Leitsatz (amtlich)

Zur Kausalität eines Werkmangels für einen Wasserschaden bei längerer Abwesenheit des Inhabers einer unbewohnten Wohnung.

 

Normenkette

BGB § 633 Abs. 2, § 634 Nr. 4, § 254

 

Verfahrensgang

OLG Dresden (Beschluss vom 25.03.2015; Aktenzeichen 12 U 935/14)

LG Bautzen (Entscheidung vom 11.06.2014; Aktenzeichen 6 O 297/13)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des OLG Dresden vom 25.3.2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Die Klägerin verlangt Schadensersatz für einen in ihrer Wohnung eingetretenen Wasserschaden.

Rz. 2

Im Jahr 2011 beauftragte die auf Mallorca wohnhafte Klägerin die Beklagte mit Sanitär- und Heizungsarbeiten in einem Mehrfamilienhaus in Deutschland. Dort führten am 28.3.2012 Mitarbeiter der Beklagten Mängelbeseitigungsarbeiten an einem Heizungs- und Warmwassergerät in einer unbewohnten Dachgeschosswohnung aus. Als der Zeuge R. die Dachgeschosswohnung am 22.6.2012 aufsuchte, befand sich auf dem gesamten Fußboden eine 1 cm hohe Wasserschicht, wodurch der Fußbodenaufbau völlig durchnässt wurde und Wände und vier Türzargen beschädigt wurden.

Rz. 3

Die Klägerin verlangt mit der Klage die Kosten für die Beseitigung der Wasserschäden i.H.v. 32.713,70 EUR, Schadensersatz für Mietausfall i.H.v. 5.700 EUR, Kosten für ein vorgerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten i.H.v. 2.327,82 EUR sowie vorgerichtlich entstandene Anwaltskosten i.H.v. 1.530,08 EUR.

Rz. 4

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 5

Die Revision führt zur Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

I.

Rz. 6

Das Berufungsgericht hat, soweit es für die Revision von Bedeutung ist, im Wesentlichen ausgeführt:

Rz. 7

Der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zu, da der eingetretene Wasserschaden der Beklagten nicht zuzurechnen sei.

Rz. 8

Ein zugunsten der Klägerin unterstellter Mangel an der Dichtung des Heizungs- und Warmwassergeräts sei für den geltend gemachten Schaden nicht kausal geworden. Ein Schaden dieses Umfangs sei bei einer mangelhaften Dichtung an einem Heizungs- und Warmwassergerät völlig außergewöhnlich und nicht zu erwarten gewesen. Das außergewöhnliche Schadensausmaß habe seine Ursache ausschließlich in der Sphäre der Klägerin, weil diese versäumt habe, die gebotenen und üblichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, insb. die Wohnung mehrmals wöchentlich zu kontrollieren. Dadurch habe sie in völlig ungewöhnlicher Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingegriffen und eine weitere Ursache gesetzt, die den Schaden endgültig herbeigeführt habe. Bei einer zeitnahen Kontrolle der Wohnung wäre der Wasseraustritt festgestellt worden und das Eindringen des Wassers in den Fußboden, in die Wände und in die Türzargen verhindert worden.

Rz. 9

Der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin, dem Zeugen R. sei von der Beklagten nach Beendigung der Arbeiten zugesagt worden, dass die Wasserzufuhr abgestellt werde, sei nicht substantiiert, weil es sich um eine mit konkreten Tatsachen nicht unterlegte Behauptung handele. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten habe dem Zeugen R. das Abstellen der Wasserzufuhr zugesichert und ihm nach Beendigung der Arbeiten auf telefonische Nachfrage dies bestätigt, sei dieser Vortrag nach §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da er erstmals in der Berufungsinstanz vorgebracht worden sei.

