Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten für ein prozessbegleitend eingeholtes Privatgutachten sind erstattungsfähig, wenn für die Heranziehung eines privaten Gutachters eine unabweisbare Notwendigkeit besteht. Eine derartige Notwendigkeit ist gegeben, wenn der Kläger eine vom Gericht für erforderlich gehaltene Substantiierung seines Vortrags nur durch Vorlage eines Gutachtens nachkommen konnte.

2. Für die Herbeiführung der Zulässigkeit einer Teilklage unter Bestimmtheitsgesichtspunkten ist ein Gutachten dagegen nicht erforderlich. Es ist Aufgabe des Klägers klarzustellen, welche Forderung er genau gegen die beklagte Partei geltend macht.

3. Einer Erstattungsfähigkeit der Privatgutachterkosten steht nicht entgegen, dass der Sachverständige ein Pauschalhonorar berechnet hat. Die Sätze des JVEG können für die Angemessenheit der Vergütung des Privatgutachters nicht unmittelbar herangezogen werden. Sie können jedoch unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 20 % einer Plausibilitätsprüfung zugrunde gelegt werden.

4. Zu den erstattungsfähigen Kosten eines Sachverständigen für die Begutachtung von Schäden an Gebäuden gehören auch die Kosten einer Hebebühne, wenn sie für die Inaugenscheinnahme von Dächern erforderlich war.

 

Normenkette

ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Beschluss vom 17.04.2008; Aktenzeichen 3 O 275/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Cottbus vom 17.4.2008 - 3 O 275/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Der Kläger gewährte der in Insolvenz geratenen Schuldnerin ein Darlehen, das durch eine Grundschuld besichert wurde. Der Beklagte zu 1.) als Insolvenzverwalter gab das belastete Grundstück an den Kläger heraus. Der Kläger nahm die Beklagten auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe eines erststelligen Teilbetrages von 230.000 EUR mit der Begründung in Anspruch, die Beklagten hätten es unterlassen, die durch die Verwaltung der Grundstücke erwirtschafteten Erlöse für die erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung der darauf befindlichen Gebäude zu verwenden. Die voraussichtlichen Kosten für eine ordnungsgemäße Wiederherstellung des Grundstücks auf den Stand per 1998 beliefen sich auf insgesamt 322.842,06 EUR. Ein Betrag von 230.000 EUR stehe der Masse vor Verteilung zur Verfügung.

Das LG wies den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.6.2007 darauf hin, dass die Klage im Umfang von 200.616,48 EUR unzulässig sein dürfte. Teil der vom Kläger vorgetragenen Wiederherstellungskosten sei ein Kostenangebot über 257.544,07 EUR. Es sei für die Zulässigkeit der Teilklage erforderlich, die Kosten aus der Rechnung nach den jeweiligen Gebäuden, so sie geltend gemacht werden sollten, zu verifizieren und darzustellen, bis der Gesamtbetrag von 230.000 EUR erreicht ist. Im Hinblick auf die Begründetheit der Klage sei der Zustand bei Grundschuldbestellung darzulegen, um dann einen Vergleich zu ziehen zu dem Zustand, wie er am 31.12.2005 vorgelegen habe.

Der Kläger reichte mit Schriftsatz vom 17.9.2007 ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Schäden an Gebäuden P. vom 10.9.2007 ein. Zweck des Gutachtens war ausweislich S. 3 des Gutachtens die Ermittlung der Sanierungskosten mit Stichtag 31.12.2005. Der Kläger trug hierzu vor, er habe sich um eine weitergehende Aufschlüsselung des angelaufenen Sanierungsbedarfs von während der Gesamtvollstreckungsverwaltung bis zur Freigabe des Grundstücks vermieteten Baulichkeiten bemüht. Die aus dem Sanierungsrückstau resultierenden Kosten von mindestens 285.100 EUR ergäben sich aus dem Gutachten das Sachverständigen P.. Sie würden erststellig und in der Reihenfolge der im Gutachten im Einzelnen bezeichneten Arbeiten und der darauf entfallenden Preise geltend gemacht.

Das LG hat mit Beschluss vom 2.1.2008 festgestellt, dass die Parteien einen Vergleich geschlossen haben, nach dessen Kostenregelung die Gerichtskosten des Verfahrens der Kläger trägt, die außergerichtlichen Kosten tragen der Kläger zu 3/4, die Beklagten zu 1/4. Die Kosten des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben. Die Beklagten verpflichteten sich in dem Vergleich, an den Kläger einen Betrag i.H.v. 71.282 EUR zu zahlen. Die vom Sachverständigen P. ermittelten Sanierungskosten von mindestens 285.128,09 EUR dienten rechnerisch der Ermittlung des Vergleichsbetrages.

Der Rechtspfleger des LG hat mit Beschluss vom 17.8.2008 die von dem Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 1.156,94 EUR festgesetzt und dabei vom Kläger zur Festsetzung angemeldeten Kosten für das Privatgutachten P. und die Hebebühne i.H.v. 4.548 EUR und 395 EUR zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 5.882,17 EUR, als erstattungsfähig angesehen.

Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 24.4.2008 zugestellt worden ist, wenden sich die Beklagten mit ihrer am 8.5.2008 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie die Berücksichtigung dieser Kosten beanstanden. Sie meinen, es hätten Fahrtko...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge