30. Vertragsmonats kündbar. Bei einer Kündigung durch den Beklagten sollte eine - im einzelnen geregelte - Mietnachzahlung fällig werden, auf die der erzielbare Wiederverwertungserlös zu 80 % bzw. im Falle einer gleichwertigen Weitervermietung zu 100 % angerechnet werden sollte. Ein Anspruch des Mieters auf Übereignung des Mietgegenstandes wurde ausgeschlossen (Nr. 1 Satz 2 des Vertrages). Dieser sollte vielmehr bei Beendigung des Vertrages an den Vermieter zurückgegeben werden (Nr. 15.1. des Vertrages).
Die Klägerin kaufte die Geräte nebst den Nutzungsrechten an den vorgesehenen Aufstellplätzen im O.-D.-Zentrum in R. und in der Grund- und Hauptschule in S. zum Preist von 107.350,- DM einschließlich Mehrwertsteuer und ließ die Geräte am 10. März 1981 durch die Firma T. an diesen Plätzen für den Beklagten montieren.
Da der Beklagte in den Folgemonaten mit den Getränkeautomaten Verluste machte, bemühte er sich um eine Herabsetzung der Mietzinsrate. Als diese Bemühungen scheiterten, stellte er ab September 1981 die Mietzinszahlungen ein und berief sich darauf, der Mietvertrag sei nicht zustandegekommen, weil er ein verdecktes Abzahlungsgeschäft darstelle und von ihm widerrufen worden sei. Jedenfalls sei der Vertrag gemäß § 138 BGB nichtig; er wahre einseitig nur die Interessen der Klägerin und gehe von um mehr als 100 % überhöhten Preisen der Automaten aus.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin den Mietzins für die Monate September und Oktober 1981 nebst Zinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten (25,06 DM) geltend gemacht. Der Beklagte hat Klageabweisung begehrt und Widerklage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Mietvertrages erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Es hat angenommen, der Mietvertrag sei ein verdecktes Abzahlungsgeschäft (§ 6 AbzG), und der Beklagte habe seine auf dessen Abschluß gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen. Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren entsprochen und die Widerklage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
I.
Beide Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, daß der zwischen den Parteien geschlossene "kündbare Mietvertrag" seinem Wortlaut nach einen typischen Finanzierungsleasingvertrag darstellt. Diese Wertung ist zutreffend. Sie wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt.
II.
Im Gegensatz zum Landgericht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, der Vertrag der Parteien sei kein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 6 AbzG und unterliege daher nicht den Regeln des Abzahlungsgesetzes, so daß der Beklagte vom Vertrag nicht gemäß § 1 b AbzG durch Widerruf seiner auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärung habe Abstand nehmen können.
1.
Das Berufungsgericht hat hierzu unter Hinweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats ausgeführt, ein Ungehungsgeschäft könne nur angenommen werden, wenn mit dem Leasingvertrag letztlich der Erwerb des Leasinggegenstandes gegen Teilzahlung erreicht werden solle. Es sei indessen im Streitfall nicht feststellbar, daß die Parteien dieses Ziel verfolgt hätten. Ein Recht, die Leasingsache zum Eigentum zu erwerben, sei dem Beklagten nicht eingeräumt, sondern im Vertrag ausdrücklich ausgeschlossen worden. Auch die Tatsache, daß der Vertrag die volle Amortisation des Kaufpreises über die Leasingraten vorgesehen habe, rechtfertige es nicht, ihn einem Abzahlungskauf gleichzustellen. Die Annahme eines Umgehungsgeschäftes sei auch nicht deshalb geboten, weil kein "Restwert" kalkuliert worden sei und die Automaten nach Ablauf der vorgesehenen Mietzeit möglicherweise vollständig abgenutzt gewesen wären. Es sei nämlich schon nicht erwiesen, daß die Parteien hiervon bei Vertragsschluß übereinstimmend ausgegangen seien und die Laufzeit des Vertrages entsprechend bemessen hätten.
2.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung und den Revisionangriffen stand.
Es ist schon zweifelhaft, ob das vorliegende Leasinggeschäft nicht von vorneherein aus dem Anwendungsbereich des § 6 AbzG herausfällt, weil es neben den Automaten auch die Nutzung der Aufstellplätze umfaßt. Diese Frage kann jedoch offen bleiben; auch wenn man diese Nutzung unberücksichtigt läßt und lediglich auf die Überlassung der Automaten abstellt, ist § 6 AbzG nicht anwendbar.
