Leitsatz (amtlich)

Zur Zulässigkeit des Ausschlusses eines Gewerkschaftsmitglieds wegen aktiver Zugehörigkeit zu einer gewerkschaftsfeindlichen Partei.

 

Normenkette

GG Art. 9 Abs. 3, Art. 3 Abs. 3, 21; BGB § 25

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 07.11.1969)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. November 1969 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger, ein Polizeibeamter, war der beklagten Gewerkschaft beigetreten. Als Mitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) wurde er im Jahre 1966 zum Abgeordneten im Bayerischen Landtag gewählt.

Die Beklagte teilte dem Kläger am 30. Dezember 1966 mit, er solle bei ihr wegen seiner Mitgliedschaft in der NPD ausgeschlossen werden, und wies dazu auf §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1 a ihrer damals geltenden Satzung sowie die von ihrem Delegiertenkongreß im Jahre 1966 beschlossene Erläuterung zu § 4 Abs. 1 der Satzung hin. Diese Bestimmungen lauten auszugsweise:

§ 4 Abs. 1

(1) Die Gewerkschaft läßt sich in ihrer gesamten Tätigkeit von den Grundsätzen der Demokratie leiten. Sie bekennt sich zur parteipolitischen und religiösen Neutralität und lehnt totalitäre Bestrebungen jeder Art ab.

(2) …

§ 8 Abs. 1

Der Ausschluß eines Mitgliedes erfolgt, wenn es

a) den Interessen der Gewerkschaft zuwidergehandelt hat …

Die Erläuterung zu § 4 Abs. 1 der Satzung besagt, die Mitgliedschaft bei der Beklagten sei mit der in bestimmten politischen Organisationen, darunter der NPD, unvereinbar.

Am 10. Februar 1967 schloß der Vorstand des Landesbezirks Bayern der Beklagten den Kläger aufgrund der genannten Bestimmungen aus. Der vom Kläger angerufene Landesbezirksausschuß der Beklagten bestätigte den Ausschluß am 8. Mai 1967.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte verstoße mit dem Ausschluß gegen die von ihr übernommene parteipolitische Neutralität und gegen das Grundgesetz. Er werde dadurch wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt und in seiner Meinungs- und Koalitionsfreiheit beeinträchtigt. Außerdem müsse die NPD mangels eines Verbots nach Art. 21 GG von jedermann als demokratische Partei anerkannt werden.

Durch den unrechtmäßigen Ausschluß und dessen Veröffentlichung vor dem Abschluß des Verfahrens habe die Beklagte sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Sie müsse ihm daher Schadensersatz leisten. Der Kläger hat beantragt, die Unwirksamkeit des Ausschlusses festzustellen und die Beklagte weiter zu verurteilen, ihm mitzuteilen, welche Massenmedien sie von den Beschlüssen über seinen Ausschluß verständigt habe, und diesen gegenüber die Nachricht zu widerrufen, ferner ihm ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen und 366,62 DM nebst Zinsen als Ersatz für die ihm im Ausschlußverfahren entstandenen, außergerichtlichen Kosten zu zahlen.

Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Recht als zulässig angesehen. Der Kläger hat zwar schon Klage vor den staatlichen Gerichten erhoben, bevor er den in § 8 Abs. 3 der damals geltenden Satzung vorgesehenen vereinsinternen Instanzenzug ausgeschöpft hatte. Eine solche Klage ist grundsätzlich unzulässig, weil sowohl verfrühte Klagedn als auch unnötige Eingriffe in die Vereinsgewalt vermieden werden müssen. Eine Ausnahme gilt aber im Einzelfall dann, wenn eine Verweisung auf das Vereins interne Verfahren für den Betroffenen aus besonderen Gründen nicht zumutbar ist (BGHZ 47, 172, 174 m.w.N.). Das hat das Berufungsgericht hier ohne Rechtsfehler angenommen, wenn es ausführt, der Kläger hätte nach dem damaligen Instanzenzug erst die Entscheidung des nicht vor dem Jahr 1969 wieder zusammentretenden Landesdelegiertentages abwarten und dann frühestens im Laufe des Jahres 1969 nach weiterer Entscheidung des Gewerkschaftausschusses und -vorstandes die getroffene Maßnahmen durch staatliche Gerichte nachprüfen lassen können; das sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen. Da diese Begründung seine Auffassung allein rechtfertigt, braucht nicht auf die möglichen Bedenken gegen seine weitere Erwägung eingegangen zu werden, der Kläger habe auch vor den höheren Vereins Instanzen nicht mit dem Erfolg seiner Rechtsmittel rechnen können.

