Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 1 LitUrhG, wonach es für öffentliche Aufführungen eines erschienenen Werkes der Tonkunst der Einwilligung des Urheberberechtigten nicht bedarf, wenn sie keinem gewerblichen Zweck dienen und die Hörer ohne Entgelt zugelassen werden, sind bei Betriebsveranstaltung gewerblicher Unternehmungen nicht erfüllt.
Aufführungen urheberrechtlich geschützter Werke, die bei Betriebsfeiern stattfinden, bedürfen nur dann nicht der Erlaubnis der Urheberberechtigten, wenn es sich um nichtöffentliche Veranstaltungen handelt. Dies setzt voraus, daß der Teilnehmerkreis über seine Zugehörigkeit zum Betrieb hinaus durch engere persönliche Beziehungen miteinander verbunden ist. Ob eine solche persönliche Verbundenheit besteht, ist im wesentlichen Tatfrage.
Die GEMA, Gesellschaft für Musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, ist berechtigt, bei Berechnung des Schadens, der durch ungenehmigte öffentliche Mislaufführungen entstanden ist, von höheren Gebührensätzen auszugehen, als sie für erlaubterweise veranstaltete öffentliche Musikdarbietungen verlangt. Diese Erhöhung der Gebühren für Rechtsverletzter rechtfertigt sich daraus, daß die GEMA, um Urheberverletzungen nachzugehen, eine umfangreiche Überwachungsorganisation unterhalten muß, deren Kosten billigerweise allein von den Rechtsverletzern zu tragen sind.
Normenkette
LitUrhG § 27 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2, § 37
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.07.1953) |
KG Berlin |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. Juli 1953 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß Ziff 2 der Urteilsformel folgende Fassung erhält:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Geldstrafe in unbeschränkter Höhe oder Haftstrafe bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
bei Betriebsveranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von mindesten 100 Personen Musikwerke, die für die Klägerin geschützt sind, ohne deren Genehmigung aufzuführen, es sei denn, daß die Teilnehmer in ihrer Gesamtheit über ihre Zugehörigkeit zum Betrieb oder zu einzelnen Belegschaftsgruppen der Beklagten hinaus durch ein persönliches Band miteinander verbunden sind.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die musikalischen Aufführungsrechte in- und ausländischer Komponisten wahr, und zwar auf Grund von Verträgen, die sie mit den Komponisten, deren Verlegern oder ausländischen Gesellschaften zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte geschlossen hat. In der Zeit vom 29. Januar 1949 bis zum 9. Februar 1951 veranstaltete die beklagte Aktiengesellschaft für ihre rund 7000 Personen umfassende Belegschaft 30 Belegschaftsabende mit Unterhaltungs- und Tanzmusik. Die Veranstaltungen fanden in besonderen Räumen von Gastwirtschaften statt und waren durch Türschilder als „Geschlossene Gesellschaft” bezeichnet. Die Teilnehmerzahl betrug jeweils 100–800 Personen. Ein Eintrittsgeld wurde nicht erhoben. An den Veranstaltungen vom 28. August 1949 mit 200 Personen und vom 24. Juni 1950 mit 500 Personen nahmen ausschließlich Betriebsangehörige teil. Die übrigen Veranstaltungen wurden auch von Familienangehörigen und Verlobten der Betriebsangehörigen besucht. Bei einigen zeitlich nicht mehr bestimmbaren Veranstaltungen durften unverheiratete Belegschaftsmitglieder ihre Freude bzw. Freundinnen mitbringen.