Rz. 10

Unabhängig davon sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin habe die Entstehung des geltend gemachten Schadens überwiegend mitverschuldet. Der Wasseraustritt sei nur deswegen unbemerkt geblieben, weil Kontrollen in der unbewohnten Wohnung nicht durchgeführt worden seien. Das Unterlassen dieser Maßnahmen habe zu dem großen Schadensausmaß geführt. Die Klägerin müsse bei Abwägung mit einem unterstellten Verursachungsbeitrag der Beklagten den entstandenen Schaden allein tragen.

Rz. 11

Die Beklagte habe den Schadensersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach nicht anerkannt. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Versicherer bei dem Ortstermin am 15.8.2012 im Namen der Beklagten Erklärungen abgegeben habe und dazu bevollmächtigt gewesen sei. Dagegen spreche das Schreiben der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin vom 9.1.2013, aus dem hervorgehe, dass der Versicherer noch keine Entscheidung über die Regulierung getroffen habe.

II.

Rz. 12

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Rz. 13

Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass eine mangelhafte Dichtung an dem Heizungs- und Warmwassergerät zu dem Austritt des Wassers geführt hat. Für die Revision ist daher davon auszugehen, dass der Wasseraustritt durch eine mangelhafte Werkleistung der Beklagten verursacht worden ist.

Rz. 14

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass der Schaden der Klägerin nicht adäquat kausal durch die im Streit stehende mangelhafte Werkleistung der Beklagten verursacht worden sei und der erforderliche Zurechnungszusammenhang fehle.

Rz. 15

a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass der Schädiger nicht für alle im naturwissenschaftlichen Sinn durch das schadensbegründende Ereignis äquivalent verursachten Folgen haftet. Um eine unerträgliche Ausweitung der Schadensersatzpflicht zu vermeiden, ist die Verantwortlichkeit des Schädigers durch weitere Zurechnungskriterien eingeschränkt. In der Rechtsprechung des BGH sind als solche Kriterien die Adäquanz des Kausalverlaufs und der Zurechnungszusammenhang anerkannt (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 22.9.2016 - VII ZR 14/16, BGHZ 211, 375 Rz. 14; Urt. v. 20.5.2014 - VI ZR 381/13, BGHZ 201, 263, juris Rz. 10; v. 11.1.2005 - X ZR 163/02, NJW 2005, 1420, 1421, juris Rz. 15; v. 11.11.1999 - III ZR 98/99, NJW 2000, 947, 948, juris Rz. 12).

Rz. 16

Adäquat ist eine Bedingung, wenn das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen (vgl. BGH, Urt. v. 11.1.2005 - X ZR 163/02, a.a.O., juris Rz. 16; v. 18.12.1997 - VII ZR 342/96, BauR 1998, 330, 331, juris Rz. 9; v. 4.7.1994 - II ZR 126/93, NJW 1995, 126, 127, juris Rz. 15).

Rz. 17

b) Nach diesen Maßstäben kann eine adäquate Verursachung des Schadens durch den im Streit stehenden Dichtungsmangel nicht verneint werden.

Rz. 18

Ein Dichtungsmangel an einem Heizungs- und Warmwassergerät ist im Allgemeinen geeignet, einen Wasserschaden mit dem vorliegenden Schadensausmaß herbeizuführen. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin annehmen würde, führte dies nicht dazu, dass der Mangel an der Dichtung nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, den Eintritt des Schadens und dessen Ausmaß zu verursachen.

Rz. 19

c) Die Erwägung des Berufungsgerichts, es fehle an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang zwischen Schaden und Mangel, ist rechtsfehlerhaft.

Rz. 20

aa) Eine Haftung besteht zwar nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen. Ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt dagegen nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 22.9.2016 - VII ZR 14/16, BGHZ 211, 375 Rz. 14; Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rz. 55 m.w.N).

