Leitsatz (amtlich)
In die Schutzwirkung eines Vertrages, durch den eine Behörde im Rahmen der ihr im öffentlichen Interesse obliegenden Verwaltungsaufgaben einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, ist der von der dadurch vorbereiteten Verwaltungsentscheidung möglicherweise betroffene Dritte nicht ohne weiteres einbezogen.
Normenkette
BGB § 328
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main |
LG Frankfurt am Main |
Tenor
Die Revision gegen das am 20. Mai 1999 verkündete Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz.
Die Klägerin ist das zentrale Unternehmen der sogenannten „G. G.” und Mehrheitsaktionärin der S. AG. Die S.-B., ein teilkonzessioniertes Kreditinstitut, beantragte am 11. Dezember 1992 beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAK) eine Vollbankerlaubnis; über diesen Antrag war zur Zeit der letzten Tatsacheninstanz noch nicht abschließend entschieden.
Das BAK ordnete gegenüber der S.-B. eine Prüfung nach § 44 Kreditwesengesetz – KWG – und gegenüber der Klägerin eine Sonderprüfung gemäß § 44 b KWG an. Mit der Sonderprüfung beauftragte das BAK die frühere Beklagte (im folgenden weiterhin Beklagte), die C. AG, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die inzwischen auf die Beklagte verschmolzen wurde. Diese legte einen Prüfbericht vor, der sich unter anderem mit einem von der Klägerin angebotenen Vermögensanlagemodell, dem sogenannten P.-System, befaßt. Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagten seien bei ihrer Berechnung zu dem P.-System drei krasse Fehler unterlaufen, für die die Beklagte ihr einzustehen habe. Infolge des falschen Gutachtens sei ihr, der Klägerin, ein noch nicht bezifferbarer Schaden entstanden, weil das BAK auf der Grundlage dieses Gutachtens der S.-B. die Vollbankerlaubnis noch nicht erteilt habe. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die Feststellung, daß die Beklagte ihr zum Ersatz aller Schäden verpflichtet sei, die ihr aus der Aufstellung oder Verbreitung der im einzelnen wiedergegebenen falschen Behauptungen im Prüfbericht entstanden seien oder noch entstünden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten: Ihre Berechnungen seien nicht falsch. Die angebliche Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sei ihr im übrigen auch nicht zuzurechnen, weil das BAK eine eigene Entscheidung zu treffen habe, zu deren Vorbereitung die eigenverantwortliche Prüfung des Gutachtens durch das BAK gehöre. Das BAK habe nicht ihre Stellungnahme zum Anlaß für die Verweigerung der Vollbankerlaubnis genommen. Zumindest sei ihre Beurteilung des P.-Systems nicht der einzige Grund gewesen; schon aus formalen Gründen habe die Erlaubnis nicht erteilt werden können.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb ohne Erfolg.
Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Entscheidung nach ihren Schlußanträgen in der Berufungsinstanz, hilfsweise die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung der Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf vertraglicher oder deliktischer Grundlage verneint.
I. 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß zwischen den Parteien unmittelbare vertragliche Beziehungen nicht zustande gekommen sind. Es sei hierfür unerheblich, ob sich die Klägerin der Sonderprüfung nach § 44 b KWG freiwillig unterzogen habe; entscheidend sei, daß das BAK und nicht die Klägerin der Beklagten den Prüfungsauftrag erteilt habe. Die Verpflichtung der Klägerin, die Kosten für dieses Gutachten zu tragen, ergebe sich aus § 51 Abs. 3 KWG; die Klägerin werde nicht dadurch zum Auftraggeber der Beklagten, daß sie die Kosten unmittelbar an die Beklagte gezahlt habe. Diese Handhabung diene der Vereinfachung der Kostenerstattung nach § 51 Abs. 3 KWG, die Kostenpflicht bestehe weiterhin gegenüber dem BAK und nicht gegenüber demjenigen, der den Prüfungsauftrag des BAK ausführe.
Rechtsfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die von der Revision in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Bedenken gegen dieses Ergebnis, die sie darauf gestützt hat, daß die Klägerin sich freiwillig der Prüfung unterzogen habe, sind nicht begründet. Für die Frage, wer Vertragspartner der Beklagten geworden ist, kommt es ausschließlich darauf an, wer ihr den Prüfungsauftrag erteilt hat. Dies war aber das BAK. Ein – weiterer – Vertragschluß zwischen der Klägerin und der Beklagten würde deren übereinstimmende Willenserklärungen voraussetzen. Es genügt dazu nicht, daß die Klägerin mit der Prüfung einverstanden war.
