Leitsatz (amtlich)
Zu den Pflichten eines Rechtsanwalts bei Durchführung des Auftrags, eine seinem Mandanten drohende Zwangsvollstreckung durch Klagen zu verzögern.
§ 767 Abs. 3 ZPO schließt Einwendungen nicht aus, wenn die frühere Vollstreckungsgegenklage zurückgenommen oder in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Beiderseitige Erledigungserklärungen drücken kein Anerkenntnis aus, daß der Klageanspruch nicht mehr bestehe.
Der Streitwert für eine Beschwerde, die ausschließlich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung betrifft, kann in der Regel auf ein Fünftel des Wertes der Hauptsache geschätzt werden.
Normenkette
BGB § 675; ZPO § 767 Abs. 3, §§ 269, 91a, 3, 769
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. April 1990 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 7.937,54 DM zuzüglich Zinsen sowie gegen die Feststellung richtet, daß der Beklagte über den bezifferten Schaden hinaus Schadensersatz in Höhe derjenigen Beträge zu leisten hat, die über bislang erlassene Kostenfestsetzungsbeschlüsse hinaus in den Verfahren 1 O 664/84 beim Landgericht Weiden sowie den Verfahren 30 O 1622/85 und 30 O 6120/85 beim Landgericht München I zugunsten des jeweils dortigen Beklagten noch festgesetzt werden.
Im übrigen wird auf das Rechtsmittel das Urteil im Umfange der Anfechtung sowie im Kostenpunkt aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 28. Juli 1989 insoweit aufgehoben, als es den Beklagten zur Zahlung von 306,37 DM zuzüglich Zinsen verurteilt hat. In diesem Umfange wird die Klage abgewiesen.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, soweit der Beklagte zur Zahlung von 107.968,82 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Berufungsgericht übertragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte vertrat als Rechtsanwalt den Kläger unter anderem in Rechtsstreitigkeiten aus Anlaß eines Grundstückskaufs. Der Kläger hatte ein Grundstück unter Ausschluß der Gewährleistung erworben und sich wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises von 564.030 DM in notarieller Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Er kam zur Ansicht, der Verkäufer habe Mängel des Hauses verschwiegen und beauftragte den Beklagten, gegen die drohende Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vorzugehen. Dieser veranlaßte, daß zwischen Juli 1984 und Oktober 1985 nach- und teilweise nebeneinander vier Vollstreckungsabwehrklagen gegen den Verkäufer rechtshängig gemacht wurden, darunter die beiden ersten vor dem für den Wohnsitz des Verkäufers zuständigen Landgericht Weiden durch den dort zugelassenen Rechtsanwalt Dr. S.. Die drei früheren Klagen wurden in der Folgezeit in der Hauptsache für erledigt erklärt oder zurückgenommen. Zwischenzeitlich wurde der Kaufpreis in zwei Teilbeträgen hinterlegt. Nachdem der Beklagte das Mandat niedergelegt hatte, gab der Kläger die hinterlegten Kaufpreisbeträge für den Verkäufer frei.
Wegen Kosten für die drei erstgenannten Klagen von zusammen 93.877,78 DM verlangt der Kläger Schadenersatz. Wegen möglicher weiterer Kosten beantragt er die Feststellung einer Ersatzpflicht des Beklagten. Ferner beansprucht er den Ersatz von 64.599,94 DM, die er als Verzugszinsen und vertraglich vereinbarte Verzugsentschädigung an den Verkäufer geleistet habe. Demgegenüber beruft sich der Beklagte darauf, er sei beauftragt gewesen, die Vollstreckung aus dem Kaufvertrag mit allen Mitteln solange zu verzögern, bis sich die finanzielle Situation des – geschäftserfahrenen – Klägers wieder gebessert hätte, und zudem den Verkäufer durch aufwendige Prozesse möglichst zu einem Preisnachlaß zu bewegen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage mit Ausnahme eines Teils des Feststellungsantrags stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag im Umfange der Annahme des Rechtsmittels durch den Senat – also in Höhe von zusammen 116.212,73 DM sowie wegen der Feststellung betreffend weitere Kosten der zweiten und dritten Vollstreckungsgegenklage – weiter.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg.
A.
Wegen der Kosten für die erste Vollstreckungsgegenklage (1 O 482/84 LG Weiden) hält das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht den Beklagten für ersatzpflichtig, weil die Klage wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 795 Satz 1, 797 Abs. 5, 767 Abs. 1,802 ZPO) unzulässig gewesen sei. Dabei hat es nicht berücksichtigt, daß als erstattungsfähig zugrunde gelegte Kosten in Höhe von zusammen 289,71 DM keine unvermeidbare Folge der unzulänglichen Beratung durch den Beklagten waren, sondern weitaus überwiegend aufgrund eigener Nachlässigkeit des Klägers entstanden sind (§ 254 Abs. 2 BGB). Der Senat hat diese Einwendungen aufgrund der allgemeinen Sachrüge der Revision von Amts wegen zu beachten.