Rz. 21

Nach der Rechtsprechung des BGH wird die haftungsrechtliche Zurechnung nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer der in Rede stehenden Handlung noch weitere Ursachen zu dem eingetretenen Schaden beigetragen haben. Dies gilt auch dann, wenn der Schaden erst durch das (rechtmäßige oder rechtswidrige) Dazwischentreten des Geschädigten verursacht wird. Der Zurechnungszusammenhang fehlt in derartigen Fällen nur, wenn die zweite Ursache den Geschehensablauf so verändert hat, dass der Schaden bei wertender Betrachtung nur noch in einem "äußerlichen", gleichsam "zufälligen" Zusammenhang zu der durch die erste Ursache geschaffenen Gefahrenlage steht. Wirken dagegen in dem Schaden die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 22.9.2016 - VII ZR 14/16, a.a.O., Rz. 15; Urt. v. 17.12.2013 - VI ZR 211/12, a.a.O.).

Rz. 22

bb) Nach diesen Maßstäben kann der Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden.

Rz. 23

In dem eingetretenen Wasserschaden haben die besonderen Gefahren fortgewirkt, die durch die (unterstellte) mangelhafte Werkleistung der Beklagten verursacht worden sind. Ohne den Mangel an der Dichtung des Heizungs- und Warmwassergeräts wäre es nicht zu dem Wasseraustritt gekommen. Die durch den Mangel verursachte Gefahr des Wasseraustritts hat auch bis zum Zeitpunkt der Feststellung des Schadens am 22.6.2012 bestanden. Der Mangel ist daher eine Ursache auch für das außergewöhnliche Schadensausmaß gewesen und steht in dem notwendigen inneren Zusammenhang mit dem Schaden.

Rz. 24

2. Die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts trägt die Entscheidung ebenfalls nicht. Die Klage kann nicht mit der Erwägung abgewiesen werden, die Klägerin habe bei der Abwägung mit einem unterstellten Verursachungsbeitrag der Beklagten den Schaden wegen eines überwiegenden Mitverschuldens allein zu tragen, weil sie die unbewohnte Wohnung für einen mehrmonatigen Zeitraum unbeaufsichtigt gelassen habe.

Rz. 25

a) Die Vorschrift des § 254 BGB setzt voraus, dass bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat (Abs. 1), oder er es schuldhaft unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern (Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz). Dieses Verschulden bedeutet nicht die vorwerfbare Verletzung einer gegenüber einem anderen bestehenden Leistungspflicht, sondern ein Verschulden in eigener Angelegenheit. Es handelt sich um ein Verschulden gegen sich selbst, um die Verletzung einer im eigenen Interesse bestehenden Obliegenheit (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rz. 31 m.w.N.). Von der Verletzung einer Obliegenheit kann nur ausgegangen werden, wenn der Geschädigte unter Verstoß gegen Treu und Glauben diejenigen zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Dinge ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden oder zu mindern (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2015 - VII ZR 173/13, BauR 2015, 1202 Rz. 43 = NZBau 2015, 368; v. 20.6.2013 - VII ZR 4/12, BauR 2013, 1472 Rz. 29 = NZBau 2013, 515; v. 20.12.2012 - VII ZR 209/11, BauR 2013, 624 Rz. 27 f. = NZBau 2013, 244; v. 22.12.2005 - VII ZR 71/04, BauR 2006, 522, 523, juris Rz. 10 = NZBau 2006, 995). Welche Maßnahmen zur Verhinderung eines (erheblichen) Wasserschadens danach ein Eigentümer einer unbewohnten Wohnung bei einer längeren Abwesenheit zu treffen hat, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, z.B. nach dem Alter des Anwesens und seiner Versorgungsleitungen, nach der Aufteilung der Wohneinheiten, nach der Umgebung des Hauses sowie nach der jeweiligen jahreszeitlichen Witterung.

Rz. 26

b) Nach diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft ohne nähere Begründung davon ausgegangen, in einer unbewohnten Wohnung seien wöchentlich mehrmalige Kontrollen geboten und daher üblich.