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, vertragliche Ansprüche der Klägerin scheiterten auch daran, daß die Beklagte nicht auf privatrechtlicher Grundlage tätig geworden sei, sondern auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, weil sich das BAK als Behörde im formalen Verwaltungsverfahren zur Erfüllung hoheitlicher, im öffentlichen Interesse liegender Aufgaben eines Sachverständigen bedient habe. Für die Haftung des Sachverständigen in einem behördlichen Verfahren gelte nichts anderes als für die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen: Er hafte nur aus Deliktsrecht für Fehler seines Gutachtens.
Die Revision rügt, daß das Berufungsgericht die Regeln über die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen auf den Streitfall übertragen hat.
Auf die Beurteilung dieser Frage kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits letztlich nicht an, denn auch wenn davon auszugehen wäre, daß die Beklagte aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit dem BAK tätig geworden ist, könnte die Klägerin aus diesem Vertrag nur dann Rechte herleiten, wenn sie als Dritte in die Schutzwirkung dieses Vertrages einbezogen wäre.
Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte verneint.
Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg.
Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte waren Fallgestaltungen, in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht obliegt, ihm gleichsam deren „Wohl und Wehe” anvertraut ist. Schon das Reichsgericht hatte in solchen Fällen beispielsweise Familienangehörigen und Hausangestellten des Mieters, die durch ein Verschulden eines vom Vermieter mit einer Reparatur am Haus beauftragten Handwerkers Schaden erlitten hatten, im Rahmen dieses Werkvertrages einen vertraglichen Schadensersatzanspruch zuerkannt (vgl. RGZ 91, 21, 24; 102, 231 f.; 127, 218, 222; 160, 153, 155). Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrages einbezogenen Dritten wird nach dieser Rechtsprechung danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach Inhalt und Zweck des Vertrages nicht nur auf den Vertragspartner beschränken, sondern, für den Schuldner erkennbar, ebenso solche Dritte einschließen, denen der Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag – ein familienrechtliches, arbeitsrechtliches oder mietvertragliches Verhältnis – besteht (BGHZ 5, 378, 384; 51, 91, 96; 56, 269, 273). Dieses Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Drittem führt zur Einbeziehung in die Schutzwirkung des Vertrages, nicht das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner (BGHZ 51, 91, 96). Voraussetzung ist allerdings ferner, daß der Dritte bestimmungsgemäß mit der vom Schuldner zu erbringenden Leistung in Berührung kommt und ihn Verletzungen von Schutzpflichten durch den Schuldner ebenso treffen können wie den Gläubiger selbst (BGHZ 49, 350, 354; 61, 227, 234; 70, 327, 329).
In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung sind in die Schutzwirkungen eines Vertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung auch Dritte einbezogen worden, wenn der Gläubiger an deren Schutz ein besonderes Interesse hat und wenn Inhalt und Zweck des Vertrages erkennen lassen, daß diesem Interesse Rechnung getragen werden sollte, und die Parteien den Willen hatten, zugunsten dieser Dritten eine Schutzpflicht des Schuldners zu begründen (BGHZ 138, 257, 261; BGH, Urt. v. 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, NJW 1987, 1758, 1759).
Eine stillschweigende Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Vertrages hat die Rechtsprechung insbesondere bei Verträgen angenommen, mit denen der Auftraggeber von einer Person, die über besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügt, wie z.B. ein öffentlich-bestellter Sachverständiger, ein Wirtschaftsprüfer oder ein Steuerberater, ein Gutachten bestellt, um davon gegenüber einem Dritten Gebrauch zu machen (BGH, Urt. v. 02.11.1984 – IVa ZR 20/82, NJW 1984, 355; Urt. v. 18.10.1988 – XI ZR 12/88, NJW-RR 1989, 696; BGHZ 127, 378, 380; Sen.Urt. v. 13.11.1997 – X ZR 144/94, NJW 1998, 1059; BGHZ 138, 257, 261). In die Schutzwirkung eines Vertrages über die Erstattung eines Gutachtens durch einen öffentlich-bestellten Sachverständigen zum Wert eines Grundstücks sind danach alle diejenigen einbezogen, denen das Gutachten nach seinem erkennbaren Zweck für Entscheidungen über Vermögensdispositionen vorgelegt werden soll. Das besondere Vertrauen, das dem Gutachten eines öffentlich-bestellten Sachverständigen im Geschäftsverkehr beigemessen wird, beruht auf der begründeten Erwartung, daß dieser das Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und dafür Dritten gegenüber einsteht. Entsprechend dem Zweck des Gutachtens, dem Dritten gegenüber Vertrauen zu erwecken und Beweiskraft zu besitzen, steht eine Gegenläufigkeit der Interessen des Auftraggebers und des Dritten dessen Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages nicht entgegen (Sen.Urt. v. 13.11.1997 – X ZR 144/97, NJW 1998, 1059, 1060).
Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von der vorgenannten Fallgestaltung in einem wesentlichen Punkt, nämlich darin, daß der Prüfbericht der Beklagten der Klägerin nicht als Entscheidungsgrundlage für Vermögensdispositionen dienen sollte, sondern allein – wie das Berufungsgericht zutreffend herausgestellt hat – Grundlage für das weitere behördliche Vorgehen des BAK sein sollte.
Die Anordnung der Sonderprüfung nach § 44 b KWG geschieht im Rahmen der im öffentlichen Interesse bestehenden Aufsicht des BAK über die dem Kreditwesengesetz unterstellten Kreditinstitute. Das BAK nimmt die Aufsicht über die Kreditinstitute gemäß § 6 KWG allein im öffentlichen Interesse wahr und hat im Rahmen der Aufsicht Mißständen im Kreditwesen entgegenzuwirken, die die Sicherheit der den Kreditinstituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsgemäße Durchführung der Bankgeschäfte beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können. Zur Durchführung dieser Aufgaben hat das BAK gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 44, 44 b KWG die Beklagte mit der Durchführung der Sonderprüfung beauftragt. Bedient sich das BAK bei der Durchführung seiner Aufgaben nach § 8 Abs. 1 KWG anderer Personen oder Einrichtungen, so sind diese Hilfsorgane des BAK (vgl. Beck/Samm, KWG, § 8 Rdn. 7 u. 11). Durch die §§ 44, 44 b KWG werden den mit der Prüfung beauftragten Wirtschaftsprüfern Auskunfts- und Prüfungsbefugnisse eingeräumt, wobei der Prüfungsumfang und der Prüfungsgegenstand durch das BAK im einzelnen festzulegen sind (Beck/Samm, aaO, § 44 Rdn. 79). Die Beklagte ist daher unmittelbar in Erfüllung von Aufgaben tätig geworden, die dem BAK obliegende Verwaltungsaufgaben sind. Sie sollte den entscheidungserheblichen Sachverhalt im Rahmen einer Sonderprüfung ermitteln. Das BAK hätte bei entsprechend vorhandener Personalkapazität diese Aufgabe auch selbst durch eigene Mitarbeiter erledigen können. Durch diese Form der Sachverhaltsaufklärung ist von dem von der Beklagten erstellten Gutachten nicht im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegenüber einem Dritten Gebrauch gemacht worden.
Der vorliegende Sachverhalt unterfällt danach keiner der Fallgruppen, in denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bisher ein Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte angenommen worden ist. Es ergibt sich insbesondere nicht aus Zweck und Inhalt des Vertrages zwischen dem BAK und der Beklagten, daß die Parteien dieses Vertrages den Willen hatten, die Klägerin in die vertraglichen Schutzpflichten einzubeziehen. Es liegt bei einem zur Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung eingeholten Gutachten, das den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufklären soll, auch die Annahme fern, daß in den Vertrag zwischen der Behörde und dem Gutachter über die vorzunehmende Prüfung nach dem Parteienwillen derjenige als Dritter einbezogen werden sollte, der durch die Aufsichtsmaßnahmen der Behörde betroffen ist. Es ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine ergänzende Vertragsauslegung in diesem Sinne gemäß § 157 ZPO nicht vorgenommen hat. Hierzu hatte das Berufungsgericht auch nicht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin Anlaß, sie habe sich freiwillig der angeordneten Sonderprüfung unterzogen, denn die Freiwilligkeit ändert nichts am Charakter der Prüfung und führt nicht dazu, daß derjenige, der sich mit der Prüfung einverstanden erklärt, nur wegen dieses Einverständnisses nach dem Willen der Vertragsparteien in die Schutzwirkung ihres Vertrages einbezogen wäre. Hierfür ist auch die Bezahlung der Kosten, die durch die Begutachtung entstanden sind, kein Anhaltspunkt, denn der unmittelbare Ausgleich der Kosten durch die Klägerin diente der Vereinfachung der Kostenerstattung und änderte nichts daran, daß die Kostenpflicht der Klägerin gegenüber dem BAK und nicht gegenüber der Beklagten bestand.
