Tenor
Auf die Beschwerde des Vaters wird die Kostenentscheidung in dem Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 4. Mai 2022 - Az. 35 F 32/22 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz haben die Eltern jeweils hälftig zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren tragen die Eltern jeweils zur Hälfte; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf bis 1.500 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. In dem zugrunde liegenden Kindschaftsverfahren hatten die Eltern gegenläufig auf Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis über die (Nicht-)Durchführung einer Corona-Schutzimpfung ihrer Töchter mit einem mRNA- Impfstoff angetragen. Nach mündlicher Anhörung der Beteiligten hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 4. Mai 2022 der Mutter die Entscheidungsbefugnis übertragen und dem Vater die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Gegen diese ihm am 12. Mai 2022 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 7. Juni 2022 eingegangene Beschwerde des Vaters, mit der er erreichen möchte, dass die Gerichtskosten hälftig geteilt und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.
Die Mutter hatte Gelegenheit zur Stellungnahme, davon aber keinen Gebrauch gemacht.
2. Die isolierte Kostenbeschwerde des Vaters ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft und in zulässiger Weise (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG) eingelegt worden. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Die Kostenentscheidung im hier zugrunde liegenden Kindschaftsverfahren richtet sich nach § 81 FamFG. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, also die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen, § 80 FamFG, den Beteiligten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen oder von der Erhebung von Kosten absehen.
Das Amtsgericht hat die getroffene Entscheidung nicht ansatzweise begründet, so dass nicht ersichtlich ist, von welchen Beweggründen das Familiengericht sich hat leiten lassen. Der - als weitere Tatsacheninstanz - zu einer eigenen Ermessensentscheidung berufene Beschwerdesenat (vgl. dazu BGH FamRZ 2014, 744 - Rdnr. 17 bei juris; FamRZ 2017, 50 - Rdnr. 34 bei juris) sieht keinen Grund, den Vater allein mit den Kosten des Verfahrens erster Instanz zu belasten.
Nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung und Literatur ist in Kindschaftsverfahren grundsätzlich Zurückhaltung bei einer besonderen Belastung eines Elternteils mit den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des zugrunde liegenden Verfahrens geboten (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 81 Rdnr. 48; Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 81 FamFG Rdnr. 6; OLG Hamm FamRZ 2018, 1669; OLG Düsseldorf FamRZ 2018, 450; Brandenburgisches Oberlandesgericht - 2. Familiensenat, Beschluss vom 26. Juni 2014, Az. 10 WF 71/14; OLG Köln MDR 2012, 289; KG MDR 2012, 473). Damit wird in Kindschaftssachen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eltern bei der gerichtlichen Durchsetzung ihres Begehrens jedenfalls auch das Kindeswohl im Auge haben, so dass die Anordnung einer Kostenerstattung die Ausnahme sein soll (FamVerf/Gutjahr, § 2 Rdnr. 204). Derartige Verfahren sind regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Beteiligten subjektiv sehr unterschiedliche Sichtweisen haben, was erhebliches Konfliktpotential birgt und häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Die eindeutige Verantwortlichkeit nur eines Beteiligten dafür, dass es zu dem Verfahren und damit zu Kosten gekommen ist, lässt sich regelmäßig nicht feststellen (Brandenburgisches Oberlandesgericht - 2. Familiensenat, Beschluss vom 16. Januar 2014, Az. 10 WF 221/13).
Im vorliegenden Fall sind keine Umstände dafür gegeben, abweichend vom Grundsatz der Zurückhaltung in Familiensachen die Gerichtskosten überwiegend oder insgesamt dem Vater aufzuerlegen und diesen darüber hinaus noch mit den außergerichtlichen Kosten der Mutter zu belasten. Eines der Regelbeispiele des § 81 Abs. 2 FamFG, wonach das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen soll, ist nicht gegeben. Weder hat der Vater durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) noch hatte seine Zielstellung im Verfahren erkennbar von vornherein keine Aussicht auf Erfolg (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die Erfolgsaussicht fehlt in diesem Sinne nur dann von vornherein, wenn die abschlägige gerichtliche Entscheidung sofort und ohne Anhörung eines weiteren Beteiligten möglich ist (Zöller, a.a.O., § 81 FamFG Rdnr. 9; OLG Hamm FamRZ 2014, 686). So verhielt es sich hier ersichtlich nicht. Es war keineswegs von vornherein klar, dass die Mutter mit ihrem verfahrenseinleitenden Antrag Erfolg haben würde. Der Vater ist kein sog. Impfgegner, der sich pauschal jeglichen Impfungen der gemeinsamen Kinder widersetzt; er hat sich vielmehr mit dem Thema kritisch auseinandergesetzt und die Vor- und Nacht...