II. Der eine Vereinsstrafe enthaltende Beschluß ist nach, der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Rücksicht auf die Vereinsgewalt nur daraufhin zu prüfen, ob er eine Grundlage in der Satzung findet, ob das dort vorgesehene Verfahren eingehalten worden ist und ob der Beschluß gesetz- oder sittenwidrig oder offenbar unbillig ist. Unter keinem dieser Gesichtspunkte hält das Berufungsgericht die Ausschließung des Klägers für angreifbar. Dazu stellt es fest:

Die Beklagte bekenne sich in ihrer Satzung zu den klassischen Zielen der deutschen freien Gewerkschaften, der Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen und kulturellen Belange des von ihr erfaßten Personenkreises durch Verhandlungen mit den Behörden, Abschluß von Tarifverträgen, Einwirkung auf die Gesetzgebung und, soweit erforderlich, durch Anwendung gewerkschaftlicher Kampfmittel. Demgegenüber hätten ihre Organe insbesondere aus einer Reihe von Formulierungen im Parteiprogramm der NPD (Abschnitt IX „Mensch und Arbeit”) sowie in einem i „Politischen Lexikon” (z.B. unter den Stichwörtern „Gewerkschaften” und „Klassenkampf”), das von einem der NPD nahestehenden Verlag herausgegeben werde, bei nicht unvernünftiger Beurteilung den Eindruck gewinnen können, die NPD halte zur Sicherung des Arbeitsfriedens die Schaffung einheitlicher Organisationen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern für geboten und stelle damit den Portbestand freiheitlicher Gewerkschaften heutiger Prägung in Frage. Als Mandatsträger dieser Partei müsse sich der Kläger deren Programm zurechnen lassen; er habe sich auch in keiner Weise davon distanziert. Es sei hiernach jedenfalls keine offenbare Fehlentscheidung, wenn die zuständigen Instanzen der Beklagten die Bestrebungen der NPD mit den Zielen der Beklagten in wesentlichen Punkten für unvereinbar gehalten und deshalb in der Zugehörigkeit des Klägers zu dieser Partei als einer gewerkschaftsfeindlichen Organisation eine Zuwiderhandlung gegen die Interessen der Beklagten im sinne von § 8 Abs. 1 ihrer Satzung erblickt hätten.

III. Diese für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen tragen in Verbindung mit dem unstreitigen Sachverhalt die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe sich mit der Ausschließung des Klägers im Rahmen von Gesetz, Satzung, guten Sitten und Billigkeit gehalten.

1. Der vorliegende Fall nötigt nicht zur Entscheidung der Frage, inwieweit die bloße Zugehörigkeit eines Gewerkschaftsmitglieds zu einer politischen Partei, deren Programm und sonstige Verlautbarungen, wie hier festgestellt, bei sachgemäßer Prüfung den Schluß zulassen, sie verfolge und propagiere gewerkschaftsfeindliche Tendenzen, allein schon die Ausschließung des Mitglieds zu rechtfertigen vermag. Jedenfalls kann es einer Gewerkschaft nicht verwehrt sein, sich von einem Mitglied zu trennen, das, wie hier der Kläger, nicht bereit ist, sich wenigstens von den Bestrebungen einer solchen Partei, soweit sie als mit den gewerkschaftlichen Zielen im Kern unvereinbar erscheinen, offen zu distanzieren, sondern im Gegenteil durch die Übernahme eines Landtagsmandats öffentlich sein Einverständnis mit dem Parteiprogramm und seine Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, sich in besonderer Weise aktiv dafür einzusetzen. Denn in diesem Fall liegt die von Berufungsgericht zutreffend hervorgehobene Gefahr besonders nahe, daß durch solche Doppelmitgliedschaften die innere und äußere Geschlossenheit des eigenen Verbandes geschwächt wird, wenn nicht sogar eine allmähliche Unterwanderung durch gegnerische Kräfte zu befürchten ist. Gegen solche Gefahren muß sich eine Gewerkschaft aufgrund ihrer Vereinsgewalt beizeiten und nicht erst dann absichern können, wenn sie unmittelbar vor ihrer Verwirklichung stehen. Die Beklagte durfte daher in der Tat den aktiven Einsatz eines Mitglieds für eine nicht ohne sachliche Grundlage als gegnerisch beurteilte politische Vereinigung, zumal in herausgehobener Punktion, als eine ernstliche Beeinträchtigung ihrer gewerkschaftlichen Interessen im Sinne des § 8 Abs. 1 ihrer Satzung werten.

