Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 19 O 44/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Juli 2021 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Aktenzeichen 19 O 44/20 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
1. Nach einstimmiger Überzeugung des Senats hat die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Es spricht bereits vieles dafür, dass der erstinstanzlich erhobene und mit der Berufung vorrangig weiterverfolgte Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresses nach § 256 ZPO unzulässig ist (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 17.12.2020 - 7 U 50/20 - BeckRS 2020, 38835; OLG Hamm, Urteil vom 19. März 2021 - I-11 U 56/20 -, Rdnr. 15 ff bei juris). Diesbezüglich verbleibt der Senat bei seiner in den Beschlüssen vom 11. Januar 2021 im Verfahren 2 U 102/20 und im Beschluss vom 28. April 2021 im Verfahren 2 U 11/21 dargelegten Einschätzung. Beide Entscheidungen, denen mit der vorliegenden Fallgestaltung im Wesentlichen übereinstimmende Sachverhalte zu Grunde lagen, sind den Prozessbevollmächtigten der Parteien aus deren Beteiligung in jenen Verfahren bekannt.
Die Zulässigkeit dieses Feststellungsantrags kann hier allerdings dahingestellt bleiben, da die Klage mangels Bestehens eines Schadensersatzanspruchs jedenfalls unbegründet ist (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 19. März 2021 - I-11 U 56/20 -, Rdnr. 19 bei juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. März 2021 - 4 U 138/20 -, Rdnr. 17 bei juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 1. Juli 2021 - 4 U 102/20 -, Rdnr. 22 bei juris). Die Klägerin kann daher auch nicht mit der hilfsweise erhobenen Leistungsklage durchdringen. Insofern hält der Senat ebenfalls an seiner den Prozessbevollmächtigten aus den zitierten Parallelverfahren bekannten Einschätzung fest. Danach kann die Klägerin hinsichtlich des von ihr getätigten Kaufs eines vom sog. "Dieselskandal" betroffenen Fahrzeugs Schadensersatz aus keinem Rechtsgrund von der Beklagten beanspruchen. Insbesondere begründet sich ein solcher Anspruch nicht unter den Gesichtspunkten des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs und der Amtshaftung.
a) Die Beklagte hat sich gegenüber der Klägerin nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, entgegen Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG keine Sanktionen festgelegt zu haben, die bei Verstößen gegen diese Richtlinie anzuwenden und die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.
Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG scheidet schon deshalb aus, weil das der Beklagten vorgeworfene Unterlassen bzw. das unzureichende Tätigwerden des Gesetzgebers keine drittgerichteten Amtspflichten im Sinne des § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu Lasten des Klägers oder anderer Fahrzeugerwerber verletzen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30, Rdnr. 9; Dörr, in: Beck-Online Großkommentar, Stand 1. Oktober 2020, § 839 BGB Rdnr. 290 f.).
Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch ist ebenfalls nicht begründet. Dieser setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Mitgliedstaat gegen eine Norm des Unionsrechts verstoßen hat, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dass der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem Schaden des Einzelnen ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - C-46/93 und C-48/93 - Brasserie du Pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1131, NJW 1996, 1267, Rdnr. 51; Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06 - Danske Slagterier, Slg. 2009, I-2168, NVwZ 2009, 771, Rdnr. 20; BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30; Urteil vom 12. Mai 2011 - III ZR 59/10 - BGHZ 189, 365; Urteil vom 17. Januar 2019 - III ZR 209/17 - NJW-RR 2019, 528). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
(1) Weder die primär als verletzt gerügte Norm noch das Typgenehmigungsrecht der Europäischen Union insgesamt, dem sie angehört, bezwecken den Individualschutz von Fahrzeugkäufern in dem erforderlichen Sinne.
Notwendig hierfür ist das Ziel der europarechtlichen Norm, einem hinreichend bestimmten Personenkreis ein Recht einzuräumen, dessen Inhalt sich anhand der verletzten Norm ermitteln lässt. Dazu gehören nicht nur solche Rechte oder Ansprüche, die das Recht der Union für bestimmte Personenkreise überhaupt erst geschaffen (verliehen) und deren allgemeine Einführung den Mitgliedstaaten durch Richtlinien aufgegeben hat. Erfasst sind vielmehr alle Vergünstigungen, die das europäische Recht den Mitgliedsstaaten Einzelnen zu gewähren aufgibt. Die bloße Erwähnung bestimmter Interessen oder allgemei...