Rz. 27

Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Schutz- und Obhutspflichten überspannt, die einem Eigentümer einer unbewohnten Wohnung bei einer längeren Abwesenheit obliegen. Nach den von dem Berufungsgericht verlangten Anforderungen wäre ein Wohnungsinhaber auch bei einer Dienstreise oder einem Kurzurlaub gehalten, für mehrfache Kontrollen in der Woche zur Abwendung eines Wasserschadens zu sorgen. Solche Maßnahmen sind weder üblich noch können sie von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu und Glauben verlangt werden. Kontrollen im Hinblick auf die Abwendung eines Wasserschadens in einer unbewohnten Wohnung können nur in dem Maß verlangt werden, wie sie im Einzelfall dem Rechtsinhaber auch zumutbar sind (vgl. zur Zumutbarkeit Hammacher, BauR 2013, 1592). Das ist bei dem von dem Berufungsgericht geforderten Umfang nicht der Fall.

Rz. 28

Damit fehlt es bisher an tragfähigen Feststellungen, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, ob die Klägerin in dem Zeitraum von drei Monaten überhaupt (und ggf. wann) eine Kontrolle zur Vermeidung von Wasserschäden hätte durchführen (lassen) müssen.

Rz. 29

c) Sollte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erneut zu der Beurteilung kommen, die Klägerin habe vorwerfbar Kontrollen unterlassen, wird es Beweis über die Behauptung der Klägerin erheben müssen, die Beklagte habe nach den Absprachen der Parteien die Wasserzufuhr abstellen sollen. Denn Kontrollen hätten sich jedenfalls erübrigt, wenn die Wasserzufuhr abgestellt worden wäre. Zwar war dies nicht geschehen. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sich zur Erfüllung ihrer Obliegenheit eines Dritten bedient zu haben, entlastet sie das im Grundsatz auch nicht. In einem solchen Fall muss sie sich in der Regel die schuldhafte Mitverursachung eines Schadens durch eine Hilfsperson nach §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 BGB zurechnen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rz. 31 m.w.N.). Sollte jedoch - wie von der Klägerin behauptet - gerade die Beklagte mit dem Abstellen der Wasserzufuhr betraut gewesen sein, wäre der Beklagten die Berufung auf den Mitverschuldenseinwand nach Treu und Glauben versagt, § 242 BGB. Für diesen Sachvortrag obliegt die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin.

Rz. 30

Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz zu dieser Absprache ergänzend vorgetragen und Beweis angeboten hat, hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft angenommen, sie sei hiermit gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Damit hat es in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Der in der Berufungsinstanz erhobene Vortrag war kein neues Angriffsmittel i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO. Um neues Vorbringen handelt es sich, wenn ein sehr allgemein gehaltener Vortrag der ersten Instanz konkretisiert und erstmals substantiiert wird, nicht jedoch, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2009 - VI ZR 221/08, NJW-RR 2010, 839 Rz. 22; v. 18.10.2005 - VI ZR 270/04, BGHZ 164, 330, 333, juris Rz. 11; v. 8.6.2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 251, juris Rz. 21; Beschlüsse v. 21.12.2006 - VII ZR 279/05, BauR 2007, 585, juris Rz. 7 = NZBau 2007, 245; v. 2.4.2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rz. 9).