Der Senat hat keinen Anlaß gesehen, über die bisherige Rechtsprechung hinausgehend den Kreis der in vertragliche Schutzpflichten einbezogenen Dritten zu erweitern. Hierzu bestünde dann ein Bedürfnis, wenn der Dritte sonst nicht hinreichend geschützt wäre (BGHZ 70, 327, 329; 129, 138, 169). Es ist nicht zu verkennen, daß die Klägerin keine anderweitigen vertraglichen Ansprüche hat. Dies wäre indessen auch dann nicht der Fall, wenn das BAK selbst die Prüfung vorgenommen hätte. Auch dann hätte der Klägerin kein vertraglicher Anspruch zugestanden, sie wäre vielmehr – wie auch jetzt – gegen ein Handeln oder Unterlassen des BAK auf die öffentlich-rechtlichen Rechtsbehelfe verwiesen gewesen und wegen eventueller Schadensersatzansprüche auf die gegenüber dem Staat in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen. Der Klägerin wegen der Zuziehung der Beklagten durch das BAK weitere Ansprüche gegen einen weiteren Anspruchsgegner zuzubilligen, gebietet insbesondere der für die bisherige Rechtsprechung zum Gutachtervertrag maßgebliche Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht, denn der mit der Vornahme einer Sonderprüfung vom BAK beauftragte Sachverständige nimmt solches Vertrauen desjenigen, der durch die Aufsichtsmaßnahme des BAK betroffen ist, nicht in Anspruch; es liegen auch im vorliegenden Fall keine objektiven Umstände vor, aus denen entnommen werden konnte, daß das Gutachten auch als Entscheidungsgrundlage für die Klägerin als von Aufsichtsmaßnahmen des BAK betroffene Dritte dienen sollte.
Da das Berufungsgericht mithin rechtsfehlerfrei die Einbeziehung der Klägerin in den Schutzbereich des Vertrages zwischen dem BAK und der Beklagten verneint hat, kommen vertragliche Ansprüche der Klägerin nicht in Betracht.
II. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht Schadensersatzansprüche der Klägerin auf deliktischer Grundlage verneint. Dabei kann dahinstehen, ob solche Schadensersatzansprüche schon deshalb ausscheiden, weil der Klägerin Schadensersatz nach Amtshaftungsgrundsätzen gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zustünde, wenn der Prüfbericht fahrlässig fehlerhaft erstellt worden wäre. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 121, 161) kommt es dabei auf den Charakter der Aufgabe an, die auf privatrechtlicher Grundlage durch einen von einer Behörde herangezogenen Unternehmer wahrgenommen wird. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen (BGHZ 121, 161, 165, 166).
Letztlich kann diese Frage offenbleiben, denn das Berufungsgericht hat zu Recht eine Haftung aus §§ 823 Abs. 1, 826 BGB verneint.
Zu Unrecht nimmt die Revision an, daß in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als „sonstiges Recht” eingegriffen worden sei.
Die Erstellung eines Prüfberichts für eine Behörde, der dieser als Entscheidungsgrundlage für etwaige Maßnahmen dienen soll, erfüllt nicht die Anforderungen, die an einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu stellen sind. Erforderlich ist dafür ein betriebsbezogener Eingriff, d.h. ein Eingriff, der sich nach seiner objektiven Stoßrichtung gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet (BGHZ 138, 311, 317; BGH, Urt. v. 29.01.1985 – VI ZR 130/83, NJW 1985, 1620). Das Gutachten, von dem unmittelbare Auswirkungen nicht ausgehen, sondern das lediglich Grundlage für eventuelle Maßnahmen des BAK ist, ist noch kein in diesem Sinne betriebsbezogener Eingriff.
Eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB läßt sich auch nicht aus der von der Revision angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Oktober 1978 (NJW 1979, 305) herleiten, mit der das Bundesverfassungsgericht das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 18. Dezember 1973 (BGHZ 62, 54) aufgehoben hat. Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht den Kreis der durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter nicht erweitert; für reine Vermögensschäden, wie sie von der Klägerin geltend gemacht werden, die nicht in den Anwendungsbereich des § 823 Abs. 1 BGB fallen, kommt der Entscheidung keine Bedeutung zu.
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB verneint. Allein die Erstattung eines fehlerhaften Gutachtens oder Prüfberichts reicht nicht aus, dieses Verhalten als Verstoß gegen die guten Sitten zu bewerten. Erforderlich wäre vielmehr, daß der Gutachter leichtfertig oder gewissenlos gehandelt hätte (BGH, Urt. v. 24.09.1991 – VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282, 3283). Umstände, die für ein solches leichtfertiges oder gewissenloses Verhalten sprechen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Von der Revision werden insoweit auch keine Rechtsfehler gerügt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Rogge, Scharen, Keukenschrijver, Mühlens, Meier-Beck
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 26.06.2001 durch Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 613425 |
DB 2001, 2090 |
DStZ 2001, 795 |
NJW 2001, 3115 |
NWB 2001, 2500 |
BGHR 2001, 782 |
EBE/BGH 2001, 244 |
EWiR 2001, 1129 |
IBR 2001, 502 |
JurBüro 2001, 610 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 1428 |
WuB 2001, 1187 |
ZAP 2001, 1313 |
ZIP 2002, 356 |
MDR 2001, 1164 |
DVBl. 2001, 1617 |
ZBB 2001, 379 |
GuG 2002, 114 |
WPK-Mitt. 2001, 245 |