Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 12. November 2019 - 4 O 96/19 - durch Beschluss zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal.
Die Klägerin kaufte am ... 2018 bei der ... GmbH in ... einen gebrauchten VW Golf Variant Allstar 1,6 TDI mit einem km-Stand von 23.589 km zum Preis von 20.000,00 EUR. Das Fahrzeug hat einen Dieselmotor des Typs EA 288 mit der Schadstoffklasse Euro6.
Bei diesem in dem Fahrzeug verbauten Motor handelt es sich um ein Nachfolgemodel des Motors EA189 des Volkswagenkonzerns. Dieser EA 189 ist - allgemein- und gerichtsbekannt - mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet und insoweit Gegenstand einer Vielzahl von gerichtlichen Verfahren gegen den Volkswagenkonzern. Auch der neue Motor EA 288 verfügt über ein System zur Abgasreinigung, welches auf einer Abgasrückführung beruht. Dabei wird ein Teil des Abgases der frisch angesaugten Umgebungsluft beigemischt und in den Motor zurückgeführt. Hierdurch verändert sich die chemische Zusammensetzung des Gemischs, was Einfluss auf die anschließende Verbrennung und damit auf den Ausstoß von Abgasen hat. Die Höhe des Abgasanteils wird durch die Motorsteuerungssoftware bestimmt und richtet sich auch nach der Umgebungslufttemperatur.
Die Klägerin behauptet, auch der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eingebaute Motor weise verbotene Abschalteinrichtungen auf, und zwar sogar mindestens zwei solche Abschalteinrichtungen. Zum einen enthalte der streitgegenständliche Motor EA 288 eine Abschalteinrichtung, die in der Funktionsweise der des Motors EA189 entspreche. Diese Einrichtung, die Rollenprüfstandserkennung, erkenne, ob sich der Motor bei der Zulassung auf dem NEFZ-Prüfstand oder im realen Betrieb befindet. Im realen Betrieb schalte diese die Abgasrückführung aus, so dass erheblich mehr Abgase entstehen. Der streitgegenständliche Motor verfüge zudem aber noch über eine weitere Abschalteinrichtung, das Thermofenster. Diese schalte zudem die Abgasreinigung im realen Betrieb bei den in Deutschland herrschenden Außentemperaturen aus. Insoweit funktioniere die Abgasreinigung - aufgrund der zweiten Abschalteinrichtung - nur innerhalb eines engen Temperaturfensters, des sogenannten "Thermofensters". Außerhalb dieses Temperaturbereiches werde der Grenzwert für den Stickoxidausstoß überschritten.
Zwar habe das Kraftfahrtbundesamt (KBA) diese Einrichtung nicht beanstandet und bezüglich des Fahrzeuges der Klägerin keinen Rückruf angeordnet. Daraus könne die Beklagte jedoch nichts zu ihren Gunsten herleiten. Denn zum einen habe die Beklagte die Rollenprüfstandserkennung zwischenzeitlich - im Herbst 2016 - anlässlich eines turnusmäßigen Werkstattbesuches durch ein Software-Update beseitigt, so dass sich diese überhaupt nicht (mehr) feststellen lasse. Zum anderen sei das KBA auch technisch überhaupt nicht in der Lage gewesen, das Thermofenster in der Motorsteuerung festzustellen. Insoweit habe das Amt weder das Ob noch die Reichweite eines Thermofensters in den Fahrzeugen der Beklagten feststellen können. Im Übrigen habe die Beklagte dem KBA anlässlich der Typengenehmigung auch die Funktionsweise des Thermofensters nicht offengelegt.
Das Inverkehrbringen des Kfz mit den unerlaubten Abschaltsoftwaren sei als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB zu bewerten. In dem Abschluss des ihm nachteiligen Kaufvertrages liege ein Schaden.
Der Kläger hat in der Hauptsache beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.806,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2019, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs VW Golf Variant Allster 1,6 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der streitgegenständliche Motor habe keine unerlaubte Abschalteinrichtung. Dementsprechend sei auch ein Rückruf des hier in Rede stehenden Fahrzeugtyps durch das Kraftfahrtbundesamt nicht erfolgt sei. Das KBA, wie auch das Verkehrsministerium hätten ausdrücklich bestätigt, dass bei den Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 die von den Motoren EA189 bekannte Abschalteinrichtung nicht zum Einsatz komme.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 12. November 2019 hat das Landgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin wegen einer sittenwidrigen Schädigung durch die Beklagte komme vor allem deshalb nicht in Betracht, weil das Kraftfahrtbundesamt das in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verwendete Thermofenster - jedenfalls derzeit - als zulässig erachte. Die Besonderheiten des Motors EA189 seien auf den hier verbauten Motor nicht zu übertragen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die in erster Instanz gestellten Anträge weiter verfolgt.
Die Beklagte verteidigt die an...