1. Die Rechnung des Rechtsanwalts Dr. S. vom 22. Februar 1985 (Anlage K 10 zur Klageschrift) ist infolge eines Rechenfehlers um 22,80 DM übersetzt, weil der für das Hauptsacheverfahren noch offenstehende Betrag von 45,60 DM – zur Hälfte – zusätzlich mit in die Kosten für das Beschwerdeverfahren einberechnet wurde. Obliegenheit des Klägers war es, die Rechnung nachzuprüfen, um eine Überzahlung zu verhindern. Unterließ er das in fahrlässiger Weise (§ 276 Abs. 1 BGB), so war die Überzahlung nur äußerlich durch die Vertragsverletzung der Beklagten mitveranlaßt. Da die Rechnungskontrolle auch im allgemeinen Leben derartige Fehler unabhängig vom Entstehungsgrund der Zahlungspflicht verhindern soll, tritt der Verursachungsbeitrag des Beklagten demgegenüber völlig zurück.
2. Die erstattungsfähigen Kosten der für den Verkäufer handelnden Rechtsanwälte K. waren durch Beschluß des Landgerichts Weiden vom 22. April 1985 auf 6.543,27 DM festgesetzt worden (Bl. 177 der Beiakte 1 O 482/84). Wenn der Kläger zur Erfüllung dieser Schuld letztlich 6.810,18 DM gezahlt hat, so deshalb, weil er sie nicht bei Fälligkeit freiwillig, sondern erst nach Vollstreckungsmaßnahmen erfüllt hat. Die Mehrkosten von 266,91 DM hat im Innenverhältnis zum Beklagten der Kläger allein zu verantworten. Er behauptet selbst nicht, zur fristgerechten Zahlung dieses Betrages nicht in der Lage gewesen zu sein. Für die Folgen dieser Säumigkeit des Klägers braucht der Beklagte nicht einzustehen.
3. Die Klage ist daher in Höhe von 289,71 DM abzuweisen.
B.
Wegen der Kosten der zweiten und dritten Vollstreckungsklage (1 O 664/84 LG Weiden = 30 O 1622/85 LG München I und 30 O 6210/85 LG München I) hat das Berufungsgericht den Beklagten ebenfalls für ersatzpflichtig gehalten und im Ergebnis dem Kläger einen Schadensersatzanteil von 51.323,08 DM zugesprochen.
I.
Zur Begründung hat es im Anschluß an das Landgericht ausgeführt: Die zweite Klage sei beim unzuständigen Gericht erhoben und nach Verweisung an das zuständige Gericht grundlos zurückgenommen worden. Zusätzlich habe der Beklagte die Ausschlußwirkung des § 767 Abs. 3 ZPO ausgelöst, indem er nicht alle Einwendungen in diesem Verfahren durchgesetzt habe. Die dritte Klage sei wegen der Rechtshängigkeit der zweiten Vollstreckungsklage unzulässig gewesen und letztlich zurückgenommen worden.
1. Soweit das Berufungsgericht auf die Unzuständigkeit des zunächst angegangenen Landgerichts Weiden abstellt, hat die von der Revision erhobene allgemeine Sachrüge teilweise Erfolg. Denn da der Rechtsstreit später an das zuständige Landgericht München I verwiesen wurde, hat die Vertragsverletzung des Beklagten lediglich gewisse Mehrkosten (§ 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO) verursacht, die vom Berufungsgericht nicht besonders ermittelt worden sind.
2. Entsprechendes gilt für die Begründung, die dritte Klage sei wegen der Rechtshängigkeit der zweiten unzulässig gewesen. Dies schließt nämlich nicht aus, daß wenigstens die Erhebung einer der beiden Klagen vor dem Landgericht München I, verbunden mit den beiden dortigen Anträgen auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 769 Abs. 1 ZPO), dem Willen des Klägers entsprach und deshalb vertragsgerecht war. Dann stellen die hierauf entfallenden Kosten keinen erstattungsfähigen Schaden des Klägers dar (§ 249 BGB). Das Berufungsgericht hat diese nicht ausgesondert.
3. Soweit die Tatsachengerichte auf die vermeintlich grundlose Rücknahme beider Klagen abstellen, dringt die Verfahrensrüge der Revision durch, diese beabsichtigten und dann auch ausgeführten Maßnahmen seien – wie alle anderen – mit dem Kläger vorab besprochen worden, § 286 ZPO. Mit Bezug auf diese beiden Klagerücknahmen war das Vorbringen des Beklagten, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts, hinreichend substantiiert. Denn er hatte es – unter Beweisantritt – wie folgt näher ausgeführt (S. 15 und 16 der Klageerwiderung = Bl. 36 f. GA): Da sich die 30. Zivilkammer des Landgerichts München I zwischenzeitlich geweigert habe, erneut eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu beschließen, sei in vorheriger Absprache mit dem Kläger eine neue Klage, diesmal zur 28. Zivilkammer, eingereicht worden, um bei diesem Gremium, das bislang mit der Sache nicht befaßt gewesen sei „wegen der zwischenzeitlich neuen Verfahren” zurückgenommen worden.
