Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde des Ergänzungspflegers gegen die Genehmigung des FamG zur Ausschlagung einer Erbschaft durch den Vormund

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Beschluss vom 27.11.2012; Aktenzeichen 21 F 220/10)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des AG - Familiengericht - Bad Liebenwerda vom 27.11.2012 (Az.: 21 F 220/10) wird zurückgewiesen

Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die Beschwerde, die der Ergänzungspfleger für den Mündel eingelegt hat, ist gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin des AG hat im Ergebnis zu Recht die von dem Vormund für das betroffene Kind erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach seiner am ... 2010 verstorbenen Mutter Y. G. genehmigt.

Gemäß § 1822 Nr. 2 BGB bedarf der Vormund zur Ausschlagung einer Erbschaft der Genehmigung des Familiengerichts. Funktional zuständig ist gem. § 3 Nr. 2a) RPflG der Rechtspfleger des AG, da für die in Rede stehende Angelegenheit nach § 14 RPflG kein Richtervorbehalt besteht.

Maßstab der gem. § 1822 Nr. 2 BGB zu treffenden familiengerichtlichen Entscheidung über die Ausschlagung der Erbschaft ist allein das Wohl des Mündels. Ob die Ausschlagung einer Erbschaft genehmigungsfähig ist, hängt nicht allein von dem wirtschaftlichen Interesse des Mündels unter Berücksichtigung des Nachlassbestandes ab. Auch seine Gesamtbelange sind umfassend zu würdigen (jurisPK/Lafontaine, BGB. 5. Aufl., § 1822 Rz. 220; Wagenitz in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 1828 Rz. 17 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die von dem Vormund für das betroffene Kind erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach seiner verstorbenen Mutter entspricht seinem Wohl. Das wirtschaftliche Interesse des Mündels wird hierdurch gewahrt, da der Nachlass nicht werthaltig ist. Auch seine besondere persönliche Lebenssituation gebietet die von der Rechtspflegerin getroffene Entscheidung.

Soweit der Ergänzungspfleger die Auffassung vertritt, zum Nachlass gehöre ein nicht unerhebliches Barvermögen, ist das richtig. Die Kindesmutter hatte bei der Sparkasse ... ein Schließfach auf ihren Namen angemietet. Zum Zeitpunkt ihres Todes befand sich darin Bargeld in einer Größenordnung von 78.000 EUR. Es handelt sich hierbei um Vermögen der Erblasserin. Nach herrschender Meinung hat der Bankkunde Alleinbesitz an dem Inhalt des gemieteten Schließfaches (MünchKomm/Joost, a.a.O., § 866 Rz. 4 m.w.N.). Gemäß § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei. Dies gilt auch für Geld (Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 1006 Rz. 2). Die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB geht dahin, der Eigenbesitzer habe das (unbedingte) Eigentum zugleich mit dem Besitz erworben (BGH, NJW 1967, 2008; NJW 1984, 1456). Vorliegend spricht nichts dafür, dass der Besitzerwerb der Kindesmutter nicht mit einem Eigentumserwerb verbunden war. Die maßgeblichen Umstände sind nicht bekannt. Das im Schließfach aufbewahrte Geld ist damit zunächst dem Vermögen der Erblasserin zuzurechnen. Die Erbschaft umfasst auch ein Kontoguthaben i.H.v. 481,60 EUR.

Gemäß § 1922 Abs. 1 BGB geht mit dem Tode einer Person deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf den oder die Erben über. Zur Erbschaft gehören auch die Verbindlichkeiten des Erblassers. Vorliegend sind Schulden vorhanden, die den vorhandenen positiven Vermögenswerten (Bargeld und Kontoguthaben) mindestens entsprechen. Die Erblasserin schuldete ihrem Lebensgefährten M ... B... die Herausgabe von Erlösen aus verschiedenen Grundstücksgeschäften, die sie für ihn getätigt hatte. Es handelt sich dabei um einen Betrag von (mindestens) 72.000 EUR. Gemäß § 667 BGB hat der Beauftragte dem Auftraggeber das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte herauszugeben. Mit notarieller Urkunde der Notarin A ... M..., amtsansässig in Sch ..., vom 27.9.2007 (UR-Nr. 1 ...) bzw. vom 10.3.2008 (UR-Nr. 3 ...) veräußerte die Kindesmutter diverse Grundstücke des Lebensgefährten an die L ... GmbH F ... Sie war hierzu bevollmächtigt. Der Gesamtkaufpreis betrug 57.000 EUR. Ferner ließ sie am 6.12.2008 - mit Vollmacht - das Wohngrundstück des Lebensgefährten in D ... versteigern. Der Erlös betrug 15.000 EUR. Sämtliche Zahlungen wurden an die Kindesmutter geleistet. Der Lebensgefährte befand sich seinerzeit in Strafhaft. Mit dem Geld wollten die Lebenspartner einen privaten und beruflichen Neuanfang in Ägypten wagen. Hierzu kam es nicht. Der Lebensgefährte der Kindesmutter wurde Mitte April 2010 vorzeitig aus der Strafhaft entlassen. Während eines anschließenden gemeinsamen Urlaubs wandte sich die Kindesmutter einem anderen Mann zu und hegte Trennungspläne. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf der Lebensgefährte die Kindesmutte...

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