Leitsatz (amtlich)
1. Erklären die Parteien den Rechtsstreit, in dem wettbewerbliche Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, wegen Abgabe einer ausreichenden strafbewehrten Unterlassungserklärung vor dem unzuständigen Gericht übereinstimmend für erledigt, führt die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht zwangsläufig dazu, dass die Kosten der Klägerseite aufzuerlegen sind.
2. Vielmehr sind dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, wenn er durch seine unberechtigte vorgerichtliche Weigerung, die Wiederholungsgefahr durch eine Unterlassungserklärung auszuräumen, die Kosten des Rechtsstreits ausgelöst hat.
Entgegen OLG Hamm NJW-RR 1994, 828 und OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 955
Normenkette
ZPO § 91a
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Beschluss vom 13.11.2008; Aktenzeichen 3 O 156/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Neuruppin vom 13.11.2008 (3 U 156/08) abgeändert.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist Berufskammer aller Steuerberater und Steuerbevollmächtigten in Brandenburg und als solche zur Geltendmachung wettbewerblicher Unterlassungsansprüche im Interesse der Kammerangehörigen berechtigt. Sie hat die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, mit Schreiben vom 8.4.2008 wegen eines nach ihrer - der Klägerin - Ansicht wettbewerbswidrigen Werbeschreibens abgemahnt. Die Abgabe der von der Klägerin geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung hat der Beklagte zu 2) für die Beklagte zu 1) abgelehnt. Die Klägerin hat daraufhin statt bei dem zuständigen LG Potsdam beim LG Neuruppin eine gegen beide Beklagte gerichtete Klage auf Unterlassung der beanstandeten Werbung eingereicht. In der Erwiderung auf die am 17.7. zugestellte Klage haben die Beklagten die örtliche Zuständigkeit des LG Neuruppin gerügt und gleichzeitig strafbewehrte Unterlassungserklärungen beider Beklagter überreicht. Die Parteien haben alsdann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
Das LG hat seine Zuständigkeit für die Kostenentscheidung bejaht und mit dem im Tenor näher bezeichneten Beschluss unter Berufung auf die Rechtsprechung des 1. Zivilsenats des OLG Brandenburg (Brb. OLG, NJW-RR 1996, 955) der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO mit der Begründung auferlegt, die Klage habe im Zeitpunkt der Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen keine Aussicht auf Erfolg gehabt; sie sei unzulässig gewesen, weil das nicht zuständige Gericht angerufen worden sei.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sich die Überwälzung der Kosten des Rechtsstreits auf die Beklagten erstrebt.
II. Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat Erfolg.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes im Zeitpunkt der Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen zu entscheiden. Dies führt entgegen der Auffassung des LG zur Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits auf die Beklagten.
Dass die von der Beklagten zu 1) geschaltete, vom Beklagten zu 2) als Organ der Beklagten zu 1) zu verantwortende Werbung gegen §§ 3 UWG verstieß und damit einen Unterlassungsanspruch auslöste, zu dessen Geltendmachung die Klägerin als Wahrerin der Interessen ihrer Kammermitglieder berechtigt war, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Allerdings hätte angesichts der Zuständigkeitsrüge die Klage vor dem für ihre Entscheidung nicht zuständigen LG Neuruppin keinen Erfolg haben können. Gleichwohl waren die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen.
Die Kostenregelung der §§ 91, 92 ff., 269 Abs. 3, 281 Abs. 3 ZPO beruht auf dem im Rahmen der Ermessensentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO zu berücksichtigenden Gedanken, dass diejenige Partei eines gerichtlichen Verfahrens dessen Kosten zu tragen hat, die den Grund für die Inanspruchnahme des Gerichts gesetzt hat. Dass nicht zwangsläufig der "Verlierer" die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat (anders Baumbach-Hartmann, 67. Aufl., Rz. 125 zu § 91a ZPO), ergab sich bereits bisher aus § 93 ZPO, wonach der Beklagte, der keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte, bei sofortigem Anerkenntnis von der Kostenlast befreit wurde. Dass die Kostenlast nicht notwendig den Kläger trifft, dessen Klage im Zeitpunkt der Zustellung bereits unzulässig oder unbegründet ist, ergibt sich zudem aus der seit dem 1.9.2004 geltenden Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Danach können dem Beklagten die Kosten einer wegen Änderung der Umstände nach Klageeinreichung bei Klagezustellung bereits erfolg...