Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 985 BGB wird durch § 1568 a BGB - eine besondere Vorschrift betreffend die Überlassung der Nutzung der Ehewohnung anlässlich der Scheidung - verdrängt. Eine Zuweisung der Ehewohnung nach § 1568 a BGB kann nicht in dem vorliegenden Verfahren nach § 266 FamFG, sondern nur in einem Ehewohnungsverfahren nach §§ 200 ff. FamFG geltend gemacht werden. Deshalb kommt auch eine Umdeutung eines Herausgabeantrags in einen Antrag auf Wohnungszuweisung nicht in Betracht. Vielmehr ist der Antrag als unzulässig abzuweisen.
2. Der Anwendbarkeit des § 1568 a BGB steht nicht entgegen, dass das auf Nutzungszuweisung gerichtete Verfahren nicht binnen eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses rechtshängig gemacht wurde. Denn die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der nach dem Wortlaut allein auf die Absätze 3 und 5 Bezug nehmenden, einschränkenden Bestimmung des § 1568 a Abs. 6 BGB auf § 1568 a Abs. 1 BGB sind nicht gegeben.
3. Der Begriff der Ehewohnung ist weit auszulegen und umfasst alle Räume, die die Ehepartner zum gemeinsamen Wohnen benutzt haben oder die als gemeinsame Wohnung bestimmt waren, unabhängig von dem der Nutzung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis Zur Ehewohnung gehören auch der Garten und die Nebenräume wie Boden, Keller, Abstellraum, Schuppen, Stallung und Garage, sofern diese nicht ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzt wurden. Ein als Gäste- und Saunahaus genutztes Gartenhaus ist demnach ebenfalls Ehewohnung.
4. Die Qualifizierung als Ehewohnung hängt während der Trennungszeit nicht davon ab, dass noch beide Ehegatten in der Wohnung leben. Sie behält ihren Charakter als Ehewohnung während der gesamten Trennungszeit. Die Eigenschaft der Ehewohnung entfällt erst mit endgültiger Aufgabe oder Auseinandersetzung der Ehegatten und nicht notwendig bereits mit Rechtskraft der Ehescheidung.
5. Eine Rechenschaftspflicht gemäß § 259 BGB setzt einen entsprechenden gesetzlichen oder vertraglichen Anspruch auf Rechnungslegung voraus.
6. Die Annahme eines konkludent geschlossenen Mietvertrages gegen Übernahme nur der verbrauchsabhängigen Kosten kommt nicht in Betracht, wenn diese Kosten allenfalls einen geringen Bruchteil des üblicherweise für die mietweise Überlassung zu zahlenden Entgelts darstellen. Dann entfällt auch ein gesetzlicher Anspruch nach § 556 Abs. 3 BGB zur Abrechnung der Betriebskosten.
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 08.11.2017 teilweise abgeändert und der Antrag der Antragstellerin als unzulässig abgewiesen. Im Übrigen (hinsichtlich des Widerantrags) wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Antragstellerin zu 91% und der Antragsgegner zu 9%. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz werden der Antragstellerin zu 89% und dem Antragsgegner zu 11% auferlegt.
3. Der Beschwerdewert wird auf 5.400 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird beschränkt auf die Entscheidung über den Hauptantrag der Antragstellerin zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten haben am ...1990 die Ehe geschlossen. Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin des mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude bebauten Grundstückes ..., .... Die Beteiligten wohnten zunächst gemeinsam in dem Wohnhaus. Am ...2003 schlossen die Beteiligten einen notariellen Ehevertrag über eine Ehegatteninnengesellschaft, deren Zweck die Verteilung des Grundbesitzes der Ehegatten im Fall der Scheidung ist (Bl. 115 ff.). Im Zuge der Trennung der Beteiligten zog der Antragsgegner im Herbst 2010 in das auf demselben Grundstück befindliche Nebengebäude (sog. Saunahaus). Mit Beschluss vom 5.3.2015 - 6 F 712/14 - hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 5.5.2015 rechtskräftig. Der Antragsgegner hat am ...2015 erneut geheiratet.
Die Antragstellerin hat das vorliegende Verfahren, in dem sie die Räumung und Herausgabe des Saunahauses von dem Antragsgegner begehrt, mit Antrag vom 23.5.2016, eingegangen am selben Tag beim Amtsgericht, eingeleitet.
Mit Beschluss vom 8.11.2017 (Bl. 122 ff.), auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antragsgegner zur Räumung des Nebengebäudes verpflichtet und den Widerantrag, mit dem der Antragsgegner die Abrechnung der Strom- und Wasserkosten für das Nebengebäude vom 1.9.2015 bis zum 31.8.2016 begehrt, abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.
Er trägt vor:
Er habe ein Besitzrecht aufgrund des notariellen Vertrages vom ...2003, der den Beteiligten jeweils ein Anwartschaftsrecht zu 50% in Bezug auf das Grundstück einräume. Durch den Vertrag solle verhindert werden, dass er seinen Besitz aufgeben müsse, bevor das Auseinandersetzungsverfahren beendet sei.
Hinsichtlich der Frage, ob sich die Beteiligten über ein Besitzrecht geeinigt hätten, habe das Amtsgericht die Voraussetzungen der Darlegungs- und Beweislast überzogen, zumindest jedoch die Hinwe...