Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Erbschaftsausschlagung
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Erbschaftsausschlagung.
Normenkette
ZGB DDR § 404
Verfahrensgang
BezirksG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 05.11.1993; Aktenzeichen 12 T 147/93) |
KreisG Fürstenwalde (Beschluss vom 02.08.1993; Aktenzeichen 22 VI 303/92) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird auf seine Kosten zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Ausspruch zu 1. des Beschlusses des Kreisgerichts Fürstenwalde vom 2. August 1993 aufgehoben wird.
Der Gegenstandswert beträgt.
Gründe
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist gem. §§ 27, 29 FGG zulässig. Insbesondere ist die Einlegung durch Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift erfolgt, § 29 Abs. 1 S. 2 FGG. Auf die vom Beklagten zu 2. zunächst eingereichte privatschriftliche Beschwerde vom 17.1.1995 hat sein Verfahrensbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 17.5.1996 nämlich Bezug genommen. Damit ist die privatschriftliche Beschwerde als durch die Unterschrift des Rechtsanwalts gedeckt anzusehen; dem Formerfordernis des § 29 Abs. 1 S. 1 FGG ist Genüge getan (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 29, Rz. 14).
Der Beteiligte zu 2. hat sein Beschwerderecht auch nicht dadurch verwirkt, daß er die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Bezirksgerichts vom 5.1.1993 erst am 17.5.1996 und damit erheblich nach der am 8.4.1994 erfolgten Erteilung eines Erbscheins an den Beteiligten zu 1. eingelegt hat.
Allerdings kommt grundsätzlich die Verwirkung des Rechts auf Einlegung einer nach dem Gesetz unbefristeten weiteren Beschwerde in Betracht, wenn der Beschwerdeführer nach Erlaß der Entscheidung des Beschwerdegerichts eine unangemessen lange Zeit ungenutzt verstreichen läßt und sich deshalb ein anderer Beteiligter auf den Bestand der Entscheidung des Beschwerdegerichts verlassen durfte (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 21, Rz. 22). Im Erbscheinsverfahren aber ist eine Verwirkung ausgeschlossen. Denn hier können sich die Beteiligten selbst dann nicht auf den Fortbestand des Erbscheines einrichten, wenn über einen langen Zeitraum von keiner Seite Bedenken gegen den Erbschein vorgebracht worden sind, da jederzeit damit gerechnet werden muß, daß das Nachlaßgericht von Amts wegen den Erbschein überprüft und zu einer Änderung seiner bei Erbscheinserteilung getroffenen Feststellungen gelangt (BGHZ, 47, 58, 65 f.; Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 21, Rz. 22, Fn. 84).
Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, daß der Beteiligte zu 2. gem. § 404 ZGB nicht Erbe geworden ist, weil er die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat.
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß im vorliegenden Fall das Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) anzuwenden ist.
Gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt für die erbrechtlichen Verhältnisse das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gestorben ist. Als rein intertemporale Norm regelt diese Vorschrift allerdings nicht, ob auf einen früheren Erbfall das in der früheren DDR oder das im bisherigen Bundesgebiet geltende Recht zur Anwendung kommt, sondern setzt eine Zuordnung des erbrechtlichen Verhältnisses zu einer der beiden Teilrechtsordnungen bereits voraus. Nach der deshalb stets erforderlichen interlokalen Vorprüfung richtet sich die Rechtslage von Todes wegen nach einem deutschen Erblasser nach den Bestimmungen derjenigen Teilrechtsordnung, deren räumlichem Geltungsbereich der Erblasser durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt angehörte (Palandt/Edenhofer, BGB, 55. Aufl., EGBGB 235, § 1, Rz. 5 m. w. N.). Dementsprechend bestimmt sich vorliegend die Frage der Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung des Beteiligten zu 2. vom 20.4.1978 nach dem Recht der ehemaligen DDR. Denn die Erblasserin ist am 22.2.1978 und damit weit vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3.10.1990 verstorben. Anzuwenden ist das am 1.1.1976 in Kraft getretene ZGB (vgl. auch Palandt-Edenhofer, a.a.O., § 1944, Rz. 11).
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, der Beteiligte zu 2. habe mit seiner Erklärung vom 20.4.1978 die Erbschaft wirksam ausgeschlagen. Die Voraussetzungen einer Ausschlagung der Erbschaft gem. §§ 402, 403 ZGB sind nämlich vorliegend gegeben. Insbesondere ist in dem Schreiben des Beteiligten zu 2. vom 20.4.1978 eine Ausschlagungserklärung gem. § 403 Abs. 2 ZGB zu sehen.
Gegen die Annahme einer Ausschlagungserklärung spricht nicht der Umstand, daß der Beteiligte zu 2. dem Wortlaut seiner Erklärung zufolge die Erbschaft nicht ausgeschlagen, sondern auf das ihm zufallende Erbrecht verzichtet hat. Insoweit sind die für § 1945 BGB entwickelten Grundsätze heranzuziehen, wonach in einer wirksamen Ausschlagungserklärung nicht notwendig die Begriffe „ausschlagen” oder „Ausschlagung” verwendet zu werden brauchen. Es...