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe bei den genannten Belegschaftsabenden ohne ihre Erlaubnis Musik aufführen lassen, die zu dem von ihr verwalteten Bestand urheberrechtlich geschützter Musik gehöre. Da es sich um öffentliche Veranstaltungen gehandelt habe und die Aufführungen gewerblichen Zwecken gedient hätten, sei die Beklagte verpflichtet, ihr Schadensersatz in doppelter Höhe ihres Normaltarifes TC nach Maßgabe der Berechnung in ihrer Klageschrift zu leisten. Außerdem könne sie die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.248,80 DM der Bank Deutscher Länder nebst 2 % Zinsen über Bundesdiskontsatz seit Klagezustellung zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, Aufführungen von für die Klägerin geschützter Musik ohne deren Genehmigung, insbesondere bei Betriebsveranstaltungen, bei Vermeidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Strafe zu unterlassen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die Veranstaltungen seien nicht öffentlich gewesen. Es habe sich in keinem Falle um Veranstaltungen für ihre gesamte Belegschaft gehandelt, sondern stets nur um Veranstaltungen für eine einzelne Gruppe ihrer Belegschaft (Meisterschaft) oder für einen großenmässig vergleichbaren Kreis. Die Menschen dieser gruppe seien durch ihre gemeinsame Arbeit, durch ihre gemeinsame Existenzgrundlage und durch ihr Mitbestimmungsrecht am Werk enger verbunden als Vereinsmitglieder. Auch die Ehefrauen seien sich untereinander persönlich bekannt, da sie in den geschlossenen Siedlungen des Werkes lebten und an den sozialen Einrichtungen des Werkes teilnahmen. Die Betriebsfeiern hätten auch keinen gewerblichen, sondern sozialen Zwecken gedient. Die seien um des Menschen selbst willen durchgeführt worden und nicht deshalb, um die Arbeitsleistung der Betriebsangehörigen und damit den betrieblichen Erfolg zu erhöhen. Als Schaden könne die Klägerin nicht das Doppelte ihrer Gebühren beanspruchen. Für die Weiterverfolgung des Unterlassungsanspruches fehle das Rechtsschutzinteresse, da sie sich der Entscheidung des Gerichts fügen und in gleichliegenden Fällen künftig Zahlungen leisten werde, wenn sie in diesem Rechtsstreit rechtskräftig zur Zahlung verurteilt werden sollte.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 1.248,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4. Februar 1952 verurteilt, im übrigen die Klage abgewiesen. Den Schadensersatz hat es der Klägerin aus § 37 Satz 1 LitUrhG mit der Begründung zugesprochen, daß die streitigen Musikaufführungen öffentlich stattgefunden und gewerblichen Zwecken im Sinne des § 27 Abs. I Satz I LitUrhG gedient hätten: die Verdoppelung des Normaltarifes der Klägerin sei unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes berechtigt. Den Unterlassungsanspruch hat das Landgericht für unbegründet erachtet, da es angesichts der Erklärung der Beklagten an einer Wiederholungsgefahr fehle.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie eine Verurteilung nach ihren erstinstanzlichen Klageanträgen anstrebten.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin das Berufungsurteil dahin abgeändert, daß die Beklagte außer zur Zahlung von 1.248,80 nebst Zinsen weiterhin verurteilt worden ist, die Aufführung von Musikwerken, die für die Klägerin geschützt sind, bei Betriebsveranstaltungen ohne Genehmigung der Klägerin zu unterlassen.
Gegen diesen Urteil hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie ihren Klagabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat den Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß §§ 37 Satz 1, 11 Abs. 2 LitUrhG in Verbindung mit § 31 BGB für begründet erachtet, weil der Vorstand der Beklagten an 30 Belegschaftsabenden, ohne die Erlaubnis der Klägerin einzuholen, öffentliche Musikwerke habe aufführen lassen, die zu dem von der Klägerin verwalteten Bestand urheberrechtlich geschützter Musik gehören. Damit habe die Beklagte schuldhaft die der Klägerin von den Komponisten übertragen Aufführungsbefugnisse verletzt.