2. Mit Recht hat das Berufungsgericht unter den vorliegenden Umständen auf das Vorbringen des Klägers, er habe innerhalb der Gewerkschaft politische Meinungsäußerungen bewußt vermieden, kein entscheidendes Gewicht gelegt. Denn ein Vereinsmitglied kann einerseits auch durch sein Verhalten außerhalb des Vereins dessen Interessen erheblich zuwiderhandeln. Andererseits braucht ein solcher Verstoß nicht schon darin zu liegen, daß ein Mitglied bei verbandsinternen Diskussionen kritisch zu einzelnen Programmpunkten Stellung nimmt und auf diese Weise die innere Meinungs- und Willensbildung zu beeinflussen versucht, ohne hierbei den Verband in seinen tragenden Grundlagen überhaupt in Frage zu stellen (vgl. zur Rechtslage bei politischen Parteien: Luthmann, DVBl. 1962, 166, 168; Lenz/Sasse, JZ 1962, 233, 240).

3. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte beraube ihn infolge ihrer Monopolstellung mit dem Ausschluß der Möglichkeit, seine beruflichen Interessen auf gewerkschaftlicher Ebene zu verfolgen. Dazu braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob die Beklagte in ihrem Bereich tatsächlich eine monopolartige Stellung einnimmt. Denn auch ein „Monopolverein” ist grundsätzlich nicht genötigt, Mitglieder aufzunehmen oder in seinen Reihen zu dulden, die den satzungsmäßig bestimmten Vereinsgrundsätzen nicht entsprechen oder nachhaltig zuwiderhandeln (vgl. BGH LM BGB § 38 Nr. 5 zu I 2, 3).

Daß dem Kläger mit dem Verlust seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten ein unzumutbares Opfer auferlegt werde, hat das Berufungsgericht rechtlich fehlerfrei verneint. Zwar kann die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft auch für den einzelnen persönlich wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen (vgl. BGHZ 13, 5, 9 f). Diese Vorteile fallen hier aber nach den tatrichterlichen Feststellungen vertretbar nicht so wesentlich ins Gewicht, daß ihnen bei Abwägung der beiderseitigen Belange der Vorrang vor dem berechtigten Interesse der Beklagten zukäme, aktive Anhänger von gewerkschaftsfeindlichen Vereinigungen von sich fernzuhalten. Hierbei durfte das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe ihn durch ihr Vorgehen gegen ihn beruflichen Schwierigkeiten ausgesetzt, als unsubstantiiert außer acht lassen.

Damit entfällt auch eine Beanstandung des Ausschlusses wegen offenbarer Unbilligkeit.

IV. Die Revision wendet sich im wesentlichen weder gegen die tatsächlichen Feststellungen noch gegen die vereinsrechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts, sondern beanstandet die Ausschließung des Klägers unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Ihre Angriffe sind jedoch nicht begründet. Dazu braucht nicht auf die Frage der sog. Drittwirkung von Grundrechten eingegangen zu werden (vgl. dazu Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz Art. 1 Abs. III Rn. 127 ff m.w.N.), weil der Ausschluß des Klägers auch dann rechtmäßig ist, wenn nach der am weitester gehenden Ansicht von einer unmittelbaren Geltung der Grundrechte auch im Zivilrecht allgemein oder – mit Rücksicht auf Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG (vgl. Maunz/Dürig/Herzog a.a.O. Art. 9 Rn. 120 m.w.N.) – zumindestens im Bereich der Koalitionsfreiheit ausgegangen wird.

