Leitsatz (amtlich)
1. Der Obhutselternteil trägt im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass eine Zuwiderhandlung nicht bzw. unverschuldet vorliegt.
2. Zur Festsetzung eines Zwangsmittels bei einem lediglich als leichtes Versagen einzustufendes Verschulden des Obhutselternteils.
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 29.07.2015; Aktenzeichen 52 F 116/12) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 2.8.2015 gegen den Beschluss des AG Cottbus vom 29.7.2015 über die Nichtfestsetzung eines Ordnungsmittels wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert beträgt 250 EUR.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
5. Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von VKH für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
Die nach § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht gegen die Mutter kein Ordnungsmittel gemäß §§ 86 ff., 89 FamFG zu verhängen. Dafür ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der durch das AG getroffenen Entscheidung um eine Ermessensentscheidung handelt, vgl. § 89 Abs. 1 FamFG (siehe auch OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 1669). Insoweit besteht lediglich eine eingeschränkte Überprüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts dahingehend, ob das erstinstanzliche Gericht die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten hat, ob es sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder ob es sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch, Ermessensnichtgebrauch oder Ermessensreduzierung auf Null, vgl. auch - für die Regelung der Kosten - OLG Brandenburg, FamRZ 2012, 1966). Derartige Fehler sind hier aber nicht erkennbar.
Zwar sind nach § 1684 Abs. 2 BGB die Eltern zu wechselseitig loyalem Verhalten bei der Verwirklichung des Umgangsrechts verpflichtet. Dies findet auch seinen Ausdruck in dem Senatsbeschluss vom 10.7.2014 (9 UF 3/14), worin den Eltern aufgegeben wird, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Dem betreuenden Elternteil obliegt es deswegen, auf das Kind erzieherisch dahin einzuwirken, dass psychische Widerstände des Kindes gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und das Kind eine positive Einstellung dazu gewinnt. Der Obhutselternteil hat Kontakte zum anderen Elternteil nicht nur zuzulassen, sondern positiv zu fördern, um dem Kind mögliche Loyalitätskonflikte zu ersparen. Die Wohlverhaltensklausel verbietet dem Obhutselternteil jede negative Beeinflussung des Kindes gegen den Umgangsberechtigten, und zwar auch in mittelbarer Weise dergestalt, dass sich das Kind scheinbar aus eigenem Entschluss gegen den Umgang wendet (BGH FamRZ 2014, 732; 2012, 533; OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 863).
Nach Maßgabe dessen ist die vom Kindesvater für die Verhängung des Ordnungsgeldes angeführte Äußerung des Kindes (Meine Mama hat mir gesagt wenn mich jemand fragt soll ich sagen "Ich will nicht das Papa herkommt") zwar geeignet, einen Verstoß gegen die Wohlverhaltensklausel zu begründen. Dafür ist auch zu beachten, dass der Obhutselternteil im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass eine Zuwiderhandlung nicht bzw. unverschuldet vorliegt (OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 863; OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 1669).
Jedoch rechtfertigt nicht jeder Verstoß zugleich die Festsetzung eines Ordnungsmittels. Die Festsetzung ist nur gerechtfertigt, soweit dem Verschulden eines Elternteils eine bestimmte Qualität zukommt. Vorliegend ist lediglich ein leichtes Versagen der Kindesmutter in einem Einzelfall dargetan. Zudem sind auch Verbesserungen im Verhalten des Kindes durch den Kindesvater dargestellt (nennt ihn Papa statt vormals Vater). Die Wohlverhaltenspflicht richtet sich aber an beide Elternteile und beinhaltet auch, im Sinne gegenseitiger Rücksichtnahme und zum Wohle des Kindes kleineren Verstößen des anderen Elternteils nicht sogleich mit der Androhung oder - wie im vorliegenden Fall - Beantragung eines Ordnungsmittels zu begegnen. Nach Maßgabe dessen ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn das AG im Ergebnis den Verstoß als nicht ausreichend für die Festsetzung eines Ordnungsmittels angesehen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG. Der Gegenstandswert wurde in Höhe eines anderenfalls angemessenen Ordnungsgeldes festgesetzt. Es ist nicht geboten, gemäß § 70 FamFG die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die vorliegende Entscheidung ist somit unanfechtbar.
Wegen offenkundiger Erfolglosigkeit war der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe aus dem (Fax)Schreiben vom 8.8.2015 zurückzuweisen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass zugunsten des Antragstellers die weiteren Eingaben (Beschwerden) in diesem Schreiben nicht als eigenständige, weil mit dem hiesigen Beschwerdeverfahren im Zu...