a) Der Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach eine tatsächliche Vermutung, die von der Beklagten icht habe ausgeräumt werden können, dafür spreche, daß die Aufführungsrechte der an den Belegschaftsabenden dargebotenen Musikwerken nahezu ausschließlich von der Klägerin verwaltet würden, wird von der Revision nicht angegriffen. Er entspricht der ständigen Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin (für den Rechtszustand vor dem Kriege vgl. KG in Ufita 1939, 133) Rechtlich Bedenken sind hiergegen im Hinblick auf die lange Schutzdauer von Musikwerke (§ 29 LitUrhG) und die, wenn auch nicht rechtliche, wo doch tatsächliche Monopolstellung der Klägerin als einziger deutscher Verwaltungsgesellschaft für musikalische Urheberrechte mit einem fast lückenlosen Repertoire an in- und ausländischer Tanz- und Unterhaltungsmusik nicht zu erheben (BGHZ 15, 338 [349 ff]).
b) Der Hauptangriff der Revision geht dahin, das Berufungsgericht habe den Begriff der Öffentlichkeit im Sinne des § 11 LitUrhG verkannt. Dieser Angriff ist unbegründet.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Öffentlichkeit der fraglichen Veranstaltungen nur dann zu verneinen sei, wenn die Teilnehmer der Belegschaftsabende durch wechselseitige persönliche Beziehungen einen in sich geschlossenen, nach außen individuell abgegrenzten Personenkreis gebildet hätten. Dieser Rechtsstandpunkt entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts wie auch der im Fachschrifttum vertretenen Auffassung (RG JW 1911, 253: Recht 1910 Nr. RGSt 21, 254 [256]; 22, 241; 40, 262: RG in GoldtArch 56, 70; 58, 454; KG Ufita 1939, 133; 1941, 392; LG Berlin NJW 1952, 890 mit Anm. von Neumann – Duesberg; Allfeld § 11 LitUrhG Anm. 19; Marwitz-Möhring, Komm z LitUrhG S 121: Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht S 139 ff; Voigtländer-Elster-Kleine § 11 LitUrhG Anm. 5). Der Umstand allein, daß die Zulassung zu einer Veranstaltung an eine bestimmte generelle Voraussetzung geknüpft wird – wie hier an die Zugehörigkeit zu einem Betrieb oder zu einer einzelnen Belegschaftsgruppe – reicht nicht aus, der Veranstaltung den Charakter der Öffentlichkeit zu nehmen. Die Teilnehmer an der Veranstaltung müssen vielmehr darüber hinaus durch nähere persönliche Beziehungen Miteinander verbunden sein. So können auch Vereinsveranstaltungen, zu denen ausschließlich Vereinsmitglieder zugelassen sind, öffentliche Veranstaltungen im Sinne des § 11 Abs. 2 LitUrhG sein, wenn es nach dem ganzen Gefüge des Vereins an einem engeren persönlichen Band zwischen den Vereinsmitgliedern fehlt (RGSt 21, 254 [256] GoldtArch 58, 454; JW 1911, 253). Da hiernach für die Frage, ob eine Aufführung im urheberrechtlichen Sinne als öffentlich anzusehen ist, allein der Grad der persönlichen Verbundenheit des Hörerkreises maßgebend ist, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht der Anbringung von Schildern mit den Hinweis „Geschlossene Gesellschaft” für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Bedeutung beigemessen hat.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, haben an den fraglichen Betriebsveranstaltungen der beklagten Aktiengesellschaft, deren Gesamtbelegschaft ca 7000 Personen umfaßt, jeweils 100–800 Personen teilgenommen. Es ist rechtlich bedenkenfrei, wenn das Berufungsgericht die Zugehörigkeit zu einem so großen Betrieb noch nicht als ausreichend angesehen hat, eine persönliche Verbundenheit zwischen den Einzelnen Betriebsangehörigen im Sinn der für den urheberrechtlichen Begriff der Öffentlichkeit entwickelten Rechtsgrundsätze anzunehmen. Denn die Lebenserfahrung spricht bei einem so großen Kreis von Betriebsangehörigen dagegen, daß ein vertrauterer persönlicher Kontakt zwischen den einzelnen Belegschaftsmitgliedern bestehe. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision verkennen, daß das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das in der Regel zwischen den einzelnen Betriebsangehörigen währen ihrer Zugehörigkeit zum gleichen Betrieb gegeben sein wird, nichts darüber besagt, ob die Betriebszugehörigkeit über die gleichgerichteten Arbeitsinteressen und die Werkverbundenheit hinaus zu einem so engen persönlichen Zusammenschluß der einzelnen Betriebsangehörigen untereinander geführt hat, daß es gerechtfertigt erscheint, auch Aufführungen vor einem Hörerkreis von über 100 Betriebsangehörigen noch als eine private Veranstaltung zu behandeln. Würden allein weitgehend gleichgerichtete Interessen eines nach außen bestimmt abgrenzten Personenkreises, die dessen Existenzgrundlage berühren und deshalb ihrer Natur nach ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugen können, als ausreichend erachtet, Aufführungen vor einem solchen Personenkreis stets als nicht öffentliche Veranstaltung anzusehen, so müßten beispielsweise alle Veranstaltungen beruflicher Interessenverbände, von Landsmannschaften oder von Ortseinwohnern der gleichen Gemeinde, schon wegen ihres privaten Charakters von Aufführungsgebühren freigestellt sein. Gerade um solche Veranstaltungen unter der Voraussetzung der Unentgeltlichkeit und des fehlenden gewerblichen Zweckes von dem Aufführungsverbot zu befreien, hat der Gesetzgeber es jedoch für erforderlich erachtet, die in § 27 Abs. 1 LitUrhG festgelegte Begrenzung des Aufführungsrechtes des Urhebers in das Gesetz einzufügen (Stenographische Berichte über die Verhandlung des Reichstages 1900/1902, S. 2151 ff, 2447 ff; Allfeld § 27 LitUrhG Anm. 5).
Ob im Einzelfall eine auf persönlicher Verbundenheit beruhende Gemeinschaft des Hörerkreises vorliegt, ist im wesentlichen Tatfrage. Wenn das Berufungsgericht einen über die bloße Betriebszugehörigkeit hinausgehende persönlichen Zusammenschluß der Betriebsangehörigen der Beklagten, die an den fraglichen Veranstaltungen teilgenommen haben, nicht als gegeben erachtet hat, obwohl nach dem Vorbringen der Beklagten zu diesen Veranstaltungen stets nur einzelne Gruppen ihrer Belegschaft mit einem Teilnehmerkreis von 100–800 Personen zugelassen waren, so handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung, die entscheidungserhebliche Rechtsfehler nicht erkennen läßt. Es ist der Revision zwar zuzugeben, daß der Annahme eines persönlichen Zusammenschlusses weder etwaige berufliche Rivalitäten der einzelnen Betriebsangehörigen noch der Umstand entgegenstehen, daß die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Belegschaftsgruppe nicht auf Freiwilligkeit beruht. Die weiteren, vom Berufungsgericht angeführten Gesichtspunkte, nämlich die Größe des Gesamtbetriebes, die Abhängigkeit der personellen Zusammensetzung der einzelnen Belegschaftsgruppen des Betriebes von den jeweiligen Betriebserfordernissen, der durch Kündigung und Neueinstellung bedingte Wechsel der Betriebsangehörigen tragen aber die Feststellung des Berufungsgerichts, daß auch die ausschließlich von Betriebsangehörigen besuchten Belegschaftsabende der Beklagten als öffentliche Veranstaltungen anzusehen sind.
Es läßt auch keinen Rechtsirrtum erkennen, wenn das Berufungsgericht die Nichtöffentlichkeit derjenigen Belegschaftsabende, am denen Familienangehörige, Verlobte oder Freunde der Betriebsangehörigen teilgenommen haben, bereits aus dieser Erweiterung des zu der Veranstaltung zugelassenen Personenkreises folgert, da hierdurch der Rahmen eines nach außen individuell abgegrenzten Personenkreises gesprengt wird.
c) Dem Berufungsgericht ist aber auch darin beizutreten, daß die öffentlichen Musikdarbietungen an den Belegschaftsabenden der Beklagten nicht durch § 27 Abs. 1 Satz 1 LitUrhG gedeckt sind, wonach öffentliche Aufführungen auch ohne Einwilligung des Berechtigen zulässig sind, wenn sie keinem gewerblichen Zweck dienen und die Hörer ohne Entgelt zugelassen werden.