1. Zu Unrecht meint die Revision, die Ausschließung des Klägers beeinträchtige ihn in seiner durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit. Richtig ist zwar, daß Art. 9 Abs. 3 GG dem einzelnen das Recht sichert, an der verfassungsrechtlich geschützten Tätigkeit einer Koalition teilzunehmen (BVerfGE 19, 303, 312). Darin ist die Freiheit eingeschlossen, einer Koalition beizutreten, sich in ihr zu betätigen und in ihr zu verbleiben (Maunz/Dürig/Herzog a.a.O. Art. 9 Anm. 104). Diese Freiheit findet aber, wie jedes Freiheitsrecht, ihre Grenzen an den verfassungsmäßigen Rechten anderer, und zwar im vorliegenden Fall an den inhaltsgleichen Rechten des Verbandes, wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat. Art. 9 Abs. 3 GG schützt nämlich nicht nur den einzelnen, sondern vor allem auch die Koalition selbst in ihrer spezifisch koalitionsmäßigen Betätigung (BVerfGE 19, 303, 312, 319). Damit sichert die Bestimmung die Koalition gegen unrechtmäßige Beeinträchtigungen ihres Bestandes und ihres Wirkens durch den Staat ebenso wie durch private Mächte und konkurrierende Organisationen (BGHZ 42, 210, 217). Der hierdurch gewährleistete Freiheitsbereich umfaßt nicht nur die Verteidigung gegen Angriffe von außen, sondern auch die Möglichkeit, sich im Rahmen der Verbandsautonomie mit den satzungsmäßigen Mitteln gegen Störungen und Gefahren zu wehren, die der Zielsetzung und der inneren Ordnung des Verbandes aus den eigenen Reihen drohen. Nicht minder gehört dazu das Recht einer Gewerkschaft, gegen Mitglieder vorzugehen, die im Widerspruch zu der von ihnen übernommenen Rechtspflicht, jederzeit für die gewerkschaftlichen Ziele einzutreten (vgl. die Satzung der Beklagten zu § 5 Abs. 2 a.F., § 6 Abs. 1 n.F.), sich zu.politischen Vereinigungen bekennen und diese aktiv fördern, deren Bestrebungen darauf hinauslaufen, die Gewerkschaften in ihrem durch die historische Entwicklung geprägten und vom Grundgesetzgeber anerkannten Erscheinungsbild zu beseitigen oder wesensmäßig umzugestalten, wie die Beklagte hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts annehmen durfte.

Dieses Recht der Gewerkschaft auf Selbstbewahrung in ihrem Kernbereich hat hier den Vorrang vor dem Recht des Klägers, einer Koalition seiner Wahl anzugehören.

Die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 GG) umschließt die Möglichkeit zur freiwilligen Selbstbeschränkung, aber nicht das Recht, sich über freigewählte Bindungen hinwegzusetzen, ohne sie zuvor rechtmäßig gelöst zu haben. So verbürgt auch die besondere Grundrechtsnorm des Art. 9 Abs. 3 GG lediglich jedermann die Freiheit des Beitritts zu einer Koalition, deren Grundsätze er anerkennt und zu fördern bereit ist. Sie gibt aber nicht das Recht, Mitglied einer Koalition zu sein und gleichzeitig eine Organisation mit gegensätzlichem Programm als aktives Mitglied zu unterstützen; sonst bliebe auch der gemeinsam gebildete Wille der anderen Koalitionsmitglieder, wie er in der Verbandssatzung Ausdruck gefunden hat, ungeschützt. Zieht der Verband in einem solchen Fall aus dem widersprüchlichen Verhalten seines Mitglieds die Folgerung des Ausschlusses, so vollzieht er nur noch die sachlich schon von dem Mitglied selbst vorgenommene Trennung.