Da die zweite und dritte Klage beide am 12. November 1985, also rund zwei Wochen nach Einreichung der vierten Klage, zurückgenommen worden sind, bezieht sich das vom Beklagten behauptete Einverständnis des Klägers erkennbar auch auf die Rücknahme der dritten Klage, deren Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in gleicher Weise einem Erfolg der vierten Klage entgegenstand; zudem hatte die Vorsitzende der 28. Zivilkammer sechs Tage zuvor die Übernahme des neuen Rechtsstreits unter Hinweis auf die bei der 30. Zivilkammer noch anhängigen Prozesse zunächst abgelehnt. Sind beide Klagen mit Einwilligung des Klägers zurückgenommen worden, so handelte der Beklagte damit nicht vertragswidrig.
Dem Beklagten kann insoweit auch nicht vorgeworfen werden, er habe den Kläger über die sich aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zwangsläufig ergebende Kostenfolge nicht belehrt. Nach seiner Darstellung ist der Kläger über rechtliche Konsequenzen von Prozessen in ungewöhnlich genauer Weise informiert (Bl. 9 der Berufsbegründung = Bl. 114 GA). Der Kläger beruft sich selbst nicht auf Unkenntnis davon, daß ein Kläger regelmäßig die Kosten seiner zurückgenommenen Klage zu tagen hat, sondern leugnet seine Zustimmung.
4. Die Ansicht beider Tatsachengerichte, der Beklagte habe den Kläger geschädigt, indem er nicht alle Einwendungen schon mit der – später für erledigt erklärten – ersten oder mit der – zurückgenommenen – zweiten Klage verfolgt habe, ist rechtsirrig.
Nach § 767 Abs. 3 ZPO muß allerdings der Schuldner in einer von ihm zu erhebenden Vollstreckungsgegenklage alle Einwendungen geltend machen, zu deren Erhebung er imstande ist. Eine neue Klage kann er damit nicht begründen (RG ZZP Bd. 61 S. 142, 144, 146; BGH, Urt. v. 6. Februar 1967 – VIII ZR 24/66, WM 1967, 345, 346 = JR 1968, 386), weil das nicht vereinbar wäre mit der durch die Vorschrift bezweckten Verfahrenskonzentration. Der prozessualen Möglichkeit, bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der ersten Vollstreckungsgegenklage neue Einwendungen nachzuschieben (RGZ 55, 101, 103 ff.), entspricht nach der Vorstellung des Gesetzgebers zugleich eine Obliegenheit, aufgrund der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage von allen zulässigen Einwendungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Die erste Vollstreckungsgegenklage (1 O 482/84 LG Weiden) hätte hier bereits auf die behauptete arglistige Täuschung gestützt werden können; das Beweissicherungsverfahren dazu war bereits eingeleitet. Der Betrag von 300.00 DM wurde ebenfalls schon im September 1984 bei der Raiffeisenbank O. hinterlegt, ehe die Klage im Oktober 1984 in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Die am 29. Oktober 1984 erhobene und später zurückgenommene zweite Vollstreckungsgegenklage (1 O 664/84 LG Weiden = 30 O 1622/85 LG München I) war sogar ausdrücklich auf das Vorliegen von Sachmängeln und die „Zahlung” der 300.000 DM gestützt.
Nach § 767 Abs. 3 ZPO werden Einwendungen aber nur dann ausgeschlossen, wenn über die frühere Vollstreckungsgegenklage in der Hauptsache entschieden wird. Die Vorschrift soll „die Energie der Vollstreckung” durch die Konzentration aller vorhandenen Einwendungen sichern (Hahn, Materialien zur CPO 2. Aufl. Abt. 1 S. 437). Dieser Zweck, eine Häufung von Vollstreckungsgegenklagen auszuschließen, ist nach dem System der Zivilprozeßordnung an eine der Rechtskraft fähige Gerichtsentscheidung in der Hauptsache geknüpft. Solange der Kläger die Klage ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen darf (§ 269 Abs. 1 ZPO), ist der Zweck ohnehin nicht zu erreichen. Als Sanktion für eine Klagerücknahme sieht das Gesetz lediglich die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO vor, verbunden mit einer prozeßhindernden Einrede gegen eine neue Klage bis zur Erstattung der Kosten des Vorprozesses (§ 269 Abs. 4 ZPO). Ein weitergehender Ausschluß gesetzlich begründeter Rechte ist weder beabsichtigt noch gerechtfertigt. Zwar kann ein Vollstreckungsverfahren – wie der vorliegende Fall zeigt – unter Umständen auch dadurch verzögert werden, daß die Klage nur zur Erwirkung einer Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO erhoben und sodann vor der ersten mündlichen Verhandlung zurückgenommen wird. Einem derartigen Mißbrauch der Einstellungsmöglichkeit können und müssen die Gerichte aber bei der Entscheidung über das Einstellungsgesuch selbst unmittelbar entgegenwirken. Einen weitergehenden Rechtsverlust für den Fall, daß später doch eine – dann die erste – gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache angestrebt wird, erfordert sie nicht.
