Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaß. Ausschlagung
Leitsatz (redaktionell)
Zum Beginn der Ausschlagungsfrist.
Normenkette
BGB § 1944
Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 06.06.1996; Aktenzeichen 16 T 87/96) |
AG Bad Freienwalde (Aktenzeichen VI 43/54) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluß des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 06. Juni 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten der weiteren Beschwerde zu entscheiden hat.
Der Gegenstandswert beträgt 31.450,00 DM:
Tatbestand
I.
Die Erblasserin E. H. verstarb 1940, ihr zweiter Ehemann A. H. 1945. Am 17.01.1955 erteilte das Staatliche Notariat auf Antrag einer Tochter der Erblasserin, G. H. einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Danach sollten gesetzliche Erben sein:
- der Ehemann A. H. zu 1/4
die Kinder aus 1. Ehe:
- L. O. geb. Sch.
- K. T., geb. Sch.
- F. H., B. geb. Sch.
G. H., geb. Sch.
zu je 3/16.
Am 10.04.1964 wurde ein Testament der Erblasserin eröffnet, das sie am 02.10.1933 gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann A. H. vor einem Notar errichtet hatte. Dieses Testament hat folgenden Wortlaut:
„§ 1 Unsere(n) früheren Verfügungen von Todeswegen widerrufen wir hiermit.
§ 2 Ich, die Frau E. H. verw. Sch … geb. K. aus L., bin eingetragene Eigentümerin des Grundstückes L. Band I Blatt 22. Ich bestimme nun als Anerbin für dieses Grundstück meine jüngste Tochter, Frau G. trud H. geb. Sch. aus L..
§ 3 Ich, der Landwirt A. H. aus L., setze zu meiner befreiten Vorerbin meine Ehefrau, Frau E. H. verw. Sch. … geb. K. aus L. ein.
Als Nacherbe bestimme ich für dasjenige, was bei dem Tode der befreiten Vorerbin noch übrig sein wird, meine Stieftochter L. O. geb. Sch. in S. …/Thüringen, O. strasse.
Ersatzerben der Nacherbin sollen ihre Abkömmlinge zu gleichen Teilen sein.”
Mit Schreiben vom 10.05.1964 bat L. O. das Staatliche Notariat S. unter Hinweis darauf, von ihrem Schwager von dem Testament erfahren zu haben, um Übersendung einer Testamentsabschrift. Das Staatliche Notariat wies L. O. unter dem 20.08.1964 darauf hin, daß das gemeinschaftliche Testament vom 02.10.1933 nur hinsichtlich der letztwilligen Verfügung des A. H. rechtswirksam sei, nicht aber hinsichtlich der in § 2 des Testaments erfolgten Einsetzung der Tochter G. H. als Anerbin, da das Reichserbhofgesetz durch das Kontrollratsgesetz Nr. 45 aufgehoben worden sei. Es sei daher gesetzliche Erbfolge nach E. H. eingetreten, wie sie durch den Erbschein vom 17.01.1955 auch ausgewiesen werde.
Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 23.09.1964 schlug L. O. die Erbschaft nach der Erblasserin aus allen Berufungsgründen aus. Dabei führte sie aus, ihr sei erst am 20.08.1964 bekannt geworden, daß sie zu den gesetzlichen Erben ihrer Mutter gehöre. Sie sei davon überzeugt gewesen, daß aufgrund testamentarischer Erbfolge ihre Schwester alleinige Erbin der Mutter geworden sei. Sie sei aber nunmehr darüber belehrt worden, daß das am 10.04.1964 eröffnete Anerbentestament durch das Kontrollratsgesetz Nr. 45 seine Rechtswirksamkeit verloren habe.
Am 23.12.1964 schlug auch der Sohn L. O.s, E. O., für sich, und gemeinsam mit seiner Ehefrau auch für seine minderjährigen Kinder die Erbschaft durch notariell beurkundete Erklärung aus. Die Tochter L. O.s, K. O., die Beteiligte zu 2., hingegen hat eine Ausschlagungserklärung nicht abgegeben.
Am 21.03.1995 hat die Beteiligte zu 1., Tochter der G. H., Prüfung des Vorganges gebeten mit der Begründung, der Erbschein sei unrichtig, da ihre Mutter nach dem Testament Anerbin geworden sei. Ihre Mutter habe den Hof zusammen mit ihrem Ehemann und den Kindern weiter bewirtschaftet.
Durch Beschluß vom 20.12.1995 entschieden hat das Amtsgericht die Einziehung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Anerbenbestimmung im Testament sei gem. Art. 12 des Kontrollratsgesetzes Nr. 45 unwirksam, weil der Nachlaß bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch nicht geregelt gewesen sei. Die stattdessen geltende gesetzliche Erbfolge sei im Erbschein vom 17.01.1955 richtig festgestellt worden.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat das Landgericht das Amtsgericht unter Aufhebung des Beschlusses vom 20.12.1995 angewiesen, den am 17.01.1955 durch das Staatliche Notariat S. erteilten Erbschein nach der Erblasserin einzuziehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Erbschein sei schon deshalb unrichtig, weil er auch die Tochter L. O. der Erblasserin als Miterbin ausweise. L. O. aber habe die Erbschaft am 23.09.1964 wirksam ausgeschlagen.
Gegen diesen Beschluß wendet sich die Beteiligte zu 2. mit der weiteren Beschwerde. Sie trägt vor, der Erbschein vom 17.01.1955 sei nicht unrichtig und deshalb nicht einzuziehen. Aufgrund der Ausschlagung der Erbschaft durch L. O. seien deren Kinder als Ersatzerben an deren Stelle getreten, nämlich E. O. und sie, die Beteiligte zu 2. Da auch E. O. die Erbschaft form- und fristgerecht ausgeschlagen habe, sei sie letztlich allein an die Stelle von L. O....