Es ist deshalb nur folgerichtig und bislang, soweit ersichtlich, nicht als verfassungswidrig angesehen worden, wenn Gewerkschaften oder politische Parteien in ihren Satzungen vielfach bei Zugehörigkeit eines Mitglieds zu einer „konkurrierenden Gruppe” die Beendigung der Mitgliedschaft vorsehen (vgl. § 7 Abs. 1 der Satzung der Beklagten und für politische Parteien Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, 1972, S. 68 und Anm. 293 sowie Lenz/Sasse, JZ 1962, 233, 241; Luthmann, DVBl. 1962, 166, 171). Für die aktive Zugehörigkeit eines Gewerkschaftsmitglieds zu einer gegnerischen politischen Partei kann nichts grundsätzlich anderes gelten.

2. Damit erledigt sich auch die Rüge eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung aus Gründen der politischen Überzeugung (Art. 3 Abs. 3 GG). Dieses Verbot gibt für einen Konflikt der vorliegenden Art nichts her. Denn wo, wie hier, die Übereinstimmung in grundlegenden Zielvorstellungen eine wesentliche Bindung für die Begründung und den Portbestand besonderer Rechtsbeziehungen bildet, ist für die Zulässigkeit einer gleichzeitigen anderweiten Bindung die Vereinbarkeit der Ziele auch dann der ausschlaggebende Maßstab, wenn es dabei um politische Überzeugungen geht (vgl. BVerfGE 7, 155, 170 f). Die Notwendigkeit, aber auch die Freiheit, sich bei gegensätzlichen Zielen für den einen oder für den anderen Verband zu entscheiden, sind für jeden gleich.

3. Schließlich steht der Wirksamkeit des vom Kläger angegriffenen Vereinsbeschlusses nicht entgegen, daß nach Art. 21 Abs. 2 GG niemand die Verfassungswidrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen kann, bevor das Bundesverfassungsgericht sie festgestellt hat. In dieser Hinsicht könnten sich zwar Bedenken daraus ergeben, daß die Erläuterungen zu § 4 Abs. 1 der Satzung, auf die sich die Beklagte in ihrem Schreiben an den Kläger vom 30. Dezember 1966 bezogen hat, die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in der Gewerkschaft mit der Mitgliedschaft in der NPD und anderen politischen Organisationen damit begründen, diese Organisationen stünden „nach Wort und Tat nicht auf dem Boden der freiheitlichdemokratischen Grundordnung im Sinne unseres Grundgesetzes”. Hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Falle nicht an, weil nach den rechtlich fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der Vorstandsbeschluß vom 10. Februar 1967 allein schon durch den Hinweis auf § 8 Abs. 1 (a) der Satzung und den darin enthaltenen Vorwurf des Interessenverstoßes wegen grundsätzlicher Unvereinbarkeit der wirtschaftspolitischen Vorstellungen der NPD mit den Zielen der Beklagten getragen wird. Ein solcher unüberbrückbarer Programm- und Interessengegensatz kann auch zwischen zwei Verbänden bestehen, die sich beide im Rahmen der Verfassung halten. Insoweit kann; ebenfalls auf die vergleichbare Rechtslage bei Doppelmitgliedschaft in verschiedenen Koalitionen oder verschiedenen Parteien mit einander ausschließenden Programmen verwiesen werden.

V. Mit der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses entfallen die vom Kläger aus dieser Maßnahme hergeleiteten Schadensersatzansprüche.

Dagegen hätten unabhängig davon Forderungen des Klägers bestehen können, wenn die Beklagte ihn durch die Art und Weise der Veröffentlichung des noch nicht rechtsbeständig gewordenen Ausschlusses über das zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gebotene Maß hinaus geschädigt hätte. Das Berufungsgericht hat aber insoweit zutreffend einen genügend substantiierten Vortrag des Klägers vermißt. Damit entfallen auch Ansprüche des Klägers unter diesem Gesichtspunkt.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Fleck, Liesecke, Dr. Schulze, Dr. Bauer, Dr. Tidow

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502408

NJW 1973, 35

Nachschlagewerk BGH

MDR 1973, 116

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