Die Veranstaltung von Betriebsfeiern geschieht innerhalb der gewerblichen Sphäre des Arbeitsgebers. Sie ist ein Teil seiner gewerblichen Tätigkeit. Die Ausgaben für Betriebsfeiern sind dementsprechend als Gewerbeausgaben des Unternehmens steuerlich zu berücksichtigen. Eine solche steuerliche Begünstigung dieser Ausgaben würde aber nicht tatsächlich untrennbar mit den betrieblichen Interessen des Unternehmers verknüpft wären. Dies allein aber genügt, um Betriebsveranstaltungen auch vom urheberrechtlichen Blickpunkt aus nicht der privaten Sphäre des Unternehmers zuzurechnen, sondern davon auszugehen, daß sie den gewerblichen Zwecken des veranstaltenden Unternehmers dienen. Einer solchen Betrachtungsweise steht nicht entgegen, daß Betriebsveranstaltungen sich vom allem aus dem Gedanken der Förderung der Betriebsgemeinschaft und der Werkverbundenheit rechtfertigen; denn auch insoweit fördern sie zumindest mittelbar die gewerblichen Belange des Unternehmers. Der Umstand, daß sich Betriebsveranstaltungen günstig auf das allgemeine Arbeitsklima und damit das Wohlbefinden der Arbeitnehmer auswirken können, kommt nicht nur den Betriebsangehörigen selbst, sondern zugleich auch dem Gewerbebetrieb in seiner Gesamtheit zugute. Dies aber reicht aus, öffentliche Musikdarbietungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen außerhalb des Anwendungsbereichs des 27 Abs. 1 Satz 1 LitUrhG zustellen. Denn es ist für die Frage, ob die Voraussetzungen für diese Befreiung vom Aufführungsverbot vorliegen, wie das Berufungsgericht mit Recht hervorhebt, nicht maßgebend, ob der Unternehmer als Veranstalter der Musikaufführung die Folge, daß die Betriebsveranstaltung seiner gewerblichen Tätigkeit zum Nutzen gereichen, beabsichtigt oder auch nur in seine Zweckvorstellung aufgenommen hat. Es genügt vielmehr, daß die Betriebsveranstaltungen objektiv einem gewerblichen Zweck dienen, der hinter den weiteren Zwecken nicht etwa als völlig nebensächlich zurücktritt (RGSt 43, 189 [192]; GoldtArch 57, 210; Recht 13 Nr. 3508; Kg in Ufita 1941, 392).
Da sämtlich in Frage stehenden Betriebsveranstaltungen in Gastwirtschaften stattgefunden haben, kommt hinzu, daß sie zugleich die gewerblichen Interessen der Inhaber dieser Gastwirtschaften unterstützt haben. Es ist dem Berufungsgericht beizutreten, daß nach allgemeiner Erfahrung Tanz- und Unterhaltungsmusik bei Veranstaltungen der Streitigen Art einen Besonderen Anreiz für zahlreiche Teilnehmer bietet, überhaupt zu erscheinen und länger zu bleiben als sonst, wodurch der Umsatz des Saalwirtes an Speisen und Getränken in der Regel eine Steigerung erfährt. Diese mittelbare Förderung des Gewerbebetriebes eines Dritten reicht aber aus, die Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 1 LitUrhG auf solche Veranstaltungen auszuschliessen (RGSt 43, 189 [195]; vgl. auch die ständige Rechtsprechung des KG in Ufita 1941, 392; 1939, 133 [136]).
Das Berufungsgericht hat nach alledem zu Recht eine Verletzung der von der Klägerin verwalteten Aufführungsrechte durch die Musikdarbietungen anläßlich der Betriebsfeiern der Beklagten bejaht.
II. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten folgt aus 37 LitUrhG in Verbindung mit § 31 BGB.
a) Zur Frage des Verschuldens hat das Berufungsgericht dargelegt, daß dem Vorstand der Beklagten, wenn er die Sach- und Rechtslage mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt geprüft hätte, nicht hätte entgehen können, daß durch die von ihm veranlaßten Musikaufführungen die Aufführungsrechte der Klägerin verletzt wurden. Die zur Erörterung stehenden Rechtsfragen seien angesichts der vorliegenden höchstrichterlichen Entscheidungen und der Ausführungen im Schrifttum keineswegs so ungeklärt, daß es dem Vorstand der nicht möglich gewesen wäre, die Rechtslage zutreffend zu würdigen und die notwendigen Folgerungen daraus zu ziehen. Diese Ausführungen lassen einen Rechtsirrtum nicht zutage treten. Wenn die Rechtslage der Beklagten zweifelhaft erschien, so durfte sie bei Wahrung ihrer Sorgfaltspflichten ihrem Handeln nicht ohne weiteres die ihr günstige Rechtsauffassung zugrunde legen (BGHZ 8, 88 [97]).
b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Schadensersatzes, den das Berufungsgericht entsprechend dem Klagantrag auf den doppelten Betrag der Tarifgebühren der Klägerin bemessen hat, sind gleichfalls rechtsfehlerfrei. Dieser hundertprozentige Zuschlag zu dem Normaltarif ist der Klägerin bei ihrer Schadensberechnung bislang vom Kammergericht in ständiger Rechtsprechung zugebilligt worden (KG in Ufita 1939; 194; 1938, 55 und 284). Die Erhöhung der Gebühren für Rechsverletzer rechtfertigt sich daraus, daß die Klägerin, um Urheberverletzungen nachzugehen, eine umfangreiche Überwachungsorganisation unterhalten muß. Diese Kontrollkosten sind aber billigerweise allein von den Rechtsverletzern zu tragen. Dies führt, wenn, wie hier, der Schaden durch Geltendmachung einer Aufführungsgebühr berechnet wird, zwangsläufig bei Festsetzung der angemessenen Lizenzgebühr als Berechnungsfaktor im Rahmen der Schadensschätzung zu einer Erhöhung der Gebührensätze, die die Klägerin für erlaubterweise veranstaltete öffentliche Musikdarbietung verlangt. Anhaltspunkte dafür, daß das Berufungsgericht bei der Schätzung der Schadenshöhe gemäß § 287 ZPO etwa die Grenzen seines Ermessens überschritten habe, liegen nicht vor. Das Berufungsgericht konnte sich auch zu Recht auf ein Gutachten der Preußischen Musikalischen Sachverständigenkammer vom 29. Dezember 1930 (GRUR 1931, 544) als Schätzungsunterlage berufen. Mithin sind auch gegen die zuerkannte Höhe des Schadensersatzanspruches rechtliche Bedenken nicht zu erheben.
V. Das Berufungsgericht hat schließlich auch den Unterlassungsanspruch der Klägerin zu Recht für begründet erachtet (§ 11 Abs. 2 LitUrhG, 1004 BGB). Die Gefahr künftiger Beeinträchtigungen der Rechte der Klägerin ergibt sich aus den vorangegangenen Rechtsverletzungen der Beklagte. Die Wiederholungsgefahr wird nicht dadurch beseitigt, daß die Beklagte – unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunktes – in ihrer Klagerwiderung die Erklärung abgegeben hat, sie werde sich der Entscheidung des Gerichtes fügen und in gleichliegenden Fällen künftig Zahlung leisten, wenn sie in diesem Rechtsstreit rechtskräftig verurteilt werden sollte (BGHZ 1, 241 [248]; RG GRUR 1938, 61 [64]; KG Ufita 1941, 392 [395]).