Wird eine erste Vollstreckungsgegenklage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und entscheidet das Gericht deshalb gemäß § 91 a ZPO nur über die Kosten des Rechtsstreits, so gilt dasselbe. Eine solche Entscheidung begründet nach übereinstimmender Meinung jedenfalls keine Rechtskraft für die Hauptsache (für alle vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 48. Aufl. § 91 a Anm. 13 B). Deshalb hindert sie einen Kläger grundsätzlich auch nicht daran, die Klage zu wiederholen (OLG Hamm FamRZ 1981, 1065; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 91 a Rdn. 22 f; Zöller/Vollkommer, ZPO 16. Aufl. § 91 a Rdn. 28; Thomas/Putzo, ZPO 16. Aufl. § 91 a Anm. 11 b aa; AK-ZPO/Röhl § 91 a Rdn. 25; Zimmermann, ZPO § 91 a Rdn. 11; Schellhammer, Zivilprozeß 4. Aufl. Rdn. 1471; Grundsky, Grundlagen des Verfahrenssrechts 2. Aufl. § 12 II 4, S. 109 f; A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht 2. Aufl. § 64 II 1, S. 338; Zeiss, Zivilprozeßrecht 7. Auf. Rdn. 502; Deubner JuS 1962, 205, 208; Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache S. 249). Die Gegenansicht, daß sich die Parteien durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen zugleich versprächen, keinen neuen Rechtsstreit über denselben Anspruch mehr zu beginnen (Habscheid JZ 1963, 579, 582; Schönke/Kuchinke, Zivilprozeßrecht 9. Aufl. § 71 II und VI 1), unterstellt einen Willen der Beteiligten, den diese fast nie haben. Ihnen geht es in aller Regel nur darum, den anhängigen Prozeß ohne Nachgeben einer der Parteien möglichst schnell und kostengünstig zu beenden. Das soll § 91 a ZPO im allseitigen Interesse fördern. Eine weitergehende Wirkung sieht das Gesetz nicht vor, insbesondere kein mit der Erledigungserkärung ohne weiteres verbundenes „Anerkenntnis”, daß der Klageanspruch nicht mehr bestehe (a. M. Nikisch, Zivilprozeßrecht 2. Aufl. § 66 III, S. 260 f; Donau JR 1956, 169, 170). Ein rechtsschutzwürdiges Interesse für eine erneute Klage kann nicht allgemein ausgeschlossen werden (a. M. Rosenberg/Schwab, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts 14. Aufl. § 133 II 4, S. 827). Der erneut prozessierende Kläger handelt auch nicht regelmäßig treuwidrig (a. M. Brox JA 1983. 289. 295). Mit der ersten Erledigungserklärung setzt er keinen Vertrauenstatbestand, daß er den Anspruch nicht nochmals gerichtlich geltend machen werde. Er kann nachträglich neue tatsächliche oder rechtliche Erkenntnisse oder Beweismittel erlangen, die eine wiederholte Klage als gerechtfertigt erscheinen lassen. Insbesondere kam im vorliegenden Falle in Betracht, daß das Gutachten im Beweissicherungsverfahren erst um die Jahreswende 1984/1985 vorlag und der Kläger anschließend eine abweichende Stellungnahme eines eigenen Architekten veranlaßte. Der Beklagte des ersten Rechtsstreits bedarf andererseits keines besonderen Schutzes gegen eine erneute Inanspruchnahme. Denn er kann sich hiergegen hinreichend dadurch schützen, daß er der Erledigung widerspricht und somit eine rechtskraftfähige Entscheidung auch über die Hauptsache erzwingt (vgl. zu dieser Möglichkeit Stein/Jonas/Leipold a.a.O. § 91 a Rdn. 44 f; Zöller/Vollkommer a.a.O. § 91 a Rdn. 46; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 91 a Anm. 15 I; Thomas/Putzo a.a.O. § 91 a Anm. 1 b bb; a. M. Göppinger a.a.O. S. 160 f; A. Blomeyer JuS 1962, 212, 214). Mit einer solchen Erklärung verzichtet er auf eine vereinfachende, kostengünstige Entscheidung zugunsten eines verstärkten Rechtsschutzes.
Aus dem Zweck des § 767 Abs. 3 ZPO ergeben sich gegen eine Klagewiederholung nach erledigter Hauptsache ebensowenig durchgreifende Bedenken wie nach einer zurückgenommenen Klage. Es fehlt jeweils an einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache als Grundalge für eine Ausschlußwirkung.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, welcher Schaden dem Kläger gerade aus der fraglichen Verhaltensweise des Beklagten entstanden sein soll.
II.
In Höhe von 43.385,54 DM erweist sich das angefochtene Urteil zu diesen beiden Vorprozessen auch nicht aus anderen Gründen als nichtig.
1. Das Berufungsgericht stellt unangefochten fest, der Kläger habe den Beklagten beauftragt, gegen die drohende Zwangsvollstreckung aus der Kaufvertragsurkunde vorzugehen, weil der Verkäufer nicht unerhebliche Mängel im Dachbereich des Hauses verschwiegen habe.
a) Für die Erhebung einer solchen Klage wenigstens in Höhe des erstrebten Minderungsbetrages von 264.030 DM steht dem Beklagten nach §§ 675, 611, 612 BGB eine Prozeßgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) zu. Der Beklagte behauptet, den Kläger auf die Risiken der Klage, die den Nachweis arglistigen Verschweigens der Mängel durch den Verkäufer voraussetzte (§ 476 BGB), hingewiesen zu haben. Für das Gegenteil ist der Kläger beweisbelastet. Denn der Mandant, der einen Rechtsanwalt auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch nimmt, weil dieser seine Pflichten nicht gehörig erfüllt habe, trägt die Beweislast für die Pflichtverletzung (BGH, Urt. v. 16. Oktober 1984 – VI 304/82, NJW 1985, 264, 265; Senatsurt. v. 5. Februar 1987 – IX ZR 65/86, WM 1987, 590, 591 = NJW 1987, 1322, 1323; Senatsurt. v. 2. April 1987 – IX ZUR 68/86, WM 1987, 725, 727; Senatsurt. v. 22. September 1987 – IX ZR 126/86, NJW 1988, 706). Unter der Voraussetzung eines solchen Hinweises durfte der Beklagte die vom Kläger gewünschte – nicht unvertretbar erscheinende – Klage ohne Vertragsverletzung erheben.