Gemäß § 6 AbzG finden die Vorschriften der §§ 1 bis 5 des Gesetzes auf Verträge Anwendung, welche darauf abzielen, die Zwecke eines Abzahlungsgeschäftes der in § 1 gekennzeichneten Art in einer anderen Rechtsform zu erreichen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 12. Dezember 1973 - VIII ZR 183/72 = BGHZ 62, 42; 8. Oktober 1975 - VIII ZR 81/74 = WM 1975, 1203; 23. Februar 1977 - VIII ZR 124/75 = BGHZ 68, 118; 9. März 1977 - VIII ZR 192/75 = WM 1977, 473; 5. April 1978 - VIII ZR 49/77 = BGHZ 71, 196; 24. Januar 1979 - VIII ZR 16/78 = WM 1979, 491; 24. Oktober 1979 - VIII ZR 235/78 = WM 1979, 1385; 24. Mai 1982 - VIII ZR 105/81 = WM 1982, 873) erfüllt ein Leasingvertrag diesen Tatbestand des verdeckten Abzahlungsgeschäftes, wenn er bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise letztlich denselben Erfolg wie ein Kauf herbeiführen soll. Die Beantwortung dieser Frage hängt im Einzelfall entscheidend davon ab, ob der Vertrag die Übertragung der Sachsubstanz zum Endziel hat, ob also der Leasingnehmer damit rechnen kann, daß ihm bei störungsfreiem Verlauf die Sache endgültig verbleibt.
a)
Dies ist grundsätzlich anzunehmen, wenn ihm ein Recht auf Erwerb der Leasingsache eingeräumt ist. Soweit in den vorn Senat bisher entschiedenen Fällen ein solches Erwerbsrecht - wie hier - fehlte, hat der Senat ein verdecktes Abzahlungsgeschäft nicht angenommen (Urteile vom 8. Oktober 1975 aaO; 23. Februar 1977 aaO; 5. April 1978 a.a.O. und 24. Oktober 1979 aaO). Er hat es insbesondere auch abgelehnt, trotz Fehlens eines Erwerbsrechts des Leasingnehmers einen Leasingvertrag dann als Umgehungsgeschäft im Sinne von § 6 AbzG zu werten, wenn die vom Leasingnehmer zu erbringenden Leistungen rechnerisch den Aufwendungen entsprechen, die er unter vergleichbaren Bedingungen als Abzahlungskäufer für den Erwerb der Sache aufbringen müßte (Urteile van 8. Oktober 1975 a.a.O. S. 1205; 23. Februar 1977 a.a.O. und 5. April 1978 a.a.O. S. 200). An dieser Auffassung, die auch dem angefochtenen Urteil zugrundeliegt und von der Revision nicht in Zweifel gezogen wird, hält der Senat fest (vgl. insoweit auch das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 24. April 1985 - VIII ZR 95/84).
b)
Die vom Berufungsgericht gleichfalls behandelte Frage, ob der Einräumung eines Erwerbsrechts die Fälle gleichgeachtet werden können, in denen die Sache bei Ablauf der Grundmietzeit für beide Parteien wertlos ist, hat der Senat bislang zwar mehrfach angesprochen aber jeweils offengelassen, weil sie nicht entscheidungserheblich war (Urteile vom 23. Februar 1977 a.a.O. S. 122; 9. März 1977 a.a.O. S. 475; 5. April 1978 a.a.O. S. 201; 24. Oktober 1979 a.a.O. S. 1387). Der Senat hat keine Bedenken, die Frage grundsätzlich zu bejahen. Pur eine Gleichstellung spricht, daß durch § 6 (letzter Satzteil) AbzG vor allem auch Fälle in den Anwendungsbereich des Abzahlungsgesetzes einbezogen werden sollen, in denen ein rechtlicher Eigentumswechsel hinsichtlich der Leasingsache zwar nicht vorgesehen oder gar ausgeschlossen ist, in denen aber - etwa kurzlebige - Wirtschaftsgüter für die Dauer ihrer gesamten rechtlichen oder tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit überlassen werden, der Benutzer sich also ihre Sachsubstanz voll zufahren kann und demgemäß die Güter nach Ablauf der Nutzungsdauer wirtschaftlich wertlos sind (vgl. Senatsurteil vom 5. April 1978 a.a.O. S. 201 und 203). Wem das Recht eingeräumt ist, eine Sache bis zu ihrer absoluten Wertlosigkeit zu gebrauchen, der steht - jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis - ihrem Eigentümer gleich.