Die Urteilsformel der angegriffenen Entscheidung geht jedoch zu weit, indem sie der Beklagten schlechthin, d.h. ohne Rücksicht auf die Teilnehmerzahl und unabhängig davon, ob ein über die bloße Betriebszugehörigkeit hinausgehendes persönliches Band zwischen den Teilnehmern besteht, verbietet, bei Betriebsveranstaltungen der Klägerin geschützte Musik ohne deren Genehmigung aufzuführen. Diese Urteilsformel war nach zwei Richtungen einschränkend klarzustellen:
Das Unterlassungsbegehren richtet sich grundsätzlich stets nur gegen die konkret vorliegende Rechtsverletzung. Nach dem ausdrücklich abgegebenen Zugeständnis der Beklagten haben an den bisherigen Betriebsveranstaltungen stets mindestens 100 Personen teilgenommen. Nur Betriebsveranstaltungen mit einer solchen Mindestteilnehmerzahl waren Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Das Berufungsgericht hat dementsprechend seine Prüfung, ob bei den fraglichen Betriebsveranstaltungen das Merkmal der Öffentlichkeit im Sinne des § 11 LitUrhG erfüllt sei, nur auf Betriebsfeiern mit einer Teilnehmerzahl von mindestens 100 Personen erstreckt. Das Unterlassungsgebot konnte deshalb auch nur mit dieser Abgrenzung ergehen, da für andersartige Beeinträchtigungen eine Wiederholungsgefahr nicht dargetan ist. Diese Einschränkung der Urteilsformel ist jedoch nur eine Auswirkung der prozeßrechtlichen Lage in diesem Rechtsstreit und besagt nichts darüber, ob sachlich-rechtlich nicht etwa auch Betriebsveranstaltungen, die eine geringere Teilnehmerzahl aufweisen, las öffentliche Veranstaltungen anzusehen sind.
Da es jeweils Frage des Einzelfalles, ist ob ein engerer persönlicher Zusammenschluß der zu einer Betriebsveranstaltung zugelassenen Teilnehmer die Annahme einer nichtöffentlichen Veranstaltung rechtfertigt und der Sachverhalt insoweit auch bei Betriebsfeiern mit einer Teilnehmerzahl von über 100 Personen unterschiedlich liegen kann, war durch eine Neufassung der Urteilsformel weiterhin klarzustellen, daß das Unterlassungsgebot sich nur auf solche Betriebsveranstaltungen erstreckt, bei denen zwischen den Teilnehmern in ihrer Gesamtheit keine über die bloße Zugehörigkeit zum Betrieb oder einzelnen Belegschaftsgruppen hinausgehendes persönliches Band besteht. Wie in den Gründen das Berufungsurteils zutreffend hervorgehoben wird, ist es nicht ausgeschlossen, daß sich Mitglieder der Belegschaft oder einer bestimmten Belegschaftsgruppe über die Verbindung der bloßen Werkzugehörigkeit hinaus persönlich enger zusammenfinden und damit das innere Band, das für die Annahme einer nicht öffentlichen Aufführung erforderlich ist, besteht. Das Berufungsgericht ist nur der Auffassung, daß die Beklagte diese Voraussetzung hinsichtlich der bislang von ihr durchgeführten Betriebsveranstaltungen durch den Hinweis auf die Zugehörigkeit der Teilnehmer zum Betrieb oder einzelnen Belegschaftsgruppen allein nicht für ausreichend dargetan hat.
Die Begründung des angefochtenen Urteils zweifelsfrei ergibt, daß das Berufungsgericht das Unterlassungsgebot nur für Betriebsveranstaltungen hat aussprechen wollen, wie sie nach Art, Größe sowie Zusammensetzung des Teilnehmerkreise bislang von der Beklagten durchgeführt worden sind, handelt es sich bei dieser Neufassung der Urteilsformel nur um eine Klarstellung, die ohne Einfluß auf die Kostenentscheidung ist.
Die Revision war nach alledem zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Wilde, Krüger-Nieland, Nastelski, Christoph, Nörr
Fundstellen
Haufe-Index 1237568 |
BGHZ, 17, 376 |
BGHZ, 376 |
NJW 1955, 1356 |