b) Die vom Beklagten für den Kläger erhobene dritte Klage (30 O 6210/85 LG München I) war weiter auf den Umstand gestützt, daß ein Betrag von 300.000 DM als Teil des Kaufpreises hinterlegt war. Der Kläger räumt ein, daß er sich auch aus diesem Grunde gegen eine Zwangsvollstreckung prozessual wehren wollte, weil er von einer Erfüllungswirkung der Hinterlegung ausgegangen sei und nicht „zweimal zahlen” wollte (S. 6 und 9 seines Schriftsatzes vom 2. Mai 1989 Bl. 52, 55 GA).
Dagegen behauptet der Beklagte unter Beweisantritt, der Kläger habe gewußt, daß die Hinterlegung keine schuldbefreiende Wirkung hatte, und dennoch eine Klage darauf stützen wollen, um einerseits über das Geld weiter verfügen und andererseits dennoch eine einstweilige Einstellung erreichen zu können (S. 12 und 13 der Klageerwiderung = Bl. 33 f GA; S. 3 f der Berufsbegründung = Bl. 108 f GA); er, Beklagter, habe den Kläger darauf hingewiesen, daß die Hinterlegung nicht schuldbefreiend wirke (S. 19 der Klagebeantwortung = Bl. 40 GA). Auch wenn sich diese Rechtsfolge aus dem vorgelegten Auszug der undatierten Aktennotiz (Anlage B 2 zum Schriftsatz des Beklagten vom 20. März 1989 = Bl. 44-46 GA) nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit ergibt, will der Beklagte sie zusätzlich mündlich erläutert haben (S. 2 seines Schriftsatzes vom 30. Januar 1990 = Bl. 130 GA). Jedenfalls unter dieser Voraussetzung war es nicht vertragswidrig, die Vollstreckungsgegenklage auf die Hinterlegung zu stützen. Denn die Tilgungswirkung konnte der Kläger jederzeit durch einseitige Freigabeerklärung nachholen und darauf vertrauen, daß der Verkäufer eine so hohe Teilzahlung nicht gemäß § 266 BGB ablehnen werde. Eine sich dann möglicherweise nach § 91 a ZPO ergebende Kostenbelastung des Klägers wäre nach Darstellung des Beklagten durch den erhofften Zeitgewinn aufgehoben worden.
Ob der Beklagte durch ein solches Vorgehen seine anwaltlichen Berufspflichten (§§ 43, 45 Nr. 1 BRAO) verletzt hat, kann hier offenbleiben. Denn § 45 Nr. 1 BRAO dient nicht dem Schutz desjenigen Mandanten, der trotz Belehrung den Rechtsanwalt beauftragt hat, einen Prozeß auf unlautere Mittel oder sogar wahrheitswidrige Behauptungen zu stützen. So liegt der Fall hier nach der Darstellung des Beklagten.
Damit erhöhte sich der Streitwert für die Bemessung der Prozeßgebühr auf den vollen Betrag des Kaufpreises von 564.030 DM. Jeder Prozeßbevollmächtigte hätte auf der Grundlage dieses Streitwerts nach der damals gültigen Gebührenordnung eine 10/10-Prozeßgebühr von 4.050 DM beanspruchen können, einschließlich Nebenkosten und Mehrwertsteuer also 4.662,60 DM. Zusätzlich wäre eine gerichtliche Prozeßgebühr (Nr. 1010 des Kostenverzeichnisses zum GKG) von 3.608 DM zuzüglich 5 DM Zustellungskosten (Nr. 1902 des Kostenverzeichnisses) angefallen.
c) Im Rahmen des Prozeßauftrages lag es, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO zu beantragen, als der Verkäufer die Zwangsvollstreckung betrieb. Nachdem die Zivilkammer des Landgerichts zweimal diesen Anträgen entsprochen hatte, hielt sich der Kläger innerhalb des ihm erteilten Mandats, indem er die Zurückweisung der gegen jene Anordnungen gerichteten Beschwerden des Verkäufers erstrebte. Dafür steht jedem Prozeßbevollmächtigten jeweils eine 5/10 Gebühr gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zu.
Für die Beschwerdeverfahren ist nach § 3 ZPO jedesmal ein Streitwert von 112.806 DM zugrunde zu legen. Denn der Wert einer Beschwerde, die ausschließlich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung betrifft, kann wegen ihrer begrenzten Wirkung gemäß § 3 ZPO in der Regel auf 1/5 des Wertes der Hauptsache geschätzt werden (OLG Köln Rpfleger 1976, 138 ff.; OLG Hamm FamRZ 1980, 476; KG JurBüro 1982, Sp. 1243 f.; Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 7. Aufl. § 70 C I, S. 308 f.; Zöller/Schneider a.a.O. § 3 Rdnr. 16 Stichwort „einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung”; Thomas/Putzo a.a.O. S. 3 Anm. 2 Stichwort „Zwangsvollstreckung (5)”; vgl. auch BGH, Beschl. v. 22. Juni 1983 – VIII ZB 8 und 9/83, WM 1983, 968).
