Verfahrensgang
LG Potsdam (Aktenzeichen 1 O 298/20) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16. April 2021, Az. 1 O 298/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Der Kläger erwarb am ... ... 2016 von der Autohaus A... GmbH & Co. KG ein Gebrauchtfahrzeug Mercedes-Benz Sprinter 316 CDI zum (Brutto-)Kaufpreis von 29.500 EUR. Das von der Beklagten hergestellte Fahrzeug ist mit einem von ihr entwickelten Dieselmotor der Baureihe OM 651 EU 5 ausgestattet. Das Fahrzeug ist von einem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) betroffen. Mit der Klageschrift vom 18. August 2020 hat er den Rücktritt vom Vertrag erklärt.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte verwende in ihren Fahrzeugen unterschiedliche unzulässige Abschalteinrichtungen, so auch in dem streitgegenständlichen. Erst durch diese Einrichtungen halte das Fahrzeug die maßgeblichen gesetzlichen Abgasgrenzwerte im Prüfstand ein. Bei den unzulässigen Abschalteinrichtungen handele es sich um eine Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung, bei der sich bei einem Warmstart ein deutlich höherer Schadstoffausstoß als beim Kaltstart zeige. Die Beklagte habe auch das streitgegenständliche Fahrzeug so kalibriert, dass eine Software-Funktion den Kühlkreislauf auf dem Prüfstand künstlich kälter halte und dadurch weniger Schadstoffe ausstoße, so dass die Grenzwerte nur bei einem Kaltstart eingehalten würden. Die KSR erkenne den Prüfstand dabei durch eine spezifisch geringe Drehzahl und den geringen Luftmassenstrom.
Das werde auch durch ein vom Landgericht Stuttgart in dem Verfahren 27 O 230/18 eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dr. H... vom 12. November 2020 belegt (Anlage BK 2 Bl. 482 ff.d.A.).
Auch verfüge das Fahrzeug über ein Thermofenster, das die Abgasrückführung bei Temperaturen, die nicht den im Prüfstand herrschenden Temperaturen von 20 bis 30 Grad Celsius entsprächen, verringere, so dass die Abgasrückführung bei einer Außentemperatur von reduziert sei. Dadurch weise das Fahrzeug auf dem Prüfstand besonders günstige Abgaswerte auf.
Ihm stehe danach ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus Vertrag sowie wegen einer sittenwidrigen Schädigung nach §§ 826, 31 BGB sowie wegen Betruges über die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB zu.
Die Beklagte hat zur Begründung der beantragten Klageabweisung vorgebracht, es könne schon deshalb keine sittenwidrige Schädigung vorliegen, weil die vermeintlich unzulässigen Abschalteinrichtungen sowohl im Prüfstand als auch im Straßenbetrieb gleichermaßen zur Anwendung kämen. Die Steuerung der Abgasrückführung, von dem Kläger als "Thermofenster" bezeichnet, müsse insbesondere zum Schutz des Motors temperaturabhängig gesteuert werden. Die Funktion der Kühlmittel-Solltemperaturregelung (im Folgenden: KSR) hänge ebenfalls nicht von einer wie auch immer gearteten Prüfstandserkennung ab. Darüber hinaus scheitere die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auch an der Tatbestandswirkung der für das Fahrzeug unstreitig erteilten Typengenehmigung. Die Beklagte hat sich zudem auf die Verjährung von etwaigen Ansprüchen berufen; vertragliche Ansprüche bestünden schon nicht im Hinblick darauf, dass der Kläger nicht von der Beklagten erworben habe.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und erstinstanzlichen Anträge wird ergänzend auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises sowie Schadensersatz gegen die Beklagte. Er habe zudem nicht hinreichend substantiiert vorgebracht, dass die vermeintlich unzulässigen Abschalteinrichtungen prüfstandsbezogen seien. Damit fehle es auch an einer sittenwidrigen Täuschung durch die Beklagte.
Hiergegen richtet sich die mit dem Ziel der Klagestattgabe eingelegte Berufung des Klägers mit der er Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung begehrt. Das Landgericht habe die Substantiierungsanforderungen überspannt. Die Beklagte habe gesetzeswidrige Abschalteinrichtungen zum Zwecke der Gewinnmaximierung genutzt. Auch habe der Kläger im Rahmen seiner möglichen Kenntnisse umfassend zu den Abschalteinrichtungen vorgetragen. Die Beklagte müsste deshalb im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast weiter vortragen und Beweise anbieten, insbesondere auch zu dem Vortrag, sie habe das Kraftfahrt-Bundesamt (im Folgenden: KBA) über sämtli...