Ob ein Leasingvertrag dem Abzahlungsgesetz unterfällt, muß allerdings schon bei Vertragsschluß klar aufgrund des Vertragsinhaltes selbst oder aufgrund von sonstigen feststehenden eindeutigen Umständen ersichtlich sein (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 1982 a.a.O. S. 875). Dementsprechend hat der Senat die bisher nur in Erwägung gezogene Gleichstellung eines Wertverzehrs der Leasingsache mit einem vertraglich eingeräumten Eigentumerwerbsrecht des Leasingnehmers an die Voraussetzung geknüpft, bei Vertragsschluß müsse feststehen, daß die Sache nach Ablauf der Grundmietzeit für beide Parteien wertlos ist (Urteile vom 23. Februar 1977 a.a.O. S. 122; 9. März 1977 a.a.O. S. 475; 5. April 1978 a.a.O. S. 201 und 24. Oktober 1979 a.a.O. S. 1387). Ob die Sache in diesem Sinne wertlos ist, richtet sich danach, ob sich die tatsächliche oder rechtliche Nutzungsmöglichkeit mit der vorgesehenen Mietzeit deckt, der Leasingnehmer also den Gebrauchswert der Sache während dieser Mietzeit aufzehrt (vgl. Senatsurteil VIII ZR 95/84 vom 24. April 1985). Die Tatsachen, die diese Wertung ermöglichen, müssen bei Vertragsschluß feststehen und für die Vertragsparteien erkennbar sein.
Hier sind keine Anhaltspunkte vorhanden, die den Schluß auf einen vollständigen Wertverzehr während der vorgesehenen Mietzeit - bei vertragsgemäßer Nutzung - rechtfertigten. Der Vertragsinhalt selbst läßt einen solchen Rückschluß nicht zu. Vielmehr könnte die darin geregelte Rückgabepflicht des Beklagten dafür sprechen, daß die Parteien erkennbar von der weiteren funktionsgerechten Verwendbarkeit der Gegenstände ausgegangen sind. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, daß sich die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit von Automaten der vorliegenden Art allgemein auf eine bestimmte Dauer beschränkt und diese mit der hier unterstellten Grundmietzeit übereinstimmt. Auch die Revision macht dies nicht geltend, sondern räumt ein, es handele sich bei den fraglichen Automaten nicht "unbedingt" um kurzlebige Wirtschaftsgüter.
Sie meint allerdings, im konkreten Falle ergebe sich die Wertlosigkeit der Automaten nach einer Mietzeit von 66 Monaten daraus, daß die Klägerin für die Zeit danach keinen Restwert kalkuliert habe und die Geräte in Schulen aufgestellt werden sollten, in denen mit einer besonders strapaziösen Behandlung habe gerechnet werden müssen. Dem kann nicht gefolgt werden. Daß die Klägerin keinen Restwert kalkuliert hatte, besagt für die hier interessierende Frage nichts. Es handelt sich um einen Vollamortisationsvertrag, der bei Vertragsbeendigung zudem die entschädigungslose Rückgabe der Leasingsachen an die Klägerin vorsieht. Die Kalkulation eines Restwertes hätte bei dieser Vertragsgestaltung daher keinen Sinn gehabt. Der Umstand, daß die Geräte in Schulen aufgestellt werden sollten, und daher möglicherweise die Gefahr einer übermäßigen Beanspruchung bestand, läßt allein nicht den Schluß zu, daß die Nutzungsmöglichkeit am Ende der Mietzeit erschöpft gewesen sei. Hierzu hätte es zumindest einer näheren Darlegung über die allgemeine Beanspruchbarkeit der Geräte und deren normalen mechanischen Abnutzung trotz ordnungsgemäßer Wartung und Pflege bedurft. An einer solchen Darlegung fehlt es jedoch.
c)
Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob der weiteren Begründung des Berufungsgerichts zugestimmt werden könnte, daß ein unter dem Gesichtspunkt des Wertverzehrs mögliches Umgehungsgeschäft im Sinne des § 6 AbzG jedenfalls deshalb zu verneinen sei, weil das Leasinggeschäft die Automaten an einem bestimmten Aufstellplatz zum Gegenstand habe und zumindest der durch den Aufstellplatz verkörperte Wert dem Beklagten nach Ablauf der Mietzeit nicht verbleiben werde. Demgemäß braucht auch auf die gegen diese Annahme des Berufungsgerichts gerichteten Revisionsangriffe nicht eingegangen zu werden.
III.
Der somit nicht dem Abzahlungsgesetz unterfallende und daher auch nicht widerrufbare (§ 1 b AbzG) Leasingvertrag ist nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht gemäß § 138 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.
1.
Rechtlich bedenkenfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB verneint. Der Tatbestand des Wuchers scheidet demnach aus.
2.
Die Feststellungen des Berufungsgerichts, daß auch die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB ausscheide, ist - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.
a)
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, die gegenseitigen Leistungen der Parteien stünden nicht in einem derartigen Mißverhältnis, daß der Vertrag als wucherähnlich zu werten sei. Entsprechend der Einordnung des Vertrages als Mietvertrag liege es nahe, die Leistungen der Klägerin nach dem monatlichen Wert der Sachnutzung unter Berücksichtigung von Steuervorteilen in Relation zur monatlichen Leasingrate zu bestimmen. Es sei aber nicht nachvollziehbar dargetan, daß insoweit von vornherein ein krasses Mißverhältnis bestanden habe. Der Beklagte habe zwar ständig mit erheblichen Verlusten gearbeitet, dies bedeute jedoch nicht schon, daß die Klägerin oder die Fa. T. diese ungünstige Geschäftsentwicklung vorausgesehen hätten oder hätten voraussehen müssen und daß die falschen Gewinnerwartungen des Beklagten von der Klägerin in übersteigertem Gewinnstreben ausgenutzt worden seien. Es sei vielmehr in erster Linie Aufgabe des Beklagten als selbständigem Unternehmer gewesen, die Chancen des beabsichtigten neuen Geschäftszweiges und die objektiven Wertverhältnisse zwischen Leistung und Gegenleistung zu überprüfen. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, daß der bereits im Getränkehandel selbständig tätige Beklagte hierzu in der Lage sei. Es sei auch nicht dargetan, daß die übersteigerten Gewinnvorstellungen des Beklagten durch konkrete unrichtige Angaben der Fa. T. ausgelöst worden seien, so daß offenbleiben könne, ob bei einem Finanzierungsleasing das Verhalten des Verkäufers der Leasingsache dem Leasinggeber wie beim finanzierten Abzahlungskauf überhaupt zugerechnet werden könne.
Schließlich handele es sich auch nicht an einen sittenwidrigen Knebelungsvertrag. Die Laufzeit von 66 Monaten sei für einen Finanzierungsvertrag nicht ungewöhnlich lang. Außerdem gehe es nur um einen Nebenerwerb, der weder wesentliches Kapital noch die Arbeitskraft des Beklagten binde.
b)
Demgegenüber macht die Revision geltend, es sei nicht ersichtlich, daß das Berufungsgericht die Voraussetzungen, unter denen ein krasses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen werden könne, erkannt habe. Das Wertverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen sei nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Insoweit habe das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten unberücksichtigt gelassen, der objektive Verkehrswert sämtlicher Automaten habe lediglich etwa 40.000 DM betragen.
Die vom Beklagten für 66 Monate zu zahlenden Leasingraten überstiegen datier den Wert der Automaten um mehr als das Dreifache. Zudem hätte das Berufungsgericht berücksichtigen müssen, daß nach den Vertragsbedingungen eine weitgehende Verlagerung des nach den gesetzlichen Vorschriften vom Vermieter zu tragenden Risikos hinsichtlich der Leasingsachen auf den Beklagten erfolgt sei. Dieser habe danach die Verpflichtung, die Automaten während der Mietzeit auf eigene Kosten funktions- und gebrauchsfähig zu halten und in vollem Umfange die Sachgefahr zu tragen. Außerdem seien die Verwendungsmöglichkeiten für den Beklagten stark eingeschränkt, weil die Automaten grundsätzlich nur am vereinbarten Standort aufgestellt werden dürften. Aus der Tatsache des somit gegebenen objektiven Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung könne zwingend auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin geschlossen werden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei der Vertrag auch als Knebelungsvertrag sittenwidrig. Diese Annahme sei gerechtfertigt, wenn neben der Laufzeit des Vertrages die weitgehende Risikoverlagerung auf den Beklagten berücksichtigt werde.