§ 6 ZPO ist auf derartige Beschwerden nicht unmittelbar anzuwenden (a. M. KG Rpfleger 1970, 36, 37), weil der Streit nicht die konkrete Sicherstellung der Forderung, sondern deren Vollstreckbarkeit als Voraussetzung für Maßnahmen der Zwangsvollstreckung betrifft. Eine entsprechende Anwendung entfällt wegen der zeitlich eng begrenzten Wirkung einer einstweiligen Einstellung: § 6 ZPO setzt, indem er auf den vollen Wert der Forderung oder des Pfandes abstellt, endgültige Maßnahmen voraus. Dieser Streitwertbemessung steht die Entscheidung BGHZ 10, 249, 250 nicht entgegen. Sie betrifft allein die Festsetzung des Streitwerts nach der inzwischen außer Kraft getretenen Vorschrift des § 34 Nr. 1 GKG a.F. für einen innerhalb der jeweiligen Instanz erstmals gestellten Einstellungsantrag. Die Rechtslage hat sich seither geändert, weil dem gegenüber dem Interesse an der Hauptsache geringeren Interesse an einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung bei den Gerichtskosten nicht mehr durch einen ermäßigten Gebührensatz Rechnung getragen wird: Der Einstellungsantrag innerhalb einer Instanz kann ohnehin gebührenfrei gestellt werden, während für eine erfolglose Einstellungsbeschwerde nunmehr eine volle Gebühr erhoben wird. Zudem bestimmte die bezeichnete Entscheidung nur die vollstreckbare Hauptforderung als Obergrenze einer möglichen Festsetzung; geprüft wurde nicht, ob diese Forderung ganz oder lediglich mit einem Bruchteil anzusetzen sei.
Besondere Umstände, die im vorliegenden Falle zu einer abweichenden Bestimmung des Beschwerdewertes hätten führen können, sind weder dargetan noch ersichtlich. Der Kläger erstrebte mit dem Einstellungsantrag einen zeitlichen Aufschub; der Verkäufer wurde letztlich befriedigt. Soweit dieser durch Pfändungen Sicherheiten erlangt hatte, die er zeitweilig nicht verwerten konnte, liegt deren Wert weit unter dem hiermit errechneten Streitwert.
Auf der Grundlage dieses Streitwertes wäre für jeden Rechtsanwalt jeweils eine 5/10-Prozeßgebühr von 812,50 DM angefallen, einschließlich Nebenkosten also 971,85 DM. Gerichtskosten sind für die Einstellungsbeschwerden hingegen nicht zu veranschlagen, weil diese Erfolg hatten (vgl. Nr. 1181 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
d) Zusammenfassend hätte der Kläger also auch im Falle einer – nach Darstellung des Beklagten – vertragsgerechten Prozeßführung Kosten von 16.825,60 DM (Oben b und c) zu tragen gehabt.
2. Wegen eines weiteren Betrages von 16.66 DM ist die Klage als nicht schlüssig abzuweisen. Es handelt sich um Verzugskosten, die auf die erstattungsfähigen Kosten des Rechtsanwalts Dr. S. nach deren Fälligkeit aufgelaufen sind. Dieser vor dem Landgericht Weiden tätige Prozeßbevollmächtigte des Klägers hatte gemäß § 19 BRAGO einen Kostenfestsetzungsbeschluß vom 11. Juli 1985 (Anlage K 11 zur Klageschrift) erwirkt, auf den der Kläger letztlich 1.704,43 DM gezahlt hat (Anlage K 12). Der Betrag lag um 5 DM an Gerichtskosten und 11,66 DM an Zinsen über der zugrundeliegenden Rechnung des Rechtsanwalts Dr. S. vom 20. Februar 1985 (Anlage K 10). Gründe für die verzögerte Erfüllung hat der Kläger nicht dargetan, so daß die Klage insoweit im Hinblick auf § 254 Abs. 2 BGB nicht gerechtfertigt ist.
