Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung einer zeitbezogenen Teilausschlusses des Versorgungsausgleichs, hier auch bezogen auf die nachträgliche Einführung der sog. Grundrente.
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 22 F 211/19) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der DRV Bund vom 12.01.2021, gerichtet gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs im Scheidungsverbundbeschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 02.12.2020 (Az. 22 F 211/19), wird die angefochtene Entscheidung zu Ziff. 2. des Tenors teilweise abgeändert und - unter Beibehaltung der ausgesprochenen Ehescheidung in Ziff. 1 des Tenors - wie folgt neu gefasst:
...
2. a. Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts der Antragstellerin bei der DRV Bund Vers.-Nr. ... zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 8,4787 Entgeltpunkten/Ost auf das vorhandene Konto Vers.Nr. ... bei der DRV Berlin-Brandenburg, bezogen auf den 31.10.2019, übertragen.
b. Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der DRV Berlin-Brandenburg Vers.Nr. ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 0,0148 Entgeltpunkten auf das Konto der Antragstellerin bei der DRV Bund Vers.-Nr. ..., bezogen auf den 31.10.2019, übertragen.
c. Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der DRV Berlin-Brandenburg Vers.Nr. ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 5,9920 Entgeltpunkten/Ost auf das Konto der Antragstellerin bei der DRV Bund Vers.-Nr. ..., bezogen auf den 31.10.2019, übertragen.
d. Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der DRV Berlin-Brandenburg Vers.Nr. ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 0,0005 Entgeltpunkte für langjährige Versicherung auf das Konto der Antragstellerin bei der DRV Bund Vers.-Nr. ..., bezogen auf den 31.10.2019, übertragen.
e. Im Wege der internen Teilung wird zulasten des Anrechts des Antragsgegners bei der DRV Berlin-Brandenburg Vers.Nr. ... zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 0,0654 Entgeltpunkte/Ost für langjährige Versicherung auf das Konto der Antragstellerin bei der DRV Bund Vers.-Nr. ..., bezogen auf den 31.10.2019, übertragen.
f. Im Übrigen findet kein Versorgungsausgleich statt.
II. Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren fallen nicht an, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
III. Der Beschwerdewert beträgt 4.454,10 EUR.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde der DRV Bund, die sich gegen die Regelung des Versorgungsausgleichs innerhalb der angefochtenen Entscheidung richtet, hat Erfolg, sie ist begründet.
Aus Klarstellungsgründen hat dabei der Senat den Tenor zum Versorgungsausgleich insgesamt neu gefasst. Ziff. 1 des Tenors der angefochtenen Entscheidung (Ausspruch der Scheidung) besteht dagegen unverändert fort.
1. Die Ehezeit im Sinne des §§ 3 Abs. 1 VersAusglG ist die Zeit vom 01.12.1995 bis 31.10.2019.
Daran ändert auch der durch die Eheleute vereinbarte und notariell beurkundete Verzicht auf den Versorgungsausgleich vom 16.01.2020 (Urkundenrolle Nr. 55/2020, Notar JB, Bl. 16 ff. HA) nichts.
Soweit die Beteiligten in Ziff. 2 dieser Vereinbarung ab dem 01.08.2011 den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben, liegt hierin keine Vorverlegung des vorgenannten Ehezeitendes, zumal eine solche Vereinbarung unzulässig wäre (vgl. bereits BGH FamRZ 2001, 1444, 1446; ferner NK-BGB/Götsche, 4. Aufl. 2021, § 3 Rn. 20 m.w.N.). Dies hat auch das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung zunächst zutreffend festgestellt, sodann allerdings missverständlich ausgeführt, dass allein der Zeitraum vom 01.12.1995 bis 31.07.2011 zu berücksichtigen sei. Korrekterweise ist aufgrund der Verzichtsvereinbarung der Beteiligten vielmehr wie folgt vorzugehen: Es ist der Wert aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte (01.12.1995 bis 31.10.2019) zu ermitteln; sodann ist die Wertsteigerung abzuziehen, die in der Zeit vom 01.08.2011 bis 31.10.2019 erworben wurden (Brandenburgisches OLG FamRZ 2014, 396; NK-BGB/Götsche, 4. Aufl. 2021, § 3 Rn. 21). Dies hat konkrete Auswirkungen für den vorliegenden Fall, weil bei dieser Vorgehensweise nunmehr insb. Entgeltpunkte für langjährige Versicherung (= Grundrentenentgeltpunkte) auf Seiten des Antragsgegners zu berücksichtigen und auszugleichen sind.
2. Aufgrund der durch den Senat eingeholten Auskünfte der beteiligten DRVs ergeben sich nunmehr folgende Werte, wobei der Übersichtlichkeit halber sogleich die Ausgleichs- und korrespondierenden Kapitalwerte dargestellt werden:
Antragstellerin |
Ausgleichswert |
korrespondierender Kapitalwert |
Entgeltpunkte/Ost |
8,4787 |
56.594,43 EUR |
Antragsgegner |
|
|
Entgeltpunkte |
0,0148 |
107,09 EUR |
Entgeltpunkte/Ost |
5,9920 |
39.995,97 EUR |
Grundrentenentgeltpunkte |
0,0005 |
3,62 EUR |
Grundrentenentgeltpunkte/Ost |
0,0654 |
436,54 EUR |
Den neu eingeholten Auskünften haben die Beteiligten nicht widersprochen...