Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 10.12.2015)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG Strausberg vom 10.12.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Mutter zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die beteiligten Eltern streiten um die elterliche Sorge für ihr gemeinsames Kind E. S.

Die Eltern des jetzt fünf Jahre alten Kindes waren nicht verheiratet. Aufgrund einer Sorgeerklärung steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu. Am 16.9.2014 trennten sich die Eltern voneinander und die Mutter zog mit E. aus der gemeinsamen Wohnung aus. Vor dem AG Strausberg einigten sich die Eltern am 8.10.2014 (Az. 2.1 F 325/14) auf wöchentliche Umgangstermine, in geraden Wochen von Donnerstagnachmittag bis Montag früh und in ungeraden Wochen von Donnerstagnachmittag bis Freitag früh. Nach dem 24.10.2014 gewährte die Mutter, zunächst mit der Begründung, E. sei erkrankt, keinen Umgang mehr. Am 24.11.2014 erstattete sie gegen den Vater Strafanzeige wegen sexuellen Missbrauchs des Kindes. Nachdem das AG Strausberg im Verfahren 2.1 F 415/14 ein Glaubwürdigkeitsgutachten wegen dieses Vorwurfs eingeholt hatte, nach dessen Ergebnis keine Anhaltspunkte für einen sexuellen Missbrauch E. durch seinen Vater vorlagen, fanden seit dem 10.3.2015 zunächst begleitete Umgänge zwischen Vater und Sohn statt. Ab April 2015 einigten sich die Eltern auf 14tägigen, zunächst begleiteten, später unbegleiteten Umgang. Am 28.10.2015 zeigte die Mutter den Vater erneut bei der Polizei an, weil er E. misshandelt habe. Ab Anfang November 2015 befand sie sich mit E. für mehrere Wochen in einer Mutter-Kind-Kureinrichtung. Am 2.12.2015 kam er aufgrund einstweiliger Anordnung des AG in den Haushalt des Vaters.

Beide Eltern haben erstinstanzlich die Übertragung des alleinigen Sorgerechts für E. auf sich beantragt.

Nach Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens und Anhörung aller Beteiligten, des Kindes und des Jugendamtes hat das AG dem Antrag des Antragstellers unter Zurückweisung des Antrags der Antragsgegnerin entsprochen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mutter. Sie trägt vor:

Das der Entscheidung zugrundeliegende Sachverständigengutachten komme zu dem schwerwiegenden, für sie nachteiligen Ergebnis, dass der Vater deutlich besser erziehungsgeeignet sei als sie, die Mutter. Zum Gutachten sei ihr erstinstanzlich kein rechtliches Gehör gewährt worden. Dies zwinge zur Aufhebung des Beschlusses. Das AG hätte die Ausführungen der Sachverständigen seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, weil die Sachverständige abgelehnt und der die Ablehnung zurückweisende Beschluss nicht rechtskräftig gewesen sei. Das Gutachten sei als Entscheidungsgrundlage ungeeignet, denn es weise gravierende Mängel auf.

Die Mutter beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und ihr die alleinige elterliche Sorge für E. zu übertragen.

Der Vater beantragt, die Beschwerde der Mutter zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

E. hat, seit er beim Vater lebt, wöchentlich begleiteten Umgang mit der Mutter sowie einmal im Monat begleiteten Umgang mit seinen Großeltern mütterlicherseits.

Der Umgangsbegleiter hat über die Umgänge berichtet. Der Senat hat das Kind, die Eltern, die Verfahrensbeiständin und die Vertreterin des Jugendamts in einem Termin persönlich angehört. In diesem Termin hat die Sachverständige Sch... ihr erstinstanzlich erstattetes Gutachten mündlich erläutert. Auf den Anhörungsvermerk zu dem Senatstermin vom 21.6.2016 wird verwiesen. Zur Ergänzung des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie ist aber unbegründet und daher zurückzuweisen. Das AG hat die elterliche Sorge für E. zu Recht dem Vater allein übertragen. Eine Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter kommt nicht in Betracht.

Da die Voraussetzungen der § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bzw. Abs. 2 BGB nicht vorliegen, richtet sich die Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

1. Die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das AG kommt nicht in Betracht. Gemäß § 69 Abs. 1 S. 2 und 3 FamFG darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nur dann an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen werden, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat oder soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt.

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es fehlt bereits an einem Antrag auf Zurückverweisung. Zur Entscheidung des Senats ist auch eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung nicht notwendig. Auf die Frage, ob das erstinstanzliche Verfahren an Verfahrensfehlern litt, kommt es daher vorliegend nicht an.

2. Leben Eltern, denen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge