Leitsatz (amtlich)
Ein wettbewerblicher Unterlassungsanspruch (§§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 2 UWG) kann nicht mit Erfolg gegen kritische Äußerungen eines Wettbewerbers geltend gemacht werden, wenn diese Äußerungen aus konkretem Anlass in sachlicher Weise erfolgen und der Verteidigung von rechtlichen Interessen des Äußernden im Vorfeld eines Rechtsstreits dienen.
Normenkette
UWG § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Cottbus (Urteil vom 07.07.2015; Aktenzeichen 11 O 153/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 07.07.2015 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Cottbus - 11 O 153/14 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung von Äußerungen, die er als geschäftsschädigend erachtet, nach den Vorschriften des UWG in Anspruch.
Der Kläger ist bauvorlagenberechtigter Ingenieur und bietet mit seinem Büro in... Planungsleistungen im Bereich des Bauhandwerks an. Seine Ehefrau ist im Bauamt der Stadt... angestellt und dort zumindest auch mit der Vergabe von Fördermitteln befasst. Der Beklagte betreibt in... ein Architektenbüro.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch ausgehend von Äußerungen, die dieser in einem Schreiben vom 20.08.2014 an die kommunale Wohnungsbaugesellschaft der Stadt..., die Wohn- und Baugesellschaft... mbH, getätigt und welches er zugleich mehreren Amtsinhabern der Stadt... zugeleitet hat.
(Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Anl. K 1 Bezug genommen.)
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das LG hat den Beklagten (sinngemäß) verurteilt, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten, dass die Frau des Klägers entgegen § 16 Abs. 2 Vergabeverordnung bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG rechtswidrig an öffentlichen Vergabeverfahren mitwirkt, an denen das Planungsbüro des Klägers beteiligt ist.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu nach §§ 2, 3, 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 8 UWG, denn der Beklagte habe in dem als geschäftliche Handlung i.S.d. Vorschriften des UWG zu wertenden Schreiben vom 20.08.2014 Tatsachen verbreitet, die geeignet seien, den Betrieb des Klägers zu schädigen. Die Äußerungen des Beklagten seien im Gesamtkontext, auch in Zusammenhang mit dem Schreiben dessen Prozessbevollmächtigten vom 10.09.2014 (Anl. K 2) zu bewerten. Danach stehe die - unwahre - Tatsachenbehauptung im Raume, der Kläger erlange in rechtswidriger Weise Vorteile durch die Arbeit seiner Ehefrau im Bauamt der Stadt... durch die Bearbeitung von Fördermittelanträgen des Klägers.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 21.07.2015 zugestellte Urteil mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 21.09.2015 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Beklagte vertritt weiter die Ansicht, die Klage sei unschlüssig, da die aus dem Tenor des angefochtenen Urteils ersichtliche Äußerung von ihm niemals getätigt worden sei. Rechtsirrig habe das LG angenommen, sein, des Beklagten Schreiben vom 20.08.2014 sei mit diesem Ergebnis auszulegen. Das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10.09.2014 dürfe zum Zwecke der Auslegung des Schreibens vom 20.08.2014 nicht herangezogen werden, weil es der Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen i.S.d. § 193 StGB bzw. zur Verteidigung von Rechten des Beklagten gedient habe. Rechtsfehlerhaft habe das LG nicht zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen differenziert und auch letztere dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 8 UWG unterstellt. Schließlich fehle es auch an einem direkten Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Kläger als bauvorlagenberechtigtem Ingenieur und dem Beklagten als Architekt.
Der Beklagte beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil. Richtigerweise habe das LG eine Bewertung des Schreibens vom 20.08.2014 im Zusammenhang auch mit dem anwaltlichen Schriftsatz vom 10.09.2014 vorgenommen und beide Schreiben nach dem objektiven Empfängerhorizont ausgelegt. Danach ergebe sich die inkriminierte Äußerung.
Zu Recht sei das LG auch davon ausgegangen, dass die Parteien in einem Wettbewerbsverhältnis stünden und der Beklagte mit Versendung seines Schreibens zum Zwecke des Wettbewerbs tätig geworden sei.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die...