3. Wegen weiterer Kostenerstattungsansprüche in Höhe von 26.543,28 DM ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil die Grundlagen für das Bestehen eines Zahlungsanspruchs nicht festgestellt sind. Es handelt sich um Ersatzforderungen aufgrund folgender drei Kostenfestsetzungsbeschlüsse, welche der Verkäufer gegen den Kläger erwirkt hat:
Vom 6. Mai 1986 im Rechtsstreit 30 O 1622/85 (Anlage K 19 zur Klageschrift) in Höhe von |
6.053,40 DM; |
vom 7. März 1986 im Rechtsstreit 30 O 6210/85 (Anlage K 20) in Höhe von |
4.134,30 DM |
und vom 17. März 1988 im Rechtsstreit 30 O 6210/85 (Anlage K 21) in Höhe von |
16.355,58 DM. |
Gemäß § 249 BGB kann der Kläger vom Beklagten Freistellung von diesen Verbindlichkeiten verlangen. Zahlung vermag er hingegen nur zu beanspruchen, soweit er die Kostenerstattungsforderungen erfüllt hat. Nach seinem eigenen Vorbringen hat er darauf keine Zahlungen an den Verkäufer geleistet. Er beruft sich auf eine Erfüllung durch Aufrechnung (S. 11 seines Schriftsatzes vom 2. Mai 1989 = Bl. 57 GA), ohne seine eigenen Forderungen, die zur Aufrechnung verwendet worden sein sollen, näher darzutun. Zwar gestand der Verkäufer mit Schreiben vom 30. Dezember 1986 (Anlage K 22 zur Klageschrift) eine Überzahlung des Klägers im Zusammenhang mit dem Kaufpreis von 91.756,19 DM zu. Im selben Schreiben erklärte er aber gegen einen Rückzahlungsanspruch des Klägers die Aufrechnung in erster Linie mit einer Forderung auf Zahlung von Säumnisgebühren und Verzugszinsen (unten C) in Höhe von zusammen angeblich 110.633,98 DM und nur hilfsweise mit seinen Kostenerstattungsansprüchen. Das diese getilgt sind, ergibt sich daraus nicht.
In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht auch berücksichtigen müssen, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 17. März 1988 (im Rechtsstreit 30 O 6210/85) auf die eigene Erinnerung des Klägers hin abgeändert worden ist. Die erstattungsfähigen Kosten des Verkäufers sind durch Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 30. Mai 1989 (11 W 1690/89 – Bl. 239-251 Beiakte 30 O 6210/85 auf nur 8.187,48 DM festgesetzt worden.
III.
Wegen der restlichen Kosten in Höhe von 7.937,54 DM stellt sich die angefochtene Entscheidung im Ergebnis als richtig dar, so daß die Revision insoweit zurückzuweisen ist. (§ 563 ZPO).
Es handelt sich um Mehrkosten, die dem Kläger einerseits durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Weiden (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 795 Satz 1, 795 Abs. 5, 767 Abs., 802 ZPO) und andererseits durch das sich zeitlich überschneidende Anhängigmachen dreier Klagen mit demselben Streitgegenstand (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entstanden sind. Bei diesen Maßnahmen hat der Beklagte eindeutige und unverzichtbare gesetzliche Regeln mißachtet. Er hat auch nicht behauptet, den Kläger substantiiert über die sich gerade aus den bezeichneten Vorschriften ergebenden Grenzen sogar für eine auf bloße Verzögerung bedachte Prozeßführung belehrt zu haben.
Soweit er pauschal vorgetragen hat, der Kläger sei auf die Zuständigkeit des Landgerichts München hingewiesen worden, habe sich aber prozeßtaktische Vorteile aus einer Anrufung des Landgerichts Weiden erhofft und diese deshalb gewünscht, ergibt sich daraus kein Hinweis auf den entscheidenden Gesichtspunkt, daß die Vereinbarung des Gerichtsstands Weiden mit dem Verkäufer gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative ZPO unzulässig war. Deswegen genügt auch nicht die Behauptung des Beklagten, der Kläger sei darauf hingewiesen worden, daß die Entscheidung „ein relatives Risiko” darstellen könnte. Worauf sich dieses Risiko beziehen sollte, bleibt unklar. Ein Verstoß gegen § 40 Abs. 2 ZPO war jedenfalls nicht nur „ein relatives Risiko”, sondern ließ den Prozeßverlust oder mindestens Mehrkosten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit besorgen. Ohne eine Belehrung darüber entlastet den Beklagten ferner nicht die von ihm behauptete Weisung des Klägers an Rechtsanwalt Dr. S. in Weiden, das Verfahren zunächst dort zu führen.
Daß er den Kläger auf das noch höhere Risiko des Einreichens einer neuen Klage während der Rechtshängigkeit einer früheren Klage mit demselben Streitgegenstand hingewiesen hat (zur Erforderlichkeit vgl. BGHZ 89, 178, 182), behauptet der Beklagte ebenfalls nicht in substantiierter Form. Sein allgemeines Vorbringen, mit dem Kläger sei jeder beabsichtigte und dann durchgeführte Schritt vorab besprochen worden, läßt die vom Beklagten in diesem Zusammenhang geschuldete rechtliche Belehrung nicht erkennen. Die Obliegenheit, eine solche Beratung inhaltliche näher darzutun, überfordert den Beklagten entgegen dessen Auffassung nicht. Von ihm wird nicht verlangt, daß er das Gespräch nach Ort und Zeit genau einordnet, sondern nur die Erläuterung daß, unter welchen Umständen und sinngemäß wie der den Kläger über das von ihm einzugehende, außerordentlich hohe Kostenrisiko unterrichtet hat. Ein Rechtsanwalt, der für seinen Mandanten zwei so ungewöhnliche Maßnahmen wie den Verstoß gegen eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit sowie gegen das Verbot der mehrfachen Rechtshängigkeit einleitet, muß angeben können, ob und wie er den Mandanten gerade in dieser Hinsicht belehrt hat. Hinsichtlich der Klagerücknahmen war der Beklagte auch zu entsprechenden Angaben in der Lage (oben I 3).
