Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 10. November 2021 - 2 O 59/21 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs Mercedes Benz GLK 220 CDI 4-matic auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger schloss am 5. Juni 2015 mit der Beklagten einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Mercedes Benz GLK 220 CDI 4-matic mit der Fahrgestell-Nr. W... zum Kaufpreis von 45.470 EUR. Das von der Beklagten hergestellte und mit einem von ihr entwickelten Dieselmotor der Baureihe OM 651 EU 5 ausgestattete Fahrzeug wurde dem Kläger mit einem Kilometerstand von 4.857 km übergeben.
Im Jahr 2017 leitete die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Verdachts nicht offengelegter Abschalteinrichtungen gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt (nachfolgend KBA) betreffend Fahrzeuge mit den Motoren OM 651 und 642 ein Ermittlungsverfahren gegen die Beklagte ein. Am 21. Juni 2019 veröffentlichte das KBA einen Rückruf, der die Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen bzw. der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems von bestimmten Fahrzeugen der Beklagten zum Ziel hatte, wobei auch das streitgegenständliche Fahrzeug von diesem Rückruf betroffen war. Die erteilte EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug wurde nicht widerrufen.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte verwende in ihren Fahrzeugen unterschiedliche unzulässige Abschalteinrichtungen, so auch in dem streitgegenständlichen. Erst durch diese Einrichtungen halte das Fahrzeug die maßgeblichen gesetzlichen Abgasgrenzwerte im Prüfstand ein. Es werde eine den Prüfstand erkennende Aufwärmstrategie wie bei VW-Fahrzeugen eingesetzt, die im Prüfstand auf einen Fahrmodus mit geringerem Schadstoffausstoß schalte. Zudem weise das Fahrzeug ein Thermofenster auf, das die Abgasrückführung bei Temperaturen von unter 17 Grad Celsius und damit insbesondere bei Werten unterhalb der mindestens 20 Grad Celsius betragenden Temperaturen auf dem Prüfstand verringere. Dadurch weise das Fahrzeug auf dem Prüfstand besonders günstige Abgaswerte auf. Außerdem verfüge das Fahrzeug über eine Softwarefunktion, bei der die Motorsteuerung nach 1.200 Sekunden bzw. 2.000 Sekunden in einen schmutzigen Abgasmodus wechsele, sowie über eine andere, die anhand des Lenkwinkeleinschlags erkenne, ob sich ein Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde oder nicht. Ferner verfüge das Fahrzeug über eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (nachfolgend KSR), bei der eine Softwarefunktion den Kühlkreislauf künstlich kälter halte. Die KSR werde im Straßenbetrieb deaktiviert und erkenne den Prüfstand durch die geringeren Beschleunigungswerte auf dem Prüfstand, wie sich aus dem Gutachten des Dr. H... vom 12. November 2020 ergebe. Im Straßenbetrieb erkenne das Fahrzeug dagegen, dass es sich nicht im Prüfstand befinde und schalte in einen anderen Abgasmodus. Auch die Kühlerjalousie werde dafür eingesetzt. Ferner weise das Fahrzeug weitere Softwarefunktionen wie "Bit 15" und "Slipguard" auf.
Die Beklagte habe weiter über die Gestaltung des so genannten On-Board-Diagnosesystem getäuscht (nachfolgend OBD-System), das auch in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sei. Das OBD-System sei so programmiert, dass es bei einer Inspektion fälschlich melde, dass das manipulierte Abgassystem ordnungsgemäß funktioniere.
Ihm, dem Kläger, stehe danach ein Schadensersatzanspruch wegen einer sittenwidrigen Schädigung nach §§ 826, 31 BGB sowie wegen Betruges über die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs nach § 823 Abs. 2 BGB u.a. i.V. mit § 263 StGB zu.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 45.470,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 08.06.2015 bis 02.08.2019 und seither von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug- um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes-Benz, mit der Fahrgestellnummer W... zu zahlen.
2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 02.08.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. Bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.791,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.08.2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung der beantragten Klageabweisung vorgebracht, dass das KBA in dem von der Beklagten angefochtenen Rückrufbescheid lediglich Nebenbestimmungen angeordnet habe, jedoch weder eine Manipulation, noch eine ...