Leitsatz (amtlich)
Sobald sich die Entscheidungsfindung des zur Auswahl eines Pflegers berufenen Gerichts nach einer Eignungsprüfung auf eine Person oder einige in Betracht kommende Personen verdichtet, sind sie am Verfahren gemäß § 7 II Nr. 1 FamFG zu beteiligen, weil ihre Rechtsstellung durch die in Aussicht genommene Auswahl unmittelbar betroffen würde.
Verfahrensgang
AG Schwedt (Beschluss vom 10.02.2017; Aktenzeichen 4 F 391/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des AG Schwedt/Oder vom 10.2.2017 abgeändert:
Die Beschwerdeführerin wird als Beteiligte hinzugezogen.
Gründe
Die Beschwerde ist begründet.
Für die Frage der Beteiligung der Beschwerdeführerin, der Großmutter des Kindes, kommt es hier nicht auf ein etwaiges Recht der Beschwerdeführerin an, als Pflegerin oder Vormund ausgewählt zu werden. Zur Verteidigung dieses Rechts könnte die Beschwerdeführerin auf die Beteiligung am Verfahren angewiesen sein.
Im hier geführten Verfahren hat indes das AG die Beschwerdeführerin für den Fall eines Entzugs von Teilen der elterlichen Sorge bereits als Pflegerin in Betracht gezogen (Vfg. v. 10.2.2017, Bl. 129R). Sie ist am Verfahren gemäß § 7 II Nr. 1 FamFG zu beteiligen, weil ihre Rechtsstellung durch die in Aussicht genommene Auswahl unmittelbar betroffen würde. Die Auswahl als Pfleger bürdet dem Betroffenen erhebliche Pflichten auf (§§ 1915 I 1, 1793, 1800, 1802 ff. BGB). Die hoheitliche Auferlegung von Pflichten (§§ 1915 I 1, 1785 BGB) betrifft stets unmittelbar die Rechtsstellung des Adressaten (§ 7 II Nr. 1 FamFG). Der Verpflichtete ist öffentlich-rechtlich verpflichtet, sein privates und berufliches Verhalten so einzurichten und zu ordnen, dass er die auferlegten Aufgaben sorgfältig und vollständig erfüllen kann. Im Falle der Bestellung zum Pfleger wird zudem eine Verpflichtung gleichen Inhalts im Verhältnis zu dem Mündel begründet. Sobald sich die Entscheidungsfindung des zur Auswahl berufenen Gerichts nach einer Eignungsprüfung auf eine Person oder einige in Betracht kommende Personen verdichtet, sind sie am Verfahren zu beteiligen, damit sie ein etwaiges Ablehnungsrecht (§§ 1915 I 1, 1786 BGB) und Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit der Auswahl geltend machen zu können (BeckOGK-BGB-Hoffmann, Stand: Januar 2017, § 1779 Rdnr. 102; Erman-Saar, BGB, 14. Aufl. 2014, § 1779 Rdnr. 13 [zur Beschwerdeberechtigung]; Staudinger-Veit, BGB, Neubearb. 2014, § 1779 Rdnr. 62).
Die Frage, wer im Verfahren der Auswahl eines Pflegers gemäß den §§ 1915 I 1, 1779 III BGB anzuhören ist, steht zur Frage der Beteiligung am Verfahren (§ 7 II Nr. 1 FamFG) nicht in der Beziehung einer Bedingung oder eines gegenseitigen Ausschlusses (vgl. OLG Bremen, FamRZ 2016, 1006 f.). Die Anhörung der Verwandten und Verschwägerten des Mündels dient der Vorbereitung der Pflegerauswahl und der Wahrung der Rechte des Mündels und der Verwandten und Verschwägerten, eher einen Familienangehörigen als einen Familienfremden mit der Wahrnehmung der persönlichen Angelegenheiten des Mündels zu betrauen (Art. 6 I GG; vgl. BVerfG, FamRZ 2014, 1841, 1842). Ob es zur Wahrung dieses Grundrechts einer Beteiligung am Verfahren bedarf, braucht hier nicht entschieden zu werden. Jedenfalls hat derjenige Verwandte, der - nach Anhörung oder unter Übergehung der Anhörungspflichten - als Pfleger ausgewählt werden soll, eine erhebliche Pflichtenmehrung und damit Rechtsbeeinträchtigung zu gewärtigen, die nicht allein im Wege der Anhörung, sondern gemäß § 7 II Nr. 1 FamFG mit den Möglichkeiten eines Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Gericht und mit den weiteren Beteiligten zu erörtern ist.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens sind Kosten der Hauptsache und gemäß der dort ergehenden Kostenentscheidung von den Beteiligten zu tragen.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 7 V 2 FamFG, 574 II, III ZPO), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 10520063 |
NJW 2017, 8 |
FamRZ 2017, 1252 |