Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Kautionsabrede in einem Gewerbemietvertrag scheidet eine Nichtigkeit wegen Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB) oder wegen wucherähnlichen Geschäftes von vorneherein aus.
2. Die Höhe der Sicherheit, die Gewerbemietparteien vereinbaren können, ist - anders als bei der Wohnraummiete (§ 551 BGB) - grundsätzlich nicht begrenzt.
3. Eine Kautionsabrede in einem Gewerbemietvertrag kann unwirksam sein, wenn sie schickanös außerhalb eines nachvollziehbaren Sicherungsinteresses des Vermieters festgesetzt ist.
4. Eine Kautionsvereinbarung in Höhe der 7-fachen Monatsmiete ist bei einem längeren Gewerbemietverhältnis regelmäßig nicht schickanös außerhalb eines nachvollziehbaren Sicherungsinteresses des Vermieters festgesetzt.
5. Eine Kautionsabrede in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Vermieters in einem Gewerbemietvertrag mit einem mietenden Unternehmer hält der Generalklausel des § 307 BGB stand, auch wenn der Kautionsbetrag 3 Monatsmieten übersteigt.
Tenor
Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der berufungsführenden Beklagten die Leistung von Kaution.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete der Beklagten mit Mietvertrag vom 12./26.5.1999 in der Liegenschaft B. Straße ... in F. eine im Erdgeschoss gelegene Ladenfläche von ca. 111,87 m2 zur Nutzung als Reisebüro für zunächst fünf Jahre. Mit einem bereits durch die Klägerin vereinbarten Mietnachtrag Nr. 2 vom 17./19.9.2003 verlängerten die Parteien die Mietzeit bis zum 31.12.2006. Im Herbst 2004 stellte die Klägerin den Verlust einer Bürgschaft fest, die die Beklagte der früheren Vermieterin gegeben hatte, und erklärte daraufhin ggü. der bürgenden Bank mit Schreiben vom 15.9.2004 (Anlage K 5, Bl. 61 d. GA), keine Rechte mehr aus der verloren gegangenen Bürgschaftsurkunde herzuleiten. Mit Anschreiben gleichen Datums (vgl. Anlage K 4, Bl. 60 d. GA) kündigte sie der Bürgin an, mit der Beklagten einen neuen Mietvertrag abzuschließen und bat um Neuausstellung einer Bürgschaft i.H.v. 7.015,56 EUR. Die Korrespondenz dieses Datums übermittelte sie gleichzeitig der Beklagten. Am 7./8.10.2004 unterzeichneten die Parteien sodann einen Geschäftsraummietvertrag über das bereits genutzte Mietobjekt mit gleich bleibender Vertragszeit (bis zum 30.12.2006). Nach § 6 dieses Mietvertrages hatte die Mieterin der Vermieterin eine Barsicherheit i.H.v. 4 Bruttomonatsmieten (7.015,56 EUR) zu leisten oder eine entsprechende Bürgschaft zu stellen.
Die Beklagte, die zunächst die Erfüllung ihrer Kautionsverpflichtung ggü. der Vorvermieterin eingewandt hatte, hat die AGB- und Sittenwidrigkeit der Vereinbarung geltend gemacht. Außerdem sei die Klageforderung nicht fällig.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das LG der Klage stattgegeben. Die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung hat es verneint, unter Hinweis auf einen unstreitigen Umbau der Mieträume durch die Beklagte zur Nutzung als Reisebüro und die vertraglich vereinbarte Rückbaupflicht der Mieterin. Auf die früher geleistete Mietbürgschaft brauche sich die Klägerin nicht verweisen zu lassen. Die Fälligkeit des Zahlungsanspruches ergebe sich aus § 271 BGB.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren uneingeschränkt weiter. Sie ist der Auffassung, die Kaution betrage fast 7 Monatsmieten und sei bei einer Mietdauer von einem Jahr und 4 Monaten sittenwidrig. Sie macht weiterhin die AGB-Widrigkeit geltend. Zudem beschränke sich der von ihr rückzubauende Umbau auf die Entfernung loser Raumteiler sowie von Werbetafeln, Regalen und von wegnehmbaren Mobiliar.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Entscheidung des LG beruht auf keiner Rechtsverletzung und das Berufungsvorbringen enthält keine nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 ZPO.
1. Die Klägerin hat den vom LG zutreffend ausgeurteilten Wahlanspruch aus § 6 des Mietvertrages vom 7./8.10.2004. Der Vereinbarung stehen keine Wirksamkeitshindernisse entgegen.
a) Die Voraussetzungen einer Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) liegen nicht vor. Eine Nichtigkeit wegen Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB) oder wegen wucherähnlichen Geschäftes scheidet von vorneherein aus, denn bei der Kautionsabsprache handele es sich um eine bloße Sicherung, während nur Vertragsvereinbarungen, die auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind, wucherisch sein können (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 138 Rz. 66, m.w.N.). Die Fallgruppe einer sittenwidrigen Übersicherung mit einer Beeinträchtigung der Interessen Dritter fehlt ebenfalls greifbar.
Die Höhe der Sicherheit, die Gewerbemietparteien vereinbaren können, ist - anders als bei der Wohnraummiete (§ 551 BGB) - grundsätzlich nicht begrenzt (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 697). Dass sie hier schickanös außerhalb eines nachvollziehbaren...