c)
Diesen Revisionsangriffen halten die Ausführungen des Berufungsgerichts stand.
aa)
In der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 150, 1, 4; 165, 1, 14) und des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 80, 153, 160; Senatsurteile vom 14. Juli 1969 - VIII ZR 245/67 = WM 1969, 1255, 1257; 24. Januar 1979 - VIII ZR 16/78 = WM 1979, 491, 492 und 26. Mai 1982 - VIII ZR 123/81 = WM 1982, 849) wird einhellig die Auffassung vertreten, daß ein Vertrag bei auffälligem Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dann wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist, wenn eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragsteils hervorgetreten ist. Dabei kann dann, wenn das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders groß ist, der - die Annahme einer verwerflichen Gesinnung rechtfertigende - Schluß auf bewußte oder doch grob fahrlässige Ausnutzung irgendeines den Vertragsgegner hemmenden Tatumstandes zwingend naheliegen (Senatsurteil vom 24. Januar 1979 a.a.O. S. 492 m.w.N.).
Daß das Berufungsgericht hier einen solchen Schluß nicht gezogen hat, ist indessen nicht zu beanstanden. Der Revision ist zwar zuzugeben, daß das Berufungsgericht bei der Prüfung des Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung nicht den objektiven Wert der Leasinggegenstände ermittelt und zu der diesbezüglichen Behauptung des Beklagten keine Feststellungen getroffen hat. Es ist demnach für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß die Automaten lediglich einen Verkehrswert von etwa 40.000 DM hatten und damit ein auffälliges Mißverhältnis zwischen dem Nutzungswert der Automaten und den vom Beklagten zu erbringenden Leistungen nicht ausgeschlossen werden kann. Daraus kann aber gleichwohl nicht auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin geschlossen werden. Die verwerfliche Gesinnung darf nicht schematisch aus der ziffernmäßigen Höhe des objektiven Wertverhältnisses entnommen werden (Senatsurteil vom 24. Januar 1979 aaO). Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Für die subjektive Seite des § 138 Abs. 1 BGB (die verwerfliche Gesinnung) ist weniger der objektive Wert als vielmehr der Wert entscheidend, den die Leistung vom Standpunkt des begünstigten Teils aus hat (Senatsurteil vom 24. Januar 1979 a.a.O. m.N.). Nach der von der Revision nicht angegriffenen Sachverhaltsfeststellung des Berufungsgerichts hatte die Klägerin die Automaten und das Nutzungsrecht an den Stellplätzen indessen selbst zum Preise von 107.350,- DM gekauft. Berücksichtigt man, daß die vom Beklagten zu erbringende Leistung sich auf 66 Monate verteilte, also mithin kreditiert wurde, so (fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für ein verwerfliches Gewinnstreben der Klägerin. Dies gilt auch dann, wenn zusätzlich die leasingtypische Verlagerung des Sach- und Preisrisikos hinsichtlich der Automaten berücksichtigt wird.
bb)
Auch die Annahme des Berufungsgerichts, bei dem Leasinggeschäft habe es sich nicht um einen sittenwidrigen Knebelungsvertrag gehandelt, ist rechtlich bedenkenfrei. Eine sittenwidrige Knebelung des Vertragspartners setzt voraus, daß dessen wirtschaftliche Bewegungsfreiheit im ganzen oder einen wesentlichen Teil durch den Vertrag gelähmt wird. Der Verneinung dieser Voraussetzungen durch das Berufungsgericht setzt die Revision unzulässigerweise lediglich ihre eigene - abweichende - Wertung entgegen. Sie weist nicht auf, inwiefern die tatrichterlich mögliche Würdigung des Berufungsgerichts von Verfahrensfehlern beeinflußt sein könnte.
III.
Da der zwischen den Parteien geschlossene Leasingvertrag somit wirksam ist, hat das Berufungsgericht zu Recht dem Klagebegehren stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, so daß die dagegen gerichtete Revision des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen war.
Fundstellen
Haufe-Index 3018849 |
NJW 1985, 1546 |
NJW 1985, 1546-1547 (Volltext mit amtl. LS) |