Rz. 31

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz keinen neuen Vortrag gehalten, sondern ihr erstinstanzliches Vorbringen lediglich ergänzt und erläutert. Sie hat in dem Schriftsatz vom 30.12.2013 vorgetragen, der Zeuge R. habe vor seiner Abreise die Mitarbeiter der Beklagten noch einmal ermahnt, wie stets zuvor praktiziert, die Wasserzufuhr abzusperren und die Wohnung wieder zu verschließen. Dies sei dem Zeugen R. von den Mitarbeitern der Beklagten zugesagt worden. Dieser erstinstanzliche Vortrag der Klägerin war bis zur letzten mündlichen Verhandlung am 19.3.2014 vor dem LG unstreitig. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin auf den erstmals in diesem Verhandlungstermin gehaltenen Vortrag der Beklagten, sie habe keinen Schlüssel erhalten und habe in dem Objekt nicht alleine arbeiten dürfen, erwidert. Sie hat dargelegt, der damalige Geschäftsführer der Beklagten habe bereits im Jahr 2011 einen Schlüssel ausgehändigt bekommen, den die Klägerin nicht wieder erhalten habe. Die Beklagte habe sich mit dem in ihrem Besitz befindlichen Schlüssel Zutritt zur Baustelle verschafft und ihre Arbeiten durchgeführt. Die Beklagte habe je nach Erfordernis selbständig die Strom- und Wasserversorgung hergestellt und nach Abschluss der Arbeiten wieder abgestellt. Auf diese Geschäftspraxis habe sich die Klägerin einstellen und darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte diese Vorgehensweise einhalte, zumal den Mitarbeitern der Beklagten bekannt gewesen sei, dass die Klägerin sich auf Mallorca aufhalte. Der Zeuge R. habe zudem telefonisch bei dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten nachgefragt, ob nach Beendigung der hier im Streit stehenden Arbeiten der Absperrhahn im Keller abgesperrt worden sei, was ihm der Geschäftsführer bestätigt habe.

Rz. 32

Mit diesem Vortrag hat die Klägerin in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht und im Einzelnen erläutert. Kern ihres Vortrags war schon in der ersten Instanz, dass es der Beklagten oblegen habe, für das Abstellen der Wasserzufuhr nach Beendigung der Arbeiten zu sorgen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin dieses Vorbringen lediglich im Hinblick darauf verdeutlicht, dass diese Verfahrensweise bei sämtlichen Arbeiten der Beklagten durchgeführt worden sei und diese Handhabung in dem Vertragsverhältnis gängige Praxis gewesen sei. Im Übrigen hätte das Berufungsgericht den Vortrag schon deshalb nicht als verspätet zurückweisen dürfen, weil der Klägerin unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Umstände keine Nachlässigkeit zur Last fällt (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

Rz. 33

3. Keinen Erfolg hat die Revision allerdings, soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe es unterlassen, Beweis zu dem von der Klägerin behaupteten Anerkenntnis zu erheben, wonach der Haftpflichtversicherer bei dem Ortstermin am 15.8.2012 im Namen der Beklagten erklärt habe, den Schaden zu erstatten. Der Senat hat die insoweit erhobene Verfahrensrüge geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.

Rz. 34

4. Der Senat kann aufgrund fehlender notwendiger Feststellungen in der Sache nicht selbst entscheiden. Der Beschluss des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

III.

Rz. 35

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Rz. 36

Das Berufungsgericht wird ggf. beachten müssen, dass eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin als Mitverschulden nur berücksichtigt werden kann, wenn feststeht, dass und inwieweit unterlassene Kontrollen mitursächlich für den eingetretenen Schaden waren.

Rz. 37

Sollte danach eine kausale Obliegenheitsverletzung der Klägerin für den eingetretenen Schaden festgestellt werden, hängt der Umfang der Ersatzpflicht von einer Abwägung der Umstände des Einzelfalles ab, wobei insb. auf das Maß der beiderseitigen Verursachung abzustellen ist und in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens. Es kommt für die Haftungsverteilung wesentlich darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2008 - VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55 Rz. 32).

 

Fundstellen

Haufe-Index 11534961

NJW 2018, 944

BauR 2018, 823

IBR 2018, 198

NZM 2018, 414

WM 2018, 1279

ZAP 2018, 274

ZMR 2018, 2

ZMR 2018, 813

ZfIR 2018, 211

JA 2018, 465

JZ 2018, 276

MDR 2018, 401

MDR 2018, 6

VersR 2018, 565

ZfBR 2018, 348

BauSV 2018, 71

MietRB 2018, 99

NZBau 2018, 212

BBB 2018, 61

LL 2018, 365

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