Rn 8
Zur Insolvenzmasse i. S. der ersten Variante (Vermögen zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung) gehören – soweit im Einzelfall pfändbar (vgl. § 36 Rn. 1) – insbesondere die in der nachfolgenden, am Verzeichnis der Massegegenstände (§ 151) orientierten Übersicht dargestellten Gegenstände.
3.1 Ausstehende Einlagen
Rn 9
Forderungen einer Kapitalgesellschaft (zur persönlichen Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft siehe Rn. 90) gegen ihre Gesellschafter wegen nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfolgter Einzahlung des Kapitals sind Teil der Masse und ausschließlich vom bestellten Verwalter geltend zu machen. Gleiches gilt für etwaig übernommene Einlageverpflichtungen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft, insbesondere den Kommanditisten (§ 161 HGB).
Rn 10
Der den Anspruch durchsetzende Verwalter ist bei der Geltendmachung – ebenso wie die Gesellschaft zuvor – an etwaige vertragliche oder gesetzliche Beschränkungen gebunden. Beschränkt ist der Anspruch des Verwalters im Übrigen auf die für die Vollbefriedigung aller Gläubiger benötigten Geldbeträge.
Zu denken ist in diesem Zusammenhang auch an die Möglichkeit der Kaduzierung gem. §§ 21 ff. GmbHG.
Rn 11
In der Insolvenz einer Genossenschaft bestehen Ansprüche des Verwalters gegen die Genossen auf rückständige Pflichteinlagen gem. § 7 GenG. Zur Insolvenzmasse gehören ferner Nachschussansprüche gem. § 105 Abs. 1 Satz 1 GenG, wenn sie nicht in der Satzung ausgeschlossen sind. Sind solche Ansprüche realisierbar, sind die Ablehnung der Eröffnung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse nicht zulässig.
3.2 Anlagevermögen
3.2.1 Immaterielle Anlagewerte
Rn 12
Bei den immateriellen Anlagewerten des Insolvenzschuldners ist zu beachten, dass diese häufig eine persönlichkeitsrechtliche Komponente enthalten, die nicht Teil der Insolvenzmasse wird (siehe Rn. 118). Daher ist jede dieser Rechtspositionen zunächst daraufhin zu untersuchen, ob und in welchem Umfang diese überhaupt in die verwaltete Masse fallen.
3.2.1.1 Unternehmen und freiberufliche Praxis
Rn 13
Der Begriff Unternehmen ist in Bezug auf die Insolvenzmasse lediglich als Oberbegriff aller zum Betrieb gehörigen Vermögensgegenstände zu verstehen. Es handelt sich um eine Gesamtheit von Sachen und Rechten, die nur einzeln nach den zivilrechtlichen Regeln im Wege einzelner Rechtsgeschäfte einer Verwertung zugeführt werden können. Das "Unternehmen" als solches ist damit gerade nicht Teil der Insolvenzmasse, auch wenn einzelne Vorschriften (z. B. §§ 128, 157, 160 Abs. 2 Nr. 1) darauf hindeuten könnten.
Rn 14
Hiervon streng zu unterscheiden ist der Goodwill (oder auch Mehrwert) eines Unternehmens, der sich u. a. daraus ergeben kann, dass die betrieblichen Vermögenswerte durch ihr funktionelles Zusammenwirken einen über der Summe der Einzelwerte liegenden Gesamtwert erreichen. Dieser ist vom Verwalter als Teil der Insolvenzmasse zu realisieren.
Rn 15
Schwierigkeiten bereiten vor allem bei Fortführungen gewerberechtliche Erlaubnistatbestände, die entweder personenbezogen erteilt oder als Sachgenehmigungen ausgestaltet sind. Eine an den Schuldner geknüpfte personenbezogene Erlaubnis besteht trotz Insolvenzantragstellung und Verfahrenseröffnung grundsätzlich fort (z. B. §§ 30 ff. GewO oder § 2 GastG), auch wenn sie – anders als die Sachgenehmigung – nicht verwertbar ist.
Der Entzug der Gewerbeerlaubnis ist in den Grenzen des § 12 GewO jedenfalls ab Verfahrenseröffnung ausgeschlossen, soweit die Unzuverlässigkeit auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist. Betreffend die darüber hinausgehenden Versagungstatbestände ist streitig, ob weiterhin auf den Schuldner oder ab Verfahrenseröffnung auf die Person des Verwalters abzustellen ist. In der Praxis wird sich der Verwalter in den Fällen, in denen er bzw. der Schuldner die persönlichen Eignungsvoraussetzungen nicht (mehr) erfüllen sollte, auf die Fortführung als Stellvertreter i. S. d. § 45 GewO unter gleichzeitiger Stellung eines geeigneten Betriebsleiters entscheiden.
Rn 16
Keine anderen Grundsätze gelten für die freiberufliche Praxis des Schuldners (z. B. Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekt). Nach herrschender Auffassung ist diese trotz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Mandant/Patient und Schuldner – im Wege einer Vielzahl von Einzelrechtsgeschäften – durch den Verwalter verwertbar.
Auch wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufnahme eines Namens in die Firma der Praxis besteht (z. B. § 59 k Abs. 1 Satz 1 BRAO und § 52 k Abs. 1 Satz 1 PatAnwO), bedarf es zur Verwertung der Zustimmung des Namensträgers entgegen der in der Vorauflage vertretenen Ansicht gerade nich...