Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewaltschutz: Zwangsvollstreckung eines Unterlassungsgebotes aus einem vom Gericht übernommenen Vergleich. Aufrechterhaltung eines Beschlusses bei Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Zwangsgeld kann nicht festgesetzt werden, wenn es zwar vorher angedroht war, aber in der Gewaltschutzsache eigentlich ein Ordnungsgeld anzudrohen und festzusetzen gewesen wäre.

 

Normenkette

FGG §§ 33, 64b; ZPO § 890

 

Verfahrensgang

AG Fürstenwalde (Beschluss vom 29.07.2008; Aktenzeichen 10 F 188/08)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Verfahren erster und zweiter Instanz ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 300 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Antragsgegner liegen nicht vor.

1. In der mündlichen Verhandlung vor dem AG am 27.5.2008 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Antragsgegner im Hinblick auf den vorangegangenen Antrag der Antragstellerin nach § 1 Gewaltschutzgesetz (GewSchG) insbesondere verpflichtet hat, die Wohnung in Erkner nicht zu betreten, sich nicht in einem Umkreis von weniger als 100 m zu dieser Wohnung aufzuhalten und sich der Antragstellerin und der gemeinsamen Tochter L. nicht zu nähern. Durch Beschluss noch in der mündlichen Verhandlung hat das AG den Vergleich zur gerichtlichen Entscheidung gemacht. Diese gerichtliche Entscheidung ist nicht mit einem Rechtsmittel angefochten worden, also rechtskräftig. Die Vollstreckung findet daher gem. § 64b Abs. 4 FGG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung, insbesondere nach §§ 885, 890, 891 und 892a ZPO statt. Im vorliegenden Fall anwendbar ist die Vorschrift des § 890 ZPO, wonach dann, wenn einer Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, zuwider gehandelt wird, wegen einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld festgesetzt werden kann (vgl. auch Keidel/Weber, FGG, 15. Aufl., § 64b, Rz. 36; Weinreich, in: Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht - FA-FamR, 6. Aufl., 8. Kapitel, Rz. 376). Eine Zwangsvollstreckung nach § 33 FGG, wie sie das AG vorgenommen hat, scheidet demnach aus.

2. Der angefochtene Beschluss kann nicht mit der Maßgabe, dass anstelle eines Zwangsgeldes ein Ordnungsgeld festzusetzen ist, aufrecht erhalten werden. Denn zwischen diesen beiden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen besteht ein erheblicher Unterschied. Entsprechend verlangt die Vorschrift des § 890 Abs. 2 ZPO, dass der Festsetzung eines Ordnungsgeldes eine entsprechende Androhung vorausgehen muss, wie andererseits nach § 33 Abs. 3 FGG für die Festsetzung eines Zwangsgeldes erforderlich ist, dass dieses vorher angedroht wird.

Vorliegend hat das AG durch den in der mündlichen Verhandlung vom 27.5.2008 verkündeten Beschluss dem Antragsgegner für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Anordnung die Festsetzung eines Zwangsgeldes angedroht. Hierin liegt nicht (auch) die Androhung eines Ordnungsgeldes.

Ein Zwangsgeld dient ausschließlich der Erzwingung der Befolgung gerichtlicher Verfügungen. Es ist keine Strafe oder Buße für begangene Pflichtverletzungen, sondern hat lediglich den Zweck, zukunftsbezogen den Willen des Verpflichteten zu beugen (Senat, FamRZ 2008, 1551; OLG Brandenburg - 1. Senat für Familiensachen - FamRZ 2001, 36; Johannsen/Henrich/Büte, Eherecht, 4. Aufl., § 33 FGG Rz. 2; Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 33 Rz. 4). Da es sich beim Zwangsgeld somit um ein Beugemittel handelt, ist dessen Festsetzung ausgeschlossen, wenn der Zweck, den Willen des Pflichtigen zu beugen, erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 33 Rz. 19). Demgegenüber ist ein Ordnungsgeld ein Sanktionsmittel, durch das der Verstoß gegen eine gerichtliche Anordnung nachträglich geahndet wird (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2007, 1574). Insoweit kommt es nicht auf das zukünftige Verhalten des Pflichtigen an. Entscheidend und für die Festsetzung des Ordnungsgeldes allein ausreichend ist ein in der Vergangenheit liegender Verstoß gegen die gerichtliche Anordnung. Gerade wegen dieser Unterschiede hat der Gesetzgeber in dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), das als Art. 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) am 1.9.2009 in Kraft treten wird, die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen über die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs abweichend vom bisherigen Rechtszustand geregelt (vgl. BT-Drucks. 16/9733, 51). Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann nun bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs ggü. dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnung...

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