Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsverteilung bei Zusammenstoß zwischen Lkw und Pferd
Normenkette
StVG § 7 Abs. 1, §§ 17-18; PflVG a.F. § 3; BGB §§ 249, 254 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 26.11.2010; Aktenzeichen 1 O 305/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 26.11.2010 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Potsdam, Az.: 1 O 305/09, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO.
2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht die Beklagten zu 2. und 3. verurteilt, an die Klägerin als Gesamtschuldner 1.800,75 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 866,67 EUR seit dem 21.3.2008 und aus weiteren 934,08 EUR seit dem 24.5.2009 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 229,55 EUR zu zahlen. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat beipflichtet, verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
a)Die Klägerin kann von den Beklagten zu 2. und 3. die ihr durch den Unfall vom 20.3.2008 entstandenen Schäden aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 PflVG unter Berücksichtigung einer ihr anzulastenden Mitverursachungsquote von 2/3 verlangen.
Zutreffend hat das LG bei der nach §§ 17 Abs. 1 StVG, 254 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Abwägung der gegenseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge lediglich die Betriebsgefahr des Lkw-Anhängers einerseits und die vom Pony der Klägerin ausgehende Tiergefahr andererseits berücksichtigt. Ein Verkehrsverstoß des Beklagten zu 3. ist nicht nachgewiesen. Der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen § 5 Abs. 4 S. 1, S. 3, Abs. 4a StVO - Verletzung der Anzeigepflichten beim Ausscheren zwecks Überholens - ist jedenfalls für den Unfall nicht kausal geworden. Weiterhin ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht vorgetragen, in welcher Weise es sich hinsichtlich der Bewertung der Beiträge zur Unfallverursachung ausgewirkt hat, ob der Beklagte zu 3. die Kollision hätte bemerken müssen.
Auch ein Verstoß des Beklagten zu 3. gegen § 5 Abs. 4 S. 2 StVO - Nichteinhalten eines hinreichenden Seitenabstandes beim Überholen - steht im Ergebnis der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme nicht fest. Die Größe des einzuhaltenden Seitenabstandes richtet sich nach der eigenen Fahrzeugart des Überholers, der Fahrgeschwindigkeit, den Fahrbahnverhältnissen, dem Wetter und nach den Eigenarten des Eingeholten, wobei die Seitenabstände zum Überholten und zum Gegenverkehr so groß sein müssen, dass sie Schreckreaktionen anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 41. Aufl., § 5 StVO, Rz. 54). Im Regelfall reicht ein Seitenabstand von einem Meter beim Überholen aus, besondere Vorsicht ist jedoch etwa beim Überholen von Reitern geboten, da immer mit einer plötzlichen Reaktion des Tieres zu rechnen ist (Hentschel/König/Dauer, a.a.O.). Ebenso ist beim Überholen von Radfahrern eine besondere Vorsicht geboten und - abhängig von der Fahrweise des Radfahrers und der eigenen Fahrgeschwindigkeit des Überholenden - ein Seitenabstand von mindestens 1,5 - 2 m einzuhalten (Hentschel/König/Dauer, a.a.O., Rz. 55). Im vorliegenden Fall steht weder fest, dass der Beklagte zu 3. einen Seitenabstand von 1,80 m unterschritten hat, noch ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalles ein solcher Abstand als nicht ausreichend anzusehen. Wie die Klägerin in der Berufungsinstanz in Auswertung der vom Sachverständigen Dipl.-Ing. L ... in seinem Unfallrekonstruktionsgutachten vom 6.2.2009 gefertigten Skizze vorträgt, war die Breite des Radweges mit 1,75 m und die Breite der Richtungsfahrbahn mit 3,15 m zu veranschlagen und für den Lkw mit Anhänger eine Breite von 2,40 m sowie für das Pony 0,7 m anzusetzen, so dass sich unter der Annahme, dass das Pferd sich am rechten Bordsteinrand befunden hat und der Lkw äußerst links auf seiner Fahrspur gefahren ist, ein Zwischenraum von 1,80 m ergibt. Anhaltspunkte für einen geringeren Abstand - den die Klägerin "mit einiger Sicherheit" anzunehmen meint - fehlen hingegen. Sie lassen sich insbesondere nicht aus dem Umstand ableiten, dass das Pony der Klägerin gescheut hat. Zugleich hat der Beklagte zu 3. unwiderlegt in der mündlichen Verhandlung am 24.2.2010 angegeben, er sei mit einer Geschwindigkeit von 30 - 40 km/h gefahren, so dass eine höhere Geschwindigkeit des Lastzuges als 30 km/h nicht berücksichtigt werden kann. Bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h ist jedoch unter Einbeziehung der sonstigen Besonderheiten des vorliegenden Falles trotz der Länge und Höhe des Lkw mit Anhänger ein Abstand von 1,80 m nicht verkehrswidrig. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass sich der Lkw und das Pony auf optisch vonein...