Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckungsverfahren: Kosten für Privatgutachten
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Kosten für im Rahmen der Zwangsvollstreckung eingeholte Privatgutachten erstattungsfahig sind oder nicht, gelten dieselben Grundsätze wie bei der Frage der Erstattungsfähigkeit von Kosten für während des Prozesses eingeholte Privatgutachten.
2. Hält das Gericht für die Anordnung der Ersatzvornahme Vortrag zur Höhe eines angeforderten Vorschusses für erforderlich und musste der nicht selbst sachkundige Gläubiger für eine schlüssige Darlegung der Nachbesserungskosten einen Sachverständigen zu Rate ziehen, hat der Schuldner die dadurch verursachten Kosten zu erstatten.
Normenkette
ZPO §§ 91, 788
Verfahrensgang
LG Potsdam (Beschluss vom 11.04.2007; Aktenzeichen 6 O 346/97) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Potsdam vom 11.4.2007 - 6 O 346/97 - wird zurückgewiesen.
Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Gläubiger haben mit der Klage von der Schuldnerin, einem Fertighaus-Unternehmen, die Beseitigung von Mängeln an einem von dieser errichteten Einfamilienhaus begehrt. Das LG hat der Klage mit Urteil vom 19.8.2003 teilweise stattgegeben.
Die Gläubiger stellten im Zwangsvollstreckungsverfahren den Antrag, die Beklagte zu verpflichten einen Vorschuss für die Ausführung der durchzuführenden Arbeiten in Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten zu zahlen, wobei sie sich auf entsprechende Kostenvoranschläge bezogen. Das Gericht wies mit Verfügung vom 30.9.2004 darauf hin, dass es näherer Angaben dazu bedürfe, inwieweit der angeforderte Vorschuss erforderlich sei. Darauf schalteten die Kläger den Sachverständigen Dipl.-Ing. M. ein, der eine Baukostenermittlung vornahm. Aufgrund landgerichtlichen Beschlusses vom 26.9.2005 sollte ein Sachverständiger den zwischen den Parteien streitigen Umfang der erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten feststellen. Mit Beschluss vom 4.8.2006 wurden die Gläubiger ermächtigt, die Mängelbeseitigungsarbeiten in dem vom gerichtlich bestellten Gutachter ermittelten Umfang auf Kosten der Schuldnerin vorzunehmen. Die Kosten des Verfahrens erlegte das Gericht der Schuldnerin auf. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Schuldnerin wies das Brandenburgische OLG mit Beschluss vom 10.11.2006 (7 W 77/06) zurück.
Der Rechtspfleger des LG hat mit Beschluss vom 11.4.2007 die von der Schuldnerin an die Gläubiger aufgrund des Beschlusses vom 4.8.2006 zu erstattenden Kosten auf insgesamt 4.605,23 EUR festgesetzt und dabei auch die von dem Sachverständigen M. den Gläubigern in Rechnung gestellte Sachverständigenvergütung i.H.v. 2.017,76 EUR für erstattungsfähig gehalten.
Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 13.4.2007, wendet sich die Schuldnerin mit ihrer am 20.4.2007 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, die Kosten des Sachverständigen M. seien nicht erstattungsfähig, jedenfalls aber überhöht. Im Übrigen habe das Gutachten in keiner Weise die Entscheidungsfindung des Gerichts bestimmt, weil der gerichtliche Gutachter deutlich niedrigere Beträge als für die Mängelbeseitigung erforderlich erachtet habe.
Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 23.7.2007 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem OLG Brandenburg zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für die Schuldnerin 2.017,76 EUR und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 EUR.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das LG hat zu Recht die Kosten des von den Gläubigern, eingeschalteten Privatgutachters als Kosten der Zwangsvollstreckung für erstattungsfähig gehalten und gem. den §§ 788 Abs. 2 Satz 2, 887, 104 ZPO festgesetzt.
Erstattungsfähig sind nur diejenigen Kosten, die zur Zwangsvollstreckung notwendig waren, §§ 788 Abs. 1, 91 ZPO.
Die Rechtsprechung hat für die Kostenfestsetzung nach den §§ 103, 104 ZPO Grundsätze entwickelt, nach denen zu ermitteln ist, ob die Kosten für ein von einer Partei eingeholtes Gutachten, ein sog. Privatgutachten, erstattungsfähig sind oder nicht. Die Kosten von Privatgutachten sind danach grundsätzlich nicht zu erstatten. Es ist Aufgabe des Gerichts, Beweisaufnahmen durch Einholung von Sachverständigengutachten durchzuführen. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch sowohl für vor dem Prozess als auch während des Prozesses eingeholte Privatgutachten Ausnahmen. Die Kosten für während des Prozesses eingeholte private Sachverständigengutachten sind bei unabweisbarer Notwendigkeit der Heranziehung eines privaten Gutachters erstattungsfähig, so etwa dann, wenn einer Partei die besonderen Kenntnisse der Gegenpartei fehlen und sie ohne sachverständige Hilfe nicht ausreichend substantiiert vortragen kann, oder es gilt, ein vorgelegtes privates oder gerichtliches Sachverständigengutachten zu ...