Verfahrensgang

AG Strausberg (Aktenzeichen 24 C 90/10)

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 102 C 182/10)

 

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Pankow/Weißensee.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Vergütung für die Erstellung von Heiz- und Hausnebenkostenabrechnungen für in Berlin befindliche Liegenschaften sowie auf Vergütung für die Überlassung von Messgeräten in Anspruch.

Im Mahnverfahren vor dem Amtsgericht Hagen hat die Klägerin einen Mahnbescheid erwirkt, welcher unter der angegebenen Anschrift in ... nicht zugestellt werden konnte. Auf den Antrag auf Neuzustellung erfolgte die Zustellung in .... Nachdem die Beklagte Widerspruch erhoben hat, hat das Mahngericht das Verfahren an das im Mahnbescheid benannte Amtsgericht Strausberg abgegeben. Das Amtsgericht Strausberg hat sodann darauf hingewiesen, dass es örtlich unzuständig sein dürfte, da die Beklagte ihren Sitz in Berlin habe und die Verweisung an das Amtsgericht Pankow/Weißensee angeregt. Die Klägerin hat sodann die Verweisung an das Amtsgericht Pankow/Weißensee beantragt. Das Amtsgericht Strausberg hat nach Anhörung der Beklagten den Rechtsstreit antragsgemäß mit Beschluss vom 06.05.2010 verwiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Amtsgericht Pankow/Weißensee gemäß §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig sei, da die Beklagte "im Sprengel dieses Gerichts ansässig ist".

Das Amtsgericht Pankow/Weißensee hat die Parteien mit Beschluss vom 18.05.2010 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit an das Amtsgericht Strausberg zurückzuverweisen, da der Verweisungsbeschluss objektiv willkürlich und deshalb ohne Bindungswirkung sei. So habe die Beklagte bei Vertragsschluss ihren Sitz im Bezirk des Amtsgerichts Strausberg gehabt, sodass gemäß §§ 29 ZPO, 269 BGB die Beklagte in zulässiger Weise beim Amtsgericht Strausberg als dem besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes verklagt worden sei. Nach Anhörung der Parteien hat das Amtsgericht Pankow/Weißensee mit Beschluss vom 08.06.2010 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt.

Das Amtsgericht Strausberg legte die Sache mit Beschluss vom 22.06.2010 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes vor.

II. 1. Der Zuständigkeitsstreit zwischen den Amtsgerichten Strausberg und Pankow/Weißensee ist durch das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil das Amtsgericht Strausberg zuerst mit der Sache befasst gewesen ist und dieses Gericht zu seinem Bezirk gehört (§§ 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, 37 ZPO).

2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das Amtsgericht Strausberg wie auch das Amtsgericht Pankow/Weißensee haben sich im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, ersteres durch seinen nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 06.05.2010 und letzteres durch die seine Zuständigkeit abschließend verneinende Entscheidung vom 08.06.2010, die als solche den Anforderungen genügt, die an das Merkmal "rechtskräftig" im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es insoweit allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte ausdrückliche beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 36 Rdnr. 24 f.).

3. Zuständig ist das Amtsgericht Pankow/Weißensee. Seine Zuständigkeit ist die Folge der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Amtsgerichts Strausberg vom 06.05.2010 (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

Im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten ist ein Verweisungsbeschluss gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar und gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluss und die diesem zu Grunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich einer Nachprüfung (aaO., § 281 Rdnr. 16). Ausnahmsweise kommt einem Verweisungsbeschluss dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Die einfache Fehlerhaftigkeit der Entscheidung ist dagegen nicht ausreichend (BGH NJW-RR 2002, 1498). Willkür kann u. a. dann gegeben sein, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar, offenbar gesetzwidrig oder sonst grob rechtsfehlerhaft ist (aaO., Rdnr. 17; Fischer, MDR 2009, 486).

Dies liegt hier nicht vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist vom Amtsgericht Strausberg beachtet worden. Der Verweisungsbeschluss entbehrte auch nicht jeder gesetzlichen Grundlage. Zwar bestehen Anhaltspunkte für eine Begründung des besonderen Gerichtsstandes des Erfüllungsortes nach § 29 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 4 BGB bei dem Amtsgericht S...

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