Die bezeichneten Hinweise waren entgegen der Meinung der Revision nicht wegen der Behauptung des Beklagten entbehrlich, der Kläger habe nur die Kaufpreiszahlung um jeden Preis verzögern wollen. Sogar ein solches Anliegen des Mandanten, der letztlich mit einem Erfolg seiner Klagen nicht gerechnet haben soll, deckt nicht kostenträchtige sinnlose Verzögerungsmaßnahmen, wenn aussichtsreichere möglich sind, etwa die Klage beim zuständigen Gericht. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge betreffend die Behandlung des Antrags des Beklagten auf eine Vernehmung als Partei greift nicht durch (§ 565 a Satz 1 ZPO).
Der Höhe nach berechnet sich der Betrag, mit dem die Revision unbegründet ist, als Differenz zwischen der Summe der Klageforderungen für die beiden fraglichen Prozesse (24.897,20 DM für den Rechtsstreit 30 O 1622/85 und 26.425,88 DM für den Rechtsstreit 30 O 6210/85) abzüglich der Ersatzansprüche von zusammen 43,385,54 DM, deretwegen der Senat das angefochtene Urteil aufgehoben hat.
IV.
Zugleich ist die Revision gegen den Feststellungsausspruch im Zusammenhang mit den beiden fraglichen Prozessen zurückzuweisen (§ 563 ZPO). Denn da alle Kostenbelastungen, die dem Kläger bei vertragsgerechtem Verhalten des Beklagten möglicherweise entstehen konnten, bereits erfaßt sind (oben II), können etwaige weitergehende Erstattungsansprüche des Verkäufers nur noch auf der positiven Vertragsverletzung des Beklagten beruhen.
C.
Landgericht und Oberlandesgericht haben dem Kläger weiter Schadensersatz für die Kosten der verspäteten Erfüllung seiner Kaufpreisschuld zugesprochen. Zur Begründung haben sie ausgeführt, der Kläger habe unstreitig 27.099,94 DM Verzugszinsen und 37.500 DM vertragliche Säumnisentschädigung an den Verkäufer gezahlt. Auch dieser Schaden sei „durch die schuldhafte Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages durch den Beklagten eingetreten”.
Dagegen dringt die von der Revision erhobene allgemeine Sachrüge durch.
Eine bestimmte vertragswidrige Verhaltensweise des Beklagen, die diesen Schaden verursacht haben soll, stellen die Instanzgerichte insoweit nicht fest. Das angefochtene Urteil setzt den vom Kläger erlittenen Schaden nicht zu irgendeiner konkreten Handlung des Beklagte, die ihn veranlaßt haben könnte, in Beziehung. Ein Zusammenhang mit der Erhebung einer Klage beim unzuständigen Gericht oder mit ihrer Rücknahme sowie mit dem Einlegen unbegründeter Beschwerden – auf welche das Landgericht eingeht – ist nicht zu erkennen. Das Berufungsurteil beruht daher auf einem Rechtsfehler.
Es erweist sich derzeit auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Der – insoweit beweisbelastete – Kläger macht zur Begründung dieser Klageforderung geltend, der Beklagte habe ihn darauf hinweisen müssen, daß die Hinterlegungen von 300.000 DM und 264.030 DM keine schuldtilgende Wirkung gehabt hätten; in diesem Falle hätte er, Kläger, die hinterlegten Beträge schon früher freigegeben. Das hat der Beklagte mit der Behauptung substantiiert bestritten, der Kläger habe gewußt, daß die veranlaßten Hinterlegungen keine Erfüllungswirkung hatten, und sie nur vortäuschen wollen, um auf diese Weise eine Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erlangen (S. 12 f und 19 der Klagebeantwortung = Bl. 33 f, 40 GA). Zudem will der Beklagte den Kläger auf die fehlende Erfüllungswirkung ausdrücklich hingewiesen haben (siehe oben B II 1 b).
Darüber hinaus trägt die eigene Begründung des Klägers den Schadensersatzanspruch insoweit nicht, wie er aus der verzögerten Zahlung des Kaufpreisteils von 264.030 DM hergeleitet wird. Der Kläger macht hierzu geltend, er habe selbst an die Berechtigung eines Abzugs vom Kaufpreis in dieser Höhe wegen arglistig verschwiegener Mängel geglaubt (S. 4 f. seines Schriftsatzes vom 2. Mai 1985 = Bl. 50 f. GA). Er hat unstreitig zu Anfang des Jahres 1985, also nach Fälligkeit des Kaufpreises, seinen Architekten L. mit einer entsprechenden Begutachtung beauftragt, um einen Gewährleistungsprozeß vorzubereiten. Den Verkäufer hat er in diesem Zusammenhang wegen Betruges angezeigt. Unter solchen Umständen müßte er näher dartun, daß und warum er dennoch eine sofortige Tilgung sogar dieses streitigen Kaufpreisteils erstrebt haben will. Die Tatsache der Hinterlegung allein besagt hierüber nichts, weil sie von der Bürgin vorgenommen wurde, die sich von ihrer eigenen Verbindlichkeit befreien wollte.
Fundstellen
Haufe-Index 609767 |
NJW 1991, 2280 |